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153 Z - 13/83 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Entscheidungsdatum: 10.11.1983
Aktenzeichen: 153 Z - 13/83
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Abteilung: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt

vom 10.November 1983

(Auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 17.9.1982 - 5 C 72/81 BSch -)

Tatbestand:

Am 11.12.1979 gegen 6 Uhr 30 fuhr ein Schubverband der Klägerin auf dem Rhein etwa bei Strom Km 857,7 zu Tal. Er bestand aus dem Schubboot "Pierre Brousse" und 4 beladenen Leichtern (vorne backbords "S1", steuerbords "S1", dahinter backbords "TE", steuerbords "Sanara "3"). Der Verband wurde von Kapitän F., der auch am Ruder saß, nach Radar geführt. Bei ihm im Ruderhaus befand sich der Steuermann Z. Der Verband benützte die rechtsrheinische Stromhälfte. Ihm begegnete an der Backbordseite der in der linksrheinischen Stromhälfte zu Berg fahrende Schubverband "Condor".
Bei Strom Km 857,7 lag etwa 30 m außerhalb der Linie der Kribben am rechtsrheinischen Ufer der Schubleichter "M", dessen Eigner der Beklagte ist, vor Anker. Es ist 76 m lang, 11,40 m breit und fasst 2650 to Der Leichter war auf 2,30 m Tiefgang abgeladen. Er hing an 2 Bugankern deren ausgelegte Kettenlänge umstritten ist. Mit Heckankern war der Leichter nicht ausgerüstet.
Bei der Vorbeifahrt stieß der Leichter "S1" des Schubverbandes "PB" gegen "M". Als Folge des Anpralls wurden zwei Leichter des Verbandes von diesem weggerissen und gerieten ebenso wie "M", dessen Ankerketten rissen, ins Treiben. Der Kapitän des Verbandes trennte daraufhin das Schubboot gewaltsam von den beiden noch mit ihm verbundenen Leichtern und drückte sodann alle treibenden Leichter an einen Liegeplatz, wo der Verband neu zusammengestellt wurde. Bei dem Anprall und den ihm folgenden Ereignissen entstand erheblicher Schaden.
Die Beteiligten streiten über die Verantwortlichkeit für den Zusammenstoss.
 
Die Klägerin hat behauptet, "M" sei kurze Zeit vor der Kollision nach Backbord weggegiert und dabei in den Kurs ihres Verbandes geraten. Dessen Kapitän F. habe, als er die Bewegung von "M" im Radarbild erkannt habe, die Maschine auf Rückwärtsgang gestellt und den Kurs nach Backbord verlegt. Der Zusammenstoss habe aber durch diese Manöver nicht verhindert werden können. Die Gierbewegung von "M" sei darauf zurückzuführen, dass der Leichter hinter zu lang ausgesteckten Ankerketten gelegen habe.
Diese Behauptung hat der Beklagte bestritten und vorgetragen, die Länge der ausgesteckten Ankerketten habe etwa 60 m betragen. Außerdem seien die Ketten schräg auseinander: gelaufen. Diese Art der Befestigung sei ordnungsgemäß gewesen und habe größere Gierbewegungen ausgeschlossen. Tatsächlich habe auch "M", auf seine Entladung bei der Oelmühle von Spyk wartend, mehrere Tage lang ruhig gelegen, wie von Zeugen beobachtet worden sei. Die Havarie beruhe nur darauf, dass der Schubverband der Klägerin zu nahe an den an erlaubter Stelle ordnungsmäßig befestigt liegenden Leichter herangefahren sei.´

Es haben beantragt:

Die Klägerin,

1) den Beklagten zu verurteilen, an sie die Summe von hfl 260.179,- eventuell den entsprechenden Betrag in DM nach dem am Zahlungstage geltenden Kurs - nebst 4 % Zinsen seit dem 15.10.1980 zu bezahlen und auszusprechen, dass der Beklagte sowohl dinglich mit dem Leichter "M" als auch persönlich im Rahmen des Binnenschifffahrtsgesetzes hafte,

2) Festzustellen, dass der Beklagte in der gleichen Weise verpflichtet sei, der Klägerin allen weiteren Schaden zu ersetzen,der ihr aus der Kollision zwischen dem Schubverband "PB" und dem Schubleichter "M" entstanden sei, den sie aber noch nicht beziffern könne.

Der Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Klärung der Ursache des Zusammenstosses ist das Verklarungsverfahren 5 II 26/79 des Schifffahrtsgerichtes Duisburg-Ruhrort durchgeführt worden, dessen Akten Gegenstand der Verhandlung vor dem Rheinschifffahrtsgericht im vorliegenden Rechtsstreit waren. Das gleiche gilt von den Akten 5 OWi 143/80 des Rheinschifffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort, die ein gegen den Kapitän des Schubverbandes "PB" eingeleitetes Bußgeldverfahren betreffen. Es ist gemäß § 47 OWiG eingestellt worden.
Das Rheinschifffahrtsgericht hat im vorliegenden Rechtsstreit ein Gutachten des Sachverständigen St. über die Befestigung von "M" sowie eine Auskunft des Wetteramtes Essen über die Windverhältnisse an der Unfallstelle zur Unfallzeit eingeholt. Nach dieser Vorbereitung ist die Klage abgewiesen worden, weil der Leichter "M" an erlaubter Stelle ordnungsgemäß befestigt vor Anker gelegen habe, und weil hieraus folge, dass der Zusammenstoss nur durch eine Unachtsamkeit der Besatzung des Schubverbandes "PB" erklärt werden könne. Der Kurs dieses Verbandes habe zu weit rechtsrheinisch gelegen und nicht dem Sicherheitsabstand entsprochen, der zu dem stilliegenden Leichter habe eingehalten werden müssen.
Die Klägerin hat Berufung eingelegt.
Vor der Berufungskammer wiederholen die Parteien ihren Vortrag aus dem ersten Rechtszuge. Sie nehmen zu den Ausführungen des Rheinschifffahrtsgerichtes Stellung.

Es beantragen:

Die Klägerin,

nach ihren zuletzt im ersten Rechtszuge gestellten Anträgen zu erkennen

Der Beklagte,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die formell nicht zu beanstandende Berufung ist erfolglos. Die Berufungskammer hat erwogen.

1) Liegt ein Schiff an erlaubter Stelle ordnungsgemäß befestigt still und wird es in dieser Lage von einem anderen Schiff oder einem Verband angefahren, so spricht für die Schuld der Besatzung des anfahrenden Schiffes oder Verbandes ein Beweis des ersten Anscheins. Dieser Grundsatz ist in der deutschen Rheinschifffahrtsgerichtsbarkeit allgemein anerkannt.
Im vorliegenden Falle sind die Voraussetzungen seiner Anwendung aus den folgenden Gründen gegeben.

a) Die Liegestelle von "M" ist vor Gericht nicht beanstandet worden. Der Leichter ist zudem in den Tagen vor der Havarie, die Gegenstand dieses Rechtsstreites ist, von 3 Beamten der Wasserschutzpolizei bei wiederholten Kontrollfahrten gesehen worden, ohne dass diese Anlass sahen, seine Liegestelle zu beanstanden. Sie haben bei ihrer Vernehmung im Verklarungsverfahren erklärt, der Leichter habe ordnungsgemäß gelegen. Sein Liegeplatz schuf also keine Gefahr für die durchgehende Schifffahrt.

b) Auch die Befestigung des Schiffes durch seine beiden gesetzten Buganker schuf eine solche Gefahr nicht. Geht man davon aus, dass die Länge der ausgesteckten Ankerketten etwa 60 m betrug, so ergibt sich aus dem Rheinschifffahrtsgericht erstatteten Gutachten des Sachverständigen ST., dass der Leichter aus der gestreckten Lage heraus nur bis zu 5 m nach Backbord oder Steuerbord gierte. Größere Gierbewegungen waren auch mit Rücksicht auf die seitlich etwa 20 m voneinander entfernt gesetzten Buganker selbst unter Windeinfluss nicht möglich. Das Gutachten besagt weiter, dass am Niederrhein ein stilliegender Leichternder  nur durch 2 Buganker gehalten wird, ordentlich befestigt ist, wenn deren Ketten auf 50-60 m ausgesteckt sind. Größere Kettenlängen sind nur unter besonderen Umständen erforderlich, die nach der Ansicht des Sachverständigen bei "M" nicht gegeben waren. Aus diesen Darlegungen, welche die Berufungskammer übernimmt, ist zu schließen, dass der wie geschildert befestigte Leichter auch mit Rücksicht auf seine Verankerung keine Gefahr für die durchgehende Schifffahrt bildete, denn Gierbewegungen bis zu 5 m sind deshalb ungefährlich, weil sie innerhalb des seitlichen Sicherheitsabstandes erfolgen, den die durchgehende Fahrt zu stilliegenden Einheiten halten muss.
Vor der Berufungskammer haben die Interessenten des Schubverbandes "PB" den Versuch unternommen, das Gutachten des Sachverständigen ST.; durch das von ihnen vorgelegte des Sachverständigen W. zu widerlegen. Dieser Argumentationsversuch ist aber aus den folgenden Gründen nicht gelungen. Der Sachverständige W. hat dargelegt, dass ein ausgelegter Anker umso besser hält, je länger seine ausgesteckte Kette ist. Die Länge der ausgesteckten Kette entscheide aber auch darüber, wie weit das an ihr hängende Schiff seitwärts gieren könne. Je länger die Kette sei, umso größer sei diese Fähigkeit. Um die Giermöglichkeit einzuschränken, sei es notwendig, die Anker so auszulegen, dass ihre Ketten gespreizt vom Schiff wegführen. Diese Spreizung verstärke aber den Zug an den Ankern erheblich. Diese gäben nach und würden an das Schiff herangezogen mit dem Ergebnis, dass ihre Ketten lose hingen und die Möglichkeiten von Gierbewegungen erhöhten. Von diesen Erwägungen ausgehend kommt der Sachverständige W. zu dem Ergebnis, dass "M", der unter 50-60 langen Ketten gelegen habe, seitliche Gierbewegungen von 30 m habe machen können. Um sie zu verhindern, habe entweder ein Heckanker gesetzt werden oder der Leichter habe in ein Päckchen von Schiffen so gelegt werden müssen, dass die Buganker der bei ihm liegenden Schiffe wie eigene Heckanker gewirkt hätten.
Zu diesen Ausführungen erklärt die Berufungskammer:
Die Ausrüstung von Schubleichtern mit Heckankern ist nicht vorgeschrieben  (vergleich vorübergehende Vorschriften über § 7.01 Ziffer 2 RSch-U0, in Deutschland in Kraft gesetzt durch Verordnung der Wasser- und Schifffahrtsdirektionen West und Südwest vom 15.2.79)- Ebenso wenig ist vorgeschrieben, dass sie nur in Päckchen abgelegt werden dürfen. Wenn "M" also keine Heckanker hatte und nicht in einem Päckchen lag, so ist das allein nicht vorwerfbar. Die Ansicht des Sachverständigen W., "M" habe bei der Länge seiner Ankerketten unter den zur Unfallzeit herrschenden Windverhältnissen Gierbewegungen bis zu 30 m seitwärts machen können, ist das Ergebnis theoretischer Erwägungen. Der Sachverständige weiß nämlich nicht, wie weit die Ankerketten gespreizt verliefen und ob, sowie inwieweit sie lose hingen.
Von beiden Faktoren hängt aber seiner Ansicht nach die Fähigkeit von "M" zur Gierbewegungen ab. Seine Feststellung, Bewegungen von 30 m seien möglich gewesen, hat deshalb keine hinreichende Grundlage. Sein Gutachten zeigt weiter, dass sich nicht exakt  bestimmen lässt, wie lang die ausgelegten Ankerketten sein müssen und wieweit sie gespreizt zu verlaufen haben, um die Möglichkeit von Gierbewegungen des Schiffes äußerst einzuschränken. Richtige Länge der Ankerketten und ihre richtige Spreizung sind nach seiner Ansicht das Ergebnis eines Kompromisses, der die Verhältnisse - Wasserströmung, Wassertiefe, Wind und Ankergrund - berücksichtigt. Diese Ansicht ist zweifellos richtig. Sie zeigt aber auch, dass eine Verankerung eines stilliegenden Schiffes vorliegend dann als fehlerhaft bezeichnet werden kann, wenn sie bewiesenermaßen zu Gierbewegungen geführt hat, die eine Gefahr für die durchgehende Schifffahrt bildeten oder gar zu einem Schiffszusammenstoss geführt haben. Dieser Beweis ist eher im vorliegenden Falle nicht geführt worden, wie an anderer Stelle dargelegt wird. Zusammenfassend erscheint deshalb das Gutachten des Sachverständigen ST., dass auch auf die Üblichkeit der Befestigung stilliegender Leichter auf dem Niederrhein abstellt, durch dasjenige des Sachverständigen W. nicht widerlegt.

c) Nur ist allerdings die Kettenlänge umstritten, von welcher der Sachverständige ausgegangen ist. Sie ist aber richtig, da die folgenden Gründe für eine Kettenlänge von etwa 60 m sprechen. Da die Ketten unter dem Einfluss der Havarie gerissen sind, ist ihre ausgestreckte Länge dadurch zu berechnen, dass man die Länge der Kettenteile, die am Leichter bezw. an den Ankern hingen, zusammenrechnet, soweit die Länge dieser Teile feststeht. Das ist aber nur mit Einschränkungen der Fall. Zwar geht aus dem Interventionsbericht der Sachverständigen K. vom 15.12.79 hervor, dass der Experte L. am 11.12.79 an Bord von "M" festgestellt hat, dass die ausgesteckte Kette des Backbordankers bei 3 m gerissen war, während der Riss der Steuerbordankerkette bei 28-30 m Kettenlänge lag. Der Interventionsbericht K. ist zwar nicht im gerichtlichen Auftrag erstattet worden. Es spricht aber nichts für die Unrichtigkeit der genannten Feststellung. Die Berufungskammer hält sie deshalb für zutreffend. Leider fehlen ähnlich präzise Feststellungen der Länge der an den geborgenen Ankern hängenden Kettenteile. Der im Verklarungsverfahren gehörte Bakenmeister H. war bei der Bergung eines Ankers anwesend. Er weiß aber nicht, ob es der Backbord- oder der Steuerbordanker von "M" war. Nach der Länge der an dem Anker hängenden Kette "hat er sich erkundigt" und die Auskunft erhalten, sie habe 50-60 m betragen. Aus eigenem Wissen konnte der Zeuge zur Länge nichts sagen. Es soll aber davon ausgegangen werden, dass die ihm erteilte Auskunft richtig war. Sie ist mit einer Länge der ausgesteckten Kette von etwa 60 m vereinbar, wenn sie die Kette des Backbordankers von "M" betrifft, denn deren am Leichter hängendes Ende war etwa 3 m lang. Nicht vereinbar ist sie mit einer Länge von etwa 60 m ausgesteckter Kette, wenn sie die Kette des Steuerbordankers von "M" angeht, deren ausgesteckte Länge bei 28 - 30 m lag. Nach der Aussage des Zeugen H. bleibt dieser Punkt aber offen, sodass sie nicht den Schluss erlaubt, die Ankerketten von "M" seien auf mehr als 60 m Länge ausgesteckt gewesen.
Einen sicheren Schluss dieser Art lässt auch der "Rapport van Expertise" der Sachverständigen K. und P. vom 6.10.80 nicht zu. Hier ist zwar von "geborgen anker met ongeveer 53 meter ketting" die Rede und gemeint sind damit die beiden geborgenen Anker von "M". Es sieht aber nicht so aus, als ob die Sachverständigen hiermit eine präzise Feststellung hätten treffen wollen. Dagegen spricht z.B. die genannte gleiche Länge beider Ankerketten, die mit den Feststellungen des Experten L. über die ungleiche Länge der an "M" hängenden Kettenteile unvereinbar ist, wenn beide Anker mit gleicher Kettenlänge ausgelegt waren. Etwas anders ist aber nicht vorgetragen worden. Die Berufungsbegründung schließt nur aus der Expertise K. auf unterschiedliche Kettenlängen. Sie geht damit ohne Prüfung davon aus, die Expertise erlaube einen solchen Schluss, während er in Wirklichkeit nicht zulässig ist. Zu beachten ist weiter, dass die Expertise die mit der umstrittenen Havarie verbundenen Reparaturarbeiten an "M" und deren Kosten beschreibt, nicht aber eine präzise Feststellung der an den geborgenen Ankern hängenden Kettenteile treffen will, da dieser Punkt für die Reparaturarbeiten und ihre Kosten ohne Bedeutung war. Die Expertise enthält zum Beispiel auch die Anweisung "anker met 60 meter ketting losnemen" und "2 ankers met elk 60 meter ketting met kraan op wagen van Haayen v.d. Zijde draaien", ohne damit zu der ausgesteckten Kettenlänge von "M" Stellung nehmen zu wollen. Mit ihrer Hilfe kann also nicht geschlossen werden, beide Anker oder einer seien mit mehr als 60 m Kettenlänge gesetzt worden. Die Berufungskammer bestätigt deshalb die Ansicht des Rheinschifffahrtsgerichts, die Ankerketten von "M" seien auf etwa 60 m, Länge ausgesteckt gewesen. Damit verbleibt es auch bei der Feststellung des Sachverständigen ST., "M" sei ordnungsgemäß befestigt gewesen.

2) Nach den bisherigen Darlegungen ist die Antwort auf die Frage, ob der zu Berg fahrende Verband "C" zu Gierbewegungen von "M" geführt hat, ohne Bedeutung, denn diese Bewegungen hätten nach dem Gutachten ST. nur bis zu 5 m nach Backbord und Steuerbord erfolgen und sich keineswegs auf ca. 30 m erstrecken können. Sie hätten also die Kurslinie des Schubzuges "PB", die nach der Aussage seines Kapitäns F. im Verklarungsverfahren zwischen derjenigen des Schubverbandes "C" und dem 30 m außerhalb der Linie der Kribben des rechtsrheinischen Ufers liegenden Leichter "M" lag, nicht erreichen können. Nur der Vollständigkeit halber weist deshalb die Berufungskammer darauf hin, dass ein die Havarie erklärender Einfluss des Cschubzuges auf "M" nicht feststeht. Der Kurs des Schubzuges lag in der linksrheinischen Stromhälfte, also weitab des stilliegenden Leichters. An diesem war er zudem einige Zeit vor der Havarie vorbeigefahren, denn selbst Kapitän F. hat erklärt, seine Begegnung mit dem Cschubzug sei etwa 400 m oberhalb, also stromaufwärts von "M" erfolgt. Selbst unterstellte leichte Gierbewegungen des Leichters als Folge der Vorbeifahrt von "C" mussten also beendet sein, als der Schubzug "PB" sich dem Stillieger näherte. Die Fahrt des Cschubzuges kann also zum Unfall nicht beigetragen haben.
 
3) Mit den voraufgegangenen Darlegungen ist auch festgestellt, dass die Berufungskammer die Aussagen des Kapitäns F. und des Steuermannes Z. nicht akzeptiert, "M" habe kurze Zeit vor der Kollision eine Gierbewegung in den Kurs des Schubzuges "PB" hinein gemacht, welcher nicht mehr habe Rechnung getragen werden können. Diese Aussagen stehen im Widerspruch zu dem sonstigen Ergebnis der Beweisaufnahme und können deshalb nicht Grundlage einer gerichtlichen Feststellung sein.
Insgesamt ist also der gegen die Besatzung des Schubzuges "PB" sprechende Beweis des ersten Anscheins nicht widerlegt, ihre Schuld an der Havarie steht also fest. Ausführungen darüber, welche Fehler schuldhaft gemacht worden sind, sind weder möglich noch notwendig.

Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:

Die Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 17. September 1982 wird zurückgewiesen.

Das genannte Urteil wird bestätigt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Berufungsklägerin.

Die Festsetzung der Kosten erfolgt durch das Rheinschifffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort gemäß Art. 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte.

Der Stellvertretende Gerichtskanzler:                                    Der Vorsitzende:

(gez.) A. BOUR                                                                   (gez.) MISCHLICH