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122 S - 4/80 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Entscheidungsdatum: 10.06.1980
Aktenzeichen: 122 S - 4/80
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Abteilung: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Leitsatz:

Zur Frage, ob ein Bergfahrer gemäß § 6.04 Nr. 1 RhSchPVO einem Talfahrer unter Berücksichtigung der örtlichen Umstände und des übrigen Verkehrs einen geeigneten Weg freigelassen hat.

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

vom 10. Juni 1980

122 S - 4/80

(Rheinschiffahrtsgericht Mannheim)

Zum Sachverhalt:

Das vom Betroffenen geführte Schubboot mit 4 Schubleichtern gab auf der Bergfahrt bei km 366,5 dem ihm begegnenden MS I die Weisung zur Vorbeifahrt an Backbord. Weil er keinen geeigneten Weg freigelassen haben soll, wurde gegen ihn vom Rheinschiffahrtsgericht wegen Verstoßes gegen § 6.04 Nr. 1 RhSchPVO eine Geldbuße von 150,- DM festgesetzt. Seine Berufung wurde von der Berufungskammer zurückgewiesen.

Aus den Gründen:

Der Zeuge P. fuhr mit dem von ihm geführten MS „N" etwa 200 m hinter dem Schubboot des Betroffenen zu Berg. Er hat ausgesagt, dieses Boot sei am badischen Ufer entlang gefahren, habe aber trotzdem die Talfahrt zur Begegnung an seiner Backbordseite aufgefordert, so daß diese noch näher an das badische Ufer habe gehen müssen. Diese Kursweisung habe er, der Zeuge, angesichts des Kurses des Schubbootes für falsch gehalten. Dieses habe entweder eine Begegnung an seiner Steuerbordseite verlangen oder nach Steuerbord hin ausweichen müssen. Der Zeuge hat weiter wahrgenommen, daß das MS I im Zusammenhang mit der Begegnung mit dem Schubboot Grundberührung hatte, stecken blieb, aber sofort aus eigener Kraft wieder frei kam. Diese Aussage stammt von einem Zeugen, von dem eine sachkundige Beurteilung der Situation erwartet werden kann und der die Ereignisse aus guter Beobachtungsposition wahrnehmen konnte. Sein Urteil über die Fahrweise des Schubbootes und dessen Kursweisung hat mithin Gewicht, zumal der Zeuge am Ausgange des Verfahrens uninteressiert ist. Der Versuch des Betroffenen, die Berührung durch die Abladung des MS I zu erklären, überzeugt die Berufungskammer nicht. Der Betroffene muß nämlich zugeben, daß das Schiff auf einem Wasserpolster von 0,24 m fuhr. Ein solches Polster ist ein ausreichender Schutz gegen Grundberührung, wenn das Schiff nicht zu nahe an ein Ufer oder einen Grund gedrängt wird, wie es im vorliegenden Falle durch die Kursweisung des Betroffenen geschehen ist. Nicht überzeugend ist weiter der Versuch des Betroffenen, mit Hilfe des Zeugen P. zu beweisen, daß für eine Vorbeifahrt an der Backbordseite des Schubbootes hinreichend Raum gewesen sei. Sie knüpft an die nicht protokollierte Aussage des Zeugen an, zwischen dem Schubverband und den badischen Kribben hätten nicht mehr als 2 Fahrzeuge durchfahren können und errechnet auf dieser Grundlage einen 22-24 m breiten Fahrweg für die Talfahrt. Es ist zweifelhaft, ob auf diese Weise die richtigen Schlußfolgerungen aus der nicht protokollierten Zeugenaussage gezogen werden, denn in der gleichen Verhandlung soll der Zeuge auch gesagt haben, zwischen dem Schubboot und dem MS I sei bei der Begegnung „nicht mehr viel Raum" gewesen, so daß das Schubboot habe ausweichen müssen. Die richtige Folgerung aus der angeblichen, nicht protokollierten Zeugenaussage ist also, daß das MS I bei der Begegnung mit dem Schubboot so nahe wie möglich an dieses herangegangen ist, aber trotzdem Grundberührung hatte. Der Weg für die Vorbeifahrt kann also nicht geeignet gewesen sein. Schließlich kann aus der Tatsache, daß auf dem MS I vor der Begegnung mit dem Schubboot kein Achtungssignal gegeben wurde, mit der Berufungsbegründung nicht gefolgert werden, dort habe man den gewiesenen Kurs für geeignet gehalten. Der Schiffsführer des MS I, der Zeuge H., hat nämlich erklärt, er habe das Schubboot über Sprechfunk aufgefordert, ihm Platz zu machen, aber nur die Antwort erhalten, ob er an Steuerbord vorbei wolle. Mit Rücksicht auf dieses Gespräch habe er ein Achtungssignal für überflüssig gehalten. Da der Betroffene und sein Steuermann F. sich an den Vorfall nicht erinnerten, bleibt die Aussage des Zeugen H. unwiderlegt. Sie erklärt hinreichend das unterbliebene Achtungssignal. Zusammenfassend verbleibt es deshalb bei der Feststellung des Rheinschiffahrtsgerichtes, daß der Betroffene gegen § 6.04 Nr. 1 RSchPVO verstoßen hat und bei der vom Rheinschifffahrtsgericht erkannten Geldbuße.