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Urteil des Amtsgerichts – Schiffahrtsgericht St.Goar
vom 6. September 2004
2010 Js 65321/03.4 DsBSch
Gründe:
I. Der Angeklagte, der jetzt 55 Jahre alt ist, hat den Beruf eines Schiffsbauers und Schiffsführers erlernt. Er ist Eigentümer zweier Personenschiffe in Neuwied, die hoch belastet sind. Während der Wintermonate fährt er als Schiffsführer auf dem Rhein bei einem monatlichen Gehalt von ca. 2.000,00 Euro netto auf Fracht- und Tankschiffen, um seine finanziellen Verhältnisse aufzubessern. Er ist geschieden und Vater zweier Kinder im Alter von 7 und 17 Jahren. An Unterhalt hat er monatlich 1.500,00 Euro zu zahlen. Bislang ist der Angeklagte unbestraft, ein gegen ihn gerichtetes Verfahren wegen unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen wurde gemäß § 153a StPO eingestellt.
II. 1. und 2.
Im Rahmen seines Unternehmens der Personenschifffahrt unterhielt der Angeklagte in der Ortslage Neuwied bei Strom-Km 608,1 einen Steiger. An ihm waren 2 Schiffe befestigt, die der Angeklagte als Lager benutzte und zur Werkstatt ausbauen wollte. Als er im Herbst 2003 seinen Dienst als Rheinschiffer aufnahm, lagen beide Schwimmkörper wegen des extremen Niedrigwassers im Sommer 2003 auf Grund. In dem zur Landseite gelegenen Schiff hatte der Angeklagte unter anderem 3 leere Ölkanister ä 30 1 gelagert, die er bei der nächsten Öllieferung zurückgeben wollte. Darüber hinaus befanden sich auf dem Vorschiff 7 Fässer a 200 l, gefüllt mit Altöl und im Schiffsinnern ein Tank mit einem Fassungsvermögen von ca. 500 1, in dem sich ebenfalls eine Abfallflüssigkeit befand, was dem Angeklagten auch bekannt war. Auf dem stromwärts festgemachten Schiff, das der Angeklagte zur Werkstatt ausbauen wollte, befanden sich weitere gefährliche Abfälle, die geeignet waren, die Qualität des Rheinwasser nachteilig zu verändern: So waren dort ein 5-l-Inertoleimer, der fast leer war, 2 Kohleteerlackeimer mit einem Fassungsvermögen von je 29 1, die zu 1/4 bzw. 1/2 gefüllt waren und Anhaftungen an der Außenwand aufwiesen sowie eine 30-l-fassende blaurote Tonne, die zu 1/4 gefüllt war und Plastikkanister und Plastikeimer, die mit Öl und Farbe behaftet waren, abgelagert. Neben ölverschmierten Motorteilen befanden sich auch mehrere Eimer mit ölverschmutzten Lappen, die der Angeklagte ebenfalls dort belassen hatte, auf dem Schiff.
Während der Abwesenheit des Angeklagten stieg der Wasserstand des Rheines, so dass auch die vorgenannten Schwimmkörper umspült wurden. Dabei füllte sich das zur Landseite hin gelegene Schiff mit Rheinwasser und zog das zum Strom hin gelegene Magazinschiff in eine gefährliche Schräglage. Wenn auf dem Rhein Schiffe vorbeifuhren, zeigte sich mit dabei verursachten Sog auf der Wasseroberfläche eine von den Schwimmkörpern des Angeklagten ausgehende Ölfilm, weshalb die Schwimmkörper auf Veranlassung der Behörden geborgen wurden.
3.:
Im November 2003 führte der Angeklagte das TMS J. Mit ihm lud er am 2. November 2003 in Godorf Heizöl und verbrachte es zum Hafen Wallersheim, wo das Schiff gelöscht wurde. Das in den Rohrleitungen verbliebene Produkt wurde in den Sloptank gepumpt. Nachdem der Löschvorgang abgeschlossen war, steuerte der Angeklagte das Tankschiff nach Neuwied und machte es an seinem dort bei Strom-Km 608,4 liegenden Fahrgastschiff C fest. Er ließ oder legte selbst, ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis eingeholt zu haben, eine Schlauchleitung von dem Sloptank zu dem
Fahrgastschiff. Mittels einer Tauchpumpe und des Schlauches wurden nunmehr mindestens 100 1 Heizöl, wenn nicht auch mehr, von dem Sloptank in den Tank des Fahrgastschiffes umgepumpt. Der Angeklagte wusste hierbei, dass es sich bei dem Heizöl um eine fremde Sache handelte, über die er ohne Erlaubnis nicht verfügen durfte: Er wusste auch, dass derartige Rohrleitungen zum Befördern wassergefährdender Stoffe auf dem Rhein nur erlaubt sind, wenn zuvor eine entsprechende Erlaubnis des Wasserschiffahrtsamtes eingeholt wurde.
4.:
Am 10. November 2003 ordnete der Angeklagte gegenüber den von ihm vorübergehend beschäftigten Mitarbeitern P, O und F an, Reinigungsarbeiten an dem auf die Rampe am Rheinufer gezogenen, zum Teil leckgeschlagenen Pon ton vorzunehmen. Mittels Eimer nahmen die vorgenannten Arbeiter zum Teil auch mit Ölverunreinigte Schlämme und Sand aus dem Ponton und kippten mindestens 1/2 m3 hiervon in den Rhein, der dadurch verunreinigt wurde. Der Angeklagte glaubte, dass eine derartige Maßnahme erlaubt sei. Er hätte wissen müssen, dass die Entsorgung von Schlämmen und Sand nur über eine ordnungsgemäße Entsorgungsfirma nach einem Abfallschlüssel als Sondermüll möglich ist.
5.:
Am 8 Dezember 2003 bemerkten Beamte der Wasserschutzpolizei Neuwied auf dem Vorschiff des Fahrgastschiffes C ein dort lose aufgestelltes 200 l-Fass, in dem sich eine milchartige Emulsion befand. Die Untersuchung der Flüs sigkeit ergab, dass es sich um Bilgenwasser handelte, was der Angeklagte unzulässigerweise in die Fässer aufgenommen und auf dem offenen Deck abgelagert hatte.
6.:
Auch auf dem weiteren dem Angeklagten gehörenden Fahrgastschiff E befand sich im vorderen Bereich des Schiffes ein 200 l-Fass mit Bilgenflüssigkeit, ohne dass dieses entsprechend abgesichert war. Dabei ging auch von diesem Schiff eine Gefahr für das Rheinwasser aus, da es durch jeden starken Wellenschlag zum Umfallen hätte gebracht werden können.
III. Diese Feststellungen beruhen auf dem glaubhaften Geständnis des Angeklagten, das im wesentlichen mit dem Inhalt der polizeilichen Ermittlungen übereinstimmt. Soweit der Angeklagte zunächst behauptet hat, die auf dem Magazinschiff befindlichen Ölkanister seien absolut leer gewesen, hat er später durch seinen Anwalt die Richtigkeit der gegen ihn erhobenen Vorwürfe eingeräumt. Er hat damit zugestanden, dass in den Kanistern, wie naheliegend, Ölreste vorhanden waren. Entgegen seiner Einlassung war er auch nicht berechtigt, die in dem Sloptank des TMS J befindlichen Produkte in sein Schiff umzupumpen und sich damit anzueignen Der Angeklagte hat nur behauptet, der Schiffseigner habe gegen ihn keine Anzeige erstattet und lege auf eine Strafverfolgung keinen Wert. Dies beinhaltet nicht dessen Zustimmung zur Entnahme des Produkts aus dem Sloptank. Der Angeklagte hat sich somit, wie im Tenor festgestellt, der unbefugten Ablagerung von gefährlichen Abfällen in 4 Fällen (§ 326 Abs. 1 StGB), der fahrlässigen Verunreinigung eines Gewässers (§ 324 Abs. 2 StGB) sowie des Diebstahls (§ 242 StGB) in Tateinheit mit dem unerlaubten Betreiben einer Rohrleitungsanlage (§ 327 Abs. 2 Nr. 2 StGB) schuldig gemacht und ist demgemäß zu bestrafen.
IV. Bei der Bemessung der Strafe fiel vor allem ins Gewicht, dass der Angeklagte mit seinem Betrieb am Rande des Existenzminimums agiert und erhebliche finanzielle Schwierigkeiten hat. Er ist bislang unbestraft geblieben und hat letztlich die gegen ihn erhobenen Vorwürfe auch eingeräumt. Andererseits konnte nicht außer acht bleiben, dass der Angeklagte in relativ kurzer Zeit eine Reihe von Straftatbeständen verwirklicht hat und mit illegalen Methoden versucht, seine wirtschaftlichen Belastungen zu minimieren. Dem musste Einhalt geboten werden.. Um den Angeklagten von weiteren ähnlichen, die Umwelt gefährdenden Handlungen abzuhalten, erschien deshalb jeweils die Verhängung einer Freiheitsstrafe zu Einwirkung unumgänglich. Die Verhängung einer Geldstrafe hätte den Angeklagten womöglich verleitet, aus Ersparnisgründen künftig noch sorgloser mit der Umwelt umzugehen. Es bestand die Gefahr, der Angeklagte werde mit der Bezahlung der Strafe die Angelegenheit als erledigt betrachten und sein sorgloses Tun fortsetzen. Das Gericht hegt die Erwartung, dass die Verhängung von Freiheitsstrafen dem Angeklagten den Unrechtsgehalt seines Verhaltens deutlich macht und künftig zu sorgfältigerem Tun veranlasst.
Im einzelnen erschienen folgende Einsatzstrafen für erforderlich:
Zu 1. und 2. jeweils 2 Monate, wegen des dreist erscheinenden Diebstahls in Tateinheit mit der Benutzung einer un genehmigten Rohrleitungsanlage 3 Monate, wegen der Verschmutzung des Rheinwassers mit Rheinschlamm 1 Monat sowie wegen der beiden zuletzt begangenen unbefugten Ablagerungen von gefährlichen Stoffen wiederum jeweils 2 Monate. Hieraus wurde durch Erhöhung der höchsten Strafe eine Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Monaten bildet, die bei nochmaliger Würdigung der für die Bemessung der Einzelstrafen maßgebenden Gesichtspunkte ausreichend aber auch erforderlich erschien, um den Angeklagten zu beeindrucken.
Vor allem im Hinblick auf das Geständnis des Angeklagten konnte die gegen ihn verhängte Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Darüber hinaus war zu beachten, dass er bislang unbestraft geblieben ist. Dies rechtfertigt die Erwartung, er werde sich die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die einwirkende Strafvollzuges derartige Straftaten nicht mehr begehen.
Gemäß § 465.Abs. 1 StPO waren den Angeklagten auch die Kosten des Verfahrens sowie seine eigenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen.