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Leitsätze:
1) Zur Schutzbehauptung, daß die elektrische Ruderanlage ausgefallen sei und darauf die Kollision beruhe.
2) In Rheinschiffahrts-Strafsachen gibt es keine Ersatzfreiheitsstrafe.
3) Die niederländische Strafgesetzgebung kennt keine Kostenverurteilung eines Angeklagten.
Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
vom 25. Februar 1981
120 S - 3/81
(Rheinschiffahrtsgericht Kantongericht Nimwegen)
Zum Sachverhalt:
Der Angeklagte war durch Versäumnisurteil des Rheinschiffahrtsgerichts (Kantongericht) Nimwegen zu einer Geldstrafe von 300,- hfl, ersatzweise einer Freiheitsstrafe von 6 Tagen verurteilt worden, weil er als Schiffsführer des bergwärts über die Waal fahrenden MS M beim Begegnen mit MS A den ursprünglich von ihm angegebenen und eingehaltenen, gefahrlosen Kurs zur Steuerbordbegegnung kurz vor dem MS A derart nach Steuerbord verlegte, daß es zur Kollision kam. Die hiergegen eingelegte Berufung an die Berufungskammer der Rheinzentralkommission blieb unter Berücksichtigung der Aussagen des Angeklagten und des Matrosen N. in der Hauptsache erfolglos. Der Ausspruch einer Ersatzfreiheitsstrafe wurde aufgehoben. Auch wurden keine Kosten auferlegt.
Aus den Gründen:
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Zur Begründung seiner Berufung hat der Angeklagte im wesentlichen vortragen lassen, daß der Zusammenstoß nicht durch ihn verursacht worden sei, sondern eine Ursache im Ausfall der elektrischen Ruderanlage gehabt habe. Der Angeklagte habe das Ruder, als dies geschah, sofort auf Handbetrieb umgestellt, habe aber trotzdem das zwischenzeitlich nach Steuerbord aus dem Ruder gelaufenen Motortankschiff M nicht mehr genügend aufstrecken können, um eine Kollision mit dem sich talwärts nähernden Motorschiff A zu vermeiden.
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Aus den Feststellungen des Protokollführers J. und den Aussagen des Angeklagten und des Zeugen N., wie sie im genannten Protokoll aufgezeichnet sind, geht hervor, daß die M mit einer Ruderanlage ausgerüstet ist, die sowohl durch elektrische als auch durch Handbesteuerung bedient werden kann, daß beide Systeme ordnungsgemäß funktionierten und daß die Umschaltung vom elektrischen auf Handsteuerbetrieb kurz nach dem Anfahren ohne weiteres durchzuführen war, während sowohl morgens vor Beginn der betreffenden Fahrt als auch kurz vor dem Zusammenstoß, als N. die erforderlichen Handlungen zum Umschalten verrichtete, das Umschalten ebenso ordnungsgemäß auszuführen war. Das Umschalten vom elektrischen auf Handsteuerung dauert nur ungefähr zehn Sekunden. Aus den gemachten Aussagen geht hervor, daß, als N. auf das Rufen des Angeklagten, daß etwas mit der Steueranlage nicht in Ordnung sei, aus dem Maschinenraum in das Steuerhaus kam, wo der Angeklagte das Ruder bediente, der Handsteuerbetrieb noch nicht eingeschaltet war, dies jedoch sofort durch N. ausgeführt werden konnte. Man muß davon ausgehen, daß der Zusammenstoß nicht erfolgt wäre, wenn der Angeklagte das Umschalten ordnungsgemäß verrichtet hätte, zumindest wären die Folgen weniger schwerwiegend gewesen, so daß die vorliegende Fahrlässigkeit des Angeklagten die Berufung auf das Fehlen jeglicher Schuld ausschließt.
Die Berufungskammer hält die durch das Rheinschiffahrtsgericht auferlegte Geldbuße von 300,- hfl als der Schwere der Tat und den Umständen, unter denen sie begangen wurde, angemessen, so daß in der Berufung eine Geldbuße von gleicher Höhe auferlegt werden muß.
Unter Bezugnahme auf die vom Rheinschiffahrtsgericht verhängte Ersatzfreiheitsstrafe ist die Berufungskammer der Ansicht, daß hierfür wegen der in Artikel 32 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte enthaltenen Regelung kein Raum ist.
Die Festsetzung von Kosten muß gemäß Artikel 39 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte unterbleiben, da die niederländische Strafgesetzgebung eine Kostenverurteilung des Angeklagten nicht kennt.
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