Rechtsprechungsdatenbank
Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
Urteil
vom 1. September 1991
(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts St. Goar vom 12. September 1990 - 109 Js 26349/90 - 4 OW BSchRh -)
Tatbestand und Entscheidungsgründe:
I.
Der Betroffene fuhr am 29. April 1989 kurz nach 9 Uhr mit seinem Sportboot "H" (12,5 m lang; 2,2 m breit; 35 PS) auf der Mosel unterhalb der Schleusengruppe Koblenz zu Tal. Nach Erreichen der Moselmündung etwa in Flussmitte nahm er Steuerbordkurs, um auf dem Rhein bergwärts zu fahren. Zur selben Zeit kam der Zeuge N., der als Wachmann auf einem Kranschiff tätig war, mit dem Motorboot "A" (10,3 m lang; 3,2 m breit; 85 PS) ebenfalls auf der Mosel nahe dem rechten Ufer zu Tal, um nach dem Passieren der Flussmündung den Rhein zu queren und talwärts zu dem dort liegenden Kranschiff zu fahren. Infolge der Steuerbordkursänderung des Betroffenen stieß "H" gegen das backbordseitige Heck von "A". Gegen den Betroffenen erging zunächst ein Bußgeldbescheid über 200 DM, weil er entgegen § 6.16 i.V. mit § 1.04 RheinSchPV aus der Mosel in den Rhein gefahren sei, ohne sich zu vergewissern, dass dadurch kein anderes Fahrzeug beschädigt oder behindert werden kann, wodurch es zu der Kollision der Boote "H" und "A" gekommen sei. Auf seinen Einspruch hat ihn das Rheinschifffahrtsgericht St. Goar am 12. September 1990 wegen Zuwiderhandlung gegen § 6.02a Nr. 3 b) RheinSchPV i.V. mit Art. 5 Abs. 2 Nr. 15 a) RheinSchPEV, § 7 BinSchAufG zu einer Geldbusse von 250 DM verurteilt. Der Betroffene habe es unterlassen, dem von Steuerbord kommenden Boot "A" mit seinem Fahrzeug auszuweichen. Der Betroffene hat Berufung eingelegt mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und ihn freizusprechen. Das formell nicht zu beanstandende Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
II.
Die Berufungskammer stimmt mit dem Rheinschifffahrtsgericht überein, dass nach dem Beweisergebnis es in der Höhe des Deutschen Ecks auf dem Rhein zu einer Begegnung der beiden Boote gekommen ist, bei der sich die Kurse des bereits bergwärts fahrenden Sportboots "H" und des von der Steuerbordseite kommenden Motorboots "A" bei Gefahr eines Zusammenstosses kreuzten. Das zeigen besonders deutlich die von den Zeugen P. ("H"), K. ("H") und E. ("H") sowie dem Betroffenen selbst gefertigten Unfallskizzen. Infolgedessen ist dieser nach § 6.02a Nr. 3b) RheinSchPV verpflichtet gewesen auszuweichen, was, wie er schon vor der Wasserschutzpolizei angegeben hat, nicht geschehen sei. Sein ordnungswidriges Verhalten lässt sich entgegen den Darlegungen in der Berufungsbegründung nicht damit entschuldigen, dass er durch Schallzeichen die Steuerbordkursänderung angezeigt und zu diesem Zeitpunkt kein anderes Fahrzeug gesehen habe. Die Abgabe eines Schallzeichens ändert nichts an der Pflicht, die Kreuzungsregel des § 6.02a Nr. 3 b) RheinSchPV für Kleinfahrzeuge zu beachten. Auch ergibt sich aus der Aussage des Zeugen P. vor der Wasserschutzpolizei, dass er von dem Sportboot "H" aus die Fahrt des Motorbootes "A" vom Zeitpunkt des Losmachens dieses Fahrzeugs am rechten Moselufer ab beobachtet habe, eindeutig, dass es der Betroffene an der gebotenen Aufmerksamkeit hat fehlen lassen, falls er "A" erst unmittelbar vor dem Zusammenstoss wahrgenommen haben sollte. Unvereinbar mit den genannten Unfallskizzen ist endlich der weitere Vortrag in der Berufungsbegründung des Betroffenen, "A" habe plötzlich den Kurs nach Backbord geändert und dadurch die Kollision mit "H" verursacht. Keine Bedenken bestehen gegen die Erhöhung der in dem Bußgeldbescheid verhängten Busse von 200 DM auf 250 DM durch das Rheinschifffahrtsgericht. Das Verbot der Schlechterstellung des Betroffenen gilt nur im schriftlichen Verfahren (§ 72 Abs. 3 Satz 2 OWiG), hingegen nicht, was hier der Fall gewesen ist, bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung (Karlsruher Kommentar, OWiG § 67 Rdn. 5 und § 72 Rdn. 59; vgl. auch § 411 Abs. 4 StPO).
Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:
1. Die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts St. Goar vom 12. September 1990 wird zurückgewiesen. Das genannte Urteil wird bestätigt.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Betroffene.
3. Deren Festsetzung gemäß Art. 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte erfolgt durch das Rheinschifffahrtsgericht St. Goar.