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221 B - 2/89 - Berufungskammer der Zentralkommission (-)
Entscheidungsdatum: 20.03.1989
Aktenzeichen: 221 B - 2/89
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Abteilung: -

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

vom 20. März 1989

221 B - 2/89

(auf Berufung gegen den Beschluss des Rheinschiffahrtsgerichts D-Ruhrort vom 2.3.1988 - 5 OWi 3/88 BSch -)

Tatbestand und Entscheidungsgründe:

Der Betroffene ist der Geschäftsführer der Fa. O. GmbH, die ihrerseits die persönlich haftende Gesellschafterin der Fa. "ÖT mbH u. Co. KG" ist. Letztere ist die Eignerin des Tankmotorschiffs "O 1". Der Betroffene war der Führer dieses Schiffes in der Zeit vom 23.8.1987 gegen 13 Uhr 30 bis zum 24.8.1987 gegen 9 Uhr 30. Während dieser Zeit fuhr das Schiff in der Betriebsform B aus dem Räume R nach D. Dort ging der Betroffene von Bord und übergab die Schiffsführung dem bisherigen Steuermann Ru, der Patentinhaber war. Zur Vervollständigung der Besatzung kam ein Matrose an Bord. Nach diesem Wechsel fuhr das Schiff ohne Pause weiter. Auf dieser Fahrt wurde es gegen 12 Uhr 30 durch die Wasserschutzpolizei überprüft. Dabei wurde beanstandet, dass das Schiff zu lang in Fahrt und das Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäss geführt sei, weil der Besatzungswechsel in D darin nicht vermerkt war. Die Polizei legte das Schiff für 8 Stunden still. Gegen den Betroffenen erging ein Bussgeldbescheid über DM 400.--. Auf seinen Anspruch hin verhängte das Rheinschiffahrtsgericht D-Ruhrort eine Geldbusse in gleicher Höhe. Der Betroffene hat Berufung eingelegt. Diese ist aus formellen Gründen nicht zu beanstanden, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Die Berufungskammer hat im einzelnen erwogen.
1. Der Betroffene ist der Ansicht der angefochtene Beschluss sei schon deshalb aufzuheben, weil er im schriftlichen Verfahren ergangen sei. Diese Verfahrensweise sei nur mit seinem Einverständnis möglich, das er nicht erklärt habe. Diese Verfahrensrüge ist erfolglos. Das Rheinschifffahrtsgericht hat seine Absicht, im schriftlichen Verfahren zu entscheiden, dem Betroffenen durch Übersendung des Schreibens "Beschlussverfahren" bekannt gegeben. Es ist dem Betroffenen am 27.1.1988 zugestellt worden. Er hat gegen die ihm bekannt gegebene Verfahrensart keine Einwendungen erhoben und so sein Einverständnis mit ihr erklärt. Eine ausdrückliche Erklärung dieser Art war nicht erforderlich.
2. Der Betroffene ist der Ansicht, der angefochtene Beschluss erkläre ihn zu Unrecht zum Eigentümer des TMS "O 1" und ziehe daraus für ihn ungünstige Folgerungen. Hier kann davon ausgegangen werden, dass die Eignerin des genannten Schiffes, die Fa. "ÖT mbH u. CO. KG" ist. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die Fa. "O GmbH", deren Geschäftsführer der Betroffene ist. Dieser ist mithin im juristischen Sinne nicht der Eigner des TMS "O 1". Es kann offen bleiben, ob er nicht der wirtschaftliche Eigentümer deshalb ist, weil er die rechtliche Eigentümerin als deren Mehrheitsgesellschafter beherrscht. In jedem Falle disponiert der Betroffene als Geschäftsführer der "O GmbH", die als einziger persönlich haftender Gesellschafter der Schiffeeignerin diese beherrscht, den Einsatz von "O 1", wie er das auch auf der hier in Betracht kommenden Reise getan hat. Seine Macht über das Schiff entspricht also derjenigen des Eigners.
3. Der Betroffene meint, auf der Fahrt R-D sei die in der Betriebsform B zulässige Höchstfahrzeit von 18 Stunden ohne Pause nicht überschritten worden, da die Fahrt nicht gegen 13 Uhr 30, sondern 2 Stunden später angetreten worden sei. Dazu ist zu sagen. Es ist unstreitig, dass die umstrittene Reise nach dem Fahrtenbuch des TMS "O 1" am 23.8.1987 gegen 13 Uhr 30 begonnen hat. Das Fahrtenbuch ist - die Grundlage der Prüfung des Schiffes auf die Beobachtung der für seinen Betrieb geltenden Vorschriften z.B. durch Beamte der Strompolizei in den einzelnen Rheinuferstaaten. Diese Grundlage ist nur dann verlässlich, wenn derjenige, der die Eintragungen in das Fahrtenbuch vorgenommen oder veranlasst hat, diese im allgemeinen gegen sich gelten lassen muss. Das bedeutet, dass Korrekturen von falschen Eintragungen, die notwendig werden können, im Fahrtenbuch vorzunehmen sind. Unterbleiben sie, so muss sich der Betroffene aus Gründen der Rechtssicherheit im allgemeinen als Veranlasser der Eintragung an dieser festhalten lassen. Nur in Ausnahmefällen kann es gestaltet werden, zu beweisen, dass eine Eintragung nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Können solche Umstände nicht vorgetragen werden, wie im vorliegenden Falle, so können sie durch das Zeugnis der Schiffsbesatzung nicht ersetzt werden.
Diese Grundsätze gelten im vorliegenden Falle sowohl für die den Beginn der umstrittenen Reise betreffende Eintragung, als auch für diejenige, welche die Betriebsform bezeichnete. Diese letztere ist für die gesamte Reise massgeblich, wenn nicht der Übergang zu einer anderen Betriebsform während der Reise im Fahrtenbuch vermerkt wird.
4. Als der für den Einsatz des Schiffes verantwortliche (siehe Ziffer 2) hatte der Betroffene sicherzustellen, dass sein Nachfolger als Schiffsführer die Reise von D aus nicht fortsetzte, ohne die gesetzlich vorgeschriebene Pause von 8 Stunden eingelegt zu haben. Diese Pflicht verlangte eine entsprechende klare Anweisung an den Nachfolger als Schiffsführer. In seiner Einlassung vom 3.10.1987 hat der Betroffene lediglich erklärt, er habe seinem Nachfolger als Schiffsführer keine Order erteilt, die Reise ohne Pause fortzusetzen. Der Betroffene ist also ohne jede Erklärung von Bord gegangen. Damit genügte er seiner oben genannten Pflicht nicht. Erst mit der Berufungsbegründung behauptet er mit seinem Nachfolger eine Pause von 8 Stunden vor der Fortsetzung der Fahrt abgesprochen zu haben. Diese Behauptung kommt einmal verspätet. Zum anderen steht sie im Widerpruch zu der früheren Einlassung des Betroffenen. Aus beiden Gründen kann er mit ihr nicht gehört werden.
5. Der Betroffene ist der Ansicht, sein Nachfolger als Schiffsführer habe den Besatzungswechsel in D in das Fahrtenbuch eintragen müssen. Die Berufungskammer ist demgegenüber der Ansicht, dass diese Eintragung zu den Pflichten des Betroffenen gehörte, die aus Anlass der Übergabe der Schiffsführung zu erfüllen waren.
6. Bei der Bemessung der Höhe der Busse hat das Rheinschiffahrtsgericht eine einschlägige frühere Büssung des Betroffenen berücksichtigt. Dies wird mit der Begründung beanstandet, die frühere Busse sei nur rechtskräftig geworden, weil der Betroffene einmal versäumt habe, ein Rechtsmittel einzulegen, und weil er zum anderen mit dem Versuch gescheitert sei, eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu erreichen. Die Busse sei zu Unrecht verhängt worden. Auch mit dieser Beanstandung kann der Betroffene nicht gehört werden. Das Rheinschiffahrtsgericht durfte die frühere einschlägige Busse gegen den Betroffenen bei der Bemessung der jetzt zu verhängenden Busse schärfend berücksichtigen, weil sie rechtskräftig feststand. Wie es zu dieser Rechtskraft gekommen ist, ist unerheblich.
Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:
1. Die Berufung des Betroffenen gegen den Beschluss des Rheinschiffahrtsgerichts D-Ruhrort vom 2.3.1988 wird zurückgewiesen. Der genannte Beschluss wird bestätigt.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Betroffene.
3. Ihre Festsetzung gemäss Artikel 39 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte erfolgt durch das Rheinschiffahrtsgericht D-Ruhrort.

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1990 - Nr. 6 (Sammlung Seite 1300); ZfB 1990, 1300