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3 U 22/01 BSch - Oberlandesgericht (Schiffahrtsobergericht)
Entscheidungsdatum: 25.09.2001
Aktenzeichen: 3 U 22/01 BSch
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Oberlandesgericht Köln
Abteilung: Schiffahrtsobergericht

Leitsatz:

Zum Anspruch auf Zahlung der vollen Fracht, wenn nur ein Teil der vereinbarten Ladung übernommen wird, der Frachtführer dies aber nicht zu vertreten hat.

 

Urteil des Oberlandesgerichts (Schifffahrtsobergerichts) Köln

vom 25.9.2001

- 3 U 22/01 BSch -

(Schifffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort)

Zum Tatbestand:

Die Beklagte erteilte dem Kläger den Auftrag, mit seinem MS „A" 600 t Sonnenblumenkerne von Duisburg nach Hamm zu transportieren. Dabei setzten die Parteien voraus, dass die Ladung ein Schüttgewicht von 460 kg/m3 hatte. Tatsächlich übernahm MS „A" aber nur 532 t. Decklast ließ die Beklagte bei der Beladung nicht zu.
Die restlichen 68 t ließ die Beklagte anderweitig transportieren. Von der vereinbarten Fracht zog die Beklagte dem Kläger deshalb 1.575,00 DM ab. Dem Kläger zahlte sie nur eine Fracht von 8,00 DM/t für 532 t, statt für 600 t.

Der Kläger verlangt von der Beklagten Zahlung der abgezogenen 1.575,00 DM sowie Erstattung des Frachtnachteils, weil das Schiff nur 532 t, nicht die vereinbarten ca. 600 t abzüglich einer Marge von 2,5 %, somit 585 t transportiert hatte.
Der Kläger trägt vor, bei einem Schüttgewicht der Ladung von 460 kg/m3 hätte sein Schiff die vereinbarten 600 t transportieren können. Auch Deckslast sei vereinbart gewesen. Jedenfalls hätte noch Deckslast zugeladen werden können, als die Beklagte die Order erteilte, unverplombt abzulegen.

Nachdem der Kläger zunächst Klage auf Zahlung von 1.575,00 DM erhoben hatte, hat er im weiteren die Klage auf Zahlung von 1.943,00 DM erhöht.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie trägt vor, die vereinbarte Menge von 600 t habe deshalb nicht transportiert werden können, weil MS „A" nicht - wie vom Kläger angegeben - eine Größe von 1.400 m3, sondern nur von 1.253,35 m3 gehabt habe. Zu Recht habe deshalb die Beklagte den Kläger mit der Hälfte der Mehrkosten aus dem Transport der zurückgebliebenen 68 t sowie mit der Hälfte der Kosten für eine Schiffsvermessung belastet.

Das Schifffahrtsgericht hat der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, 1.943,00 DM an den Kläger zu zahlen. Dieser habe Anspruch auf Zahlen des restlichen Frachtlohns in Höhe von 1.575,00 DM, zumal die Beweisaufnahme ergeben habe, dass MS „A" zwar nur eine Größe von ca. 1.195 m3 habe, bei einem Schüttgewicht der Ladung von ca. 460 kg/m3 einschließlich Deckslast aber ca. 630 t hätte laden können. Auch stehe dem Kläger der mit der Klageerhöhung geltend gemachte Anspruch auf ausgefallene Fracht in Höhe von 368,00 DM zu, weil nur 532 t statt 585 t zu 8,00 DM/t transportiert und ihm gutgeschrieben worden seien. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.


Aus den Entscheidungsgründen:

„Das Schifffahrtsgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Zahlung der restlichen Fracht gemäß §§ 407 Abs. 2, 416 Satz 2 HGB bejaht. Soweit die Beklagte nunmehr im Berufungsverfahren bestreitet, dass dem Kläger die Möglichkeit eingeräumt worden sei, mit Deckslast zu laden, ist dies unerheblich. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, den Kläger bei Vertragsschluss darüber zu informieren, dass die Ladung aus Ungarn stammte, unter Zollverschluss weitertransportiert werden müsse und deshalb Deckslast nicht möglich sei. Die Beklagte behauptet selbst nicht, dass dies Vertragsgegenstand geworden sei. Sie macht vielmehr unter Berufung auf das Zeugnis des Disponenten S geltend, über Decksverladung sei nie gesprochen worden. Soweit sie ferner darauf hinweist, dass der Kläger bereits in der Klageschrift vorgetragen habe, die Abladerin habe wegen erforderlichen Zollverschlusses Deckslast nicht zugelassen, bezieht sich dieser Vortrag ersichtlich nicht auf die bei den Vertragsverhandlungen abgegebenen Erklärungen, sondern auf einen späteren Zeitpunkt anlässlich der Beladung des Schiffs, wie dies der Kläger im Schriftsatz vom 29.12.1999 auch näher erläutert hat.

Der Kläger brauchte als Schiffsführer ohne Information seitens der Beklagten über die zollrechtlichen Erfordernisse keine Kenntnisse zu haben. Er durfte darauf vertrauen, dass er die Ladung einschließlich Deckslast übernehmen könne, wenn sein Schiff über die entsprechende Tragfähigkeit verfügte. Nach den Ausführungen des Sachverständigen E hätte das Schiff bei einem Gesamtvolumen einschließlich Deckslast von 1392 cbm 630 t Sonnenblumenkerne laden können. Wenn die Beklagte sodann nach Beladung des Schiffs bis unter die Luken unter Hinweis auf einen erforderlichen Zollverschluss die Anweisung erteilt hat, keine Decksladung mehr zu übernehmen, hat sie die volle Fracht zu bezahlen. Im Übrigen hat die Beklagte unstreitig noch am Verladetag, als der Zoll nicht an Bord erschien, die Order gegeben, unverplombt abzulegen, und das Angebot des Klägers, nun noch die restliche Ladung als Deckslast mitzunehmen, abgelehnt. In Anbetracht dessen, dass der Zoll hier nicht mehr auf einer Verplombung bestand, ist nicht nachzuvollziehen, wieso nicht noch hätte nachgeladen werden können, zumal die Gefahr einer Entwendung der Ware aus dem unverplombten Laderaum ebenso wie bei einer Deckslast gegeben war "

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2002 - Nr.5 (Sammlung Seite 1864); ZfB 2002, 1864