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253 Z - 15/91 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Entscheidungsdatum: 16.12.1991
Aktenzeichen: 253 Z - 15/91
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Abteilung: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

Urteil

vom 16. Dezember 1991

253 Z - 15/91

(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Mannheim vom 29. Januar 1991 - C 113/89 RhSch -)

Tatbestand:

Die Klägerin ist Versicherer des TMS E (105 m lang; 9 m breit; 2044 t; 1000 PS). Sie verlangt aus übergangenem Recht von der Beklagten Schadenersatz aus einem Schiffsunfall. Dieser hat sich am 19.10.1988 gegen 13.30 Uhr auf dem Rhein etwas oberhalb der Einmündung des Neckars (Rhein-km 428,2) ereignet. Die Beklagte ist Eignerin des MS D (95,5 m lang; 10 m breit; 1763 t; 800 PS). Das Schiff fuhr zur Unfallzeit mit einer Ladung von 1695 t Sand auf dem Rhein zu Tal. Ihm folgte das leere TMS E. Als sich dieses auf Höhe des Mannheimer Stadtteils Lindenhof befand, teilte der Schiffsführer Backhaus des MS  D dessen Schiffsführer Spier über Sprechfunk mit, dass er in den (einige Kilometer unterhalb in den Rhein mündenden) Neckar fahren wolle. Spier erwiderte, langsamer zu machen. In der Folgezeit verringerte sich der Abstand der beiden Fahrzeuge. Zwischen ihnen kam es zu einer Berührung, als TMS E zwischen der Backbordseite des MS D und zwei linksrheinischen Stilliegern (MS D und MS B) hindurchzufahren versuchte. Anschliessend kollidierte TMS E noch mit den beiden Stilliegern. Die Klägerin behauptet, Schiffsführer S habe nach dem Funkgespräch die Fahrt seines Schiffes bis auf Ruderstärke gedrosselt. In Höhe des Mühlauhafens habe er gesehen, dass MS D mit dem Vorschiff zum Einfahren in den Neckar nach Steuerbord abgeschwenkt sei. Plötzlich und ohne jede Ankündigung habe das Fahrzeug jedoch ständig gemacht und mit voller Maschinenkraft zurückgeschlagen. Dadurch sei es mit dem Hinterschiff zum linken Ufer verfallen und habe damit dem nur noch 200 m oberhalb befindlichen TMS E die Möglichkeit genommen, hinter dem zum Neckar eindrehenden MS D zu passieren.

Die Klägerin hat beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 69.178 nebst 4% Zinsen seit 01.04.1989 zu zahlen, und zwar sowohl dinglich mit MS D als auch persönlich im Rahmen des § 114 BinSchG haftend.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschliesslich der Kosten des Verklarungsverfahrens auf Antrag des Schiffsführers S beim Schiffahrtsgericht Mannheim (Az.: H 5/88 BSch).

Nach Ansicht der Beklagten ist die Klage abzuweisen. TMS E sei mit auffallend hoher Geschwindigkeit auf das MS D zugefahren. Aus dem zunächst von dem Schiff eingeschlagenen Kurs in Strommitte sei zu schliessen, dass Schiffsführer S zuerst an der Steuerbordseite des sich mehr linksrheinisch haltenden MS D habe vorbeifahren wollen. Dann habe er sich aber - zu spät - entschlossen, an dessen Backbordseite zu passieren. MS D sei weder mit dem Vorschiff nach Steuerbord in Richtung Neckarmündung eingeschwenkt noch sei das Schiff mit Rückwärtskurs gefahren. Schiffsführer B habe lediglich zurückgeschlagen, um sein Fahrzeug während der Vorbeifahrt des TMS R, das rechtsrheinisch zu Berg gekommen sei und mit dessen Führung er eine Steuerbordbegegnung abgesprochen gehabt habe, verharrend stromrecht zu halten.

Das Rheinschiffahrtsgericht hat die Klage - nach Beiziehung der Verklarungsakten und der Bussgeldakten gegen Schiffsführer S - abgewiesen. In den Entscheidungsgründen seines Urteils hat es ausgeführt, dass es der in vollem Umfang beweisbelasteten Klägerin nicht gelungen sei, ein Verschulden des Schiffsführers B an der Kollision nachzuweisen. Weder habe sich feststellen lassen, dass sein Schiff tatsächlich rückwärts gelaufen sei und dadurch den Abstand zum linken Ufer verringert habe; noch könne es ausgeschlossen werden, dass TMS E bis kurz vor dem Zusammenstoss einen Kurs eingehalten habe, auf Grund dessen Schiffsführer B mit einer Steuerbordüberholung habe rechnen müssen.

Die Klägerin beantragt mit der Berufung, das angefochtene Urteil aufzuheben und der Klage gemäss den in erster Instanz gestellten Anträgen stattzugeben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist teilweise begründet. Die Beklagte hat an die Klägerin die Hälfte des Schadens zu zahlen, der den Interessenten des TMS E anlässlich des Unfalls vom 19.10.1988 entstanden ist.

1. Allerdings hat Schiffsführer B von MS D nicht, wie die Klägerin meint, gegen § 6.16 Nr. 2 Abs. 1 RheinSchPV verstossen. Die Vorschrift schreibt die Abgabe des Schallzeichens "drei lange Töne, einen kurzen Ton" vor, wenn ein Fahrzeug (wie MS D) beabsichtigt, in eine Nebenwasserstrasse einzufahren, dieses Manöver andere Fahrzeuge dazu zwingt oder zwingen kann, Kurs oder Geschwindigkeit zu ändern und das Fahrzeug den Kurs vor der Einfahrt nach Steuerbord richten will. Die Vorschrift will bewirken, dass die anderen Fahrzeuge rechtzeitig Kenntnis von der beabsichtigten Einfahrt in eine Nebenwasserstrasse erlangen, damit sie ohne Gefahr auf das Manöver durch eine Änderung von Kurs oder Geschwindigkeit reagieren können, sofern es notwendig ist (vgl. § 6.16 Nr. 2 Abs. 2 RheinSchPV). Hier hat aber Schiffsführer Backhaus den anderen Fahrzeugen schon frühzeitig Kenntnis von der beabsichtigten Einfahrt seines Fahrzeugs in den Neckar über Sprechfunk gegeben, so dass es zu deren Unterrichtung keines Schallzeichens nach § 6.16 Nr. 2 Abs. 1 RheinSchPV mehr bedurfte. So hat er dem Schiffsführer des TMS E bereits einige Kilometer oberhalb der Mündung des Neckars Mitteilung von der beabsichtigten Einfahrt gemacht, worauf dieser ihm gesagt hat, dass er langsam machen werde. Ferner hat er im weiteren Verlauf der Annäherung seines Fahrzeugs an die Mündung der Nebenwasserstrasse mit dem Schiffsführer des MS W, das aus dem Neckar zu Tal ausfahren wollte, abgesprochen, dass die Ausfahrt vor der Einfahrt des MS D stattfinden soll. Ausserdem ist er mit dem Schiffsführer des rechtsrheinisch zu Berg kommenden TMS R übereingekommen, dass dieses Fahrzeug seinen Kurs beibehält und mit MS D Steuerbord an Steuerbord begegnet. Nach diesen klaren Abreden konnte Schiffsführer B von der Abgabe eines Schallzeichens nach § 6.16 Nr. 2 Abs. 1 RheinSchPV absehen.

Nun meint allerdings die Klägerin, dass Schiffsführer Backhaus das nach § 6.16 Nr. 2 Abs. 1 RheinSchPV vorgeschriebene Schallzeichen jedenfalls deshalb hätte geben müssen, weil er "inmitten des eingeleiteten Eindrehmanövers in den Neckar, das nach der RheinSchPV an der angegebenen Stelle verboten war, plötzlich zurückgemacht hat". Dem steht bereits entgegen, dass diese Vorschrift ein besonderes Schallzeichen für ein Fahrzeug, das während eines Einfahrtmanövers zurückmacht, nicht vorsieht. Vielmehr schreibt sie lediglich bestimmte Schallzeichen für die Fälle vor, dass ein Schiff beabsichtigt, in einen Hafen oder eine Nebenwasserstrasse einzufahren oder diese zu verlassen oder dass es die Wasserstrasse überqueren will und es dadurch andere Fahrzeuge zwingt oder zwingen kann, den Kurs oder die Geschwindigkeit zu ändern.

