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Leitsätze:
1) Ein privater Unternehmer ist zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aktiv legitimiert, wenn die ihm von einer Behörde übertragenen, aber noch nicht beendeten oder nicht abgenommenen Uferbauten durch schuldhafte Anfahrung eines Schiffes beschädigt werden.
2) Zur Verpflichtung des Schiffsführers, nach einer Kollision vor Antritt einer neuen Reise oder vor Fortsetzung der Fahrt die Ruderanlagen des Schiffes zu überprüfen und an Bord genommene Lotsen über den Unfall und dessen Folgen für die Manövrierfähigkeit zu informieren.
Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
vom 3. November 1981
(Rheinschiffahrtsgericht Straßburg)
Zum Tatbestand:
Im Februar 1977 fuhr der schiebende Selbstfahrer G, der den Leichter GT längsseits gekuppelt mit sich führte, auf der Talfahrt von Straßburg nach Karlsruhe das vordere Joch des rechtsrheinischen Brückenstumpfes der Militärbrücke Drusenheim-Greffern an, kam durch diesen Aufprall vom Kurs ab und stieß auf die Spundwände der linksrheinischen Baustelle, die vom Kläger H. für den Bau einer neuen Zufahrtsrampe zur Fähre Drusenheim eingerichtet worden war. Bei diesem Unfall wurde die Militärbrücke auseinandergerissen und sowohl für zivile als auch militärische Zwecke unbrauchbar. Der Schubverband gehört der Beklagten G., Kapitän war der Beklagte D. Z. Z. des Unfalls wurde der Schubverband vom Lotsen S. und vom Co-Lotsen K. geführt. Der Kläger macht die Beklagten G. und D. gesamtschuldnerisch für den Schaden von fast 180000,- DM haftbar, weil der beklagte Kapitän D. nicht vor Antritt der Fahrt die Fahrtüchtigkeit des MS G überprüft habe, die Schadhaftigkeit dessen Schiffsruders habe kennen müssen und die Beklagte G. als Schiffsreeder für das Verschulden ihrer Besatzungsmitglieder hafte. Die Beklagten halten den Kläger u. a. nicht für aktiv legitimiert, weil der Schutz des Rheinufers dem Präfekten Bas-Rhin obliege und den Beklagten D. kein Verschulden treffe, da nicht dieser, sondern der Lotse S. zur Zeit des Unfalls Schiffsführer gemäß § 1.02 RhSchPVO gewesen sei. Das Rheinschiffahrtsgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die Berufungskammer hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Aus den Entscheidungsgründen:
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Klage können alle diejenigen erheben, die ein berechtigtes Interesse an der Durchsetzung oder an der Zurückweisung einer Forderung haben, mit Ausnahme der Fälle, in denen das Gesetz das Recht zum Handeln ausschließlich den Personen vorbehält, die es für die Erhebung oder Bekämpfung einer Forderung oder für die Verteidigung bestimmter Interessen bezeichnet. Im übrigen nach Art. 1788 des Code Civil trägt der Unternehmer allein, ohne den Baulastträger und den Eigentümer, das Risiko der Beschädigung, die seiner Baustelle vor Abnahme der Arbeiten durch höhere Gewalt oder einem Dritten zugefügt wird. Der Unternehmer ist also der einzige Geschädigte bei von Dritten verursachten Schäden. Somit ist der Kläger H. allein berechtigt, von den Beklagten die Wiedergutmachung des gesamten von ihnen verursachten Schadens zu fordern. Erfolglos glauben die Berufungskläger behaupten zu müssen, daß Kläger H. die Reparaturarbeiten unnötigerweise und ohne dazu verpflichtet zu sein, ausgeführt hat, obgleich doch der Unternehmer, der für den Bau bis zu seiner Abnahme allein verantwortlich ist, den Vertrag einzuhalten hat, ohne beim Baulastträger Beschädigungen durch Dritte geltend machen zu können. Erfolglos ist auch der Hinweis der Berufungskläger auf das Dekret Nr. 71-121 vom 5. Februar 1971, das nichts mit dem vorliegenden Fall zu tun hat, vor allem, weil die Überprüfung, ob die nach diesem Dekret vorgesehenen Formalitäten von der Verwaltung für Brücken und Straßenbau eingehalten worden sind, nicht Sache der Berufungskläger ist. Unter diesen Umständen ist die Einrede der Unzulässigkeit der Berufungskläger abzuweisen und zu erklären, daß H. berechtigt ist, in seinem eigenen Namen und aufgrund eines ihm zustehenden Rechts Schadensersatzklage gegen die Beklagten und Berufungskläger einzulegen.
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Artikel 8 des Gesetzes vom 15. Juni 1895 über die privatrechtlichen Beziehungen in der Binnenschiffahrt bestimmt, daß der Kapitän vor Antritt der Reise darüber zu wachen hat, daß das Schiff in fahrtüchtigem Zustand ist. Der Kapitän hat diese Pflicht offensichtlich vernachlässigt, denn nach den Ermittlungen der Gendarmerie Gambsheim steht fest, daß die Ruderanlage des Motorschiffs schadhaft war, und daß vor allem ein Ruderblatt am Steuerbordruder fehlte.
Der Schaden am Ruder war nicht die Folge des Unfalls vom 10. Februar 1977, sondern existierte schon vorher.
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Der Lotse hat ausgeführt als wir an der Fähre vorbeifuhren, versuchte ich das Hinterschiff etwas abtreiben zu lassen, um leicht schräg durch die Fahrrinne der Fähre zu fahren. Als ich dieses Manöver durchführen wollte, hat mein Ruder nicht gleich angesprochen".
Aus dem Protokoll der Wasserschutzpolizei Breisach (Bundesrepublik Deutschland) vom 20. April 1977 und insbesondere aus den der Akte beigefügten Aufnahmen geht andererseits hervor, daß das Motorschiff GEFO am 8. Februar 1977 gegen 23 Uhr den Pfeiler der alten Brücke bei Weil-am-Rhein in der Nähe von Basel angefahren hat.
Diese bei der Verhandlung vorgelegten Dokumente beweisen eindeutig, daß der Pfeiler der Brücke Weil schwer beschädigt wurde und daß der Zusammenstoß mit dem Fahrzeug ziemlich heftig gewesen sein muß. Diese Dokumente beweisen zudem, daß Kapitän D. im Zeitpunkt dieses Unfalls vom 8. Februar 1977 das Kommando über die G hatte, indem er die Aufgaben des Führers des Fahrzeugs wahrnahm.
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Jedenfalls hat Kapitän D. dadurch, daß er es nach der Kollision am 8. Februar 1977 unterlassen hat, die Ruderanlagen des Schiffs genauestens zu überprüfen, dadurch, daß er seine Fahrt fortgesetzt hat, obwohl er wußte, daß er nachts eine wegen der engen Fahrrinne und der starken Strömung gefährliche Stromstrecke befahren würde, und schließlich dadurch, daß er nicht den in Gambsheim zugestiegenen Lotsen S. über den Unfall in Weil und dessen Folgen für die Manövrierfähigkeit des Fahrzeugs informiert hat, mehrere Fehler begangen und muß dafür verantwortlich gemacht werden.
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Hierzu ist noch zu bemerken, daß Kapitän D. den Unfall bei Weil-am-Rhein den zuständigen Behörden überhaupt nicht gemeldet hat. Er hat ihn auch nicht erwähnt, als er von der Wasserschutzpolizei Gambsheim nach dem Unfall bei Drusenheim verhört wurde. Erst zwei Monate später nach der Feststellung der Schäden am Pfeiler der Brücke Weil, konnte das Fahrzeug, das die Brücke angefahren hat, als G ausgemacht werden.
Somit kann davon ausgegangen werden, daß der Unfall vom 10. Februar 1977 darauf zurückzuführen ist, daß Kapitän D. nicht die Fahrtüchtigkeit des Motorschiffes überprüft hat. Für dieses Verschulden haften sowohl er wie der Reeder.
Vergeblich machen die Beklagten und Berufungskläger § 1.02 der Polizeiverordnung und § 14 der Lotsenordnung für die Strecke zwischen Basel und Mannheim vom 1. Juli 1956 geltend. Nach diesen Bestimmungen wird, wenn der Kapitän nicht das Patent für die zu befahrene Strecke besitzt und einen Lotsen mit Patent in Anspruch nimmt, dieser derSchiffsführer des Schiffes, d. h. er hat die Autorität über die Besatzung, ergreift die Vorsichtsmaßnahmen, die nach der allgemeinen Sorgfaltspflicht und den Regeln der üblichen Berufspraxis geboten sind.
Diese Bestimmungen ermöglichen keine Ausnahme von den Regeln für die Verpflichtungen und zivile Haftung des Kapitäns, wie sie im Gesetz vom 15. Juni 1895 enthalten sind, und insbesondere von Art. 8, wonach der Kapitän vor jeder Reise verpflichtet ist, darauf zu achten, daß das Schiff fahrtüchtig ist. Mit anderen Worten, diese Bestimmungen, die im wesentlichen das Führen der Schiffe betreffen, sollten nicht bewirken und bewirken auch nicht, daß der Kapitän von der Haftung für Unfälle oder Schäden, die auftreten, während der Lotse das ihm anvertraute Schiff führt, befreit wird. Außerdem wäre es ungerecht, daß der Schiffsführer allein durch die Tatsache, daß ein Lotse mit Patent an Bord des Schiffes kommt, von den Folgen seiner eigenen Fehler freigesprochen wird, vor allem, wenn diese auf die Zeit vor der Ubernahme des Ruders durch den Lotsen zurückgehen. Auch wenn die Gesellschaft G. persönlich nicht haftbar gemacht werden kann, da ein Verschulden zu Lasten des Reeders weder festgestellt noch nachgewiesen wurde, so ist der Schiffseigner nach Art. 3 des Gesetzes vom 15. Juni 1895 dennoch verantwortlich für Schäden, die Dritten durch Verschulden des Schiffspersonals zugefügt wurden.
Somit ist nicht nur Kapitän D. selbst für seine Verschulden verantwortlich, sondern auch der Reeder.
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