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159 B - 11/83 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Entscheidungsdatum: 10.11.1983
Aktenzeichen: 159 B - 11/83
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Abteilung: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Leitsatz:

Zur Entschuldbarkeit des Fernbleibens eines Betroffenen von der Hauptverhandlung über eine ihm vorgeworfene Ordnungswidrigkeit.

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

vom 10. November 1983

159B-11/83


Zum Tatbestand:

Der betroffene Schiffsführer hatte von der Wasser- und Schiffahrtsdirektion wegen Nichteinhaltung der Ruhezeit von 8 Stunden nach 16 Stunden Fahrzeit einen Bußgeldbescheid über 150,- DM erhalten. Auf seinen Einspruch hatte das Rheinschiffahrtsgericht mit Verfügung vom 6. Januar 1983 Termin zur Hauptverhandlung auf den 23. März 1983 bestimmt und gleichzeitig das persönliche Erscheinen des Betroffenen zur Hauptverhandlung angeordnet, ihm dabei aber die Möglichkeit eröffnet, sich schon vor der Hauptverhandlung bei Gericht zu seiner Vernehmung einzufinden. Erst am 22. März 1983 meldete er sich telefonisch bei Gericht und bat sein Fernbleiben von der Hauptverhandlung zu entschuldigen, da er nach längerer Arbeitslosigkeit soeben wieder eine Reise nach Berlin habe antreten können. Das Rheinschiffahrtsgericht hat den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid kostenpflichtig verworfen, da die telefonische Entschuldigung vom Vortage nicht als ausreichend anzusehen sei. Hiergegen hat der Betroffene mit der Begründung, daß er vom Arbeitsamt am 19. März 1983 als Hilfsmann vermittelt worden sei und bei Nichtannahme der Reise die Streichung seiner Arbeitslosenbezüge habe befürchten müssen, Berufung bei der Berufungskammer der Rheinzentralkommission eingelegt.
Auf die Berufung wurde das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Rheinschiffahrtsgericht zurückverwiesen.


Aus den Entscheidungsgründen:

„...
Die Berufungskammer sieht das Ausbleiben des Betroffenen in der Hauptverhandlung vor dem Rheinschiffahrtsgericht gern. § 74 Abs. 2 des Deutschen Ordnungswidrigkeitengesetzes als genügend entschuldigt an, da er am Tage vor der Hauptverhandlung ausweislich des bei den Akten befindlichen Vermerkes der Geschäftsstelle des Gerichts mitteilte, daß er nach längerer Arbeitslosigkeit nunmehr wieder eine Reise habe antreten können. Durch Vorlage einer Lohnabrechnung derA.-Reederei hat der Betroffene der Berufungskammer gegenüber dargetan, daß er vom 19. März 1983 bis 30. März 1983 als Hilfsmann auf MS „NECKARFRACHT" auf Schiffsreise war. Angesichts seiner schon länger dauernden Arbeitslosigkeit war dem Betroffenen nicht zuzumuten, wegen des anstehenden Hauptverhandlungstermins diese ihm vom Arbeitsamt vermittelte Einkommensmöglichkeit auszuschlagen, zumal er nach seiner Vorstellung dabei Gefahr gelaufen wäre, seine Arbeitslosenbezüge zu gefährden. Dem Betroffenen kann auch nicht angelastet werden, daß er nicht von der ihm eingeräumten Möglichkeit Gebrauch machte, sich vor der Hauptverhandlung durch das Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort vernehmen zu lassen, da nicht auszuschließen ist, daß er ursprünglich an der Hauptverhandlung teilnehmen wollte, dann aber plötzlich von dem Auftrag des Arbeitsamtes überrascht wurde. Erfahrungsgemäß müssen derartige Tätigkeiten als Hilfsmann unverzüglich angetreten werden und erlauben nicht noch eine vorherige Reise zum Gericht in Duisburg-Ruhrort.
Da der Betroffene mithin ausreichend entschuldigt erscheint,war das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts in der Hauptverhandlung vom 23. März 1983, durch das sein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid der Wasser- und Schiffahrtsdirektion West verworfen wurde, aufzuheben. Da das Rheinschiffahrtsgericht in der Sache selbst noch nicht entschieden hat, mußte die Sache gem. Art. 24 Abs. 3 der Verfahrensordnung der Berufungskammer an das Gericht erster Instanz zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen werden.
...“