2. Nicht zu folgen ist der Klägerin auch insoweit, als sie meint, dass das an der Neckarspitze aufgestellte - beleuchtbare - Schiffahrtszeichen gemäss Anlage 7 Abschnitt II Nr. 2 c RheinSchPV ("rotes Licht A.1 und leuchtender Pfeil"; vgl. auch § 6.16 Nr. 5 RheinSchPV) der Talfahrt auf dem Rhein untersage, "in direktem Weg in den Neckar einzufahren", weshalb es falsch gewesen sei, dass Schiffsführer B mit seinem Fahrzeug bereits auf Höhe der Neckarspitze über Steuerbord zur Neckarmündung eingeschwenkt sei; vielmehr hätte er zunächst die Mündung auf dem Rhein passieren, sodann unterhalb aufdrehen und in Bergrichtung zum Neckar bei voller Sicht auf etwa dort befindliche Fahrzeuge in diesen einfahren müssen, was ausserdem der üblichen Fahrweise eines aus dem Rhein in den Neckar einbiegenden Talfahrers entsprochen hätte.

Zu diesem Vorbringen bemerkt die Berufungskammer:

a) Dass Schiffsführer B gegen das vorbezeichnete Schiffahrtszeichen verstossen haben soll, ist schon aus folgendem Grunde zu verneinen: Das Zeichen ist mit Wirkung vom 01.10.1972 in die RheinSchPV eingefügt worden (VkBl. 1972, 531/532). Es zeigt, wenn es eingeschaltet ist, an, "dass die Einfahrt in den in Pfeilrichtung gelegenen Hafen oder in die in Pfeilrichtung gelegene Nebenwasserstrasse (wie hier der Neckar) verboten ist" (§ 6.16 Nr. 5 RheinSchPV). Das Zeichen ist eingeführt worden, um die Einfahrt in einen Hafen oder in eine Nebenwasserstrasse aus Sicherheitsgründen allgemein sperren zu können (vgl. die Erläuterungen zur neuen Binnenschiffahrtsstrassen-Ordnung für den Schiffsführer 1971 zu § 6.16 sowie die Erläuterungen zur neuen Moselschiffahrtspolizeiverordnung für den Schiffsführer 1971 zu § 6.16). Hingegen gibt es entgegen der Ansicht der Klägerin keine Weisung, welcher Kurs einem Schiff bei der Einfahrt in einen Hafen oder in eine Nebenwasserstrasse untersagt oder von ihm einzuschlagen ist. Deshalb trifft es nicht zu, vorliegend habe das Zeichen der Talfahrt auf dem Rhein verboten, auf direktem Weg in den Neckar einzufahren.

b) Will ein Schiff in eine Nebenwasserstrasse einfahren, so gebietet die allgemeine nautische Sorgfaltspflicht (§ 1.04 RheinSchPV) seiner Führung, einen Kurs zu wählen, der ihr möglichst frühzeitig einen vollständigen Überblick auf die in deren Mündungsbereich befindlichen Fahrzeuge ermöglicht. Bildet - wie hier - die Nebenwasserstrasse mit der Hauptwasserstrasse am oberen Molenkopf einen spitzen Winkel von etwa 45° und besteht über den Molenbereich hinweg für die Talfahrt keine oder keine genügende Sicht auf die Nebenwasserstrasse, so wird es für einen dorthin einbiegenden Talfahrer im allgemeinen geboten sein, zunächst unterhalb der Einmündung zu drehen und sodann zu Berg kommend mit gutem Überblick auf die Fahrzeuge im Mündungsbereich in die Nebenwasserstrasse einzulaufen. Im Streitfall könnte man allerdings fragen, ob eine solche Fahrweise auch dann erforderlich erscheint, wenn Sprechfunkverbindung zwischen dem eine Einfahrt beabsichtenden Schiff und den anderen Fahrzeugen besteht sowie zwischen ihnen Absprachen über die Reihenfolge von Ein- und Ausfahrt, die Begegnungskurse auf der Hauptwasserstrasse und die Geschwindigkeit des dem Einfahrenden folgenden Talfahrers getroffen worden sind. Darauf braucht jedoch nicht weiter eingegangen zu werden. Die Klägerin hat nämlich nicht die Behauptung beweisen können, dass Schiffsführer Backhaus auf Höhe der Neckarspitze mit dem Vorschiff nach Steuerbord zum Einfahren in den Neckar abgeschwenkt ist.

