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Leitsatz:
Eine unwirksame Freizeichnung von der Haftung für nautisches Verschulden im Unterfrachtvertrag entfaltet auch keine Wirkung zu Lasten des Absenders.
Urteil des Oberlandesgerichts (Schiffahrtsobergerichts) Köln
vom 9.2.1990
3 U 26/89
(Schiffahrtsgericht St. Goar)
Zum Tatbestand:
Die Klägerin, ein Versicherungsmakler, macht aus übergegangenem Recht Schadensersatz wegen der Beschädigung einer Partie Dünger geltend. Die Beschädigung ist auf einer Schiffsreise des dem Beklagten gehörenden MS „N" entstanden.
Aus den Entscheidungsgründen:
„Die Beklagten haften für den an der Ladung eingetretenen Schaden aufgrund nautischen Verschuldens aus §§ 3, 4 BSchG. Nach ihrem eigenen Vortrag war allein die Grundberührung von MS „N" Ursache der Leckage und damit auch des Nässeschadens an der Ladung. Der Beweis des ersten Anscheins spricht dafür, daß die Grundberührung auf fehlerhafter Navigation beruht (vgl. Bemm-Kortendick, RhSchPVO, 2. Aufl., § 1.17 Rdnr. 18). Diesen Anscheinsbeweis haben die Beklagten nicht zu erschüttern vermocht.
Sie berufen sich darauf, bei der Hafenausfahrt im Convoy in eine Zwangslage geraten zu sein, weil der Convoy zu langsam gefahren sei und infolgedessen für MS „N" der erforderliche Ruderdruck zum Manövrieren gefehlt habe; sie hätten sich unter diesen Umständen in der Zwangslage befunden, entweder die Drehzahl zu erhöhen und dann den Vordermann anzufahren oder aber mangels Ruderdrucks Grundberührung zu bekommen.
Dieser Vortrag vermag die Beklagten jedoch nicht zu entlasten: Sie hätten nämlich entweder einen größeren Abstand zum Vordermann halten müssen, der ihnen ein einwandfreies Manövrieren ermöglichte, oder aber dafür Sorge tragen müssen, daß der Convoy bei der Hafenausfahrt die für sie notwendige Mindestgeschwindigkeit einhielt. Falls keine der beiden Möglichkeiten durchsetzbar war, hätten sie sich dem Convoy nicht anschließen dürfen.
Für die schuldhafte Eigentumsverletzung hatten die Beklagten gegenüber der Firma „I" auch einzustehen. Entgegen ihrer Auffassung ist nämlich eine Freizeichnung von der Haftung für nautisches Verschulden jedenfalls nicht mit Wirkung gegenüber den Absender „I" vereinbart worden: Insoweit ist nunmehr unstreitig, daß das „Connossement" der Firma „L" nicht unterschriebet worden ist; schon mangels eines wirksames Ladescheins können somit etwaige Freizeichnungen im Unterfrachtvertrag mit de Firma „L" keine Wirkungen zu Lasten der Firma „1" entfalten.
Hinsichtlich der Höhe des geltend gemachten Schadens rügen die Beklagten mit Recht, daß im Sachverständigengutachter vom 25.3. 1987 bei der Ermittlung des Gesundwertes des vernäßten Teils der Ladung auf die Herausrechnung des Feuchtigkeitsgehalts verzichtet worden und stattdessen deren tatsächliches Gewicht zugrundegelegt worden ist. Da eine exakte Feststellung des seinerzeitigen Feuchtigkeitsanteils der Partie nicht mehr möglich ist, bleibt nur noch eine Schätzung des Schadensumfangs in Rahmen des § 287 ZPO ..."
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1992- Nr.1/2 (Sammlung Seite 1356); ZfB 1992, 1356