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Leitsätze:
1. Die Moselschleife bei Stromkilometer 227 stellt keine Engstelle im Sinne von § 6.07 MoSchPVO dar. Bei einer Fahrwasserbreite an dieser Stelle von nicht weniger als 40 m und bei Ausrüstung der Schiffe mit leistungsfähigen Ruderanlagen kommt auch eine analoge Anwendung dieser Vorschrift nicht in Betracht.
2. Auch ohne konkrete Gesetzesvorschrift besteht eine allgemeine Pflicht der Schiffsführung, sich der modernen Funktechnik zu bedienen, wenn dadurch die Gefährdung anderer Fahrzeuge vermieden oder verringert werden kann.
3. Eine Übung auf der Mosel, dass von zwei zusammen schleusenden Fahrzeugen nur eines die Funkdurchsagen für beide macht, kann im Interesse der Sicherheit des Schiffsverkehrs nicht hingenommen werden.
Urteil des Berufungsausschusses der Moselkommission
vom 17.11.2003
14 Z-1/03
(auf Berufung gegen das Urteil des Moselschiffahrtsgerichts St.Goar vom 24.März 2003 – 4 C 13/02 BschMo)
Tatbestand:
Die Klägerin ist Versicherer von MS C, dessen Eigentümer sie anlässlich eines am 4.12.2001 auf der Mosel bei Stromkilometer 227 erlittenen Schiffsunfalls mit MS CA Deckungsschutz gewährt hat. Sie nimmt die Beklagte zu 1. als dessen Eigentümerin, den Beklagten zu 2. als Führer von MS CA sowie als Gesellschafter der Beklagten zu 1. und die Beklagte zu 3. als weitere Gesellschafterin der Beklagten zu 1. aus übergegangenem und abgetretenem Recht auf Ersatz des an MS C entstandenen Schadens in Anspruch.
Gegen 18.00 Uhr hatte MS C (85,85 m lang, 9,06 m breit und 1.453 t groß), beladen mit 1.350 t Gerste, gemeinsam mit MS Co in der Schleuse Stadtbredimus zu Tal geschleust. Bei der Ausfahrt aus der Schleuse und bei den folgenden Stromkilometern 229 und 228 meldete sich der Schiffsführer von MS Co, der Zeuge R., über Kanal 10 als „zwei Talfahrer" unter Angabe seines Standortes, ohne dass er eine Antwort erhielt. MS C folgte MS Co im Unterwasser der Schleuse etwa in Strommitte fahrend. Als sich der Zeuge R. bei Stromkilometer 227 erneut meldete, antwortete der Beklagte zu 2. als Schiffsführer von MS CA (84,98 m lang, 8,15 m breit, 1.241 t groß), der sich auf der Bergfahrt inzwischen dem Kurvenbereich bei Stromkilometer 227 genähert hatte, als Bergfahrer bei Stromkilometer 226,5 und verlangte, ohne Funkellicht und blaue Tafel fahrend, die Begegnung Backbord an Backbord. Der Zeuge R. bestätigte die Kursweisung, während die Schiffsführung von MS C, das MS Co in einem Abstand von 300 - 400 m folgte, schwieg. Der Beklagte zu 2. war überrascht, als er kurz nach der Begegnung mit MS Co MS C im Scheitelpunkt der für ihn nach Steuerbord drehenden Kurve wahrnahm. Dies tat er über Funk auch kund. Um einen Zusammenstoß der beiden Schiffe zu vermeiden, legten sowohl MS C als auch der Beklagte zu 2. die Köpfe beider Schiffe nach Steuerbord und vermieden so einen Zusammenstoß Kopf auf Kopf. MS CA geriet jedoch mit seinem backbordseitigen Buganker etwa mittschiffs gegen die Bordwand von MS C, verhakte sich dort, riss ein Loch in die Bordwand und glitt anschließend an dieser entlang. Das Heck von MS C verfiel in das rechte Ufer der Mosel, während MS CA mit dem Bug in das linke Moselufer abgedrängt wurde.
An beiden Schiffen entstanden Schäden. Die Ladung von MS C wurde in die Mosel geleichtert.
Die Klägerin hat behauptet, MS Co habe sich ordnungsgemäß als Talfahrer angekündigt und dabei - wie auf der Mosel üblich - auch MS C als weiteren Talfahrer gemeldet. Es habe dem Beklagten zu 2. als Bergfahrer oblegen, der Talfahrt einen geeigneten Weg zu weisen. Dies habe er nicht getan. Schon die Begegnung mit MS Co sei riskant gewesen. Der Zusammenstoß mit MS C sei vor allem darauf zurückzuführen, dass der Beklagte zu 2. nicht unterhalb des Kurvenbereiches angehalten habe, um der Talfahrt die Vorbeifahrt zu ermöglichen. Die Schiffsführung von MS C treffe auch kein Mitverschulden. Sie sei - wie auf der Mosel üblich und im Kurvenbereich auch notwendig - mit normaler Geschwindigkeit in der Flussmitte gefahren. Der Beklagte zu 2. habe den örtlichen Gegebenheiten nicht Rechnung getragen, sie auch nicht gekannt. So habe er hinter der Kurve zwei Tonnen vermutet, die dort aber bereits vor einigen Jahren entfernt worden seien, weil der Fluss bis zum Ufer befahrbar sei. Der Beklagte zu 2. hätte darüber hinaus MS CA auch noch weiter nach Steuerbord halten und so den Unfall vermeiden können. Ganz offensichtlich habe die Strömung, die an diesem Tage wegen des auf der Mosel herrschenden Hochwassers recht stark gewesen sei, den Kopf von MS CA nach Backbord versetzt, so dass es noch zu einem Zusammenstoß der beiden Schiffe gekommen sei.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin als Gesamtschuldner 182.699,92 € nebst 5 % Zinsen hieraus seit dem 11.6.2002 zu zahlen, die Beklagten zu 1. - 3. unbeschränkt und die Beklagte zu 1. zusätzlich dinglich mit einem am 4.12.2001 entstandenen Schiffsgläubigerrecht an MS CA haftend;
2. festzustellen, dass die Beklagten der Klägerin als Gesamtschuldner alle weiteren bereits entstandenen und noch entstehenden Schäden aus der Havarie vom 4.12.2001 zwischen MS C und MS CA zu ersetzen haben.
Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt.
Sie haben vorgetragen, der Beklagte zu 2. sei mit angepasster Geschwindigkeit zu Berg gefahren. Er habe sich auch auf seiner Seite der Fahrrinne befunden, als er das entgegenkommende MS C erstmals wahrgenommen habe. Dieses Schiff habe sich nicht ordnungsgemäß über Funk gemeldet gehabt. Die von der Klägerin behauptete Übung von zwei auf der Mosel unmittelbar hintereinander fahrenden Schiffen melde sich nur das vorausfahrende Schiff, gebe es nicht. Selbst wenn sich eine entsprechende Übung herausgebildet haben sollte, so könne diese im Interesse der Verkehrssicherheit nicht hingenommen werden. MS C hätte sich zumindest zu dem Zeitpunkt unter Angabe seines Standortes melden müssen, als die Begegnung zwischen MS Co und MS CA abgesprochen worden sei.
Das Moselschifffahrtsgericht hat durch Grundurteil die Klage gegen die Beklagten zu 1. - 3. dem Grunde nach zu 2/3 für gerechtfertigt erklärt und festgestellt, dass die Beklagten zu 1. - 3. verpflichtet sind, der Klägerin alle weiteren bereits entstandenen und noch entstehenden Schäden aus der Havarie vom 4. Dezember 2001 zwischen MS C und MS CA zu ersetzen. Zur Begründung hat es ausgeführt, beide Schiffsführer hätten den Unfall schuldhaft verursacht. Da das Verschulden der Schiffsführung von MS CA doppelt so hoch einzuschätzen sei wie das von MS C, sei der Anspruch der Klägerin gem. § 92 c BSchG eingeschränkt und nur zu 2/3 begründet. Der Beklagte zu 2. hätte mit einem weiteren Talfahrer rechnen müssen, da MS Co über Funk mehrmals zwei Talfahrer angekündigt habe und in der Regel auch zwei Schiffe in Schleusen zu Tal geschleust würden. Die Begegnung im Bereich der Kurve bei Moselkilometer 227 habe von beiden Fahrzeugen eine Vorbereitung derart erfordert, dass sie die Geschwindigkeit gegebenenfalls reduzierten und ihren Kurs bei der offenkundig gewollten Begegnung Backbord an Backbord so weit wie möglich nach Steuerbord legten. Dem habe MS CA nicht Rechnung getragen. Es hätte dichter am linken Ufer fahren müssen. Offenkundig sei der Beklagte zu 2. irrtümlich davon ausgegangen, zwei grüne Tonnen ausgangs des Kurvenbereichs frei fahren zu müssen, die schon seit einiger Zeit entfernt gewesen seien. Dadurch sei er offenbar mit dem Bug in die nach Backbord versetzende Strömung geraten und so mittschiffs gegen MS C gestoßen. Dass dieses quer im Strom gelegen und MS CA den Weg versperrt habe, sei nicht bewiesen. Aber auch Schiffsführer K. treffe ein Verschulden an der Havarie, da er die Meldung des Bergfahrers gehört habe und mit einer Begegnung im Scheitelpunkt der Kurve habe rechnen müssen. Da es sich nicht um eine Engstelle handele, in der die Begegnung unzulässig sei, habe er nicht darauf vertrauen dürfen, dass MS „Con Amore" vor dem Kurvenbereich die Talfahrt abwarten werde. Er hätte daher alles tun müssen, um eine gefahrlose Begegnung zu ermöglichen, nämlich sein steuerbordseitiges Ufer soweit als möglich anhalten. Dem sei er offenbar nicht vollständig nachgekommen, da er seinen ursprünglich in Flussmitte liegenden Kurs noch nach Steuerbord habe korrigieren können, ohne an Land zu geraten. Jedenfalls hätte er seine Position dem Bergfahrer bekannt geben müssen. Auf die unvollständige Meldung von MS Co habe er sich nicht verlassen dürfen.
Das überwiegende Verschulden an der Havarie treffe jedoch die Bergfahrt, die die Aufgabe habe, der Talfahrt einen geeigneten Weg zu weisen und freizulassen, und sich nach der Funkdurchsage von MS Co auf die Begegnung mit zwei Schiffen habe einstellen müssen. Demgegenüber sei dem Schiffsführer von MS C lediglich vorzuwerfen, nicht alles zur Vermeidung von Fehleinschätzungen getan zu haben.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung mit dem Antrag auf Entscheidung des Rechtsstreits durch den Berufungsausschuss der Moselkommission in Trier eingelegt.
Die Klägerin hält daran fest, dass die Beklagten das Alleinverschulden an der Kollision treffe und macht geltend, MS CA habe sich in der Moselschleife in den nautisch gebotenen und normalen Weg der Talfahrt gelegt, statt entweder unterhalb zu warten oder mit dem Kopf dicht am linken Ufer so langsam zu Berg zu fahren, dass es notfalls hätte ständig werden können. MS C habe nicht dichter am rechten Ufer fahren können. Der Bergfahrer habe ihm keinen geeigneten Weg freigelassen und den Funkmeldungen der Talfahrt keine Beachtung geschenkt.
Die Klägerin beantragt,
1. unter Abänderung des angefochtenen Grundurteils die Klage gegen die Beklagten zu 1. - 3. dem Grunde nach für gerechtfertigt zu erklären und
2. festzustellen, dass die Beklagten zu 1. - 3. verpflichtet sind, ihr alle weiteren bereits entstandenen oder noch entstehenden Schäden aus der Havarie vom 4. Dezember 2001 zwischen MS C und MS CA zu ersetzen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils in vollem Umfang abzuweisen.
Sie tragen vor, der Unfall sei allein auf das Fehlverhalten von Schiffsführer K. von MS C zurückzuführen, weil dieser in der Flussmitte gefahren sei und nicht schon vor der Einfahrt in die unübersichtliche Stromkrümmung konsequent seine Fahrwasserseite angehalten habe. Offenbar sei er irrig davon ausgegangen, dass es sich bei dem Unfallrevier um eine Engstelle handele, in der mit Bergfahrt nicht zu rechnen sei. Ferner habe er gegen seine Meldepflicht gern. § 4.05 Ziff. 4 MoSchPVO verstoßen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen..