Zwar haben Schiffsführer Spier und der Matrose Versteeg, beide von TMS E, bekundet, dass MS D etwa auf Höhe der Neckarspitze mit seinem Vorschiff zum Einfahren in den Neckar abgeschwenkt sei. Ferner hat Steuermann W (MS W) ausgesagt, man habe MS D in Schräglage gesehen; das Schiff habe die Maschine gestoppt gehabt und in den Neckar einbiegen wollen. Demgegenüber haben Schiffsführer B, Steuermann K und der Matrose Ka, sämtlich von MS D, erklärt, dass ihr Fahrzeug vor dem Zusammenstoss noch nicht mit dem Einfahrtmanöver begonnen gehabt habe; vielmehr sei es gestreckt gelegen, wobei aber das Vorschiff möglicherweise oder tatsächlich weiter vom linken Ufer entfernt gewesen sei als das Hinterschiff. In diese Richtung gehen ausserdem die Bekundungen von Steuermann R (MS DD) und Schiffsführer E (MS W). R ist durch das "starke Zurückmachen einer Maschine" auf die Unfallsituation aufmerksam geworden; er hat angenommen, dass es sich um die Maschine des "völlig gestreckt im Strom liegenden" MS D gehandelt hat, das wegen des Bergfahrers nicht in den Neckar habe einfahren können. Esswein hat nach seiner Aussage gesehen, dass MS D "etwas verfallen war, was passieren kann, wenn man zurückmacht"; schon zuvor hatte er über Sprechfunk gehört, dass Schiffsführer B dem Bergfahrer TMS R gesagt hat, dieser solle an der Steuerbordseite vorbeifahren, er werde warten. Schliesslich hat der Schiffsführer R (TMS R) bekundet, dass MS D bei der Begegnung mit seinem Fahrzeug gestreckt gefahren sei.

Würdigt man die Aussagen der beiden Zeugengruppen, die in ihrem wesentlichen Punkt, ob nämlich MS D auf Höhe der Neckarspitze zur Einfahrt in diesen Fluss über Steuerbord gedreht hat, einander widersprechen, so lässt sich nicht feststellen, dass diese Behauptung der Klägerin zutrifft.

3. Zu Recht wirft hingegen die Klägerin Schiffsführer Backhaus vor, dass er, was das Rheinschiffahrtsgericht nicht weiter erörtert hat, den Schiffsunfall verschuldet hat, weil er das Zurückschlagen mit der Maschine der Führung des TMS E weder über Sprechfunk noch durch das hierfür vorgesehene Schallzeichen "drei kurze Töne" (§ 4.01 Nr. 1 RheinSchPV i.V.m. deren Anlage 6 Abschnitt A) angezeigt hat.

Der Aussage von Schiffsführer B im Verklarungsverfahren ist zu entnehmen, dass nach seinem Funkgespräch mit Schiffsführer Spier TMS E etwas schneller zu Tal gefahren ist als MS D. Dadurch hatte sich der ursprüngliche Höhenabstand der beiden Fahrzeuge von etwa 1200 m auf ca. 600 m verringert, als MS D die Höhe des Mühlauhafens (Rhein-km 427,4) erreicht hatte. Von dort an liess Schiffsführer B sein Fahrzeug treiben, um, wie er weiter bekundet hat, "die Ausfahrt aus dem Neckar und die Bergfahrt passieren lassen zu können". Hierzu brauchte er jedoch nicht sein Fahrzeug auf Höhe des etwa 200 m oberhalb der Neckarmündung linksrheinisch stilliegenden MS DD durch Zurückschlagen mit der Maschine ständig zu machen. Eine solche Notwendigkeit lässt sich weder seinen Angaben im Verklarungsverfahren noch vor der Wasserschutzpolizei entnehmen. Hinzu kommt, dass sich aus der Aussage des Steuermanns R von MS DD ergibt, dass TMS R ohne weiteres an der Steuerbordseite von MS D vorbeifahren konnte und die Begegnung schon etwa 200 m oberhalb der Neckarmündung erfolgt ist. Bei Beachtung dieser Gegebenheiten und der gebotenen Sorgfaltspflicht hätte Schiffsführer B deshalb bedenken müssen, dass sein Stoppmanöver die Führung des - nach dem unwidersprochenen Klagevortrag - bereits auf 200 m herangekommenen TMS E überraschen konnte, so dass es erforderlich war, ihr dieses Manöver über Sprechfunk oder durch das vorgeschriebene Schallzeichen anzuzeigen, damit sie sofort durch eine Kursabsprache mit Schiffsführer B oder durch ein sofortiges Rückwärtsmanöver das Streifen der Backbordseite des MS D hätte vermeiden können.

