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2a C 11/1990 - Amtsgericht (-)
Entscheidungsdatum: 14.11.1990
Aktenzeichen: 2a C 11/1990
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Amtsgericht Bremen
Abteilung: -

Leitsatz:

Zu der Frage des Anspruchs auf Liegegeld bei grenzüberschreitenden Transporten.

Urteil des Amtsgerichts Bremen

vom 14. 11. 1990

2a C 11/1990

(rechtskräftig)

Zum Tatbestand:

 

Der Kläger ist Eigner des BMS „G", mit dem im Oktober 1989 275,76 Tonnen Betonstahl von der Firma „S" von Rotterdam nach Hamburg verschifft worden sind. Die Ladung wurde am Freitag, 6. 10. 1989, von 6.00 bis 13.00 Uhr und am Montag, 9. 10. 1989, bis 12.00 Uhr an der Löschstelle der Beklagten gelöscht. Der Kläger verlangt Liegegeld, denn die anteilige Löschzeit für die Beklagte von zehn Stunden sei überschritten worden. Für 2,8 Liegetage betrage bei einem täglichen Liegegeld von DM 898,- die Liegegeldforderung DM 2866,42.

Die Beklagte trägt vor, die Löschzeit betrage nach dem Frachten- und Tarifanzeiger drei Tage. Diese Löschzeit sei nicht überschritten worden.Eine andere Löschzeit sei nicht vereinbart worden.

Das Gericht hat die Klage als nicht begründet abgewiesen.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Dem Kläger steht ein Anspruch auf Liegegeld gemäß § 49 Binnenschiffahrtsgesetz (BSchG) wegen Überschreitung der Löschzeit nicht zu. Gemäß § 48 Abs. 2, 4, 29 Abs. 2 BSchG bestimmt sich die Dauer der Löschzeit, soweit nicht im Frachtvertrag et- Abs. 2 BSchG für die nicht übernommenen 1(14 t ist ebenfalls nicht gegeben. § 35 BSchG setzt den Ablauf der Wartezeit voraus. Es läßt sich jedoch nicht feststellen, daß die Wartezeit gemäß § 33 BSchG verstrichen gewesen wäre, als der Kläger die Ladestelle am 11.3. 1987 mit der Teilfracht verließ. Wie oben ausgeführt, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal die Ladezeit abgelaufen. Der Kläger behauptet selbst nicht, daß er der Beklagten zu 1) seinen Willen, nicht länger warten zu wollen, angezeigt hätte, § 33 Abs. 1 BSchG. Er war auch keinesfalls zur Kündigung berechtigt, wenn von seiner Seite her keine Ladebereitschaft bestand. Unstreitig hat er die Übernahme der restlichen Fracht abgelehnt, nachdem das Schiff freigekommen war. Die Fehlfracht muß daher zu seinen Lasten gehen. 3. Ein Schadensersatzanspruch auf Ersatz von Telefonkosten ist ebenfalls nicht gegeben; denn eine schuldhafte Verletzung der Vertragspflichten der Beklagten aus dem Frachtvertrag ist nicht festzustellen. Das Festliegen des Schiffes fiel — wie oben ausgeführt — nicht in ihren Verantwortungsbereich, sondern beruhte auf der Eisgefahr, für die sie nicht einzustehen haben...." was anderes vereinbart ist, nach den durch die Frachtenausschüsse vorgeschriebenen Zeiten (vgl. Vortisch-Zschucke §48 Anm. 3). Einen schriftlichen Frachtvertrag, in dem eine bestimmte Löschzeit für 275 Tonnen Betonstahl vereinbart worden ist, hat der Kläger nicht vorgelegt. Auch aus dem Ladeschein ergibt sich eine bestimmte vereinbarte Löschzeit nicht. Das Fernschreiben des Absenders der Ladung, der Firma „5", vom 2. 10. 1989 an die Beklagte, in der eine anteilige Löschzeit von zehn Stunden mitgeteilt wird, reicht zum Beweis einer bestimmten Löschzeitvereinbarung nicht aus, denn es läßt nicht erkennen, ob diese Löschzeit mit dem Kläger vereinbart ist oder ob der Absender aus einer vereinbarten längeren Löschzeit von sich aus einen bestimmten Zeitanteil der Beklagten vorgeschrieben hat. Da sich die Löschzeit nach dem Gewicht der jeweiligen Ladung berechnet, stand der Beklagten für die Löschung der 275 Tonnen Betonstahl eine Zeit von drei Tagen gemäß A II I, des FTB 17/87 vom 21. 10. 1987 zu. Diesen Zeitraum hat die Beklagte nicht überschritten, denn der Sonntag, 8. 10. 1989, ist gemäß § 48 Abs. 3 Satz 2 BschG in die Berechnung der Löschzeit nicht einzubeziehen.

 

Anmerkung der Redaktion:

Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen grenzüberschreitenden Transport. Es kommt also darauf an, welche Bedingungen vereinbart worden sind. Oftmals oder gar meistens wird die Anwendung deutscher gesetzlicher Regelungen vereinbart. Offenbar hat sich nicht feststellen lassen, was vereinbart worden ist. Das Gericht vermochte sich auf keine schriftliche Abmachung zu stützen. Ob es nach — ebenso gültigen — mündlichen Vereinbarungen geforscht hat, geht aus der Entscheidung nicht hervor.

Wird unterstellt, daß weder schriftlich noch mündlich bestimmte Bedingungen vereinbart worden sind, kann nicht angenommen werden, daß für grenzüberschreitende Transporte die von den Frachtenausschüssen festgesetzten Bedingungen Anwendung finden. Auch der Kommentar von Vortisch- Zschucke gibt dafür keine Stütze. Er betrachtet deutsches Recht, das für innerdeutsche Transporte gilt. Bei richtiger Lesart des Kommentars bleibt in solchen Fällen für Vereinbarungen nur Raum, wenn nicht unabdingbare Löschzeiten von den Frachtenausschüssen festgesetzt worden sind. Der „Umkehrschluß", es gelte für grenzüberschreitende Transporte die von den Frachtenausschüssen vorgeschriebene Löschzeit, wenn im Frachtvertrag nichts anderes vereinbart worden sei, dürfte unzulässig sein.

Dem, der sich mit dem Binnenschiffahrtsrecht befaßt, „sticht auch in's Auge", daß von „anteiliger Löschzeit" die Rede ist. Er denkt dann sogleich an Teilladungen und die diesbezüglich noch geltende Kriegsverordnung des Oberpräsidenten der Rheinprovinz vom 26.5. 1944 über Lade- und Löschzeiten in der Binnenschiffahrt. Aber diese Verordnung kommt bei grenzüberschreitenden Transporten ebenfalls nur zu Anwendung, wenn deutsches Recht vereinbart worden ist.

Möglicherweise hat sich der Kläger auf die Vereinbarung deutschen Rechts berufen wollen, als er Liegegeld für die Überschreitung der „anteiligen Löschzeit" verlangte. Dafür reicht allerdings die Bezugnahme auf ein Fernschreiben des Absenders mit der Mitteilung der Zeit einer anteiligen Löschzeit nicht aus. Im Frachtgeschäft muß man doch genauer vereinbaren, welches Recht gelten soll.

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1991 - Nr.20 (Sammlung Seite 1343); ZfB 1991, 1343