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239 C - 1/91 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Moselschiffahrt)
Datum uitspraak: 06.05.1991
Kenmerk: 239 C - 1/91
Beslissing: Urteil
Language: Duits
Rechtbank: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Afdeling: Berufungsinstanz Moselschiffahrt

Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

Urteil

vom 6. Mai 1991


Tatbestand:

Am 11. Februar 1987 kollidierte der in der Talfahrt befindliche aus der MS „W“ und dem backbordseitig gekuppelten Leichter „W“ bestehende Verband, dessen Ausrüster die Reedereigesellschaft W ist, und der von Herrn S gesteuert wurde, nach kurzem Festfahren im Abschnitt zwischen Flusskilometern 340 und 340.400 nacheinander mit der zu Berg fahrenden MS „P“ und der Gierfähre Seltz-Plittersdorf, die erheblich beschädigt wurde. Aus der Untersuchung, die von der deutschen Wasserschutzpolizei eingeleitet und von dem französischen Pendant, der Gendarmerie fluviale française, fortgesetzt wurde, ergab sich, dass die beiden aus Dalhunden/Frankreich kommenden Schiffe des talwärts fahrenden Verbandes 4 424 Tonnen Kies geladen hatten, das Motorschiff mit einer Einsenkung von 2,76 m und der Leichter 3,35 m. Die Gesamtbreite des Verbandes betrug 22,39 m und die größte Länge, d.h., die des Motorschiffs, 104,80 m. Bei der Fahrt in der Nähe der Pontonbrücke Seltz-Plittersdorf ging der Leichter „W“ oberhalb von Flusskilometers 340,000 kurz auf Grund. Herr S hat umgehend mit einem Manöver versucht, seinen Verband wieder in Fahrtrichtung zu bringen, was ihm aber nicht gelungen ist, so dass der Leichter mit seinem vorderen Teil wenige Augenblicke später auf der Kiesbank zwischen den Buhnen am linken Ufer aufgefahren ist. Unter dem Druck der Flussströmung gegen die Backbordseite der beiden Schiffe drehte sich der Verband um den Festfahrpunkt, geriet in Querlage zum Fluss Bug zu Berg und trieb stromabwärts. Der Schiffsführer der MS „W“ hat ausgesagt, er habe ohne Erfolg drei Vorderanker des Verbandes geworfen und seine Maschinen auf „volle Kraft voraus“ geschaltet, um so zu versuchen, wieder die normale Fahrtrichtung bergauf einzuschlagen. Aber weder die Motorstärke der MS „W“ noch die geworfenen Anker vermochten die Strömungsgeschwindigkeit, die in diesem Moment etwa einem Abfluss von 1.120m³/s entsprach, Widerstand abzufangen. Da der Kapitän den Verband nicht wieder unter Kontrolle bekam, trieb dieser weiter ab. Dadurch stieß er zunächst mit der vorderen Backbordseite des Leichters „W“ gegen die vordere Steuerbordseite der zu Berg fahrende MTS „P“, deren Schiffsführer die Schwierigkeiten des Verbandes erkannt hatte und deswegen, wie er erklärte, möglichst nah am rechten Rheinufer auf Höhe von Flusskilometer 340,150 angehalten hatte. Als Folge dieses Anfahrens änderte sich die Driftbahn des Verbandes zur Mitte der Schiffsdurchfahrtsöffnung in der Schwimmbrücke hin, jedoch konnte der Schiffsführer eine Kollision mit der Gierfähre nicht verhindern, die am rechtsufrigen Brückenanschluss festgemacht war. Die Fährenklappe wurde vom Achtersteven des Leichters „W“ angefahren und schwer beschädigt. Die Kollision hatte im Übrigen zur Folge, dass sämtliche Festmachvorrichtungen des rechtsufrigen Brückenteils rissen, dieses stromab gestoßen wurde und völlig auseinander brach. Nach dem Zusammenprall mit der Fährenklappe trieb der Verband „W“ noch mehrere hundert Meter weiter ab und kam dann etwa bei Flusskilometer 340,750 zum Stehen. Die bei dieser Kollision beschädigten schwimmenden und ortsfesten Geräte sind Eigentum des französischen Staates.

Herr S, gegen den der Französische Staat als Nebenkläger aufgetreten ist, wurde wegen Missachtung folgender Bestimmungen auf der Fahrt am 11. Februar 1987 bei Seltz gerichtlich verfolgt.

1. Vorschriften über die allgemeine Sorgfaltspflicht des Schiffsführers zur Vermeidung von

 a) Beschädigung anderer Fahrzeuge, der Ufer oder von Anlagen,

 b) Behinderung der Schifffahrt,

 c) Gefährdung von Menschenleben.

2. Vorschriften über Tiefgang und Anpassung an die Gegebenheiten der Wasserstraße, Verstöße und die entsprechenden Ahndungsmaßnahmen, die unter Artikel 1.04, 1.06 der Rheinpolizeiverordnung und Artikel 32 des Revidierten Rheinschifffahrtsübereinkommens fallen.

Am 25. Januar 1988 hat das Rheinschifffahrtsgericht Strassburg in seinem Urteil den Beschuldigten der ihm angelasteten Tatbestände für schuldig erklärt, den Französischen Staat als Nebenkläger zugelassen und die Geltendmachung der Entschädigung zur weiteren Verhandlung überwiesen. Gegen dieses Urteil hat Herr S Berufung eingelegt, sich bei diesem Rechtsmittel allerdings auf die strafrechtlichen Maßnahmen beschränkt. Die Berufungskammer der Zentralkommission hat die Berufung mit Urteil vom 12. Dezember 1988 in der Form für zulässig erklärt und festgestellt, dass die öffentliche Klage kraft Gesetz Nr. 88828 vom 20. Juli 1988, Artikel 1 und 2 durch Amnestie erloschen ist. In dem Anschlussverfahren wegen Entschädigung hat der Französische Staat die Reederei W, Gesellschaft nach deutschem Recht, als zivilrechtlich haftend verklagt. Er forderte das Gericht auf, Herrn S und oben genannte Gesellschaft als gesamtschuldnerisch haftbar für den Unfall am 11. Februar 1987 zu erklären, sie gesamtschuldnerisch zur Zahlung einer Summe von 1 092 065 Francs als Schadensersatz und 10 000 Francs gemäß Artikel 475 – STPO zuzüglich gesetzlicher Zinsen ab Datum des Urteils an den Staat zu verurteilen sowie zur Übernahme der Verfahrenskosten. Der Nebenkläger hat dem Verfahren ein Gutachten von Herrn Edouard BERG vom 7. Dezember 1987 vorgelegt, das auf Anordnung des Rheinschifffahrtsgerichts vom 17. März und 1. April 1987 in der Sache Französischer Staat, vertreten durch den Rechtsvertreter des Trésor Public (Staatskasse) gegen die Reedereigesellschaft W und die P AG, Basel, erstellt worden war. Herr Sund die Gesellschaft W haben ihrerseits das Gericht ersucht, die gegen sie angestrengte Zivilklage für unzulässig zu erklären, in jedem Fall aber als unbegründet, und den französischen Staat zur Zahlung sämtlicher Kosten so wie der Summe von 10 000 Francs gemäß Artikel 475 – 1 StPO. Sie haben ebenfalls erklärt, dass sie die Anträge aus ihrer Berufungsbegründung vom 16. März 1988 gegen das Strafurteil wieder aufnehmen, die folgendermaßen lauten: „dem Betroffen zu bestätigen, dass ihm in der Strafverfolgung oder in der Vorladung als einziges Vergehen das Überschreiten der zulässigen Abladetiefe angelastet wird; Herrn S zu bestätigen, dass er sich jedweder Erweiterung der Anrufung des Gerichts widersetzt“.

In seinem Urteil vom 26. Februar 1990 stellt das Gericht fest, dass es weiterhin mit der Gesamtheit der in der Hauptstrafsache gegen H. Svorgebrachten Vergehen befasst ist, und ihn, gestützt auf das Gutachten, des Vergehens fehlender Sorgfaltspflicht nach Artikel 1.04 RhSchPVO beschuldigt und ihn gesamtschuldnerisch mit der Gesellschaft W zusätzlich zur Übernahme der Kosten zur Zahlung von 959 000 Francs als Entschädigung und von 8 000 Francs gemäß Artikel 475 – 1 STPO zuzüglich gesetzlicher Zinsen auf beide Beträge verurteilt.

