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Leitsätze:
Für die Haftung des Schiffseigentümers gegenüber Reisenden aus § 77 BinSchG i.V.m. §§ 664, 485 HGB kommt es nicht darauf an, ob zwischen ihm und den Reisenden ein Beförderungsvertrag abgeschlossen worden ist. Identität der Reisenden mit demjenigen, der den Beförderungsvertrag abschließt, ist nicht erforderlich. Bei der Vereinbarung einer Beförderung sind die Passagiere in den Schutzbereich des Vertrags einbezogen; sie können den Beförderer ggf. auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.
Urteil des Oberlandesgerichts (Rheinschiffahrtsobergerichts) Köln
vom 19.9.1995
3 U 221/94 BSchRh
(Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort)
Zum Tatbestand:
Der verstorbene Ehemann der Klägerin nahm auf Einladung der Streithelferin zu 1) am 10. Juli 1992 an einer Schiffsfahrt mit PMS P teil. Das Schiff stand seinerzeit im Eigentum des Beklagten. Es wurde von Schiffsführer M gesteuert. Bei einer Kollision des PMS P mit dem TMS D kam der Ehemann der Klägerin ums Leben.
Mit der Klage macht die Klägerin Verdiensteinbußen und ein Schmerzensgeld geltend; sie begehrt ferner die Feststellung, daß der Beklagte auch zum Ersatz künftiger Schäden verpflichtet ist.
Das Rheinschiffahrtsgericht hat durch Grundurteil festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, den durch den Unfall entstandenen Schaden der Klägerin im Rahmen des § 4a BinSchG zu ersetzen, soweit die Forderungen nicht auf Versicherungsträger übergegangen sind. Es hat ferner festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, im Rahmen der Haftung aus § 4a BinSchG die Kosten der Beerdigung des Ehemanns der Klägerin zu ersetzen sowie an dessen Erben ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen. Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Haftung des Beklagten folgt auch aus § 77 Binnenschiffahrtsgesetz i.V.m. §§ 664, 485 HGB. Die Streithelferin zu 1) hat PMS P unstreitig gechartert, um mit Geschäftsfreunden eine Bereisung zu unternehmen. Damit ist zwischen dem Beklagten und der Streithelferin zu 1) ein Beförderungsvertrag abgeschlossen worden, der die Beförderung der Gäste zum Gegenstand hatte. Anerkanntermaßen braucht der Reisende nicht mit demjenigen identisch zu sein, der mit dem Beförderer den Beförderungsvertrag abschließt (Prüssmann/Rabe, Seehandelsrecht, 3. Aufl., vor § 664 HGB lI C 1 b); dies ist bei jeder Pauschalreise der Fall. Aus diesem Grund ist es auch unerheblich, daß zwischen der Streuhelferin zu 1) und den Passagieren keine vertraglichen Beziehungen bestanden. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist Je Vereinbarung einer bestimmten Beförderungsleistung (Ziel und Route) entbehrlich Auch bei der Vercharterung von Seeschiffen für Rundreisen bleibt der Reeder als Schiffseigner haftbar, auch wenn ihm die Einzelheiten der Route nicht bekannt sind und der Charterer diesbezüglich Weisungen an den Kapitän erteilt (BGHZ 22, 197, 200 f.). Ausreichend für den Abschluß eines Beförderungsvertrages ist es vielmehr, wenn - wie im vorliegenden Fall - das Schiff zu einer bestimmten Zeit zum Zwecke der Durchführung einer Rundfahrt mit Passagieren übergeben wird und die Abrechnung auf Stundenbasis erfolgen soll. Die Passagiere sind dann in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen und können den Beförderer auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.
Auch die weiteren Voraussetzungen der §§ 3, 4a, 77 Binnenschiffahrtsgesetz, 664 Abs. 1 HGB liegen vor. Die Verletzungen des verstorbenen Ehemannes der Klägerin sind durch ein schuldhaftes Verhalten von Schiffsführer M verursacht worden....."
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1996 - Nr.7 (Sammlung Seite 1593); ZfB 1996, 1593