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Leitsatz:
Ein Freistellungsanspruch kann im Wege der Leistungs- oder der Feststellungsklage geltend gemacht werden. Voraussetzung einer Leistungsklage ist es, den Umfang der Freistellungsverpflichtung auch der Höhe nach eindeutig anzugeben. Für eine Feststellungsklage muß die Entstehung eines Schadens zumindest wahrscheinlich sein. Die zweijährige Verjährungsfrist nach § 118 BinSchG gilt auch für Ansprüche aus anderen Rechtsvorschriften, z.B. den §§ 823 ff BGB.
Urteil des Oberlandesgerichts (Rheinschiffahrtsobergerichts) Köln
vom 19.9.1995
- 3 U 227/94 BSchRh -
(Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort)
Zum Tatbestand:
Die Klägerin charterte für eine Bereisung mit Mitarbeitern der Firma D von dem Beklagten zu 1) das seinerzeit in dessen Eigentum stehende Personenboot P, das von Schiffsführer M gesteuert wurde.
Der Beklagte zu 2) ist Eigentümer des TMS D, das von dem Beklagten zu 3) verantwortlich geführt wurde. TMS D fuhr am 10.07.1992 auf dem Rhein in Höhe der Reede Duisburg-Ruhrort zu Tal. MS P kam aus dem Hafenkanal auf den Rhein und fuhr ebenfalls zu Tal. In Höhe des Rheinkilometers 781,1, kurz unterhalb der Straßenbrücke Duisburg-Ruhrort, ereignete sich eine Kollision zwischen den beiden Schiffen. PMS P sank infolge des Zusammenstoßes. Fünf Passagiere des PMS P erlitten Verletzungen. Schiffsführer M und vier Passagiere kamen um Leben.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, sie von sämtlichen Ansprüchen, die ihr gegenüber aus dem Schiffsunfall von dritter Seite geltend gemacht werden, freizustellen.
Das Rheinschiffahrtsgericht hat die Klage abgewiesen. Es fehle an dem  erforderlichen Feststellungsinteresse. Sämtliche Ansprüche seien  rechtshängig. Die Forderung der BFA, die nicht Gegenstand eines  Rechtsstreits sei, sei gemäß § 118 BinSchG verjährt. Die Berufung der  Klägerin hatte keinen Erfolg.
 
Aus den Entscheidungsgründen:
"Der Klage fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse. Sie ist  nämlich nicht als Leistungsklage, sondern als Feststellungsklage  auszulegen. Nach herrschender Meinung kann ein Freistellungsanspruch in  beiden Klagearten geltend gemacht werden. Voraussetzung für eine  zulässige Leistungsklage ist aber, daß der Umfang der  Freistellungsverpflichtung auch der Höhe nach eindeutig angegeben wird  (BGH, NJW 1980,1450; NJW 1981, 870; OLG Saarbrücken, JurBüro 1990, 1681,  1682). Vorliegend hat die Klägerin noch nicht einmal die Größenordnung  der drohenden Ansprüche genannt, so daß eine Leistungsklage unzulässig  wäre.
 Auch die Feststellungsklage ist unzulässig. Die Klägerin hat kein  rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung. Erforderlich ist  insoweit nämlich, daß die Entstehung eines Schadens zumindest  wahrscheinlich ist (Zöller/Greger, ZPO, 18. Aufl., § 256 Randziffer 8).  Daran fehlt es vorliegend. Die Klägerin hat nicht dargetan, daß gegen  sie Ansprüche von Rentenversicherungsträgern, Krankenkassen oder  sonstigen Dritten mit Erfolg geltend gemacht werden könnten. Sie stellt  im Gegenteil ihre Haftung in Abrede. Ansprüche der Passagiere von PMS  "Passat" oder deren Rechtsnachfolgern gegen die Klägerin sind aber auch  nicht ersichtlich. Es kann dahinstehen, ob im Außenverhältnis eine  Haftung der Klägerin als Ausrüsterin in Betracht kommt. Ersatzansprüche,  die ihren rechtlichen Grund in Vorschriften des  Binnenschiffahrtsgesetzes finden, sind sämtlich nach § 118
 Binnenschiffahrtsgesetz verjährt. Die zweijährige Verjährungsfrist  beginnt mit dem Unfallereignis (10.07.1992). Sie gilt auch für Ansprüche  aus anderen Rechtsvorschriften wie etwa den §§ 823 ff. BGB (BGH, VersR  1980, 968; OLG Hamm, ZfB 1973, 19; Vortisch/Bemm,  Binnenschiffahrtsrecht, 4. Aufl., § 118 Randziffer 2).
Das Bestehen vertraglicher Ansprüche der Passagiere von PMS P gegen  sie, die auf Dritte übergegangen sein könnten, hat die Klägerin nicht  dargetan. Forderungen ihrer bei dem Unglück ums Leben gekommenen  Mitarbeiter M und H aus dem Arbeitsverhältnis unterliegen gemäß § 196  Abs. 1 Nrn 8 und 9 BGB ebenfalls einer Verjährung von zwei Jahren. Der  verstorbene Herr K und die Passagiere Th, L und T waren Mitarbeiter der  Firma D.
 Sie haben auf Einladung der Klägerin an der Bereisung teilgenommen.  Hierbei handelt es sich mangels anderer Anhaltspunkte um ein reines  Gefälligkeitsverhältnis, bei dem eine Haftung analog den Grundsätzen der  culpa in contrahendo nur in Betracht kommt, wenn durch den sozialen  Kontakt zwischen den Beteiligten eine vertragsähnliche Sonderverbindung  besteht (Palandt/Heinrichs, BGB, 53. Aufl., Einleitung zu § 241  Randziffer 10 m.w.N.). Für das Bestehen einer solchen Sonderverbindung  hat die Klägerin keinerlei Tatsachen vorgetragen..." 
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1996 - Nr.6 (Sammlung Seite 1585 f.); ZfB 1996, 1585 f.