Gegen dieses Urteil haben die Parteien Berufung eingelegt.

H. S und die Gesellschaft W werfen dem erstinstanzlichen Richter vor, er sei zum einen nicht auf ihr Vorbringen, dass in der erste Vorladung außer der zu großen Abladetiefe kein weiterer Tatbestand aufgeführt wird, eingegangen, und dass es dem zu folge aus dem Verstoß gegen Artikel 1.04 RhSchPVO keine zivilrechtlichen Schlüsse ziehen dürfe, da es damit überhaupt nicht befasst sei; zum andern habe er die Amnestieregeln missachtet, denen zu folge es nicht möglich ist, die amnestierten Tatbestände anders als in dem Amnestieurteil zu bezeichnen, so dass der Verstoß des unzulässig tiefen Abladens, mit dem der Strafrichter sein Urteil vom 25. Januar 1988 begründet hat nicht jetzt als mangelnde Sorgfaltspflicht ausgelegt werden kann, zumal laut Rechtsprechung der Berufungskammer, wenn es sich um ein und den selben strafbaren Tatbestand handelt, davon ausgegangen wird, dass lediglich der Hauptverstoß gegen die Polizeiverordnung zu berücksichtigen ist, womit der Verstoß gegen die allgemeine Sorgfaltspflicht ausgeschlossen ist (CCR ((ZKR)) 12 und 79 SCHOOR 99 P 2/79). In der Sache bestreiten sie die Stellungnahme des Sachverständigen B, dem sie übrigens vorwerfen, sich auf Auskünfte gestützt zu haben, die nicht auf kontradiktorischem Wege erhalten worden sind, und sich nicht zu den Fehlern geäußert zu haben, die im Verlaufe des Unfalls der P anzulasten wären.

Ihrer Auffassung nach geht aus keiner Stelle der Akte hervor, dass der zu Tal fahrende Verband die Fahrrinne verlassen habe. Im Übrigen bestehen sie darauf, dass die Schiffe nicht unzulässig tief abgeladen hatten. Hilfsweise tragen sie vor, dass bei verschiedenen vom erstinstanzlichen Richter festgesetzten Positionen Abstriche gemacht werden müssten (Positionen 4 -1 minus 10 000 Francs, Positionen 4-2 minus 63 000 Francs) und dass die Entschädigungssumme mit einem Alterungskoeffizienten berechnet werden müsse, so dass der gesamte Schaden nicht mehr als 815 000 Francs betragen dürfe.

Die Beklagten ersuchen folglich das Gericht:

das Urteil für ungültig zu erklären, den Antrag des Französischen Staates für unzulässig, auf jeden Fall für unbegründet zu erklären, hilfsweise das Gutachten vom 7. Dezember 1987 abzulehnen, den Französischen Staat zur Übernahme der Verfahrenskosten und außerdem zur Zahlung von 30 000 Francs gemäß Artikel 475-1 StPO zu verurteilen.

H. Sund die Gesellschaft Reinhard W verlangen darüber hinaus in ihrem Antrag vom 26. Juni 1990, dass die Anschlussberufung des Französischen Staates für unzulässig erklärt wird und dass er gemäß obigem Artikel zur Zahlung von 10 000 Francs an sie verurteilt wird.

Der Französische Staat seinerseits besteht darauf, dass seine „Anschluss“-Berufung zulässig ist und dass der erste Richter zu Unrecht 133 065 Francs von dem von dem Sachverständigen B festgelegten Betrag abgezogen habe. Dieser Betrag entspreche den Kosten für die Leistungen des Schifffahrtsamtes und sei zu berechnen, da diese Leistungen nicht zu seinen normalen Aufgaben gehörten.

Er bestreitet zudem sämtliche Behauptungen der beklagten Parteien und stellt folgenden Antrag:

Die Berufung der Beklagten und Berufungsparteien gegen das Urteil vom 26. Februar 1990 ist für unzulässig zu erklären. Dieses Urteil ist zu bestätigen, hingegen ist der Anschlussberufung des Klägers statt zu geben. Folglich sind die beklagten Parteien gesamtschuldnerisch zu verurteilen, dem Kläger, Berufungsbeklagten und Anschlussberufungskläger einen Betrag von 1 092 065 Francs zuzüglich gesetzlicher Zinsen zu zahlen; die beklagten Parteien gemäß Artikel 475-1 StPO zur Zahlung von 20 000 Francs zuzüglich gesetzlicher Zinsen an den Kläger, Berufungsbeklagten und Anschlussberufungskläger zu verurteilen, die Beklagten und Berufungsparteien zur Zahlung sämtlicher Verfahrenskosten zu verurteilen.

Begründung:

1. Zulässigkeit der Berufungsanträge:

Der Berufungserklärung des H. Sund der Gesellschaft W erfolgte form- und fristgerecht vor der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt und ist somit zulässig.

Die so genannte „Anschlussberufung“ des Französischen Staates ist ebenfalls zulässig.

Es ist zwar zutreffend, dass in der Berufungserklärung des Französischen Staates nicht erwähnt wird, dass sie vor der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt abgegeben wurde. Aus der Tatsache, dass sie als Anschlussberufung bezeichnet wurde, ergibt sich jedoch die rechtliche Konsequenz, dass diese Berufung den für die Hauptberufung geltenden Bestimmungen und Wirkungen unterliegt. Da letztere ausdrücklich vor der genannten Kommission beantragt wurde, ist somit die Anschlussberufung als ebenfalls vor dieser Instanz eingelegt zu betrachten, auch wenn dies nicht ausdrücklich von dem Antragsteller erklärt wurde. Darüber hinaus ergibt sich aus einer ständigen Rechtsprechung der genannten Kammer, dass eine Anschlussberufung sogar im Rahmen der Antwortschrift des Berufungsbeklagten auf die Berufungsschrift eingelegt werden kann.

Im vorliegenden Fall wurde die Anschlussberufung des Französischen Staates innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung des Urteils förmlich eingelegt und erfolgte somit innerhalb der in Artikel 37, Abs. 2 des Übereinkommens festgelegten Frist.

2. Grund der Berufung:

Keine der beiden Berufungen ist begründet.

a) Umfang der Anrufung:

Die Widersprüche von Herrn S und der W gegen den Umfang der durch das Urteil festgestellten Anrufung sind unberechtigt. Der Erstrichter war zu Recht für sämtliche Herrn S angelasteten Anklagepunkte zuständig, um in dem Adhäsionsverfahren zu entscheiden.

Herr S wird in der Tat nicht nur wegen Vergehens gegen die Vorschriften bezüglich der Abladetiefe und der Anpassung der selben an die Gegebenheiten der Wasserstraße gemäß § 1.06 RhSchPVO verfolgt, sondern ebenfalls wegen Nichteinhaltung der allgemeinen Sorgfaltspflicht gemäß § 1.04 der selben Verordnung.

Die beklagten Parteien behaupten umsonst, dass sich diese beiden Anklagepunkte auf ein und denselben Umstand beziehen und dass die Beschädigungen der anderen Schiffe, der Ufer und der Anlagen, die Verursachung von Behinderungen der Schifffahrt und die Gefährdung von Personen lediglich auf den Tatbestand der zu großen Abladetiefe des Verbandes zurückzuführen sind. Wie aus der Darstellung und der Formulierung der Vorladung selbst hervor geht, handelt es sich im Gegenteil um zwei eigenständige Vergehen mit unterschiedlichen Tatbeständen.

Der Anklagepunkt der Nichteinhaltung der Sorgfaltspflicht, der gemäß den sowohl räumlich wie auch zeitlich ausgelegten Bestimmungen des § 1.04 RhSchPVO abgefasst ist, gibt einen genau festgelegten Umstand wieder. Somit entspricht er Artikel 551 § 2 StPO, in dem es heißt: “in der Vorladung wird der gerichtlich zu verfolgende Tatbestand angegeben so wie der entsprechende Ahndungstext“. Mit derselben Maßgabe wurde Artikel 6 § 3 der Menschenrechtskonvention entsprochen.

Es ist zwar zutreffend, dass in der Begründung des Strafurteils vom 25. Februar 1988 lediglich von dem Vergehen der zu großen Abladetiefe die Rede ist, dennoch ist es genau so zutreffend, dass hinsichtlich des anderen Anklagepunktes kein Freispruch erfolgte, und dass H. S im Gegenteil in der Urteilsformel „der ihm vorgeworfenen Tatbestände für schuldig“ (sic) erklärt wird.

Da seine auf die strafrechtlichen Bestimmungen beschränkte Berufung selbige zunichte gemacht hat, ist das in der Schadensersatzklage erkennende Gericht nach Straffreiheit für die strafrechtliche Seite der Tatbestände weiterhin gemäß Artikel 24 Amnestiegesetz, in dem es heißt: „wenn das urteilende Gericht durch öffentliche Klageerhebung angerufen wurde, bevor dieses Gesetz veröffentlicht worden ist, bleibt es als erkennende Instanz für ein eventuelles Adhäsionsverfahren auf Schadensersatz“ zuständig. Folglich durfte der Französische Staat auch nach Veröffentlich dieses Gesetzes der Gesellschaft W als der zivilrechtlich Verantwortlichen den Streit verkünden.

b) Nautisches Fehlverhalten

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Erstrichter, indem er gegenüber H. S das Vorliegen des Fehlers mangelnder Sorgfaltspflicht ausgesprochen hat, weder eine Rechtsverletzung begangen noch seine Befugnisse überschritten hat. Dieser Fehler ist offensichtlich und ergibt sich sowohl aus der Ermittlung wie aus dem Bericht des Gutachters B. Es trifft zu, dass die beklagten Parteien beantragen, dass auf diesen Bericht aus den in dem zu diesem Zweck von der Gesellschaft W in dem Gutachterverfahren aufgesetzten Schriftsatz, den sie letztendlich vorbehaltlich ihrer Rechte in der Sache zurückgezogen hatte, dargelegten Gründen in den Verhandlungen nicht zurückgegriffen wird. Dieser Antrag ist nicht begründet. Die Prüfung des Gutachterberichts zeigt in der Tat, dass sich der Gutachter im Gegensatz zu den Behauptungen der beklagten Parteien nicht ausschließlich auf die Angaben, die er bei den Mitarbeitern des Schifffahrtsdienstes eingeholt haben will, gestützt hat, sondern dass er die Aussagen der Zeugen bei der polizeilichen Ermittlung vorbehaltlich ihrer Erörterung berücksichtigt hat. Teilt man die Meinung des Experten, dass die beträchtliche Einsenkung der Schiffe des Verbandes kein Vergehen dargestellt hat, wie dies der Strafrichter meinte feststellen zu müssen, so bleibt als einzig mögliche Erklärung für das Festfahren, dass sich der Verband nicht richtig in der Fahrrinne befand, die an dieser Stelle nicht in der Flussmitte liegt, und dass er zu nah an der seichten Stelle bei Seltz fuhr. Die Erklärung des Schiffsführers, das Schiff habe in der Mitte der Fahrrinne aufgesetzt, ist nicht glaubhaft, da die Breite der Fahrrinne 140 Meter beträgt und der Verband, dessen Länge etwa 105 Meter betrug, sich folglich unmöglich an einer Stelle, die etwa 70 Meter vom Ufer entfernt ist, um seinen vorderen Teil drehen konnte. Übrigens haben mehrere Zeugen angegeben, dass der Verband in der Flussmitte auf Grund gefahren ist, also am Rand der Fahrrinne. Im Übrigen ist es unbestritten, dass sich der Verband nach dem sehr kurzen Festfahren nicht wieder ordentlich ausrichten konnte und der Schiffsführer seine Manövrierfähigkeit in diesem Moment nicht im Griff hatte. Andererseits können die beklagten Parteien dem Schiffsführer der P nicht die alleinige Schuld für den Unfall geben. Ein eventuelles Verschulden dieses Schiffsführers entbindet sie im Übrigen nicht von der Haftung gegenüber dem Französischen Staat, soweit der Fehler des H. S nachgewiesen ist. Somit hat der Erstrichter zu Recht die gemeinsame Haftung von ihm und der Gesellschaft W, die im Übrigen nicht bestreitet, für den vorgenannten zivilrechtlich zu haften, festgestellt.

c) Schadenshöhe:

In seinem Bericht vom 7. Dezember 1987 wurde von dem Gutachter B der von dem Nebenkläger erlittene Schaden auf 1 092 065 Francs beziffert. Von diesem Betrag hat der Erstrichter zu Recht 144 065 Francs theoretische Kosten für die Leistungen des Schifffahrtsamtes zur Behebung des Schadens abgezogen, denn es ist nicht erwiesen, dass dieses Amt zu diesem Zweck hat zusätzliches Personal einstellen oder seinen Haushalt aufstocken müssen, und dass die Bereitstellung von Arbeitern oder Geräten für die Reparaturarbeiten diesem Amt in einem anderen Abschnitt Nachteile verursacht hat. Die beklagten Parteien machen umsonst geltend, dass der Posten 4-1 (Abnahme des Brückenansatzes, beziffert auf 293 000 Francs) um 10 000 Francs reduziert werden müsse und der Posten 4-2 (Instandsetzung dieses Brückenteils, beziffert auf 289 000 Francs) um 63 000 Francs. Es wurde bezüglich der Forderung zu Posten 4-1 kein Nachweis erbracht. Somit ist der von Gutachter B angegebene Betrag beizubehalten. Bezüglich des Postens 4-2 wurde von den Beklagten in dem Verfahren ein Kostenvoranschlag eines deutschen Unternehmens vorgelegt, der sich auf 74.220 DM für die Instandsetzung des Brückenansatzes beläuft. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass dieser Betrag keine Steuern enthält und der Preis inklusive Steuern 84.670,80 DM ausmacht. Angesichts der Tatsache, dass die Steuersätze in Frankreich höher liegen als in Deutschland erweist sich der von dem Gutachter für diesen Posten veranschlagte Preis von 289.000 Francs durchaus berechtigt ist. Schließlich ist im vorliegenden Fall keinerlei Abschlag wegen Baufälligkeit der beschädigten Anlage vorzunehmen. Die vorgenommene Instandsetzung bestand nicht in der Ersetzung einer noch betriebstauglichen Anlage durch eine neue sondern im Wesentlichen in Reparaturarbeiten an den beschädigten Teilen der Anlage und im Austausch bestimmter, nicht mehr zu reparierender Teile, so dass die ursprüngliche Anlage keinerlei bezifferbare Wertsteigerung erfahren hat. Auf keinen Fall hat sie zu einem Mehrwert für den des Französischen Staat geführt. Da H. S und die Gesellschaft Reinhard W mit ihrer Berufung unterlegen sind, sind sie zur Zahlung der Kosten zu verurteilen. Da es sich zudem als ungerecht erweist, den Nebenkläger mit den gesamten von ihm ausgelegten Beträgen, die nicht in den Prozesskosten enthalten sind, zu belasten, ist es gerecht, H. S und die Gesellschaft Reinhard W, die gemäß Artikel 475-1 zivilrechtlich haften, zu einer Zahlung von 10 000 Francs an den Nebenkläger zu verurteilen.

Aus diesen Gründen:

erklärt die Berufungskammer:

 Die Berufung ist formgerecht.

 Sie ist nicht begründet.

 Folglich wird das ergangene Urteil bestätigt und ist damit voll rechtwirksam.

H. S und die Gesellschaft Reinhard W werden gemeinschaftlich zur Übernahme der Kosten des Berufungsverfahrens verurteilt. Diese werden durch das Rheinschifffahrtsgericht Strassburg gemäß Artikel 39 Revidierte Mannheimer Akte festgesetzt.

Sie werden ebenso gemeinschaftlich gemäß Artikel 475-1 StPO zur Zahlung eines Betrages von 10.000 Francs an den Französischen Staat verurteilt.