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3 U 77/06 BSchRh - Oberlandesgericht (Rheinschiffahrtsobergericht)
Entscheidungsdatum: 28.01.2008
Aktenzeichen: 3 U 77/06 BSchRh
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Oberlandesgericht Köln
Abteilung: Rheinschiffahrtsobergericht

Für Recht erkannt:


Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 03. April 2006 (5 C 32/05 BSchRh) wie folgt abgeändert:


Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger weitere 1.935,19 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2005 zu zahlen Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.


Von den Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen die Beklagten 8%, der Kläger trägt 92%.
Das Urteil ist für beide Parteien vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Leistung einer Sicherheit von 120% des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe:


I.


Der Kläger verlangt von den Beklagten restlichen Schadensersatz aus einer Schiffskollision. Am 18.11.2004 kollidierte das im Eigentum des Klägers stehende "MS A.", Tragfähigkeit 1921 to., gegen 7 Uhr morgens bei Rheinkilometer 818 mit dem vom Beklagten zu 2. als verantwortlichem Schiffsführer geführten TMS „T", das im Eigentum des Beklagten zu 1. steht. MS „A." wurde nach Besichtigung zu einer Werft verbracht, wo es im Zeitraum vom 19.11.2004 bis einschließlich 07.12.2004 instandgesetzt wurde. Die volle Haftung der Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig; streitig ist allein die Berechnung des ebenfalls im Ansatz unstreitigen Anspruchs des Klägers auf Nutzungsausfall. Diesen berechnet der Kläger wie folgt:
 
Ausfallzeit 19 Tage und 17 Stunden
Tagessatz:                2.002,08 Euro (gem. § 4 BinSchLV 1999)
Nutzungsausfall:  39.457,66 Euro;
daraufgezahlt:       16.029,97 Euro;
Rest:                       23.428,69 Euro.


Die Beklagten haben auf den Nutzungsausfallanspruch des Klägers vorprozessual 16.029,97 Euro gezahlt, den sie auf der Basis von 19 Tagen zu je 843,63 Euro nach den früheren Liegegeldsätzen, Stand 1994, berechnet haben.


Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.


Das Schifffahrtsgericht hat der auf restlichen Nutzungsausfall in Höhe von 23.428,69 Euro gerichteten Klage in vollem Umfang stattgegeben. Es hat den Umfang des zu erstattenden Nutzungsausfalls im Anschluss u. a. an die Rechtsprechung u. a. des Senats (Urt. v. 15.01.2002, 3 U 144/01 BSchRh, TranspR 2002, 244 f. - OLGR 2002, 223 f. = BinSchiff 2002, Nr.9, 55) prima facie an den in § 4 BinSchLV niedergelegten Tagessätzen orientiert; Vortrag der Beklagten dazu, dass eine niedrigerer Schaden tatsächlich entstanden sei, fehle.


Die Beklagten wenden sich mit ihrer Berufung gegen die Annahme des Schifffahrtsgerichts, die Standgelder gem. § 4 BinSchLV stellten eine taugliche Grundlage für eine abstrakte Schadensberechnung dar. Nach einer Auskunft der Schifferbörse Duisburg-Ruhrort aus dem Jahr 1999 bestehe kein entsprechender Handelsbrauch, den Nutzungsausfall an den in § 4 BinSchLV festgesetzten Liegegeldern orientiert zu berechnen. Bereits in erster Instanz sei unter Beweis gestellt worden, dass die Sätze des § 4 BinSchLV die erzielbaren Einnahmen um ca. 100% überstiegen.


Die Beklagten beantragen,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
 
Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Er hält nunmehr erfolgenden Vortrag zur konkreten Schadenshöhe unter Hinweis auf § 531 Abs,2 ZPO für ausgeschlossen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung einer amtlichen Auskunft des Bundesministeriums der Justiz zu der Frage, in welcher Weise der Verordnungsgeber mit der Regelung in § 4 BinSchLV 1999 den wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung getragen hat. Wegen des Inhalts der vom Bundesministerium der Justiz erteilten Auskunft wird auf dessen Schreiben vom 28.06,2007, GA Bl.114 f., verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.


II.


