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Leitsätze:
1) Die in einer kontradiktorischen Schadenstaxe in ausländischer Währung ausgedrückten Geldschulden sind unechte Valutaschulden, deren Umrechnung nach dem Kurs des Zahlungstages, nicht des Fälligkeitstages zu erfolgen hat.
2) Der Leistungsort einer nach dem Wohnsitz des Schuldners zu erfüllenden Ersatzverpflichtung (§ 269 BGB) ändert sich nicht durch eine vorbehaltlose kontradiktorische Schadenstaxe, da sich diese im wesentlichen in der für die Beteiligten verbindlichen objektiven Beurteilung und Feststellung des Schadens und der Reparaturzeit eines Schiffes erschöpft.
Urteil des Oberlandesgerichts - Rheinschiffahrtsobergericht in Köln
vom 5. Februar 1971
3 U 165/70
(Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort)
Zum Tatbestand:
Das dem belgischen Kläger gehörende MS T wurde auf der deutschen Rheinstrecke von dem MS E des Beklagten angefahren. Rechtskräftig wurde festgestellt, daß der Beklagte Ersatz des auf ca. 12150 DM bezifferten Schadens dem Grunde nach schuldet. Während des Verfahrens über die Höhe hat der Beklagte zunächst 9589,14 DM gezahlt.
Das Rheinschiffahrtsgericht hat den Beklagten sodann - unter Abweisung der Klage im übrigen - zur Zahlung von 11213,04 DM abzüglich des gezahlten Betrages verurteilt. Der Beklagte hat daraufhin weitere 1130,10 DM gezahlt und anschließend Berufung eingelegt, soweit er zu weiteren 493,80DM verurteilt worden war (11213,34DM 9589,14DM 1130,10 DM).
Er ist der Meinung, bei dem in bfrs ausgedrückten Geldschulden handele es sich um unechte Valutaschulden, bei deren Berechnung nicht der Kurs des Verzugsbeginns, sondern des Zahlungstages hätte zugrundegelegt werden müssen.
Der Kläger meint, § 244 BGB sei nicht anwendbar, da es sich um eine auf einer kontradiktorischen Schadenstaxe beruhende, in Belgien zu erfüllende Fremdwährungsverbindlichkeit handele. Auch liege der Leistungsort gemäß einem Handelsbrauch für die Reparatur- und Expertisekosten in Belgien. Spätestens mit der kontradiktorischen Feststellung sei die Forderung in belgischer Währung fällig geworden und habe durch die DM-Aufwertung nicht mehr beeinflußt werden können.
Das Berufungsgericht hat der Berufung des Beklagten in dem geltend gemachten Umfang stattgegeben.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die hier maßgebliche Frage, ob der Kläger Zahlung des Schadensbetrages zum Umrechnungskurs des Verzugsbeginns oder des Zahlungstages verlangen kann, ist nach Auffassung des Senats in letzterem Sinne zu beantworten. Diese Auffassung stützt der Senat auf folgende Erwägungen: Die Anfahrung des dem Kläger gehörenden MS T erfolgte auf dem zum Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland gehörigen Teils des Rheins. Der Ort der unerlaubten Handlung liegt folglich in Deutschland.
Auch der Zahlungsort ist im Inland gelegen. Durch das in dieser Sache erlassene rechtskräftige Grundurteil des Rheinschiffahrtsgerichts in Duisburg-Ruhrort vom 30. Dezember 1969 steht fest, daß der Beklagte den Klüger den mit der Klage geltend gemachten Schadensersatz aus unerlaubter Handlung verschuldet. Die Ersatzverpflichtung ist nach § 269 BGB grundsätzlich an dem Ort zu erfüllen, an dem der Beklagte seinen Wohnsitz zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses hatte, es sei denn, es sei eine abweichende Vereinbarung zwischen den Parteien getroffen oder ein anderer Leistungsort sei aus den Umständen zu entnehmen. Entgegen der vom Kläger vertretenen Ansicht trifft das nicht etwa deshalb zu, weil eine vorbehaltlose kontradiktorische Schadenstaxe in Ansehung des dem Kläger entstandenen Schadens erfolgt ist. Denn Sinn und Zweck der kontradiktorischen Schadenstaxe ist nicht, den Leistungsort in Abweichung von der gesetzlichen Regelung des § 269 BGB vom Wohnort des Schuldners an den dies Geschädigten zu verlegen, sondern erschöpft sich im wesentlichen in der für die Beteiligten verbindlichen objektiven Beurteilung und Feststellung des Schadens und der Reparaturzeit eines Schiffes. Werden, wie hier, in einer kontradiktorischen Schadenstaxe die Kosten einer Reparatur in belgischer Währung festgestellt, weil die Reparatur in Belgien erfolgen muß und auch dort die Expertise ausgestellt wird, ändert sich an dem Leistungsort als solchen dadurch nichts, da das Schuldverhältnis hierdurch keine Änderung erfährt.
Des weiteren vermag ein Handelsbrauch nichts an der Art, wie Schadensersatz aus einer unerlaubten Handlung zu leisten ist, zu ändern.
Auf die dem Kläger zustehende Forderung finden die §§ 244, 249 BGB, nicht aber die Kollisionsnormen des IRP Anwendung (vgl. Soergel-Kegel; Kommentar zum BGB, Anm. 32 zu Artikel 12 EG BGB). Hieraus ergibt sich, daß die Schuld in DM, nicht aber als eine echte Valutaschuld in bfrs zu zahlen ist (Soergel-Kegel, Anm. 481 vor Artikel 7 EG BGB). Daß sich der Schaden in belgischen Franc, also in einer fremden Währung ausgedrückt hat, kommt nur als Maßstab für die Bemessung der Schuld in Betracht. (Raape, Deutsches internationales Privatrecht Band 2 S. 303 ff). Die in belgischen Franc ermittelten Schadensbeträge bilden die Rechnungsfaktoren für die Feststellung des vom Schuldner in der Währung seines Landes zu leistenden Schadenersatzes (RGZ 96, 121, Staudinger, Kommentar zum BGB, 10. Aufl., § 244 Anm. 22, BGHZ 14, 212 = NJW 1954, 1441).
Ist aber eine unechte Valutaschuld nach § 244 BGB zu zahlen, so ist der Kurs des Zahlungstages zugrundezulegen; denn unter dem Begriff Zeit der Zahlung" in § 244 Abs. 2 BGB ist die Zeit zu verstehen, zu der tatsächlich gezahlt wird (RGZ 101, 312).
Zwar ist in der Rechtsprechung bei inflationärer Geldentwertung entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben im redlichen Verkehr eine Aufwertung mit Recht vorgenommen worden, um unbillige Ergebnisse und eine Benachteiligung des Gläubers zu verhindern, (vgl. Raape, a.a.O. S. 300, Oertmann, Kommentar zum BGB § 244 Anm. 3). Die durch die DM-Aufwertung sich ergebenden Kursunterschiede geben jedoch zu einer Heranziehung dieser Grundsätze keinen Anlaß, da der Kläger als Geschädigter in vollem Umfange Ersatz des Schadens erhält, den er wirklich erlitten hat. Daß der Beklagte infolge der Aufwertung in der Währung seines Heimatlandes weniger zu zahlen hat, um den dem Kläger entstandenen Schaden auszugleichen, ist ein zufälliger vom Gesetz in Kauf genommener Umstand, der nicht als unbillig empfunden werden kann und insbesondere dem Kläger keinen Anlaß gibt, seinerseits hieran Folgerungen zu knüpfen. Er erhält .alles, was er zur Behebung seines Schadens aufwenden mußte. Auch der vom Vorderrichter angeführte Gesichtspunkt eines Verzugsschadens kann nicht zu einer anderen Entscheidung führen. Für die Zeit des Zahlungsverzuges erhält der Kläger Verzugs, zinsen. Einen weitergehenden Schaden hat er nicht erlitten. Denn der Kläger hätte nach Überweisung des in Deutscher Mark gezahlten Betrages nach Belgien und beim Einwechseln in belgische Franken seinerzeit auch keinen höheren Erlös erzielt. Durch die Änderung der DM-Parität kann ihm deshalb kein Schaden entstanden sein.