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Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für Rheinschiffahrt
vom 26. Mai 1981
(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 23.4.1980 - 0Wi 162/79 BSch -)
Die Berufungskammer hat erwogen:
I.
Die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 23.4.1980 ist form- und fristgerecht eingelegt und somit zulässig.
II.
Wie das Rheinschiffahrtsgericht in seinem Urteil vom 23.4.1980 ausgeführt hat, gehen die Zeugenaussagen der Mitglieder der Schiffsbesatzung des MTS "EN" und des MTS "GA" über die Sichtverhältnisse an der Unfallstelle bei der Kollision am 30.11.1978 erheblich auseinander. Während die Besatzung des MTS "EN" Schiffsführer N., Steuermann Z. und Matrose H. erklärten, die Sicht sei klar gewesen und man habe 1000 bis 1500 m weit sehen können, so dass man das Radargerat zwar eingeschaltet gehabt habe, jedoch nach optischer Sicht gefahren sei, bezifferten Schiffsführer W. und Schiffsführer Sch. von MTS "GA", die Sichtweite mit nur 200 m. Auch die Beamten der Wasserschutzpolizei, die nach der Kollision hinzugerufen wurden und etwa 15 Minuten nach dem Unfall mit dem Polizeiboot vom Hafen Emmerich aus Bergwärts zur Unfallstelle fuhren, gaben an, dass auf dieser Fahrt die Sicht nur ca. 150 m betragen habe und man die Havaristen nur mit Hilfe des Radargerätes habe ausfindig machen können.
Angesichts dieser einander widersprechenden Zeugenbekundungen und der Angaben der Wassserschützpolizeibeamten, die allerdings für den Unfallzeitpunkt nicht verwendbar sind, kommt der Zeugenerklärung des einzigen unbeteiligten Zeugen,des Schiffsführers J. des auf Höhe der Unfallstelle stillliegenden MS "G", entscheidende Bedeutung zu. Dieser Zeuge, der unmittelbar nach dem Zusammenstoss auf das Kollisionsgeräusch hin an Deck kam, bekundete, dass die Sicht etwa 500 m betragen habe und er überlegt habe, mit seinem Schiff die Fahrt aufzunehmen. Angesichts dieser neutralen Zeugenaussage sieht die Berufungskammer im Gegensatz zu dem erstinstanzlichen Gericht als erwiesen an, dass die Sichtweite zur Unfallzeit und im Bereich der Unfallstelle ca. 500 in betragen hat. Bei einer solchen Sichtweite ist aber - wie die Berufungskammer in ihrem Urteil vom 16.10.1972 (14 Z - 1/72) ausgesprochen hat – die Fortsetzung der Bergfahrt zulässig, falls diese mit reduzierter Fahrtstufe, die ein jederzeitiges Anhalten möglich macht, durchgeführt wird. Dass MTS "EN" mit solcher reduzierter Fahrtgeschwindigkeit zu Berg fuhr, ist von seiner Besatzung unwiderlegt vorgebracht worden. Der in dem erstinstanzlichen Urteil angenommene Verstoss gemäss § 6.30 Ziffer 2 Rheinschiffahrtspolizeiverordnung (RhSchPVO) ist somit dem Betroffenen, nicht nachzuweisen. Insoweit war er deshalb freizusprechen.
Dagegen, ist die vom Rheinschiffahrtsgericht angenommene Zuwiderhandlung gegen § 6.31 RhSchPVO von dem betroffenen, Schiffsführer begangen worden, denn er hat es - wie er selbst einräumt - unterlassen, trotz des unsichtigen Wetters, das gerade noch die Fortsetzung der Fahrt, erlaubte, Nebelzeichen (jeweils einen langen Ton) abzugeben. Wenn diese Unterlassung auch nicht ursächlich für den anschliessenden Zusammenstoss war, da der Schiffsführer W. von MTS "GA" den Bergfahrer schon auf eine Entfernung von 2000 m auf seinem Radarschirm ausgemacht hatte, so verbleibt doch der objektive Pflichtenverstoss, der mit einer Geldbusse im Rahmen des Artikels 32 der Revierten Rheinschifffahrtsakte zu ahnden war (§7 des Gesetzes über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt i.d.F. vom 15.3.1974). Nach Wegfall des Verstosses gegen. § 6 .30 Absatz 2 erschien der Berufungskammer für die Zuwiderhandlung gegen § 6.31 RhSchPVO eine Geldbusse von DM 40,- angemessen.
Es wird deshalb für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Betroffenen wird das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 23.4.1980 (5 OWi 162/79 BSch) wie folgt abgeändert:
Der Betroffene wird wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 6.31 Rheinschiffahrtspolizeiverordnung zu einer Geldbusse von DM 40,- verurteilt.
Ins übrigen wird der Betroffene freigesprochen.
Soweit Freispruch erfolgte, hat der Betroffene keine Kosten zu tragen. Notwendige Auslagen für das Verfahren sind ihm zu erstatten.
Soweit Verurteilung erfolgt, fallen ihm die Kosten des Verfahrens einschliesslich des Berufungsverfahrens zur Last.
Die Festsetzung der Verfahrenskosten wie auch der notwendigen Auslagen erfolgt durch das Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort unter Berücksichtigung des Artikels 39 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte.
Der Stellvertretende Gerichtskanzler: Der Vorsitzende:
(gez.) A. BOUR (gez.) P. QUANJARD