Die zulässige Berufung hat überwiegend Erfolg, Die Beklagten sind dem Kläger gem. §§ 823 Abs.1 BGB, 92b, 3 BinSchG als Gesamtschuldner (vgl. BGHZ 26, 152 ff.; Vortisch/ Bemm, Binnenschifffahrtsrecht, 4. Aufl. 1991, § 3 BinSchG Rn2) zum Schadensersatz verpflichtet. Dieser Anspruch des Klägers beläuft sich hinsichtlich der allein noch streitigen Position des Nutzungsausfalls auf insgesamt 17.965,16 Euro, so dass sich unter Anrechnung des hierauf vorprozessual gezahlten Betrages in Höhe von 16,029,97 Euro ein verbleibender Anspruch in Höhe von noch 1.935,19 Euro ergibt.


Dass dem Kläger aufgrund der Schiffskollision ein Anspruch auf Nutzungsausfall zusteht, ist zwischen den Parteien unstreitig und ergibt sich ohne weiteres aus § 252 BGB (vgl. nur BGH, Urt. v. 21.01.1965, II ZR 123/63, VersR 1965, 351, 353; BGH, Urt. v. 08.02.1965, II ZR 161/63, VersR 1965, 373, 374; Senat, 3 U 144/01, TranspR 2002, 244 f. = OLGR 2002, 223 f, = BinSchiff 2002, Nr.9, 55; Vortisch/Bemm, Binnenschifffahrtsrecht, 4. Aufl. 1991, § 92b BinSchG Rn29 f.).


Dieser Anspruch berechnet sich hier wie folgt
Dauer des Nutzungsausfalls: 19,5 Tage
Tagessatz:                                               921,29 Euro
Nutzungsausfallentschädigung:   17,965.16 Euro
darauf gezahlt:                                  16.029,97 Euro
Restbetrag:                                          1.935,19 Euro


1.
Die Dauer des Nutzungsausfalls ist mit 19,5 Tagen anzusetzen. Unstreitig befand sich MS „A." kollisionsbedingt vom 19.11.2004 bis einschließlich 07.12,2004 für 19 Tage zur Reparatur in einer Werft und konnte in diesem Zeitraum nicht genutzt werden. Hinzuzurechnen ist ein weiterer halber Tag, weil das Schiff auch am 18.11.2004 nach bereits siebenstündiger Nutzung nicht mehr bestimmungsgemäß genutzt werden konnte. Unstreitig ereignete sich die Kollision um 07.00 Uhr morgens und wurde das Schiff unmittelbar nach einer durch die Kollision erforderlich gewordenen Besichtigung unverzüglich zur Werft verbracht. Auch für diesen Zeitraum besteht - anders als bei nur stundenweisen Werftaufenthalt (dazu vgl. Vortisch/ Bemm, Binnenschifffahrtsrecht, 4.Aufl. 1991, § 92b BinSchG Rn31; Bemm/ von Waldstein, Rheinschifffahrtspolizeiverordnung, 3.Aufl. 1996, Einf. Rn50)-Anspruch auf Nutzungsausfall (für Fahrten von und zur Werft vgl. Senat, 3 U 144/01, TranspR 2002, 244 f. = OLGR 2002, 223 f. = BinSchiff 2002, Nr.9, 55; ebenso Rheinschifffahrtsobergericht Karlsruhe, Urt. v. 01.07.2005, 22 U 9/05, BinSchiff 2007, Nr.4, 68-70; ausdrücklich unter Einschluss auch der Besichtigungszeit Bemm/ von Waldstein, Rheinschifffahrtspolizeiverordnung, 3.Aufl. 1996, Einf. Rn53), wobei der Senat diesen angesichts der an diesem Tag bereits erfolgten Nutzung allerdings nur noch mit einem halben Tag ansetzt, § 287 ZPO.


2.
Den Tagessatz für den Nutzungsausfall bemisst der Senat in Ausübung des ihm gem. § 287 ZPO eingeräumten Ermessens mit 921,29 Euro. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:


a.
Zu ersetzen ist gem. § 252 BGB der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit zu erwartende Gewinn. Bei Schiffsunfällen wie hier ist der mutmaßliche Gewinn zu bestimmen, den ein derartiges Schiff wie das beschädigte nach seiner Art und Größe nach den zur Unfallzeit maßgeblichen Sätzen normalerweise gehabt haben würde (BGH, Urt. v.
21.01.1965, II ZR 123/63, VersR 1965, 351, 353; BGH, Urt. v. 08.02.1965, II ZR 161/63, VersR 1965, 373, 374; Senat, 3 U 144/01, TranspR 2002, 244 f. - OLGR 2002, 223 f. = BinSchiff 2002, Nr.9, 55, m.w.Nachw.), wobei nach Schifffahrtsbrauch davon ausgegangen werden kann, dass das Schiff ohne den Unfall gewinnbringend hätte eingesetzt werden können (vgl. BGH, aaO.).


aa.
Es entspricht insoweit jahrzehntelangem Schifffahrtsbrauch, den Nutzungsausfall bei Schiffen abstrakt anhand der entsprechenden Liegegeld Sätze zu berechnen. Grundlage hierfür war, dass die Liegegeldsätze das von den beteiligten Schifffahrtskreisen für den Normalfall geschätzte Interesse des Schiffseigners an der Benutzbarkeit seines Schiffes darstellten, also den Durchschnittssatz, der unter gewöhnlichen Verhältnissen mit einem solchen Schiff vereinnahmt wird. Diese Annahme beruhte u. a. maßgeblich darauf, dass die Liegegeldsätze früher gem. §§ 21, 27, 28 BSchVG durch die Frachtenausschüsse der Binnenschifffahrt festgesetzt und nach § 29 BSchVG durch den Bundesminister für Verkehr im Wege der Rechtsverordnung genehmigt worden waren. Die Frachtenausschüsse waren gem. § 25 Abs.1 BSchVG paritätisch mit Vertretern von Schifffahrt und Verladern besetzt; nach § 21 Abs, 2 BSchVG sollten die Entgelte marktgerecht sein und den wirtschaftlichen Verhältnissen der Unternehmer der Schifffahrt Rechnung tragen (Senat, 3 U 144/01, TranspR 2002, 244 f. = OLGR 2002, 223 f. = BinSchiff 2002, Nr.9, 55 m. w. Nachw.). Die hierauf gestützte Orientierung des Anspruchs auf Nutzungsausfall am gesetzlichen Liegegeld wurde auch vom Bundesgerichtshof unter Hinweis auf § 287 ZPO ausdrücklich gebilligt (BGH, Urt. v. 21.01.1965, I! ZR 123/63, VersR 1965, 351, 353; BGH, Urt. v. 08.02.1965, II ZR 161/63, VersR 1965, 373, 374). Auch nach gesetzlicher Festlegung der Höhe des Liegegeldes mit Einführung des § 32 BinSchG zum 27.04.1994 (dazu vgl. Goette, Binnenschifffahrtsfrachtrecht, München 1995, § 32 BinSchG Rn1-4) hat sich an der Überzeugung, dass die Liegegeldsätze das für den Normalfall geschätzte Interesse des Schiffseigners an der Benutzbarkeit seines Schiffes widerspiegeln, nichts geändert (vgl. etwa Schifffahrtsobergericht Karlsruhe, Urt. v. 01.08.1997, U 2/96, n.v.). Dabei handelte es sich jedoch lediglich um eine Beweiserleichterung und nicht um eine vom mutmaßlichen Gewinn abgekoppelte abstrakt-normative Schadensberechnung (Otte, TranspR 2005, 391, 397 f.; vgl. auch OLG Hamburg,
VersR 1974, 1216), so dass auch veränderten Rahmenbedingungen, die zu einem erkennbaren Auseinanderfallen von mutmaßlich zu erzielendem Gewinn und Liegegeldsätzen führen, Rechnung zu tragen ist (vgl. etwa auch KG, VersR 1976, 463: Liegegeldsätze bei Schiffsruhe im Winter; Senat, 3 U 56/95 BSchRh, n.v., ebenfalls zu zwischenzeitlich langen Liegezeiten).


bb.
Eine derartige Veränderung der maßgeblichen Rahmenbedingungen ist festzustellen. Nach Einführung der BinSchLV 1999 entsprechen die dort vorgesehenen Standgelder jedenfalls in Fällen längeren Nutzungsausfalls nicht mehr dem mutmaßlich zu erzielenden Gewinn; diese können daher nicht unmittelbar Anhaltspunkt für die Bemessung des Anspruchs auf Nutzungsausfallentschädigung sein. Die je Einsatztag anfallenden Liegegeldsätze haben sich gegenüber dem früheren Rechtszustand mit Inkrafttreten der BinSchLV am 1.1.2000 -jedenfalls in nicht unwesentlichen Teilbereichen - in etwa verdoppelt, wenn man 24 Stunden Standzeit je Tag ansetzt (vgl. Otte, TranspR 2005, 391, 396). Da die zuvor geltenden Liegegeldsätze jedoch von allen Beteiligten als Grundlage der Bemessung des mutmaßlich entgangenen Gewinns als Schifffahrtsbrauch anerkannt waren (dazu vgl. BGH, Urt. v. 21.01.1965, II ZR 123/63, VersR 1965, 351, 353; BGH, Urt. v. 08.02.1965, II ZR 161/63, VersR 1965, 373, 374; SchOG Hamburg, VersR 1974, 1216; KG, VersR 1976, 463; Bemm/von Waldstein, Rheinschifffahrtspolizeiverordnung, 3.Aufl. 1996, Einf. Rn47), können die neuen Liegegeldsätze nur dann als Maßstab herangezogen werden, wenn es eine entsprechende zwischenzeitliche Marktentwicklung gegeben hat, der mit der Einführung der neuen Beträge Rechnung getragen wurde. Das ist jedoch nicht der Fall. Soweit der Senat in seinem Urteil vom 15.01.2002, 3 U 144/01 (TranspR 2002, 244 f. - OLGR 2002, 223 f. = BinSchiff 2002, Nr.9, 55; ihm folgend Schifffahrtsobergericht Karlsruhe, 22 U 9/05 BSch, BinSchiff 2007, Nr.4, 68-70; Rheinschifffahrtsgericht St. Goar, Urt. v. 31.10.2005, 4 C 2/04; Schifffahrtsgericht Bremen, Urt, v. 08.10.2004, C 0003/03) davon ausgegangen war, dass der Verordnungsgeber lediglich den wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung getragen habe, wird daran nach erneuter Überprüfung nicht festgehalten. Eine Marktentwicklung, die zu einem sprunghaften Anstieg der Einfahrergebnisse geführt hätte, lasst sich nicht feststellen. Kritische Stimmen in der Literatur weisen darauf hin, dass das Liegegeld seinen früher anerkannten Aussagewert für die Verdienstmöglichkeiten der Schiffseigner mit der Umstellung auf die stundenweise Berechnung nach § 4 BinSchLV 1999 bei Zugrundelegung einer Einsatzzeit von 24 Stunden verloren habe (so Dütemeyer, Anm. zum Urteil des Senats, vom 15.01.2002, 3 U 144/01, in ZfB 2002, Nr.9, 56; kritisch auch Otte, TranspR 2003, 227, 229: „möglicherweise schönes Zubrot"; ders., TranspR 2005, 391, 397 f.: ohne weiteren tatsächlichen Vortrag des Geschädigten könne „kaum" auf die neuen Liegegeldsätze zurückgegriffen werden). Dem Senat ist aus anderen Verfahren bekannt, dass die nach § 4 BinSchLV 1999 auf der Basis eines 24-Stunden-Ausfalltages berechneten Liegegeldsätze den durchschnittlichen Gewinn jedenfalls in der Trockenschifffahrt in aller Regel deutlich übersteigen. So sind etwa, wie mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2007 beispielhaft erörtert, in dem Verfahren 3 U 50/07 Einfahrergebnisse für einen Zeitraum von ca. 3 Monaten, teils vor, teils nach dem Schadensfall vorgelegt worden, die für ein Schiff von 1815 to. Tragfähigkeit einen Gewinn von täglich 935,97 Euro auswiesen; eine Berechnung des Nutzungsausfalls nach dem Maßstab der Liegegeldsätze entsprechend § 4 BinSchLV 1999 hätte demgegenüber einen Anspruch in Höhe von 1.954,08 Euro täglich ergeben. Die eingeholte Auskunft des Bundesministeriums der Justiz belegt zudem, dass der Verordnungsgeber sich bei der Bestimmung der neuen Liegegeldsätze nicht auf einen abgestimmten Vorschlag der unterschiedlichen Interessenverbände stützen konnte, so dass anders als im Falle der früher von den paritätisch besetzten Frachtausschüssen gem. §§ 21 ff. BSchVG festgesetzten Liegegelder keine erhöhte Vermutung mehr dafür spricht, dass die Sätze der neuen BinSchLV auch den tatsächlichen Verdienstmöglichkeiten der Schiffseigner entsprechen. Diesen sollte zwar Rechnung getragen werden. Nicht ersichtlich ist aber, dass die Angemessenheit der Liegegeldsätze gerade in Bezug auf einen etwaigen Nutzungsausfall vom Verordnungsgeber daraufhin überprüft worden wäre, dass sie der Vorgabe des § 252 BGB entsprechen.


cc.
Kommt somit eine unmittelbare Orientierung an den in § 4 BinSchLV 1999 festgelegten Sätzen nicht mehr in Betracht, so kann sich eine nach Auffassung des Senats aus praktischen Erwägungen auch weiterhin erforderliche Beweiserleichterung für die Höhe des mutmaßlich entgangenen Gewinns nur an den früheren, seinerzeit allgemein als angemessen anerkannten Liegegeldsätzen orientieren. Nachdem diese jedoch bereits aus dem Jahr 1994 stammen und mit § 32 BinSchG a.F. zum 27.04.1994 in Kraft getreten sind, erscheint es dem Senat im Rahmen des ihm gem. § 287 ZPO eingeräumten Ermessens angemessen, insoweit auch der mittlerweile eingetretenen Geldentwertung Rechnung zu tragen, indem die früheren, in § 32 BinSchG.a.F. zum 27.04.1994 festgelegten Liegegeldsätze von Mai 1994 an gerechnet auf den Zeitpunkt des jeweiligen Schadensereignisses bzw. des Eintritts des Nutzungsausfalls, indexiert werden, wobei der vom Statistischen Bundesamt festgestellte allgemeine Verbraucherpreisindex (Quelle; Statistisches Bundesamt, Verbraucherpreisindex) heranzuziehen ist. Damit ergibt sich hier folgende

Berechnung:
92,3
107,3 792,50 Euro
921,29 Euro.
Verbraucherpreisindex Mai 1994:
Verbraucherpreisindex November 2004:
Nutzungsausfall auf der Basis § 32 BinSchG a.F., Stand 27.04.1994:
(entsprechend 1.400 DM + 150 DM = 1.550 DM)


indexiert:


Der Senat hat insoweit auch erwogen, ob nicht gegebenenfalls eine Orientierung an den Liegegeldsätzen gem. BinSchLV 1999, jedoch ausgehend von einer regelmäßig 14-stündigen Nutzung entsprechend der Basisbetriebsform A1 gem. § 23.05 RheinSchUO oder aber die Zugrundelegung des spezielleren Verkehrsindex anstelle des allgemeinen Verbraucherpreisindex in Betracht kommt, diese Ansätze aber aus folgenden Gründen verworfen:


Einer Orientierung des Nutzungsausfalls an den Liegegeldsätzen gem. BinSchLV 1999 stehen zum Einen die oben genannten grundsätzlichen Bedenken entgegen, dass deren Werte keinen unmittelbaren Bezug zu dem nach den Umständen regelmäßig erzielbaren Gewinn haben. Auch wenn man unter Zugrundelegung einer regelmäßig 14-stündigen Nutzung entsprechend der Basisbetriebsform A1 gem. § 23.05 RheinSchUO zu Beträgen gelangt, die in einer in etwa angemessenen Größenordnung liegen, erscheint dies im Ergebnis eher zufällig. Zudem weicht § 114 BinSchUO insoweit von § 23.05 RheinSchUO ab, als dort hinsichtlich der Basisbetriebsform A von einem maximal 16-stündigen Einsatz des Schiffes je Tag ausgegangen wird, ohne dass ersichtlich wäre, dass sich dies in den Einfahrergebnissen und damit auf die Höhe des Nutzungsverlustes maßgeblich auswirkt (zu entsprechenden Bedenken vgl. bereits Senat, Urteil vom 15.01.2002, 3 U 144/01, TranspR 2002, 244 f. = OLGR 2002, 223 f. = BinSchiff 2002, Nr.9, 55).


Eine Orientierung an dem spezielleren Verkehrsindex, der eine größere Steigerungsrate aufweist, begegnet deshalb Bedenken, weil sich in diesem Index gerade auch die überproportionale Steigerung verbrauchsabhängiger Kosten widerspiegelt, die für die Bemessung des Nutzungsausfalls keine entscheidende Rolle spielen.


Zu einem - nach allgemeinen Grundsätzen entsprechend dem oben zu 2.a.aa. Ausgeführten weiterhin beachtlichen - tatsächlich höheren oder niedrigeren Gewinnentgang haben die Parteien weder vorgetragen noch Beweis angeboten.


Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286, 288 Abs.1 BGB.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr.10, 711, 709 S.2 ZPO.

 Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gem. § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr.1, Nr.2 ZPO zuzulassen, denn der Senat weicht, wie dargelegt, mit der vorliegenden Entscheidung nicht nur von früheren eigenen Entscheidungen ab, sondern ebenso von Entscheidungen anderer Schifffahrts(ober)gerichte.


Streitwert: 23.428,69 Euro

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2008 - Nr.03 (Sammlung Seite 1974 ff.); ZfB 2008, 1974 ff.