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235 B - 13/89 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Entscheidungsdatum: 15.01.1990
Aktenzeichen: 235 B - 13/89
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Abteilung: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

Urteil

vom 13. November 1989
vom 15. Januar 1990

(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Mainz
vom 9.11.1988 - 311 Js 14169/88 - 19 OWi)

Tatbestand und Entscheidungsgründe:

Der Betroffene ist der Schiffsführer des Tankmotorschiffs "K". Dieses Schiff näherte sich am 19.1.1988 gegen 17 Uhr talwärts fahrend einer Engstelle auf dem Rhein unterhalb der Autobahnbrücke Mainz-Weisenau. Dort regelte die Wasserschutzpolizei die Schifffahrt so, dass einmal ein Zeitlang nur die Bergfahrt, ein anderes Mal nur die Talfahrt die Engstelle passieren konnte, wobei jedes zur Passage zugelassene Schiff über Funk namentlich aufgerufen wurde. Die übrige Schifffahrt wurde auf dem gleichen Wege aufgefordert, oberhalb bzw. unterhalb der Engstelle aufzudrehen und zu warten. Vor der Annäherung an die Engstelle hatte der Betroffene das Ruder seinem Steuermann H. übergeben und war selbst unter Deck gegangen. Den Rudergänger erreichte die Aufforderung der Wasserschutzpolizei, aufzudrehen und den Aufruf zur Passage abzuwarten. Er, der Rudergänger, erklärte, aus nautischen und aus sicherheitstechnischen Gründen die Aufforderung nicht befolgen zu können und fuhr weiter. Er rief weiter den Betroffenen an Deck, der die Weigerung des Rudergängers wiederholte und ebenfalls einfach weiterfuhr.
Wegen dieses Verhaltens erging gegen den Betroffenen ein Bußgeldbescheid über DM. 300. —. Auf seinen Einspruch hin verhängte das Rheinschifffahrtsgericht Mainz eine Geldbusse von DM. 250. —.
Der Betroffene hat Berufung eingelegt.

Sie ist formell nicht zu beanstanden, hat aber in der Sache aus den folgenden Gründen keinen Erfolg.
Der Betroffene rügt, dass das Rheinschifffahrtsgericht die Tatsache nicht berücksichtigt hat, dass er die Schiffsführung an seinen Steuermann H. abgegeben hatte und nicht an Deck war, als die Aufforderung zum Aufdrehen erging. Er behauptet zumindest in dem Zeitpunkt, als er von seinem Steuermann nach dessen längeren Gesprächen mit den Beamten der Wasserschutzpolizei über Funk an Deck gerufen wurde und die Schiffsführung übernahm, sei es nicht mehr möglich gewesen, der ergangenen Aufforderung nachzukommen, da dies mit Rücksicht auf die Lage im Revier gefährlich gewesen sei.
Dazu ist zu sagen:
Nach der Aussage des Steuermanns vor der Wasserschutzpolizei war ihm die Engstelle bekannt. Die gleiche Kenntnis muss bei dem Betroffenen vorausgesetzt werden. Er hat dann auch nicht erklärt, dass er die Engstelle nicht gekannt habe.
Der Betroffene hat sich die Weigerung seines Steuermanns, die Talfahrt vorübergehend einzustellen zu eigen gemacht und dessen Missachtung der ergangenen Anordnung fortgesetzt.
 
Nach dem Bericht der Wasserschutzpolizei über die Ereignisse vom 20.1.88 war das Schiff des Betroffenen gegen 17 Uhr - zu diesem Zeitpunkt hatte der Betroffene das Ruder übernommen - noch 1100 m oberhalb der Autobahnbrücke Mainz-Weisenau. Die Strombreite betrug 350 m. Andere Fahrzeuge waren nicht im Revier. Der letzte zur Durchfahrt durch die Engstelle aufgerufene Talfahrer fuhr ca. 1800 m vor dem Schiff des Betroffenen. Dessen Einlassung, es sei gefährlich gewesen aufzudrehen, ist bei dieser Sachlage unglaubwürdig. Es ist keine Gefahr zu sehen die bei einer Befolgung der ergangenen Anordnung für das betroffene Schiff oder andere Fahrzeuge hätte entstehen können. Der Betroffene hat eine konkrete Gefahr auch nicht darlegen können. Seine vage Erklärung, mit seinem beladenen und mit voller Kraft fahrenden Schiff habe er "aus meiner Erfahrung und Verantwortung als Schiffsführer" nicht aufdrehen können ist nichts sagend.
Wertet man das Gesamtverhalten des Betroffenen und seines Steuermanns, so erscheint es darauf abgestimmt, die angesichts der beiden bekannten Engstelle und der dort geltenden Verkehrsregelung zu erwartende Anordnung, aufzudrehen unter allen Umständen zu missachten, weil man die damit verbundene Fahrtunterbrechung nicht hinnehmen wollte. Der Betroffene ließ sich erkennbar nur von dem Bestreben leiten, möglichst schnell am Bestimmungsort anzukommen. Dabei störte ihn jede Fahrtunterbrechung und deshalb lehnte er die Aufforderung dazu ab.
Das ergangene Urteil ist deshalb im Ergebnis richtig. Seine nicht ausreichende Begründung konnte die Berufungskammer, wie geschehen, ergänzen.
Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:

1. Die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Mainz vom 9.11.1988 wird zurückgewiesen.
Das genannte Urteil wird bestätigt.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Betroffene.

3. Ihre Festsetzung gemäß Artikel 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte erfolgt durch das Rheinschifffahrtsgericht Mainz.