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Urteil des Amtsgerichts – Schiffahrtsgericht Charlottenburg
vom 01.09.2003
236 C 6/03
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von dem beklagten Bundesland mit der Begründung, die Verkehrssicherungspflicht auf einem Kanal sei verletzt worden, Schadensersatz für Verletzungen, die er bei einem Schiffsunfall erlitten hat.
Der am 2.August 1955 geborene Kläger befuhr am 20.September 1999 zusammen mit S gegen 00.30 Uhr mit seinem Schlauchboot Typ Funny, Kennzeichen B-BF 812, den Kanal V des Kanalsystems Neu-Venedig in Richtung Westen. Bei dem Kanal V handelt es sich ca. 10 m breite Wasserwege, die am Rand 0.52 m und in der Mitte 1,62 m tief sind. Das Kanalsystem hat insgesamt nur zwei schiffbare Zufahrten zur parallel verlaufenden Müggelspree, und dient hauptsächlich Anliegern zum Erreichen der Wassergrundstücke mit Motorbooten. Schiffsverkehr findet ansonsten nicht statt.
Auf dem Kanal V war die R-Brücke, von der der Kläger damals 500 m entfernt wohnte, zu passieren: Die genauen Umstände sind zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls war die Brücke aufgrund von Bauarbeiten, die die Streithelferin durchführte, dergestalt eingerüstet, dass unter der Brücke nicht genug Platz für das Schlauchboot war. Es befanden sich an dem Kanaleingang und vor der Brücke unbeleuchtete Hinweisschilder auf die Brachensperrung in der Größe von 1,55 Breite und 1,05 Höhe, an der Brücke selbst befand sich über der Brückendurchfahrt ein unbeleuchtetes Sperrschild. Die Frage der Beleuchtung des Sperrschildes an der Brücke durch die Straßenbeleuchtung ist zwischen den Parteien streitig. Wegen der Einzelheiten der Beschilderung wird auf das zu den Akten gereichte Foto (Anlage 5 zur Klagerwiderung) Bezug genommen.
Der Kläger prallte bei dem Versuch, die Brücke zu unterqueren, gegen das. Gerüst und erlitt schwere Kopfverletzungen. Seine Begleiterin erlitt leichte Verletzungen. Das Boot war beschädigt und verlor Luft. Der bewußtlose Kläger konnte durch Hilfe von Dritten schließlich aus dem Wasser geborgen werden. Aufgrund seiner schweren Verletzungen und einem längeren Aufenthalt unter Wasser befindet sich der Kläger nach wie vor in einem Wachkoma und ist schwerstpflegebedürftig. Wegen des Krankheitsverlaufs, der erfolgten Behandlungen und der diesbezüglichen Kosten wird auf die Ausführungen des Klägers in der Klageschrift nebst Anlagen (Blatt 1 ff der Akten) sowie in den Schriftsätzen vom 3.März 2003 (Blatt 46 ff der Akten), vom 21.März 2003 (Blatt 59 ff der Akten) und vom 16.April 2003 (Blatt 125 ff der Akten) und vom 28.Juli 2003 (Blatt 181 ff der Akten) jeweils nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Beklagte brachte nach dem Unfall eine Beleuchtung an dem Brückensperrschild an.
Ein gegen den Kläger gerichtetes Bußgeldverfahren wegen überhöhter. Geschwindigkeit auf dem Kanal und Führen eines Sportmotorbootes unter Alkohol. wurde im Hinblick auf den Gesundheitszustand des Klägers eingestellt. Die Bußgeldakte Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr zu dem Aktenzeichen SenBauWohnV XIIF2-6/99 lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Dem Kläger wurde im Unfallkrankenhaus Marzahn um 02.41 Uhr Blut entnommen. In der Bußgeldakte befindet sich Blatt 3 das von POM L am.20.September 1999 unterzeichnete Entnahmeprotokoll sowie Blatt 3 das unterzeichnete Ergebnis, das 0,87 Promille Alkohol ausweist. Für die Begleiterin des Klägers hat die Blutuntersuchung der Blutprobe 1,22 Promille Alkohol ergeben.
Die Beklagte lehnte vorprozessual Schadensersatzleistungen mit der Begründung ab, der Kläger sei alkoholisiert und viel zu schnell mit einem unbeleuchteten Boot gefahren, die Sperrung sei ordnungsgemäß erfolgt und amtlich durch Aushänge bekannt gemacht worden, so dass sie für die Verletzungen jedenfalls nicht hafte. Die Beklagte hat die Unterlagen des Sperrungsverfahrens eingereicht. Schließlich sei aufgrund des erteilten Bauauftrages die Streithelferin verkehrssicherungspflichtig gewesen.
Der Kläger macht Schmerzensgeld in angemessener Höhe, mindestens aber EUR 270.00,00 sowie eine Schmerzensgeldrente in Höhe von EUR 250,00/Monat geltend, ferner materiellen Schaden in Höhe von EUR 166.967,28 bestehend aus Verdienstausfall, Betreuerkosten sowie Kosten der Unterbringung im Pflegeheim und in Rehabilitationseinrichtungen, soweit diese nicht von seiner privaten Krankenkasse übernommen worden sind. Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf die Ausführungen in der Klageschrift (Blatt 13 ff der Akten) sowie in den Schriftsätzen vom 3.März 2003 (Blatt 46 ff der Akten), vom 21.März 2003 (Blatt 59 ff der Akten) und vom 16.April 2003 (Blatt 125 ff der Akten) und vom 28.Juli 2003 (Blatt 181 ff der Akten) jeweils nebst Anlagen Bezug genommen. Schließlich begehrt der Kläger eine Rente. von EUR 3.926,25 monatlich bis zum 31. Dezember 2020 und Feststellung, dass; die Beklagte ihm alle weiteren Schäden, die aus dem genannten Unfall noch entstehen, zu ersetzen hat.
Der Kläger ist der Auffassung, der Unfall sei unverschuldet gewesen. Die Beklagte als Verkehrssicherungspflichtige habe das Gerüst und das Sperrschild beleuchten müssen. Wegen seines Vorbringens hierzu im Einzelnen wird auf die Ausführungen in dem Schriftsatz vom 16.Juni 2003 (Blatt 125 ff der Akte) Bezug genommen. Die erlittenen Beeinträchtigungen, Behandlungen und die dauerhafte Schädigung seiner Gesundheit rechtfertigten sowohl das geltend gemachte Schmerzensgeld als auch die verlangte Schmerzensgeldrente. Der Verdienstausfall sei berechtigt.
Die Streithelferin vertritt die Auffassung, nicht sie, sondern die Beklagte sei verkehrssicherungspflichtig gewesen, da die Sicherung nicht Gegenstand des Vertrages zwischen ihr und der Beklagten gewesen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen der Streithelferin in dem Schriftsatz vom 4.Juli 2003 nebst Anlagen. (Beistück zu den Akten) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn
a. ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 13. Februar 2003 zu. zahlen,
b. eine vierteljährlich vorauszahlbare monatliche Schmerzensgeldrente in Höhe von EUR 250,00 jeweils im voraus zum 1.Januar, dem 1. April, dem 1.Juli und zum 1.Oktober eines jeden Jahres zu zahlen,
c. EUR 166.967,28 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 13. Februar 2003 zu zahlen,
d. eine vierteljährlich vorauszahlbare monatliche Rente in Höhe von EUR 3.926,26 jeweils im voraus zum 1. Januar, dem 1. April, dem 1. Juli und zum 1. Oktober eines jeden Jahres bis zum 31.Dezember 2020 (65.Lebensjahr des Klägers) zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm sämtliche weiteren
Schäden, die ihm in Zukunft aus dem Unfall auf dem Kanal V in Berlin
Köpenick vom 20.September 1999 entstehen, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder Dritte übergehen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, aufgrund von Instandsetzungsarbeiten hätte die R-Brücke vom 26. Juli bis 30. November 1999 gesperrt werden müssen. Die Sperrung sowie die Sicherung seien im Rahmen eines wasserbehördlichen Genehmigungsverfahrens durchgeführt worden. Die Klägerin reicht die Unterlagen des Genehmigungsverfahrens ein, auf die Bezug genommen wird (Anlage 1 zur Klagerwiderung). Die Sperrung sei durch die amtliche Bekanntmachung vom 20.Juli 1899 durch Aushang auf der Wache 4 der Wasserschutzpolizei bekannt gemacht worden. Darüber hinaus seien Durchschriften den unmittelbaren Anliegern durch den Kontaktbereichsdienst zugeleitet worden, es habe eine Besprechung mit den Anwohnern vor der Sperrung stattgefunden.
Der alkoholisierte Kläger habe mit seinem unbeleuchteten Boot den Unfall nur daher erlitten, weil er viel schneller. als die erlaubten 5 km/h gefahren sei, denn sonst wären auch die schweren Verletzungen nicht. erklärlich. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 8 km/h sei für die Kanäle auf 5 km/h. herabgesetzt worden, wie sich aus der Karte (Blatt 202 der Akten) ergebe, dies sei durch entsprechende Schilder am Kanalsystemeingang erklärt worden. Das Boot des Klägers sei mit einem 15-PS-Motor ausgerüstet gewesen. Hingegen habe es nicht über die für Nachtfahrten erforderliche Beleuchtung verfügt.
Der Kläger bestreitet diesen Vortrag der Beklagten insgesamt mit Nichtwissen. Weiter ist die Beklagte der Auffassung, sie habe ihre grundsätzlich bestehende. Verkehrssicherungspflicht wirksam auf die Streithelferin übertragen. Wegen des Vorbringens hierzu wird auf die Ausführungen der Beklagten in dem Schriftsatz vom 16.April 2003 (Blatt 92 ff der Akten) nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Beklagte ist schließlich der Meinung, den Kläger treffe jedenfalls aufgrund seiner Alkoholisierung, der fehlenden Beleuchtung des Bootes sowie der überhöhten Geschwindigkeit ein so überwiegendes Mitverschulden, dass eine etwaige Verkehrssicherungspflichtverletzung nicht mehr ins Gewicht falle. Die Beklagte meint, das geltend gemachte Schmerzensgeld sei weit überhöht.
Die Streithelferin ist auf die Streitverkündung hin dem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 24. März 20033 auf seiten des Klägers beigetreten.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Wegen der Zuständigkeit ist: das Amtsgericht Charlottenburg an den Beschluss des
Landgerichts Berlin gebunden, § 281 ZPO.
II.
Dem Kläger stehen gegen die Beklagte keine Schadensersatzansprüche aus §§ 823 Abs.1, 249.ff BGB wegen Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht zu. Nach den genannten Vorschriften würde die Beklagte dem Kläger Ersatz der ihm durch den schweren Unfall entstandenen tragischen Schäden nach 'Maßgabe der Vorschriften über die Haftung der Höhe nach gemäß §§ 249.ff BGB schulden, wenn sie die ihr gegenüber dem Kläger obliegende Verkehrssicherungspflicht schuldhaft verletzt hätte und der Kläger darob zu Schaden gekommen wäre. Dies ist indes nicht der Fall. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte für die Brückensperrung verkehrssicherungspflichtig war oder ob sie die grundsätzlich ihr für die Berliner Wasserwege und damit auch für die Brücken über diesen Wasserwegen obliegende Verkehrssicherungspflicht überhaupt bezüglich der Brückensperrung auf die Streithelferin übertragen konnte und ob sie dies getan hat, woran nach den seitens der Streithelferin eingereichten Vertragsunterlagen erhebliche Zweifel bestehen.
Jedenfalls ist durch die fehlende Beleuchtung an den Hinweisschildern am Kanaleingang und den Sperrschilder an der Brücke die sich aus der Brückensperrung ergebende Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt worden. Die Verkehrssicherungspflicht umfasste nämlich im Hinblick auf die Brückensperrung nicht die Beleuchtung der Hinweis- und Sperrschilder.
Der Verkehrssicherungspflicht war vielmehr durch die amtlich bekannt gemachte Sperrung und vor allem durch die Aufstellung der Schilder Genüge getan. Die Brückensperrung ist amtlich in der von der Beklagten behaupteten Art und Weise bekannt gemacht worden. Davon geht das Gericht entsprechend dem Vortrag der Beklagten aus. Das Bestreiten des Klägers ist insofern unbeachtlich, als die Beklagte die Unterlagen des wasserbehördlichen Genehmigungsverfahrens und die Bekanntmachung der Brückensperrung eingereicht hat. Das einfache Bestreiten des Klägers reichte insofern nicht mehr aus, hier hätte genauer und substantiierter vorgetragen werden müssen, da nicht ersichtlich ist, was die Beklagte noch hätte vortragen müssen.
Wichtiger noch als die Bekanntmachung der Sperrung ist aber die Aufstellung der Hinweisschilder und die Anbringung des Sperrschildes an der Brücke selbst. Diese Maßnahme ist die entscheidende Sicherungsmaßnahme, um die Nutzer der Wasserstraßen vor Schäden zu bewahren. Denn es liegt auf der Hand, dass ähnlich wie bei Straßensperren nicht alle eventuellen Nutzer von Straßen und Wasserwegen durch Bekanntmachungen - und seien sie auch im Amtsblatt erfolgt - erreicht werden können, daher kommt es um so mehr auf tatsächliche Hinweise vor Ort der Sperrung an. Es kann nämlich weder damit gerechnet werden, dass die den Kanal nutzenden Anlieger regelmäßig bei der Wasserpolizei nach Sperrungen fragen noch amtliche Aushänge oder auch Veröffentlichungen im Amtsblatt überhaupt zur Kenntnis nehmen. Alleine durch die Bekanntmachung durch Schilder vor Ort an den Zufahrten zum Kanal wurde daher sichergestellt, dass die aktuellen Nutzer die Sperrung bemerken und sich entsprechend vorsichtig der Brücke nähern, wenn sie nicht überhaupt einen anderen Weg zu ihrem Ziel wählen.
Die Verkehrssicherungspflicht für die Brückensperrung erforderte entgegen der Auffassung des Klägers nicht mehr. Denn die allgemeine Rechtspflicht, im Verkehr Rücksicht auf die Gefährdung anderer zu nehmen, ist für jeden Einzelfall genau zu definieren, sie kann nicht allgemein gefasst werden. Das liegt daran, dass eine Verkehrssicherung, die jede Gefährdung anderer ausschließt, tatsächlich nicht zu erreichen ist. Daher muss nicht für alle denkbaren, entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Vielmehr sind nur diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs im Rahmen des Zumutbaren geeignet sind, Gefahren von Dritten möglichst abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßen Gebrauch des Verkehrsweges oder bei nicht ganz fern liegender bestimmungswidriger Nutzung drohen (für alle mit weiteren Nennungen Palandt-Thomas, BGB, 62.Auflage, § 823 Randnummer 58). Es ist also zur Abgrenzung der Pflichten auf die Art und Menge der Nutzer ebenso abzustellen wie auf die Zumutbarkeit für den Sicherungspflichtigen (BGHZ 58) 149, 158 mit weiteren Nennungen) und den Grad der eigenüblichen Sorgfalt, der von dem verständigen Nutzer erwartet werden kann (KG in VersR 1983, Seite 1162, 1163 mit weiteren Nennungen). Die legitimen Erwartungen der Verkehrsteilsnehmer sind durch die zumutbare eigene Vorsorge des Geschädigten begrenzt (Staudinger Hager, BGB, 13.Auflage, § 82 Randnummer E 32 mit weiteren Nennungen).
Im vorliegenden Fall handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Kanal um einen flachen, nur von Anliegern befahrenen Wasserweg. Schiffsverkehr von Ortsunkundigen findet kaum bis gar nicht statt. Größere Schiffe können die Kanäle aufgrund der geringen Tiefe ohnehin nicht befahren.
Dem Schiffsführer auf Binnengewässern werden ganz erhebliche Sorgfaltspflichten in der Binnenschifffahrtsordnung und im Binnenschifffahrtsgesetz auferlegt. So soll der Schiffsführer nach § 7 Binnenschifffahrtsgesetz bei allen Verrichtungen immer die Sorgfalt eines ordentlichen Schiffers anwenden, nach der Binnenschifffahrtsordnung ist er verpflichtet, eine Vielzahl von Vorschriften zu kennen und zu beachten. Ganz gewiss trifft den Führer eines Bootes, und sei es noch so klein, die Verpflichtung, sich bezüglich des zu nehmenden Weges kundig zu machen, auch und gerade im Hinblick darauf, ob es Hindernisse oder Sperrungen gibt. Dies ist für den Bootsführer auch, ohne weiteres möglich, indem er die Strecke bei Tage befährt oder sich erkundigt. Hätte der Kläger diese eigenübliche Sorgfalt aufgewandt, so wäre ihm bei Tageslicht sowohl das Hinweisschild als auch das Sperrschild aufgefallen und er hätte sich daran halten können. Oder der Bootsführer muss eben mit einer zureichenden Beleuchtung so langsam fahren, dass er sowohl Hinweisschilder als auch Sperrschilder rechtzeitig erkennen kann. Das wäre auch möglich und sinnvoll gewesen, weil die Hinweisschilder reflektierend ausgestaltet waren, so dass zumindest ihr Vorhandensein bei Anleuchtung aufgefallen: wäre und damit die Möglichkeit bestanden hätte, durch Annäherung auch ihren. Inhalt zur Kenntnis zu nehmen.
Dies hat auch mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nichts zu tun, sondern mit einer der Situation angepassten Geschwindigkeit. Denn auch der sonstige Verkehrsteilnehmer kann nicht im Vertrauen auf freie Bahn die zulässige Höchstgeschwindigkeit ausfahren, sondern muss seine Fahrweise der Witterung, dem Verkehrsaufkommen und den sonstigen Umständen anpassen.
Dass der Kläger jedenfalls schneller gefahren ist, als den Umständen, insbesondere der Dunkelheit und dem Umstand, dass er nicht aktuell ortskundig war, angemessen war, ergibt sich aus dem Unfall selbst, denn sonst hätte er die reflektierenden Hinweisschilder und das Sperrschild noch rechtzeitig wahrnehmen können, um seine Fahrt zu unterbrechen.
Damit, dass ein Bootsführer bei Dunkelheit ohne genaue und aktuelle Ortskenntnis einen Kanal befährt, dessen Brücke gesperrt ist, ohne seine Geschwindigkeit den Verhältnissen anzupassen, muss der Verkehrssicherungspflichtige nicht rechnen. Denn ein solches Verhalten liegt dem bestimmungsgemäßen Gebrauch von Wasserwegen so weit fern, dass es im Rahmen der Bestimmung des Umfangs der Verkehrssicherungspflicht keine Bedeutung haben kann. Denn in dem Verhalten des Klägers liegt eine derartig massive Gefährdung der eigenen Person, dass damit nicht gerechnet werden kann. Die nicht mehr einzurechnende, weil nicht im normalen Bereich liegende Eigengefährdung ergibt sich nicht nur aufgrund der vorhandenen Brückensperrung, es könnten sich ja auch andere natürliche Hindernisse wie Baumstämme oder liegende Boote pp auf dem Weg des Bootsführers befinden. Das Verhalten des Klägers, der ja nicht aktuell ortskundig war, denn sonst wäre ihm die Sperrung ja bekannt gewesen, ist mit dem Verhalten eines Fahrradfahrers vergleichbar, der bei Dunkelheit einen ihm vage bekannten unbeleuchteten (denn Wasserwege sind ja an sich unbeleuchtet) Weg befährt und sodann Verletzungen durch. ein Hindernis erleidet, das bei der letzten Durchfahrt nicht da war. Schließlich ist auch die Beleuchtung jeden Hindernisses auf den Kanälen, das geeignet wäre, zum Anstoß und damit zu Personenschäden zu führen, der Beklagten als Verkehrssicherungspflichtigen nicht zumutbar. Denn um die Beleuchtung jedweden Hindernisses geht es letztendlich, wollte man der Argumentation des Klägers folgen. Dies würde den Rahmen der Verkehrssicherungspflicht sprengen. Alleine aus dem Unfall als Tatsache lässt sich eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nach dem Obengesagten gerade nicht ableiten, denn es ist durch eine genügende Verkehrssicherung nicht jeder Unfall zu verhindern. Auch aus dem Umstand, dass die Beklagte nach dem Unfall die Brückensperrung beleuchtet hat, ergibt sich nicht, dass das vorherige Unterlassen der Beleuchtung eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht darstellte. Die Beklagte hat hier nur auf den schweren Unfall reagiert, den der Kläger erlitten hat, und wollte dies für die Zukunft ausschließen. Eine Haftung ergibt sich daraus gerade nicht. Nach alledem kam es auf ein etwaiges Mitverschulden des Klägers nicht mehr an, da bereits die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht als haftungsbegründender Tatbestand nicht vorliegt.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO. Die von der Beklagten zu vollstreckenden Kosten sind gering anzusetzen, da die Beklagte keinen Rechtsanwalt beauftragt hat, so dass die Sicherheitsleistung für die Abwendungsbefugnis mit € 300,00 angemessen, aber ausreichend bestimmt ist.