Rechtsprechungsdatenbank

190 P - 8/86 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Entscheidungsdatum: 05.06.1986
Aktenzeichen: 190 P - 8/86
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Abteilung: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

vom 5. Juni 1986

(Auf die Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Strassburg vom 26. November 1984 - 1 E 1518/84 -)

Tatbestand:

Der Beschuldigte hat gegen das Versäumnisurteil des Rheinschifffahrtsgerichts Strassburg vom 26. November 1984 Berufung eingelegt und die Einwendung der Nichtigkeit der Vorladung zur Verhandlung vom 26. November 1984 erhoben, die der Staatsanwaltschaft beim Rheinschifffahrtsgericht Strassburg gemäß dem Verfahren des Artikels 562 der französischen Strafprozessordnung für im Ausland lebende Personen zugestellt worden ist. Als Begründung hat der Beschuldigte angeführt, dass die Vorladung zur Verhandlung am 26. November 1984 erst nach dem 18. Oktober 1984 und damit weniger als 2 Monate vor der Verhandlung in seinem Wohnsitz bewirkt worden ist.
Die Staatsanwaltschaft verweist hierauf zu Recht.

Entscheidungsgründe:

1. Zulässigkeit der Berufung

Die Berufung, die formell nicht zu beanstanden ist, ist zulässig.

2. Zur Sache

Die Vorladung des Beschuldigten ist am 1. August 1984 bei der Staatsanwaltschaft beim Rheinschifffahrtsgericht Strassburg gemäß Artikel 562 der französischen Strafprozessordnung für im Ausland lebende Personen bewirkt worden.
  
Nach Artikel 40 Absatz 3 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte müssen jedoch Vorladungen und Zustellungen an Personen, welche in einem der Rheinuferstaaten einen bekannten Wohnsitz haben, in letzterem bewirkt werden.
Die Vorladung ist dem Vater des Beschuldigten am 20. Oktober 1984 an seinem Wohnsitz zugestellt worden.

Artikel 552 der Strafprozessordnung schreibt jedoch vor, dass Vorladungen von im Ausland und insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Personen mindestens zwei Monate vor der Verhandlung bewirkt werden müssen.
Im vorliegenden Fall ist die zweimonatige Frist vor der Verhandlung vom 26. November 1984 nicht eingehalten worden.

Nach Artikel 553 der Strafprozessordnung ist die Ladung bei Nichtbeachtung dieser Frist nichtig, wenn die geladene Partei nicht erscheint.
Da der Beschuldigte zur Verhandlung vom 26. November 1984 nicht erschienen ist, ist die im Wohnsitz des Beschuldigen bewirkte Vorladung für nichtig zu erklären.

Das Versäumnisurteil des Rheinschiffahrtsgerichts Strassburg vom 26. November 1984 ist daher aufzuheben.

Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:

- die Berufung des Beschuldigten L. ist formell zulässig,

- sie ist begründet,

- die Berufung der Staatsanwaltschaft ist daher unbegründet,

- das Versäumnisurteil des Rheinschiffahrtsgerichts Strassburg vom 26. November 1984 wird aufgehoben,

- die Festsetzung der Kosten für das Berufungsverfahren erfolgt durch das Rheinschifffahrtsgericht Strassburg gemäss Artikel 39 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte.