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3 U 137/80 - Oberlandesgericht (Rheinschiffahrtsobergericht)
Entscheidungsdatum: 13.03.1981
Aktenzeichen: 3 U 137/80
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Oberlandesgericht Köln
Abteilung: Rheinschiffahrtsobergericht

Leitsatz:

Zur Bemessung eines billigen und gerechten Hilfslohnes für Rettungsaktionen

Urteil des Oberlandesgerichts - Rheinschiffahrtsobergericht in Köln

vom 13. März 1981

3 U 137/80

(Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort)

Zum Tatbestand: 

Als bei einer des Nachts oberhalb der Homberger Brücke erfolgten Kollision zwischen dem der Beklagten gehörenden, mit Benzin beladenen MTS B und dem Schubverband L B sofort in Brand geriet und nach linksrheinisch auf das dort stilliegende Bunkerboot T zutrieb, drohte eine Katastrophe größten Ausmaßes, u. a. die Gefahr einer Beschädigung der Homberger Brücke. Um größere Schäden zu verhindern und Löscharbeiten an B mit 2 Feuerlöschbooten zu ermöglichen, verschleppte der Kläger mit dem ihm gehörenden und von ihm geführten Schubboot R das brennende Tankmotorschiff über Steuer von der Fina-Bunkerstation (km 780,6) bis unterhalb des Hafens Rheinpreußen (km 781,7). Das bisher mit 665000,- DM bewertete MTS B hatte nach dem Unfall nur noch einen Wert von 140 000,DM; seine Ladung konnte zu drei Viertel gerettet werden.
Der Kläger verlangt einen Hilfslohn von 50000,- DM. Das Rheinschiffahrtsgericht hat dem Anspruch nur zur Hälfte entsprochen. Der Beklagte hat die zunächst eingelegte Berufung zurückgenommen. Auf die Berufung des Klägers hat das Rheinschiffahrtsobergericht der
Klage in vollem Umfang stattgegeben.


Aus den Entscheidungsgründen:
„...
Das Rheinschiffahrtsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, daß der Kläger als Schiffseigner des Schubbootes R den vollen Hilfslohn, der auf seine Besatzung und auf die Leistung seines Schiffes entfällt, geltend machen kann. Denn § 95 Abs. 3 BSchG regelt nur die Verteilung des Hilfslohns, nicht aber die Klagebefugnis.
...
Das Rheinschiffahrtsgericht hat ferner zutreffend angenommen, daß der Kläger nach § 93 Abs. 2 BSchG Hilfslohn verlangen kann. Denn sein Schubboot hat das MTS B sowie Teile der Schiffsladung aus einer Schiffsgefahr im Sinne des § 93 Abs. 2 BSchG gerettet.
...
Durch den Einsatz des Schubboots des Klägers wurde eine Explosion des Bunkerboots verhindert und eine Rettung der Ladung des Tankmotorschiffs ermöglicht, weil nunmehr von zwei Seiten Feuerlöschboote den Brand auf dem Tankmotorschiff bekämpfen konnten. Zugleich wurden erhebliche Gefahren von Menschen und Gebäuden am Ufer und für die Homberger Brücke abgewendet.
Die Höhe des Hilfslohns ist gemäß § 94 Abs. 1 BSchG nach billigem Ermessen zu bestimmen.
Wenn das Rheinschiffahrtsgericht dem eingeholten Gutachten der Schifferbörse nicht gefolgt ist, kann das allerdings nicht beanstandet werden. Denn dieses Gutachten ist unbrauchbar. Zwar nennt die Schifferbörse einen Betrag von 50000,- DM als billigen Hilfslohn. Die Grundlagen der vorgenommenen Bemessung des Hilfslohns sind in dem schriftlichen Gutachten aber nicht näher erörtert. Genannt sind in dem Gutachten allerdings die gesetzlichen Richtlinien, die die Schifferbörse aber nicht einmal unmittelbar dem Gesetz, sondern dem Schrifttum entnommen hat. Was unter den hier gegebenen Umständen aus den Richtlinien folgt, sagt das Gutachten nicht.

Das Rheinschiffahrtsgericht hat jedoch nicht hinreichend die Umstände des Falles berücksichtigt. Denn die in § 94 Abs. 4 BSchG aufgestellten Richtlinien enthalten keine bindenden Vorschriften, sondern nur Anhaltspunkte zur Ermittlung des billigen und gerechten Lohns, schließen also keine sonstigen Umstände aus. In erster Linie sind deshalb die besonderen Umstände des Einzelfalles, die Gefährlichkeit der Rettungsmaßnahmen, die verwendete Zeit, die geleisteten Dienste, der Umfang der Aufwendungen und der Wert der geretteten Gegenstände zu berücksichtigen.
...
Der Einsatz des Schubboots war mit großen Gefahren für das eigene wertvolle Fahrzeug und seine Besatzung verbunden, weil eine unmittelbare Explosionsgefahr bestand und man an den brennenden Tanker nahe heranfahren mußte, um eine Schleppverbindung herzustellen. Aus nautischer Sicht mögen die zur Verschleppung des Tankers erforderlichen Arbeiten nicht sonderlich schwierig gewesen sein. In der hier bestehenden Gefahrensituation erforderte der Einsatz jedoch erheblichen Mut und kühle Überlegung.
Nach dem unbestrittenen Vorbringen des Klägers in der Berufungsinstanz war die fünfköpfige Schubbootbesatzung ca. 2 Stunden im Einsatz, um den Tanker von km 780,6 bis km 781,7 zu verschleppen. Daß auch Personen gerettet worden sind, kann dem Vorbringen der Parteien nicht entnommen werden.
Durch den Einsatz des Schubboots wurden sowohl MTS B als auch erhebliche Teile seiner Ladung gerettet. Entgegen der Auffassung des Rheinschiffahrtsgerichts muß auch der gerettete Wert von MTS B berücksichtigt werden, da ohne den Einsatz des Schubboots im Falle einer Explosion lediglich Schrott übrig geblieben wäre.
...
Der Wert der geretteten Ladung kann nach übereinstimmender Auffassung der Parteien mit 500 000,- DM angenommen werden. Alle diese Umstände lassen einen Hilfslohn von 50000,- DM als billig erscheinen.