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Leitsatz:
Rabatte, die eine Reederei vereinbarungsgemäß von Bunkerunternehmen für das Bunkern von Gasöl durch die von ihr befrachteten und betreuten Partikuliere erhält, denen sie empfohlen hat, bei diesen Unternehmen zu bunkern, hat sie an diese auszuzahlen, abzüglich einer angemessenen Provision. Als angemessen wird eine Provision in Höhe von 5% nicht vom Verkaufspreis, sondern von den Endpreisen, also von den Verkaufspreisen abzüglich der gewährten Rabatte, angesehen. Ein entgegenstehender Handelsbrauch wäre rechtsmißbräuchlich.
Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf
vom 21.5.1993
17 U 4/92
Zum Tatbestand:
Der Kläger ist Schiffseigner und Schiffsführer (Partikulier) des Motorschiffs „1". Er wurde ständig befrachtet von der Beklagten, die auch die geschäftliche Korrespondenz für ihn erledigte. Die Beklagte empfahl dem Kläger, bei bestimmten Unternehmen zu bunkern, mit denen sie zuvor Rabatte ausgehandelt hatte. Die Höhe dieser Rabatte hing u.a. von der Gesamtmenge des Treibstoffs ab, den die von der Beklagten befrachteten Motorschiffe bei dem entsprechenden Bunkerunternehmen abnahmen. Die Bunkerunternehmen lieferten den Treibstoff gegen Rechnung, die sie an den jeweiligen Partikulier per Adresse der Beklagten sandten. Über die Rabatte erhielt die Beklagte gesonderte Gutschriften. Daneben hatte jeder Partikulier die Möglichkeit, auch gegen Barzahlung zu bunkern. Dann gewährten ihm die Bunkerunternehmen - höhere - Barzahlungsrabatte.
Die Beklagte stellte dem Kläger jeweils die Beträge in Rechnung, die in den Treibstoffrechnungen ausgewiesen waren. Diese Beträge abzüglich der von ihr mit den Bunkerunternehmen vereinbarten Rabatte hatte sie jeweils zuvor an die Bunkerunternehmen für die Rechnung des Klägers gezahlt. Die Rabatte dagegen vereinnahmte die Beklagte selbst.
Mit seiner Klage hat der Kläger Auszahlung dieser Rabatte verlangt, und zwar in Höhe von 113 00 DM für die Zeit von 1988 bis zum 26.10.1990.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung hatte Erfolg.
Aus den Entscheidungsgründen:
,,....Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus den von der Beklagten an den Kläger auszuzahlenden Rabatten.... abzüglich einer Provision.... zuzüglich Mehrwertsteuer.
I.
...
II.
Der Kläger hat gemäß §§ 675, 667 BGB einen Anspruch gegen die Beklagte auf Auszahlung der Rabatte, die von den Bunkerunternehmen bezüglich der Bunkerungen des Klägers gewährt und von der Beklagten vereinnahmt worden sind.
Zwischen dem Kläger als Partikulier und der Beklagten als seiner Betrachterin bestand ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag im Sinne des § 675 BGB. Dieser Vertrag bezog sich auf die einzelnen Befrachtungen. Davon erfasst waren aber auch Nebenleistungen der Beklagten, wie etwa die Erledigung der geschäftlichen Korrespondenz für den Kläger. Eine weitere Nebenleistung der Beklagten bestand darin, dass sie dem Kläger empfahl, bei bestimmten Unternehmen zu bunkern. Der Kläger, der von der Beklagten nicht nur befrachtet, sondern - in Form der Erledigung der Korrespondenz - auch betreut wurde, durfte davon ausgehen, dass die Beklagte auch bei der Empfehlung bestimmter Bunkerunternehmen seine Interessen berücksichtigte. Er durfte darauf vertrauen, dass die Beklagte ihm nur solche Bunkerunternehmen empfehlen würde, die den Treibstoff zu günstigen Preisen anboten. Da die Beklagte den Kläger auch im Übrigen betreute, bedurfte es insoweit keiner ausdrücklichen zusätzlichen Abrede. Das verstand sich bei der Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses der Parteien von selbst. Insbesondere stand die Beklagte dem Kläger aufgrund der insgesamt erbrachten Betreuungsleistungen so nahe, dass dieser nicht damit zu rechnen brauchte, die Beklagte werde bei der Empfehlung bestimmter Bunkerunternehmen nur ihre eigenen oder die Interessen der betreffenden Bunkerunternehmen verfolgen.
damit die Beklagte gemäß ob / BGB dem Kläger alles herauszugeben, was sie aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat. Davon werden nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, alle Vorteile erfasst, die dem Auftragnehmer (der Beklagten) von dritter Seite zugewandt worden sind und in einem inneren Zusammenhang mit der Geschäftsbesorgung stehen; dieser innere Zusammenhang ist dann gegeben, wenn zu besorgen ist, dass der Auftragnehmer durch die Vorteile dazu veranlasst wird, die Interessen seines Geschäftsherrn (des Klägers) zu vernachlässigen (BGHZ 39, 1, 2 f; BB 1966,99; MDR 1987, 825; Steffen in BGB RGRK, 12. Auflage 1974/78, § 667 Rdn. 7). Eine etwaige Vereinbarung zwischen dem Auftragnehmer und dem Dritten, den Vorteil nicht dem Auftraggeber zukommen zu lassen, ist unbeachtlich (BGH MDR 1987, 825; Steffen a.a.O.). Dieser Rechtsprechung liegt der Gedanke zugrunde, dass die Unbefangenheit des Auftragnehmers dem Auftraggeber gegenüber erhalten bleiben soll (BGHZ 39, 1,4). Dabei kommt es nicht darauf an, ob im Einzelfall tatsächlich die Interessen des Auftraggebers vernachlässigt worden sind. Das Gesetz will vielmehr bereits eine Interessenkollision verhindern.
Eine solche Interessenkollision wäre auch im vorliegenden Fall gegeben, wenn die Beklagte die von ihr mit den Bunkerunternehmen ausgehandelten Rabatte behalten dürfte. Denn durch ihre Empfehlungen an den Kläger, bei bestimmten Unternehmen zu bunkern, hat die Beklagte Einfluss auf das Verhalten des Klägers genommen. Aufgrund des Geschäftsbesorgungsvertrages, der zwischen ihr und dem Kläger bestand, musste sie dabei die Interessen des Klägers wahren, durfte also nur die Bunkerunternehmen empfehlen, bei denen der Kläger die niedrigsten Preise zu zahlen hatte. Andererseits hätte sie selbst, wären ihr die von den Bunkerunternehmen gewährten Rabatte verblieben, ein eigenes Interesse daran gehabt, unabhängig von den von dem Kläger zu zahlenden Preisen nur diejenigen Bunkerunternehmen zu empfehlen, die besonders hohe Rabatte gewähren. Im Zweifel werden hohe Rabatte aber unter anderem dann gewährt, wenn auch die Verkaufspreise entsprechend hoch sind.
Ob der Kläger von diesen Rabatten wusste, ist unerheblich. Die Beklagte behauptet selbst nicht, mit dem Kläger vereinbart zu haben, dass die Rabatte bei ihr verbleiben sollten. Sie behauptet lediglich, zu Beginn der Zusammenarbeit mit dem Kläger seien die verschiedenen Abrechnungsmöglich Kelten erörtert worden und der Kläger nahe erst gegen Ende der Geschäftsbeziehung Anspruch auf Auszahlung der Rabatte erhoben. Dieser Sachvortrag reicht nicht aus, um einen Verzicht des Klägers oder eine Verwirkung erkennen zu lassen.
Ebenfalls unerheblich ist die Behauptung der Beklagten, der Einbehalt der Treibstoffrabatte durch den für die Treibstoffrechnungen in Vorlage tretenden Befrachter entspreche einem Handelsbrauch in der Binnenschifffahrt. Ein Handelsbrauch setzt voraus, dass sich im Handelsverkehr eine verpflichtende Regel gebildet hat, die auf einer gleichmäßigen, einheitlichen und freiwilligen Übung der beteiligten Kreise über einen angemessenen Zeitraum hinweg beruht (BGH WM 1984, 1002). Das ist hier schon zweifelhaft, soweit es um die Freiwilligkeit auf Seiten der Partikuliere geht. Jedenfalls aber ist ein nach § 346 HGB verbindlicher Handelsbrauch dann nicht anzunehmen, wenn sich die im Handelsverkehr entstandene Übung als rechtsmißbräuchlich darstellt (Baumbach/Duden/Hopt, HGB 28. Aufl. 1989, § 346 Anm. 1 f). So aber würde es hier liegen, wenn sich - wie die Beklagte behauptet - in der Binnenschifffahrt tatsächlich eine entsprechende Übung eingestellt hätte. Missbräuchlich wäre eine solche Übung deshalb, weil die Treibstoffrabatte in keinem angemessenen Verhältnis zu den von den Befrachtern insoweit zu erbringenden Leistungen stehen. Nach den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen betrugen die Rabatte in dem hier streitigen Zeitraum - bezogen auf die Nettobeträge - 18% der Verkaufspreise. Dem würde gegenüberstehen die Verhandlungstätigkeit der Beklagten bei der Auswahl der Bunkerunternehmen und das nach der Behauptung der Beklagten eingegangenen Bürgschaftsrisiko hinsichtlich der Treibstoffrechnungen. Dieses Bürgschaftsrisiko mag zwar ins Gewicht fallen. Soweit die Beklagte jedoch tatsächlich in Vorlage getreten ist, stehen ihr dafür gemäß § 354 Abs. 2 HGB Zinsen zu. Bei Berücksichtigung dieses Umstandes kann eine von der Beklagten beanspruchte Vergütung in Höhe von 18% der Verkaufspreise nur als übersetzt und damit eine entsprechende Übung als missbräuchlich angesehen werden.... Der Höhe nach belaufen sich die Rabatte unstreitig auf insgesamt 12 820 DM.
