Rechtsprechungsdatenbank
Leitsatz:
Zu dem nach den Schubbedingungen vom 12. August 1970 einem fremden Schubleichtereigner obliegenden Nachweis, daß der Leichter bei Aufnahme in den Schubverband unbeschädigt war.
Urteil des Oberlandesgerichts - Rheinschiffahrtsobergericht in Köln
vom 11. Juli 1980
3 U 12/80
(Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort)
Zum Tatbestand:
Im Auftrag der Klägerin wurde ihr Tankschubleichter L mit dem der Beklagten zu 1) gehörenden, vom Beklagten zu 2) geführten Schubboot G am 21. Januar 1977 leer von Duisburg nach Antwerpen verbracht und dort mit etwa 1100 t beladen. Auf der Rückreise wurde am 23. Januar festgestellt, daß aus einem Mannlochdeckel des Leichters Luft austrat, wovon der Beklagte zu 2) die Klägerin am 26. Januar 1977 bei der Ablage des Leichters in Köln-Deutz unterrichtete. Der von der Klägerin beauftragte Experte F. untersuchte den inzwischen in Köln-Mülheim auf Helling genommenen Leichter am 2. Februar 1977 und stellte Bodenschäden fest. Zu dieser Schadensaufnahme waren die Beklagten nicht eingeladen worden. Erst am 17. Oktober 1977 konnte deren Experte T den Leichter begutachten.
Die Klägerin verlangt Ersatz des Schadens von ca. 47 500,- DM. Sie beruft sich auf das von beiden Prozeßparteien unterzeichnete Schubabkommen vom 12. August 1970 (Allgemeine Bedingungen für Verträge über die Mitnahme fremder Schubleichter durch Schubboote), wonach die Beklagten für den Schaden hafteten, der während der Zugehörigkeit des der Klägerin gehörenden Leichters zum Schubverband der Beklagten zu 1) entstanden sei.
Die Beklagten entgegnen, daß der Schaden schon vor der Reise mit ihrem Schubboot vorhanden gewesen sein müsse. Die von der Besatzung festgestellten Pfeifgeräusche ließen keine Schlußfolgerungen über den Zeitpunkt des Schadenseintritts zu, da die Gummiabdichtungen der Mannlochdeckel so dicht seien, daß bei einer Leckage keine Luft entweiche, und daher schon wochenlang vorher Bodenschäden vorhanden gewesen sein könnten, ohne daß Luft mit Pfeifgeräuschen entwichen sei. Ungewöhnlich sei es auch, daß den Beklagten keine Gelegenheit zur Teilnahme an der Schadensaufnahme und zu eigenen Feststellungen gegeben worden sei. Jedenfalls habe die Klägerin den ihr nach § 1 der Schubbedingungen obliegenden Beweis nicht erbracht, daß der Schaden bei Übernahme ihres Leichters durch das Schubboot der Beklagten zu 1) nicht vorhanden gewesen sei.
Das Schiffahrtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung blieb erfolglos.
Aus den Entscheidungsgründen:
„...
Nach § 1 der „Allgemeinen Bedingungen für Verträge über die Mitnahme fremder Schubleichter durch Schubboote" vom 12. August 1970 muß die Klägerin beweisen, daß der Bodenschaden an ihrem Leichter nicht vorhanden war, als dieser am 21. Januar 1977 in den Schubverband mit dem Schubboot G aufgenommen wurde. Diesen Nachweis hat die Klägerin nicht erbracht. Durch die vom Rheinschiffahrtsgericht durchgeführte Beweisaufnahme konnte nicht geklärt werden, wann der Leichter der Klägerin den hier in Rede stehenden Bodenschaden erlitten hat.
...
Die Aussagen der Zeugen M. und Mö. sprechen dagegen, daß sich der Leichter den Schaden in der Zeit vom 21. bis 26. Januar 1977 zugezogen hat. Denn nach deren Bekundungen soll mit dem Leichter sowohl auf der Talfahrt nach Antwerpen als auch auf der anschließenden Bergfahrt nichts passiert sein. Vor allem habe der Leichter keine Grundberührung gehabt.
...
Zugunsten der Klägerin wird davon ausgegangen, daß die Besatzung des Schubverbandes erst auf der Bergfahrt ab 23. Januar 1977 festgestellt hat, daß aus dem einen Mannlochdeckel an der Backbordseite des Leichters Luft herausblies. Das bedeutet aber nicht, daß auch der Bodenschaden mit der Leckage auf dieser Reise entstanden sein muß. Der gegenteiligen Meinung der Klägerin kann nicht gefolgt werden. Da nämlich ihr Leichter nur etwa zur Hälfte beladen war, bedürfte es schon aus diesem Grunde einiger Zeit, bis sich der Laderaum durch Wassereinbruch infolge der Leckage so weit aufgefüllt hatte, daß die über dem Ladegut befindliche Luft unter so starken Druck geriet, daß sie hörbar durch den Mannlochdeckel entwich. Im übrigen konnte das Wasser auch nicht ungehindert in den Leichter eindringen, weil die einzelnen Lecks nach den Feststellungen des Experten F. durch Plastik und andere Gegenstände teilweise verstopft waren.
Schon danach ist es keineswegs zwingend, daß der Leichter den Bodenschaden auf der fraglichen Reise mit dem Schubboot der Beklagten erlitten haben muß. Vielmehr kann der Schaden ebensogut schon früher entstanden sein und sich erst später bemerkbar gemacht haben.
...
Insbesondere erlaubt das Fehlen der üblichen Schlammablagerung im Bereich der etwa 10 m langen Schramme auf dem Boden des Leichters keine zuverlässigen Rückschlüsse auf das Alter des Schadens. Denn auch nach mehr als 8 Tagen braucht eine solche Schramme noch nicht die üblichen Schlammablagerungen aufzuweisen und kann deshalb insoweit zum übrigen Schiffsboden noch „frisch" wirken. Das hängt u. a. von der Einsatzart des Fahrzeuges und der Wasserbeschaffenheit ab.
Die geringen Schlickablagerungen im Laderaum des Leichters rechtfertigen ebenfalls nicht die Annahme, daß der Schaden nicht älter als 8 Tage gewesen sein könne. Daß nicht mehr Schlick im Laderaum gefunden wurde, kann auch darauf zurückzuführen gewesen sein, daß die einzelnen Löcher im Schiffsboden nur etwa faustdick bis kindskopfdick groß und durch Plastik und sonstige Gegenstände teilweise verstopft waren. Deswegen mußten sie erwiesenermaßen auch größer gebrannt werden, damit das Wasser aus dem Leichter besser herausfließen konnte.
Auch auf die Aussage von Schiffsführer St. läßt sich die Klage nicht stützen. Es mag sein, daß der Leichter der Klägerin den hier in Rede stehenden Schaden weder am 17. Januar 1977 bei dem Transport von Orsoy nach Duisburg. noch am 18. Januar 1977 auf der Fahrt von Duisburg nach Köln-Deutz erlitten hat. Das schließt indessen nicht aus, daß der Schaden beispielsweise am 20. Januar 1977 entstanden ist, als der Leichter von einem Schubboot der Firma L. von Deutz nach Duisburg verbracht wurde.
...“