Rechtsprechungsdatenbank

3 U 192/95 Bsch Mo - Oberlandesgericht (Moselschiffahrtsobergericht)
Entscheidungsdatum: 10.05.1996
Aktenzeichen: 3 U 192/95 Bsch Mo
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Oberlandesgericht Köln
Abteilung: Moselschiffahrtsobergericht

Leitsatz:

Wird eine der im Schleusenbereich aufgestellten Lampen durch Schiffsanfahrung beschädigt, kann nicht der Neupreis des Mastes beansprucht werden, sondern lediglich der Wert eines dem beschädigten gleichwertigen, das heißt gleichaltrigen. Sofern bei Teilen einer wirtschaftlichen Einheit, bei der nur eine Gesamterneuerung nach Ablauf der normalen Lebensdauer in Betracht kommt, im Einzelfall eine meßbare Vermögensmehrung bei der außerplanmäßigen Erneuerung eines Einzelteils verneint wird, ist dies nur dann gerechtfertigt, wenn wesentliche wirtschaftliche Gründe nach dem Ablauf der normalen Abnutzungsdauer einen Gesamtaustausch aller Teile, unabhängig von ihrem Alter, erfordern. Ein „einheitliches Bild der gesamten Beleuchtungsanlage" ist ein rein ästhetisches Moment, das bei einer Schleusenbeleuchtungsanlage von untergeordneter Bedeutung ist und keiner wirtschaftlichen Notwendigkeit entspricht.

Urteil des Oberlandesgerichts (Moselschiffahrtsobergerichts) Köln

vom 10.5.1996

3 U 192/95 Bsch Mo

(Moselschiffahrtsgericht St. Goar)

Zum Tatbestand:

Bei der Einfahrt in die Schleuse Wintrich kollidierte das der Beklagten gehörende TMS mit einer dort am Ufer aufgestellten Peitschenlampe, wodurch diese umknickte. Die Klägerin hat die Lampe erneuert und begehrt Ersatz der entstandenen Kosten, soweit diese noch nicht erstattet worden seien. Das Moselschiffahrtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung hatte Erfolg.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Die Klage ist - abgesehen von dem zugesprochenen Zinsanspruch - unbegründet.

Den der Klägerin zustehenden Schadensersatz aus der Beschädigung der Peitschenlampe hat die Beklagte vorprozessual mit ihrer Zahlung in Höhe von 1.659,19 DM in vollem Umfang erbracht.

Eine höhere Schadensersatzforderung, wie mit der Klage verfolgt, steht der Klägerin nicht zu, denn sie kann nicht den Neupreis des Peitschenmastes beanspruchen, sondern lediglich den Wert eines dem beschädigten gleichwertigen, das heißt gleichaltrigen, und muß sich deshalb einen Abzug „neu für alt" gefallen lassen.

Der Geschädigte ist in die gleiche wirtschaftliche Vermögenslage zu versetzen, wie sie ohne den Eintritt des zum Ersatz verpflichtenden Ereignisses bestanden haben würde. Etwaige mit der Neuherstellung verbundene meßbare Wertzuwächse sind von ihm auszugleichen, weil er sonst eine über seinen Schaden hinausgehende Entschädigung erhielte (BGHZ 30, 29 ff.).

Die Klägerin kann sich nicht erfolgreich darauf berufen, der beschädigte Mast sei Teil einer gesamten Beleuchtungsanlage, bei der nach der normalen Nutzungsdauer von 30 bis 50 Jahren auch einzelne wesentlich jüngere Maste ausgetauscht würden, so daß sie mit der Erneuerung des beschädigten Mastes zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Vermögensmehrung erfahre.

Grundsätzlich mag bei Teilen einer wirtschaftlichen Einheit, bei der nur eine Gesamterneuerung nach Ablauf der normalen Lebensdauer in Betracht kommt, im Einzelfall eine meßbare Vermögensmehrung bei der außerplanmäßigen Erneuerung eines Einzelteils zu verneinen sein, wie der Senat in einer früheren Entscheidung hinsichtlich einer Dalbengruppe angenommen hat (3 U 7/83, veröffentlicht in ZfB 1984, Seite 356; Sammlung S. 1059).

Diese Bewertung erscheint jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn wesentliche wirtschaftliche Gründe nach dem Ablauf der normalen Abnutzungsdauer einen Gesamtaustausch aller Teile, unabhängig von ihrem Alter, erfordern.

Dies kann hinsichtlich des hier in Frage stehenden, grundsätzlich ein eigenständiges Wirtschaftsgut darstellenden Peitschenmastes, der im übrigen bei einer Gesamterneuerung als noch über Jahrzehnte nutzbares Teil vermutlich anderweitig eingesetzt werden könnte, nicht angenommen werden. Es ist bereits zweifelhaft, ob man bei den 10 Lichtmasten im oberen Vorhafen und den insgesamt 34 Lichtmasten im gesamten Schleusenbereich von einer in dem bezeichneten Sinne nur insgesamt zu erneuernden einheitlichen Beleuchtungsanlage sprechen kann. Dies kann letztlich jedoch dahinstehen. Entscheidend ist, daß die Klägerin selber keine akzeptablen wirtschaftlichen Gründe für die Notwendigkeit eines Gesamtaustauschs geltend macht.

Das „einheitliche Bild der gesamten Beleuchtungsanlage", das die Klägerin ins Feld führt, ist ein rein ästhetisches Moment, das bei einer Schleusenbeleuchtungsanlage nach Auffassung des Senats jedoch von untergeordneter Bedeutung ist und keiner wirtschaftlichen Notwendigkeit entspricht. Wenn der Klägerin die genannten ästhetischen Gesichtspunkte so wichtig sind, daß wirtschaftliche Überlegungen zurücktreten, ist es ihr auch zuzumuten, die anfallenden Zusatzkosten für den Austausch noch über einen längeren Zeitraum brauchbarer Lichtmaste selber zu tragen.

Der ihr jetzt entstandene und zu ersetzende Schaden bemißt sich jedenfalls nach dem Zeitwert, der einen Abzug von dem Neupreis in Höhe von 50 % bedingt..."

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1999 - Nr. 11 (Sammlung Seite 1762 f.); ZfB 1999, 1762 f.