4. Allerdings trifft auch Schiffsführer Spier von TMS E ein Verschulden an dem Schiffsunfall. Dieser hatte nach seiner Aussage im Verklarungsverfahren auf Höhe des Mühlauhafens, beim Deutschen Kaiser (Rhein-km 427,2), über sein Funkgerät die Absprachen zwischen Schiffsführer B sowie den Führungen von MS W und TMS R mitgehört. Demnach wusste er, dass B die Ausfahrt des ersten Fahrzeugs sowie die Steuerbordvorbeifahrt des zweiten Fahrzeugs abwarten wollte. Ferner hatte er selbst schon einige Zeit zuvor B erklärt, langsamer zu machen, was vernünftigerweise nur heissen konnte, ihn nicht vor dessen Einfahrt in den Neckar zu überholen. Er hätte deshalb unterhalb des Mühlauhafens den Höhenabstand zu MS D nicht laufend verringern, keinesfalls aber diesem Fahrzeug so stark auflaufen dürfen, dass er - nach seiner Aussage - nach dem Erkennen des Zurückschlagens seitens des MS D sein Fahrzeug vor der Kollision nicht mehr aufstoppen konnte, sondern versuchen musste, entgegen der mit Schiffsführer B getroffenen Absprache MS D zu überholen.

5. Nach Ansicht der Berufungskammer ist das auf Seiten der Schiffsführer B und S obwaltende Verschulden gleich schwer zu bewerten. Demgemäss ist der von der Klägerin geltend gemachte Kollisionsschaden zwischen den Parteien hälftig zu teilen (§ 92 c Abs. 1 BinSchG).

6. Diesen - auf 69.178 DM bezifferten - Schaden hat die Beklagte der Höhe nach lediglich bis zu einem Betrag von 29.646 DM (Nutzungsausfall während der Reparatur des TMS E) bestritten. Danach kann über den weitergehenden Klageanspruch von 39.532 DM abschliessend dahin entschieden werden, dass er zur Hälfte (= 19.766 DM nebst 4% Zinsen seit 01.04.1989) begründet, im übrigen aber abzuweisen ist. Über den der Höhe nach noch streitigen Teil der Klageforderung ist hingegen zu erkennen, das dieser dem Grunde nach zur Hälfte berechtigt, im übrigen aber ebenfalls  abzuweisen ist.

7. Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen - das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Mannheim vom 29.01.1991 geändert, soweit es die Klage zu mehr als zur Hälfte abgewiesen hat:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 19.766 nebst 4% Zinsen seit 01.04.1989 zu zahlen, und zwar sowohl dinglich mit MS D als auch persönlich im Rahmen des § 114 BinSchG haftend. In Höhe eines weiteren Betrags  von 29.646 DM (Nutzungsausfall) wird der Klageanspruch dem Grunde nach zur Hälfte für gerechtfertigt erklärt. Im übrigen bleibt es bei der Abweisung der Klage durch das Rheinschiffahrtsgericht.

Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des dem Grunde nach zur Hälfte für gerechtfertigt erklärten Teilbetrags von 29.646 DM sowie über die Kosten des Rechtsstreits an das Rheinschiffahrtsgericht zurückverwiesen. Deren Festsetzung gemäss Art. 39 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte erfolgt ebenfalls durch das Rheinschiffahrtsgericht.