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3 U 103/86 - Oberlandesgericht (Schiffahrtsobergericht)
Entscheidungsdatum: 28.11.1986
Aktenzeichen: 3 U 103/86
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Oberlandesgericht Köln
Abteilung: Schiffahrtsobergericht

Leitsatz:

Zum Anscheinsbeweis für das Verschulden eines Schiffsführers im Fall der Anfahrung eines Paddelbootes.

Urteil des Oberlandesgerichts - Schiffahrtsobergericht - in Köln

vom 28. November 1986

3 U 103/86

(Schiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort)

Zum Tatbestand:

Das der Beklagten zu 1) gehörende und vom Beklagten zu 2) geführte MS L hat ein Paddelboot angefahren, dessen Insassen der Kläger und seine Eltern waren. Der Kläger - vertreten durch seine Eltern - verlangt Zahlung eines Schmerzensgeldes von 4000,- DM. Das Schiffahrtgericht hat der Klage stattgegeben. Das Schiffahrtsobergericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Aus den Entscheidungsgründen:

„.....
Das Verschulden des Beklagten zu 2) steht aufgrund des Beweises des ersten Anscheins fest. Nach der Lebenserfahrung kann nämlich in aller Regel davon ausgegangen werden, daß ein Schiffsführer die erforderliche Sorgfalt nicht beobachtet hat, wenn er wie vorliegend ein mit Personen besetztes Paddelboot anfährt, ohne es auf der völlig freien Wasserfläche zu bemerken. Die Lichtverhältnisse waren zur Unfallzeit auch nicht derart ungünstig, daß der Anscheinsbeweis als erschüttert angesehen werden könnte. Wie die erstinstanzliche Ortsberichtigung ergeben hat, verursachte die niedrigstehende Sonne zwar Blendungsstreifen auf dem Wasser. Der Beklagte zu 2) war jedoch nicht gezwungen, unmittelbar in die Sonne zu schauen; diese stand vielmehr nur querab, so daß er das Paddelboot bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte sehen können.
Die Frage, inwieweit aufgrund ungünstiger Sichtverhältnisse das Verschulden des Beklagten zu 2) möglicherweise geringer anzusetzen sein mag, ist im vorliegenden Verfahren ohne Belang. Denn zum einen enthält die Berufung nur Angriffe gegen den Grund des zuerkannten Schmerzensgeldanspruchs, nicht jedoch solche zur Höhe, so daß es insoweit auf den Verschuldensgrad nicht ankommt. Zum anderen steht hier auch keine Abwägung des Maßes von Verschulden und evtl. Mitverschulden an, da den seinerzeit fünfjährigen Kläger selbst kein Mitverschuldensvorwurf trifft und eine Anrechnung eines möglichen Mitverschuldens seiner gesetzlichen Vertreter im Rahmen der Deliktshaftung nicht in Betracht kommt.
....“.

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1988 - Nr.2 (Sammlung Seite 1223); ZfB 1988, 1223