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen beider Parteien sind zulässig. Sie haben jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Das Moselschifffahrtsgericht hat zu Recht angenommen, dass beide Schiffsführer ein Verschulden an der Havarie trifft. Es ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Moselschleife bei Stromkilometer 227 keine Engstelle i.S.v. § 6.07 MoSchPVO darstellt. Eine Fahrwasserenge liegt vor, wenn das Fahrwasser keinen hinreichenden Raum für die Vorbeifahrt gewährt. Dies ist hier nicht der Fall. Unstreitig ist die Fahrrinne im Unfallrevier ca. 40 m breit, was grundsätzlich eine gefahrlose Begegnung ermöglicht. Bei dem am Unfalltag gegebenen Wasserstand (Pegel Trier 426 cm) muss das Fahrwasser sogar noch breiter gewesen sein. Auch unter Berücksichtigung der erhöhten Strömung hätte dem 84,98 m langen und 8,15 m breiten MS CA und dem 85,85 m langen und 9,06 m breiten MS C, die beide mit leistungsfähigen Ruderanlagen ausgerüstet waren, bei Beachtung der erforderlichen nautischen Sorgfalt eine gefahrlose Begegnung im Kurvenbereich möglich sein müssen. MS CA war daher nicht verpflichtet, unterhalb der Schleife anzuhalten, bis MS C sie durchfahren hatte. Unter den gegebenen Umständen kommt auch keine entsprechende Anwendung von § 6.07 MoSchPVO in Betracht. Schiffsführer K., der die Meldung des Bergfahrers mit der an MS Co gerichteten Weisung einer Begegnung Backbord an Backbord gehört hatte, durfte daher nicht darauf vertrauen, dass dieser unterhalb der Kurve warten werde; vielmehr musste er damit rechnen, dass er ihm in der Moselschleife begegnen werde, und sich hierauf bezüglich seiner eigenen Fahrweise einstellen.
Entsprechendes gilt für den Beklagten zu 2. von MS „Con Amore". Ihm ist zunächst vorzuwerfen, dass er infolge von Unaufmerksamkeit die Ankündigung von zwei Talfahrern überhört hat. Aufgrund der glaubhaften Aussagen der Zeugen R. sowie D. und K. steht fest, dass MS Co mehrfach über Funk zwei Talfahrer gemeldet hatte. Zudem werden - wie das Moselschifffahrtsgericht zutreffend ausgeführt hat - in der Regel zwei Schiffe zu Tal geschleust. Der Beklagte zu 2. hätte daher auf jeden Fall mit einem weiteren Talfahrer im Bereich der Moselschleife rechnen und deshalb seine Geschwindigkeit reduzieren und das linke Moselufer hart anhalten müssen, um eine gefahrlose Begegnung zu gewährleisten. Dem ist er jedoch unter Zugrundelegung seiner eigenen Aussage im Verklarungsverfahren nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Er will zwar vor der Kurve etwas langsamer gemacht haben, dann aber mit einer Geschwindigkeit von 10 km/h und einer Motordrehzahl von ca. 1600 Umdrehungen pro Minute durch die Kurve gefahren sein. Dies war in Anbetracht einer möglichen Begegnung im Bereich der Schleife zu schnell. Zudem ist er seinen Angaben zufolge zwar an der linken Moselseite, aber nicht hart am Ufer zu Berg gefahren, weil er beabsichtigte, zwei früher im Kurvenbereich vorhandene, aber schon seit längerem beseitigte Tonnen frei zu fahren. Erst als MS C in Sicht kam, hat er Kurs nach Steuerbord gegeben, konnte aber die Anfahrung nicht mehr verhindern. Hiernach ist dem Beklagten zu 2. anzulasten, dass er sich im Kurvenbereich nicht hart am linken Moselufer gehalten hat, weil er infolge ihm vorzuwerfender unzureichender Streckenkenntnisse irrtümlich davon ausging, zwei grüne Tonnen frei fahren zu müssen. Ob er deshalb bewusst einen Kurs zur Flussmitte hin gewählt hat, oder ob der Bug von MS CA auch noch durch die starke Strömung weiter nach Backbord verfallen ist, kann offen bleiben. Jedenfalls musste der Beklagte zu 2. die in der Kurve nach Backbord versetzende Strömung in Rechnung stellen und - gegebenenfalls unter Einsatz des Bugstrahlruders - gegensteuern.
Aber auch Schiffsführer K. von MS C trifft ein Verschulden an der Havarie. Zwar ist - wie das Moselschifffahrtsgericht überzeugend ausgeführt hat - nicht bewiesen, dass MS C quer im Fluss gelegen und so MS CA den Weg versperrt hätte. Es ist jedoch nach der eigenen Darstellung der Klägerin in der Mitte der Fahrrinne gefahren. Da Schiffsführer K. nach der Funkmeldung des Bergfahrers damit rechnen musste, diesem im Scheitelpunkt der Kurve zu begegnen, hätte er rechtzeitig näher zum rechten Ufer hin halten müssen. Insoweit hätte eine Kurskorrektur um wenige Meter nach Steuerbord ausgereicht. Der Berufungsausschuss ist davon überzeugt, dass MS C angesichts seiner Ausstattung mit leistungsfähigen Ruderanlagen die Kurve bei der am Unfalltag herrschenden Strömung auch dann hätte bewältigen können, wenn es sie in der rechten Fahrwasserhälfte durchfahren hätte. Dass es nach der Kollision mit dem Heck ins rechte Ufer geraten ist, ist darauf zurückzuführen, dass es durch den Zusammenstoß mit MS CA dorthin abgedrängt wurde, lässt aber nicht den Schluss zu, dass ein Verfallen ins Ufer auch dann gedroht hätte, wenn von vornherein ein Kurs rechts der Fahrrinnenmitte eingehalten worden wäre.
Des Weiteren ist Schiffsführer K. anzulasten, dass er sich unter Verstoß gegen § 4.05 Ziff. 4 MoSchPVO nicht selbst vor der Einfahrt in die Moselschleife gemeldet hat. Unstreitig handelt es sich hierbei um eine unübersichtliche Strecke. Nach den eigenen Angaben von Schiffsführer K. konnte er den entgegenkommenden Bergfahrer aufgrund der ungünstigen Verhältnisse an der Unfallstelle auch mit Radar erst sehen, als die Entfernung zwischen den beiden Schiffen nur noch ca. eine Schiffslänge von Bug zu Bug betrug. Er war daher gehalten, rechtzeitig per Funk die für die Sicherheit der Schifffahrt notwendigen Nachrichten zu geben, nämlich entsprechend § 6.32 MoSchPVO seine Fahrzeugart, seinen Namen, seine Fahrtrichtung und seinen Standort mitzuteilen und die gegebene Kursweisung zur Begegnung Backbord an Backbord zu bestätigen. Dem ist er unstreitig nicht nachgekommen. Dass MS Co mehrfach zwei Talfahrer gemeldet hatte, genügte insofern nicht. Der Zeuge R. hat bekundet, er habe jeweils „zweimal Talfahrt" gesagt. Auch die Zeugen D. und K. haben ausgesagt, es sei von zwei Schiffen zu Tal die Rede gewesen. Nähere Angaben zu den Namen und dem jeweiligen Standort der Schiffe sind nicht erfolgt. Mit dieser unvollständigen Meldung durfte es Schiffsführer K. nicht bewenden lassen. Selbst wenn eine konkrete Gesetzesvorschrift fehlt, besteht eine allgemeine Pflicht der Schiffsführung, moderne technische Geräte einzusetzen, wenn sich damit die Gefährdung anderer Fahrzeuge durch das eigene Schiff vermeiden oder verringern lässt. Insbesondere ist bei möglichen Gefahrenlagen das Sprechfunkgerät zu benutzen, was schon aus den allgemeinen Sorgfaltspflichten der §§ 1.04 RhSchPVO und MoSchPVO (vgl. BGH VersR 82,1138 f. und 91,605) folgt. Dabei kann auf vorschriftsmäßige Ansagen unter Namensnennung, Standortangabe und Kursweisung im Interesse der Verkehrssicherheit nicht verzichtet werden (vgl. Straßburg ZfB 94,Sa. S. 1461 f). Dies zeigt gerade der vorliegende Fall. Die Beklagten zu 2. und 3. haben ihren Angaben zufolge eine Meldung von zwei Talfahrern nicht gehört. In der Tat kann das kurze Wort „zwei" oder „zweimal" auch leicht überhört werden. Es ist daher unabdingbar, dass sich jedes Fahrzeug mit Namen, Standort und Kursangabe vor unübersichtlichen Strecken meldet. Sollte sich auf der Mosel die Übung herausgebildet haben, dass von zwei zusammen schleusenden Fahrzeugen nur eines die Funkdurchsagen für beide macht, so kann dies im Interesse der Sicherheit des Schiffsverkehrs nicht hingenommen werden, insbesondere wenn - wie hier - Angaben zum Namen und zum genauen Standort des zweiten Schiffs unterbleiben. Wäre Schiffsführer K. seiner Meldepflicht nach § 4.05 Ziff. 4 MoSchPVO ordnungsgemäß nachgekommen, so wäre der Beklagte zu 2. rechtzeitig auf das entgegenkommende MS C aufmerksam geworden und hätte, indem er langsamer gemacht und das linke Ufer hart angehalten hätte, den Zusammenstoß vermeiden können.
Nach alledem ist die Havarie von beiden Schiffsführungen schuldhaft verursacht worden. Beide sind vor der Kollision zu weit in der Flussmitte gefahren und haben nicht in ausreichendem Maße ihre jeweilige Fahrwasserhälfte angehalten. Dabei ist zu Lasten des Beklagten zu 2. zu berücksichtigen, dass ihm infolge mangelnder Aufmerksamkeit das Entgegenkommen eines weiteren Talfahrers bis zu dessen Sichtbarwerden entgangen war und er sich deshalb nicht auf die Begegnung durch Herabsetzung seiner Geschwindigkeit und einen Kurs hart am linken Ufer eingestellt hatte; dabei fällt auch seine unzureichende Streckenkenntnis im Hinblick auf die zwei nicht mehr vorhandenen grünen Tonnen ins Gewicht.
Demgegenüber ist Schiffsführer K. nur anzulasten, dass er durch die unzulängliche Funkmeldung dazu beigetragen hat, dass der Beklagte zu 2. MS C nicht rechtzeitig bemerkt hatte, und zu weit in der Flussmitte gefahren ist.
Dass das Moselschifffahrtsgericht bei der gern. § 92 c BSchG vorzunehmenden Abwägung das Verschulden der Schiffsführung von MS CA als doppelt so hoch eingeschätzt hat wie dasjenige von MS C, ist nicht zu beanstanden. Die überwiegende Verantwortung für eine gefahrlose Begegnung trifft die Bergfahrt, die der Talfahrt einen geeigneten Weg zu weisen und frei zu lassen hat. Dabei hatte der Beklagte zu 2. auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass MS C im Hinblick auf die am Unfalltag herrschende starke Strömung zum Durchfahren der Kurve einen breiteren Raum benötigte, während er selbst nicht gehindert war, hart am linken Moselufer entlang zu fahren. Nach alledem haben die Beklagten der Klägerin 2/3 der an MS C entstandenen Schäden zu ersetzen.
Soweit das angefochtene Urteil im Feststellungsausspruch eine entsprechende Quotierung nicht enthält, handelt es sich ersichtlich um ein Schreibversehen; denn aus den Entscheidungsgründen geht zweifelsfrei hervor, dass die vom Moselschifffahrtsgericht vorgenommene Schadenverteilung im Verhältnis 1:2 zu Lasten der Beklagten für die gesamten der Klägerin aus der Havarie entstandenen Schäden gelten sollte. Zur Klarstellung nimmt der Berufungsausschuss nach § 319 ZPO eine entsprechende Ergänzung vor.
Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:
Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten gegen das am 24.3.2003 verkündete Grundurteil des Moselschifffahrtsgerichts St. Goar - 4 C 13/02 - werden zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass festgestellt wird, dass die Beklagten zu 1. - 3. verpflichtet sind, der Klägerin 2/3 aller weiteren bereits entstandenen und noch entstehenden Schäden aus der Havarie vom 4. Dezember 2001 zwischen MS C und MS CA zu ersetzen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem Schlussurteil des Moselschifffahrtsgerichts St. Goar vorbehalten.
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2004 - Nr.1, 2 (Sammlung Seite 1910 ff.); ZfB 2004, 1910 ff.