III.
Dieser Anspruch des Klägers ist nach § 242 BGB zu mindern um den Gegenanspruch der Beklagten auf Zahlung einer Provision gemäß § 354 Abs. 1 HGB. Nach dieser Vorschrift kann derjenige, der in Ausübung seines Handelsgewerbes einem anderen Geschäfte besorgt oder Dienste leistet, dafür auch ohne Verabredung Provision fordern. Die Beklagte betreibt ein Handelsgewerbe. Die Empfehlungen an den Kläger, bei bestimmten Bunkerunternehmen zu bunkern, war eine Dienstleistung in Ausübung dieses Handelsgewerbes. Außerdem hat sich die Beklagte den betreffenden Bunkerunternehmen gegenüber für deren zukünftige Forderungen gegen den Kläger verbürgt. Diese Behauptung der Beklagten ist bewiesen durch die Aussage des Zeugen K. der als Prokurist bei einem der Bunkerunternehmen arbeitet. Da¬nach hat der Geschäftsführer der Beklagten dem Zeugen erklärt, er stehe dafür gerade, dass die von ihm vermittelten Partikuliere bezahlten. Diese Aussage erscheint glaubhaft. Ihr Inhalt reicht aus, um eine nach § 350 HGB formfrei wirksame Bürgschaft anzunehmen.
Die Höhe der Provision ist zwischen den Parteien nicht vereinbart worden. Insbesondere kann die bloße Einbehaltung der an die Beklagte geflossenen Rabatte nicht als schlüssige Vereinbarung angesehen werden. Ortsübliche Provisionssätze im Sinne des § 354 HGB sind von den Parteien nicht vorgetragen worden. Damit wird eine angemessene Provision geschuldet, die nach § 287 ZPO zu schätzen ist.
Die Höhe dieser angemessenen Provision kann nicht gleichgesetzt werden mit den von der Beklagten einbehaltenen Rabatten. Diese stehen mit 18% der Verkaufspreise - wie dargelegt - in keinem vernünftigen Verhältnis zu der Gegenleistung der Beklagten. Dabei ist unerheblich, dass in dem Rechenwerk der Parteien die Bunkerungen, welche im Ausland vorgenommen worden sind, nicht enthalten sind. Zwar mögen der Beklagten auch dafür Provisionen zustehen. Diese hat sie jedoch im vorliegenden Rechtsstreit nicht geltend gemacht. Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch unerheblich, dass die Beklagte bei der Berechnung der dem Kläger zu zahlenden Schiffsfracht eine Provision von 5% abzieht. Denn dieser Betrag ist nach ihrer nachvollziehbaren Erläuterung lediglich die Vergütung für die Befrachtung.
Der Senat schätzt die angemessene Provision auf 5% der Treibstoffpreise. Dabei legt er allerdings - abweichend von dem Vergleichsvorschlag in der Verfügung vom 5. Juni 1992 - nicht die in den einzelnen an den Kläger gerichteten Rechnungen ausgewiesenen Verkaufspreise zugrunde, sondern die Endpreise, also die Verkaufspreise abzüglich der gewährten Rabatte. Denn allein daran lässt sich der Erfolg der von der Beklagten für den Kläger geführten Preisverhandlungen ermessen, und allein darin besteht auch das Bürgschaftsrisiko der Beklagten. Mit einem Provisionssatz von 5% erscheint der Aufwand der Beklagten und ihr nicht schon vom dem Zins nach § 354 Abs. 2 HGB erfasstes Bürgschaftsrisiko angemessen abgegolten. Die Endpreise für das von dem Kläger gebunkerte Schiffsdiesel belaufen sich auf insgesamt 58 429,12 DM. Dieser Betrag ergibt sich aus dem in der Verfügung vom 5.6.1992 errechneten Netto-Verkaufspreis in Höhe von insgesamt 71 249,12 DM abzüglich der Rabatte in Höhe von netto 12 820 DM. Davon schuldet der Kläger 5% als Provision, das sind 2 921,46 DM.
Der Anspruch des Klägers auf Auszahlung der Rabatte in Höhe von 12 820 DM vermindert sich also um 2 921,46 DM auf 9 898,54 DM. Zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer in Höhe von 1484,78 DM ergibt das die Summe von 11 383,32 DM...."
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1994 - Nr.6 (Sammlung Seite 1468 f.); ZfB 1994, 1468 f.