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Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
Urteil
vom 18. November 1986
(Auf Berufung gegen den Beschluss des Rheinschifffahrtsgerichts Kehl vom 8.10.1985 - 2 OWi 193/85 -)
Tatbestand und Entscheidungsgründe:
I.
Der Betroffene ist der Eigner und Schiffsführer des MS "A" (Tragfähigkeit 732 tons). Bei einer Kontrolle durch die Wasserschutzpolizei am 4.12.1984 bei Rhein-km 297,67 (Ortslage Kehl) wurde festgestellt, dass auf dem Schiff 4 Gasflaschen anstatt in einem Schrank vorschriftswidrig in einem Herft auf der Steuerbordseite vor dem Steuerhaus gelagert waren. Außerdem fehlte seit Januar 1984 an der vorgeschriebenen Mindestbesatzung des Schiffes ein Schiffsjunge. Der Betroffenen gibt zu, seit Januar 1984 ohne Schiffsjunge gefahren zu sein, will aber nichts davon gewusst haben, dass er Gasflaschen nicht im Herft lagern dürfe.
Wegen dieses Verhaltens (Verstoß gegen §§ 8.05, 14.01 RheinSchUO) ist gegen den Betroffenen ein Bußgeldbescheid der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Südwest in Mainz über DM 2.100,- ergangen, wobei ein Betrag von 2.000,- als Abschöpfung gemäß § 17 Abs. 4 Ordnungswidrigkeitsgesetzes bezeichnet wurde.
Auf Einspruch des Betroffenen hat das Rheinschifffahrtsgericht Kehl mit Beschluss vom 8.10.1985 gemäß §§ 7 BinSchAufG, 14.01, 8.05 RheinSchUO, § 17 Abs. 4 OWiG die Geldbusse von DM 2.100,- bestätigt.
Der Betroffene hat Berufung mit dem Ziel eingelegt, eine Herabsetzung der Geldbusse auf DM 100,- zu erreichen. Er ist der Meinung, eine Abschöpfung des durch das Fehlen des Schiffsjungen angeblich ersparten Lohnbetrages, wie sie auch das Rheinschifffahrtsgericht ausgesprochen habe, könne nicht vorgenommen werden, da sie der Mannheimer Akte widerspreche und außerdem den unterschiedlichen Verhältnissen in den Niederlanden und der Bundesrepublik nicht Rechnung trage. Auch werde in dem Beschluss nicht berücksichtigt, dass er wegen des Fehlens des Schiffsjungen wiederholt gebührenpflichtig verwarnt worden sei und deshalb wegen der früheren Verstöße nicht nochmals bestraft werden könne. Er sei bereit, für die beiden bei der Kontrolle festgestellten Zuwiderhandlungen eine Geldbusse von DM 100,- hinzunehmen.
II.
Die formell nicht zu beanstandende Berufung des Betroffenen führt nur teilweise zum Erfolg.
Im Einzelnen hat die Berufungskammer erwogen:
1. Bei der Minderbemannung erschien die Festsetzung der Geldbusse in einer Höhe, die die Abschöpfung der Lohnersparnis zugrunde legt, nicht angebracht, da diese Bemessungsart weder in den anderen Rheinuferstaaten noch innerhalb der Bundesrepublik Deutschland in allen Strombereichen übereinstimmend gehandhabt wird. Eine annähernde Gleichbehandlung der verantwortlichen Schiffsführer für dieselbe Zuwiderhandlung sollte aber für den gesamten Geltungsbereich der Mannheimer Akte, die von einem einheitlichen Bußgeldrahmen ausgeht, angestrebt werden. Selbstverständlich können innerhalb dieses Rahmens des Artikels 32 der Mannheimer Akte im Einzelfall neben anderen richterlichen Erwägungen wie Schuldvorwurf, Sicherheitsgefährdung, wirtschaftliche Verhältnisse des Betroffenen u.a. auch die Intensität der Zuwiderhandlung und die Tatvorteile Berücksichtigung finden.
2. Für das Fehlen des Schiffsjungen am 4.12.1984, das allein dem Urteil zugrunde gelegt wurde, hielt die Berufungskammer unter Beachtung der Tatsache, dass der Betroffenen nach eigenem Vorbringen hierwegen seit Januar 1984 schon wiederholt polizeilich verwarnt worden ist, ohne den beanstandeten Zustand zu ändern, eine Geldbusse von DM 250,- für schuldangemessen aber auch für notwendig, um den Betroffenen dazu anzuhalten, seine Besatzung zu vervollständigen. (Zuwiderhandlung gegen § 14.01 RheinSchUO).
3. Für das vorschriftswidrige Lagern der Gasflaschen in einem Herft des Schiffes am 4.12.1984 erschien der Berufungskammer eine weitere Geldbusse von DM 50,- geboten, da der Betroffene sich nicht darauf berufen kann, er habe keine Kenntnis von dieser Sicherheitsvorschrift gehabt; denn seine Unkenntnis beruht auf Fahrlässigkeit. (Zuwiderhandlung gegen § 8.05 RheinSchUO).
4. Die verhängten beiden Geldbussen stellen keine nachteilige Abänderung der vorgängigen Entscheidung im Sinne des Art. 24 Abs. 2 der Verfahrensordnung der Berufungskammer dar, da sie unterhalb der erstinstanzlich ausgesprochenen Geldbusse liegen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 465, 473 Abs.4 der deutschen Strafprozessordnung in Verbindung mit Artikel 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte.
Es wird deshalb für Recht erkannt:
1. Auf die Berufung des Betroffenen wird der Beschluss des Rheinschifffahrtsgerichts Kehl vom 8.10.1985 wie folgt abgeändert:
Der betroffenen V. wird wegen vorsätzlichen Führens eines unvorschriftsmäßig bemannten Schiffes zu einer Geldbusse von DM 250,- und wegen fahrlässigen unvorschriftsmäßigen Lagerns von Gasflaschen zu einer weiteren Geldbusse von DM 50,- verurteilt.
2. Die weitergehende Berufung des Betroffenen wird zurückgewiesen.
3. Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens einschl. des Berufungsverfahrens sowie seine notwendigen Auslagen zu 1/7.
Die Festsetzung der Kosten erfolgt durch das Rheinschifffahrtsgericht Kehl unter Berücksichtigung des Artikels 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte.