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Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
vom 5. Juni 1986
(Auf die Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Strassburg vom 25. Februar 1985 - 1 E 1512/84 -)
Tatbestand:
Der Beschuldigte hat gegen das Versäumnisurteil des Rheinschifffahrtsgerichts Strassburg vom 25. Februar 1985 Berufung eingelegt und die Einwendung der Nichtigkeit der Vorladung zur Verhandlung vom 26. November 1984 erhoben, die in der Staatsanwaltschaft beim Rheinschifffahrtsgericht Strassburg gemäß dem Verfahren nach Artikel 562 der französischen Strafprozessordnung für im Ausland lebende Personen bewirkt worden ist. Als Begründung hat der Beschuldige angeführt, dass dieses Verfahren zum einen gegen Artikel 40 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte verstößt, wonach Vorladungen und Zustellungen an Personen, welche in einem der Rheinuferstaaten einen bekannten Wohnsitz haben, in letzterem bewirkt werden müssen, und zum anderen die Vorladung, der keine Übersetzung in niederländischer Sprache beigefügt war, in Verletzung des Artikels 6 der Menschenrechtskonvention vom 4. November 1950 ausgestellt worden ist, welcher das Recht des Beschuldigten garantiert, in möglichst kurzer Frist in einer für in verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über die Art und den Grund der gegen ihn erhobenen Beschuldigung in Kenntnis gesetzt zu werden.
Die Staatsanwaltschaft stellt die Angelegenheit dem weisen Beschluss der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt anheim.
Rechtsgründe:
Verstoß gegen die Revidierte Rheinschifffahrtsakte
Artikel 40 Absatz 3 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte schreibt vor, dass Vorladungen und Zustellungen an Personen, welche in einem der Rheinuferstaaten einen bekannten Wohnsitz haben, in letzterem bewirkt werden müssen.
Die Zustellung erfolgte am 8. Dezember 1984 durch Übermittlung der Ladung an den Beschuldigten.
Die Zustellung erfolgte nach Verhandlungsschluss und ist daher als nicht erfolgt anzusehen.
Artikel 552 der Strafprozessordnung schreibt vor, dass Vorladungen von im Ausland lebenden Parteien mindestens zwei Monate vor der Verhandlung bewirkt werden müssen.
Im vorliegenden Fall ist die zweimonatige Frist vor der Verhandlung vom 26. November 1984 nicht eingehalten worden.
Nach Artikel 553 der Strafprozessordnung ist die Ladung bei Nichtbeachtung dieser Frist nichtig, wenn die geladene Partei nicht erscheint.
Da der Beschuldigte zur Verhandlung vom 26. November 1984 nicht erschienen ist, ist die dem Beschuldigten persönlich am 8. Dezember 1984, also nach Verhandlungsschluss, zugestellte Vorladung für nichtig zu erklären.
Deshalb ist das Versäumnisurteil des Rheinschifffahrtsgerichts Strassburg vom 25. Februar 1985 auch ohne Untersuchung der übrigen angeführten Gründe aufzuheben.
Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:
- die Berufung des Beschuldigten BLOM Feitse, die formell nicht zu beanstanden ist, ist zulässig,
- sie ist begründet,
- die Berufung der Staatsanwaltschaft wird daher zurückgewiesen,
- das Versäumnisurteil des Rheinschifffahrtsgerichts Strassburg vom 25. Februar 1985 wird aufgehoben,
- dem Antrag des Beschuldigten auf Verurteilung des Nebenklägers zu einem Betrag von 2.000 Francs ist nicht stattzugeben,
- die Anträge des Nebenklägers werden zurückgewiesen,
- die Festsetzung der Kosten für das Verfahren erfolgt durch das Rheinschifffahrtsgericht Strassburg gemäß Artikel 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte.