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Urteil des Oberlandesgerichts – Schiffahrtsobergericht – Köln
vom 31.10.1995
3 U 27/95 BSch
Zum Tatbestand:
Der Nebenintervenient zu 2) ist Schiffseigner des MS J. Am 28.09.1990 übernahm er in Rotterdam eine für Bergkamen bestimmte Kohleladung. Noch im Verlauf desselben Tags sank das Schiff, das bereits bei Reiseantritt einen Riß im Vorschiff aufwies, infolge eines dadurch bedingten Wassereinbruchs. An der Ladung entstand beträchtlicher Schaden.
Die Klägerin war Hauptfrachtführerin dieses Transports aufgrund eines mit der Absenderin, der Vereinigte Elektrizitätswerke Westfalen AG (VEW), abgeschlossenen Rahmenvertrags. Sie hatte die Beklagte aufgrund eines im wesentlichen Bleichlautenden Rahmenvertrags, wegen dessen Inhalts auf die Anlage zum Klägerschriftsatz vom 5.12.1994 verwiesen wird, als erste Unterfrachtführerin eingeschaltet. Die Beklagte übertrug den Transport der Nebenintervenientin zu 1), die ihrerseits den Nebenintervenienten zu 2) mit der Durchführung des Transports beauftragte.
Die Klägerin ist wegen des Ladungschadens von der Z (GmbH & Co.KG) phG Havarie- und Inkasso-Bureau GmbH als Zessionarin der Allianz-Versicherung, auf die die Schadensersatzforderungen der VEW im Rahmen des Transportversicherungsverhältnisses übergegangen waren, in Anspruch genommen worden. Auf die entsprechende Zahlungsklage ( 5 C 9/92 BSch AG Duisburg-Ruhrort - 3 U 101/93 BSch OLG Köln) ist die Klägerin dem Grunde nach verurteilt worden im Hinblick auf die Fahruntauglichkeit des Schiffs bei Reiseantritt. Das Höheverfahren kennte noch nicht rechtskräftig abgeschlossen werden. Die gleichzeitig gegen den Nebenintervenienten zu 2) gerichtete Klage ist mangels Aktivlegitimation abgewiesen worden, weil die in den von der Klägerin "für den Schiffer" ausgestellten Ladescheinen enthaltenen Konnossementsbedingungen ein Abtretungsverbot vorsehen.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist,
1. die Klägerin von allen Ansprüchen, einschließlich Zinsen und Kosten, freizustellen, die gegen sie von der Firma Z (GmbH & Co.KG), persönlich haftende Gesellschafterin Havarie- und Inkasso-Bureau GmbH, wegen des Ladungsschadens aus dem Havarieereignis des MS J auf der Reise von Rotterdam nach Bergkamen am 28.9.1990 geltend gemacht werden;
2. der Klägerin alle Kosten der Rechtsverteidigung nebst Zinsen aus dem Rechtsstreit Z (GmbH & Co.KG), persönlich haftende Gesellschafterin Havarie- und Inkasso-Bureau GmbH/D und Kanalspeditions- und Handelsgesellschaft mbH ( 5 C 9/92 BSch Schiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort) zu erstatten.
Die Beklagte und der Nebenintervenient zu 2) haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie haben sich insbesondere darauf berufen, die Klägerin sei aufgrund ihrer Konnossementsbedingungen, die eine Inanspruchnahme des Schiffers durch die Ladungsinteressenten verhinderten, gebunden und könne deshalb den Schaden nicht auf die Beklagte abwälzen.
Das Schiffahrtsgericht hat der Klage mit Urteil vom 6.1.1995 stattgegeben. wegen der Begründung und des weiteren Parteienvortrags erster Instanz wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses der Beklagten am 20.1.1995 zugestellte Urteil haben die Nebenintervenienten - unter Beitritt auch der Nebenintervenientin zu 1) - am 9.2. 1995 und die Beklagte selber am 15.2.1995 Berufung eingelegt und diese - für die Nebenintervenienten nach entsprechender Fristverlängerung - am 13.3. beziehungsweise am 10.5.1995 begründet.
Die Beklagte und die Nebeninmtervenienten wehren sich gegen die ihrer Meinung nach zu weite Fassung des Urteilstenors und wiederholen sowie vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Die Beklagte und die Nebenintervenienten beantragen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der im Berufungsverfahren geäußerten Rechtsauffassungen der Parteien wird auf den Inhalt der in der Rechtsmittelinstanz gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Das Schiffahrtsgericht hat der Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung stattgegeben.
Die Beklagte schuldet der Klägerin aus dem mit ihr geschlossenen Rahmenvertrag gemäß 58, 26 BSchG, 431, 432 Abs. 1 HGB die Freistellung von den Ansprüchen, denen sich die Klägerin in dem Verfahren 5 C 9/92 BSch Duisburg-Ruhrort ausgesetzt sieht.
Die Klägerin ist durch ihre Konossementsbedingungen nicht gehindert, die Beklagte in Anspruch zu nehmen.
Der durch die in den Ladescheinen enthaltenen Bedingungen erzeugte Schutz des beziehungsweise der weiteren Frachtführer gegenüber den Ladungsinteressenten beeinflußt die untereinander ausgehandelten Frachtverträge nicht, eben auch nicht den zwischen den Parteien, aus dem die Klägerin nunmehr gegen die Beklagte vorgeht.
Die Ladescheine bestimmen allein das Rechtsverhältnis zwischen dem Frachtführer und dem Empfänger, während für das Rechtsverhältnis zwischen dem Absender und dem Frachtführer der Frachtvertrag maßgeblich ist ( 446 HGB).
Der Klägerin kann auch nicht vorgeworfen werden, mit der Ausstellung der die Konnossementsbedingungen enthaltenen Ladescheine die Beklagte durch eine "positive Vertragverletzung" geschädigt zu haben.
Das Ausstellen von Ladescheinen mit entsprechenden, haftungseinschränkenden Klauseln enthaltenden Konnossementsbedingungen ist in der Binnenschiffahrt üblich. Daß die Klägerin solche ausgestellt hatte, war der Beklagten durch Übersendung von Kopien derselben auch bekannt
Die Konnossementsbedingungen enthalten auch grundsätzlich keine die Unterfrachtführer benachteiligenden Bedingungen, bezwecke sie doch den Schutz des Frachtführers gegenüber dem Empfänger.
Daß sich das in den Konnossementsbedingungen enthaltene Abtretungsverbot in der Weise ausgewirkt hat, daß der für den Schaden letztlich verantwortliche Nebenintervenient zu 2) von der Zessionarin der Ladungsinteressenten beziehungsweise deren Versicherers nicht erfolgreich in Anspruch genommen werden konnte mit der Folge einer jetzigen Inanspruchnahme der Beklagten durch die Klägerin, ist kein Umstand, der der Klägerin angelastet werden kann. Sie hatte keinen Einfluß darauf, daß die Ladungsseite beziehungsweise deren Versicherer ihre Schadensersatzansprüche entgegen dem Abtretungsverbot im Rahmen eines Factoringgeschäftes weiterveräußerte. Für diesen Fehler, der in dem Rechtstreit 5 C 9/92 BSch Amtsgericht - Schiffahrtsgericht - Duisburg-Ruhrort allein zur Abweisung der Klage gegen den Nebenintervenienten zu 2) führte, hat die Klägerin unter keinem Gesichtspunkt einzustehen.
Soweit die Nebenintervenienten darüber hinaus einwenden, der Nebenintervenient zu 2) sei gegenüber Regreßansprüchen der Beklagten und der Nebenintervenientin zu 1) durch die haftungsausschließenden Konnossementsbedingungen geschützt, überzeugt dies nicht.
Unabhängig davon, wie die Frachtverträge zwischen den genannten weiteren Frachtführeren im einzelnen aussehen, ist dem Nebenintervenienten zu 2) die Berufung auf haftungsausschließende beziehungsweise - beschränkende Konnossementsbedingungen wegen der anfänglichen Fahruntüchtigkeit seines Schiffes verwehrt (vgl. BGH 71,167; 82, 162).
Nach alledem muß der Berufung der Erfolg versagt bleiben, auch wenn der Senat sich aufgrund der Kritik der Beklagten und Nebenintervenienten veranlaßt gesehen hat, den Tenor in der Hauptsache dahin zu präzisieren, daß die Freistellung sich bezieht auf die durch das Schlußurteil in dem Verfahren 5 C 9/92 BSch AG Duisburg-Ruhrort als berechtigt anerkannten Forderungen der VEW, sowie die die Klägerin treffenden Prozeßkosten, soweit sie durch einen entsprechenden Kostenfestsetzungsbeschluß tituliert werden.
In diesem Sinn waren die Klägeranträge von vornherein zu verstehen-gewesen, wie auch die in der Berufung erfolgten Präzisierungsvorschläge der Klägerin zeigen. Es wäre bereits Sache des Schiffahrtsgerichts gewesen, zur Vermeidung etwaiger Mißverständnisse die Anträge in dem von der Klägerin verstandenen Sinn zu präzisieren beziehungsweise entsprechende Antragsformulierungen zu veranlassen.
Eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung in der Sache ist mit der durch den Senat vorgenommenen Neufassung des Tenors in der Hauptsache nicht verbunden.
Die Kostenentscheidung beruht auf 97 Abs.1 ZPO, 101 Abs.1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf 708 Nr.10, 711 ZPO.