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183 B - 3/86 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Entscheidungsdatum: 06.02.1986
Aktenzeichen: 183 B - 3/86
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Abteilung: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

vom 6. Februar 1986

(auf Berufung gegen den Beschluss des Rheinschifffahrtsgerichts Mannheim vom   19.  Januar   1985 -  OWi   1079/84 RhSch)

Tatbestand und Entscheidungsgründe:

Der Betroffene ist der Schiffsführer des Motorschiffs "N". Er führte dieses Schiff auch, als es am 12.4.1984 um 1.15 Uhr auf der Bergfahrt bei Strom-km 431,0 des Rheines von der Wasserschutzpolizei kontrolliert wurde. Dabei wurde anhand der Eintragungen im Fahrtenbuch festgestellt, dass der Betroffene am 11.5.84 um 6.00 Uhr die Fahrt in Kamp in der Betriebsform A angetreten hatte. Er hatte deshalb bei der Kontrolle die in der genannten Betriebsform zulässige Höchstfahrzeit von 16 Stunden um 3 1/4 Stunde überschritten. Die Wasserschutzpolizei verbot ihm deshalb die Weiterfahrt bis zur Beendigung der vorgeschriebenen Ruhezeit. Dieses Verbot missachtete der Betroffene.

Dieser Sachverhalt hat zu den bereits genannten Bußgeldfestsetzungen durch das Rheinschifffahrtsgericht Mannheim geführt.

Gegen dessen Beschluss vom 29.1.1985 hat der Betroffene Berufung eingelegt, die formell nicht zu beanstanden ist.

In der Sache begründet der Betroffene sie damit, er habe die erlaubte Höchstfahrzeit überschreiten müssen, um gemäß der Order seiner Reederei seine Fracht am 14.5.84 in Weil löschen zu können. Ihm sei angedroht worden, mit allen Folgekosten der Nichteinhaltung dieses Termins belastet zu werden. Außerdem weist der Betroffene darauf hin, dass durch seine Aufmerksamkeit während der Nachtfahrt zwei Diebe gefasst worden seien, die den Versuch gemacht hätten, ein von ihnen gestohlenes Kraftfahrzeug bei Mannheim im Rhein zu versenken.

Diese Einlassungen entlasten den Betroffenen nicht.

Die zweite ist sichtlich ohne jede Bedeutung, da begangene Ordnungswidrigkeiten nicht dadurch aufgehoben werden, dass der Täter bei ihrer Begehung zur Aufklärung einer Straftat beitragen kann. Die Ordnungswidrigkeit wurde ja nicht um dieser Aufklärung willen begangen.

Was die erste Einlassung angeht, so ist rechtlich die folgende Konfliktsituation denkbar. Eine Reederei verlangt von einem Schiffsführer die Einhaltung eines Löschtermins, der nur eingehalten werden kann, wenn vorgeschriebene Höchstfahrzeiten überschritten und vorgeschriebene Ruhezeiten nicht eingehalten werden. Der Schiffsführer steht also vor der Wahl, entweder eine Anordnung seiner Reederei oder ordnungspolizeiliche Vorschriften zu missachten. Entscheidet er sich für die zweite Alternative, so kann fraglich sein, wer hier mit Bußgeld zu belegen ist, der Schiffsführer oder die hinter ihm stehende Reederei, die sein Verhalten möglicherweise erzwungen hat. Diese Frage bedarf im vorliegenden Falle keiner Entscheidung, denn der Betroffene befand sich nicht in der geschilderten Lage. Er hatte seine Fahrt am 2.5.84 um 15.00 Uhr in Brunsbüttel angetreten. Seine Reederei hat ohne seinen Widerspruch erklärt, Ziel und Löschzeit seien ihm bei Reiseantritt genannt worden. Der Betroffene hatte also seine Reise so einzuteilen, dass die ihm genannte Löschzeit ohne Verletzung von Vorschriften über Ruhezeiten und Höchstfahrzeiten eingehalten werden konnte. Glaubte er, dies nicht zu können, so hätte er seine Reederei hierauf hinzuweisen. Einen solchen Hinweis will der Betroffene aber erst gegeben haben, als er während der Reise bei einem Zwischenaufenthalt in Duisburg auf die Notwendigkeit, den Löschtermin einzuhalten, hingewiesen wurde. Daraus ist zu folgern, dass er bei Antritt der Reise keine Bedenken hatte, den Löschtermin einzuhalten, dass ihm diese vielmehr erst in Duisburg kamen. Außerdem fällt die Überschreitung der Höchstfahrzeit in den Schlussabschnitt der langen Reise des Betroffenen. Beide genannte Faktoren zwingen zu dem Schluss, dass der Betroffene sich selbst dadurch in Schwierigkeiten brachte, dass er seine Reise nicht von Anfang an so einteilte, dass er rechtzeitig ans Ziel gelangen konnte. Er gibt auch zu, er habe "gemütlich" fahren wollen, da er Verwandte aus Amerika an Bord gehabt habe, mit denen er auch an Land habe gehen wollen. Dieser Umstand erklärt nach Ansicht der Berufungskammer die misslungene Reiseeinteilung, die dem Betroffenen zum Schluss nur noch die Wahl ließ, Höchstfahrzeiten zu überschreiten, um rechtzeitig ans Ziel zu kommen. Hierfür ist er verantwortlich, sodass die angefochtene Bußgeldfestsetzung mit Recht erfolgt ist.

Es wird deshalb für Recht erkannt:

1) Die Berufung des Betroffenen gegen den Beschluss des Rheinschifffahrtsgerichts Mannheim vom 19.1.1985 wird zurückgewiesen. Der genannte Beschluss wird bestätigt.

2) Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Betroffene.

3) Ihre Festsetzung erfolgt durch das Rheinschifffahrtsgericht Mannheim gemäß Art.39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte.
 
Der Stellvertretende Gerichtskanzler:                         Der Vorsitzende:

(gez.) A. BOUR                                                        (gez.) STUCKELBERGER