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30 C 2/17 BSch - Oberlandesgericht (Schiffahrtsobergericht)
Date du jugement: 04.03.2019
Numéro de référence: 30 C 2/17 BSch
Type de décision: Urteil
Language: Allemande
Règle du droit: Art 26 CMNI, § 588 HGB, §§ 588ff HGB, § 589 Abs 1 S 2 HGB, § 589 Abs 2 HGB, § 405 FamFG, §§ 405ff FamFG, § 406 FamFG, § 407 FamFG, § 78 BinSchPRG
Juridiction: Oberlandesgericht Karlsruhe
Section: Schiffahrtsobergericht

Schifffahrtsobergericht Karlsruhe

30 C 2/17 BSch

Urteil

vom 4. März 2019

(auf Berufung gegen das Urteil des Schiffahrtsgerichts Mannheim, 11. April 2018, 30 C 2/17 BSch) 

Tenor

 

1. Die Berufung gegen das Urteil des Schifffahrtsgerichts Mannheim vom 11.04.2018 – 30 C 2/17 BSch - wird zurückgewiesen.

 

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsrechtszugs einschließlich der Kosten der Nebenintervention.

 

3. Dieses Urteil und das Urteil des Schifffahrtsgerichts sind vorläufig vollstreckbar.

 

 

Gründe

 

I.

Der Kläger ist Eigentümer des Gütermotorschiffes (GMS) "K.". Die Beklagte zu 1 ist Eigentümerin des Baustahldrahts, welcher auf dem GMS "K." transportiert wurde. Die Beklagte zu 2 ist der Versicherer des Warentransportrisikos des Gutes der Beklagten zu 1.

Die Beklagte zu 1 hatte die N. in Z. (künftig N.) mit dem Transport von 1.758.256 Tonne Stahlcoils per Binnenschiff ab H. bis zum Bestimmungsort E. beauftragt (Transportbestätigung vom 19.07.2016, Anl. B 3). Diese beauftragte ihrerseits die M. (Transportbestätigung vom 19.07.2016, AS I 157). Der Kläger führte letztendlich den Transport mit seinem Schiff durch. Der Warenwert der Stahlcoils betrug 668.137,28 €.

Am 02.08.2016 gegen 8:15 Uhr zeigte das GMS "K.", das zu diesem Zeitpunkt von dem Lotsen B. geführt wurde, da der Kläger kein Patent für diese Strecke hatte, bei Donaukilometer 2306,3 – Ortslage P. - (so der Protest des Klägers vom 03.08.2016; nach dem Bericht der WGS-Gruppe Deggendorf vom 02.08.2016, vorgelegt als Anl. B2, bei Donaukilometer 2306,400) keine Ruderwirkung mehr. Der Lotse schaltete die Hauptmaschine umgehend auf voll zurück und setzte das Bugstrahlruder ein, um das Schiff in der Fahrrinne zu halten. Zugleich wurde der Heckanker gesetzt. Dennoch verfiel das Achterschiff des GMS "K." am geographisch rechten Ufer auf Grund und fuhr sich dort fest. Ursache für den Verlust der Ruderwirkung war, dass sich die Flügelschraube des Schraubendeckels der Ruderanlage gelöst hatte, wodurch ca. 20 l Öl austraten. Nachdem das Hydrauliköl aufgefüllt und der Deckel verschlossen worden war, funktionierte die Ruderanlage wieder und der Lotse versuchte mit Turnmaßnahmen das Fahrzeug frei zu fahren, wodurch Kies in den Bug- und Heckpropeller eingezogen wurden. Die Maßnahmen blieben erfolglos, Leckagen traten nicht auf, die Ladung wurde nicht beschädigt.

Im Anschluss wurde das Experten- und Ingenieurbüro L. mit der weiteren Intervention beauftragt. Unter Zuhilfenahme eines am 03.08.2016 zur Verfügung stehenden Kranmotorschiffs konnte das GMS "K." wieder freigezogen werden und die Reise selbstständig fortsetzen. Die durch die Manöver entstandenen Fehltiefen wurden nach Peilungen beseitigt.

Unter dem Datum des 06.08.2016 wurde der als Anl. K 1 (AS I 7f.) vorgelegte Interventionsbericht erstellt, dem der Protest des Klägers vom 03.08.2016 (AS I 9) beigefügt war. Die Dispache vom 16.01.2017 (Anl. K 3, AS I 11 ff) weist entstandene Kosten von insgesamt 33.316,26 € aus, die entsprechend dem Verhältnis der Werte des Schiffes und der Ladung zwischen dem Schiff und der Ladung in der Weise aufgeteilt wurden, dass auf die Ladung ein Betrag von 18.243,19 € entfiel.

Unter dem Datum des 13.10.2018 unterzeichnete die Beklagte zu 2 - vorbehaltlich aller sonstigen Rechte, insbesondere des Rechts der Aufrechnung mit etwaigen Gegenansprüchen - das als Anl. K 2 (AS I 10) vorgelegte Revers mit (auszugsweise) folgendem Wortlaut:

Die Havarie-Grosse untersteht den Havarie-Grosse Regeln IVR (neueste Fassung), jedoch mit der Maßgabe, dass § 589 HGB vorrangig anwendbar bleibt.

Der Unterzeichnete verpflichtet sich, sofern Havarie-Grosse vorliegt, den Beitrag in Havarie-Grosse sowie die zu Lasten der nachstehend angegebenen Güter gehenden Sonderkosten zu zahlen, soweit hierzu eine rechtliche Verpflichtung besteht. Er erklärt, dass der ihm Revers angegebene Betrag der Gesundwert*) der Ladung in unverzolltem Zustand "frei Ankunft Schiff" im Bestimmungshafen ist (gemäß Regel XII der Havarie-Grosse Regeln IVR, neueste Fassung).

Der Kläger macht den in der Dispache errechneten Ladungsanteil in Höhe von 18.243,19 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins seit Zustellung der Klage und außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten geltend.

Der Kläger hat behauptet, die streitgegenständlichen Schäden seien von den Kaskoversicherern des Schiffes beglichen und die Forderungen wieder an ihn abgetreten worden, so dass er aktivlegitimiert sei.

Durch den Ausfall der Ruderanlage habe eine konkrete Gefahr auch für die Ladung bestanden. Deren Ausfall sei unvorhersehbar gewesen, weil der Deckel des Filtergehäuses plötzlich abgefallen sei. Bei der letzten Wartung des Filters habe das zuständige Besatzungsmitglied den Deckel fest zugeschraubt gehabt.

Die in der Dispache aufgeführten Kosten seien zur Rettung von Schiff und Ladung notwendig gewesen. Sein Zahlungsanspruch ergebe sich sowohl aus der Dispache als auch aus dem Revers, nachdem die Beklagten keine Einwendungen gegen die Dispache erhoben hätten. Wer den Revers zeichne und gegen die Dispache kein Verfahren mit Widerspruch durchführe, könne sich nicht darauf berufen, dass die Dispache zu Unrecht eine Beitragspflicht der Ladung festgestellt habe.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt, weil der Kläger nicht aktivlegitimiert sei und der Klage das Rechtsschutzbedürfnis fehle, da er seine Ansprüche im Rahmen eines einfacheren Dispachebestätigungsverfahrens habe durchsetzen müssen. Das Schifffahrtsgericht Mannheim sei sowohl örtlich als auch sachlich unzuständig. Zudem werde hilfsweise mit einem inhaltsgleichen Erstattungsanspruch aufgerechnet, der sich aus § 598 Abs. 2 HGB, Art. 4 CMNI, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 3 BinSchG und § 816 BGB ergebe.

Die Beklagten zu 1 und 2 haben der N. den Streit verkündet, diese ist als Nebenintervenientin auf Seiten der Beklagten beigetreten (AS I 153) und hat zugleich der M. Streit verkündet (I 154), die ihrerseits ebenfalls auf Seiten der Beklagten beigetreten ist (I 224). Die M. hat dem Kläger den Streit verkündet (AS I 225), der seinerseits der M. den Streit verkündet hat (I 250).

Das Schifffahrtsgericht Mannheim hat die Klage mit Urteil vom 11.04.2018 abgewiesen. Zwar fehle nicht das Rechtsschutzbedürfnis, weil es sich nach den unstreitig geltenden Havarie- Grosse Regeln der Internationalen Vereinigung des Rheinschiffsregisters (IVR) um eine privatrechtlich aufgrund Rechtsgeschäfts aufgemachte Dispache handle, auf die die Regeln des gerichtlichen Verfahrens nicht anzuwenden seien. Damit fehle es an der Möglichkeit, durch Bestätigung einen gerichtlichen Titel nach § 409 FamFG zu schaffen. Daraus abgeleitete Vergütungsansprüche müssten daher gerichtlich geltend gemacht werden. Auch sei das Schifffahrtsgericht Mannheim sachlich und örtlich zuständig. Dies ergebe sich aus dem Revers vom 13.10.2016, welches die Beklagte zu 2 sowohl in eigenem Namen als auch in Vertretung für den Beklagten zu 1 gezeichnet habe.

Der Kläger sei aktivlegitimiert. Er habe ausführlich vorgetragen und durch Vorlage der Abtretungserklärungen der drei Kaskoversicherer belegt, dass er Inhaber der Forderung sei. Das Bestreiten der Beklagten sei insoweit unsubstantiiert.

Die Klage sei jedoch unbegründet, denn die Voraussetzungen der Havarie-Grosse Regel I IVR seien nicht erfüllt. Danach liege eine Gefahr für Schiff und Ladung nur vor, wenn ein Verlust oder eine Wertminderung von Schiff oder Ladung wahrscheinlich sei. Dabei sei die objektiv gegebene Möglichkeit eines Verlustes nicht maßgeblich, entscheidend sei vielmehr, ob der Kapitän aus seiner Sicht eine Gefahr angenommen habe, die zum Zeitpunkt der Vornahme der Maßnahmen auch gegenwärtig gewesen sein müsse, was vom Gericht selbst zu prüfen sei. So komme insbesondere bei Turnmanövern in Betracht, dass diese allein der Rettung des Schiffs aber nicht der Rettung der Ladung dienten. Nach den Angaben des Zeugen B. (richtig: L., siehe Protokoll vom 19.02.2018) habe weder die Gefahr bestanden, dass das GMS "K." auseinanderbreche noch dass es querschlagen und mit einem anderen Schiff hätte kollidieren können. Zwar habe das Schiff leckschlagen können, daraus habe sich aber keine Gefahr für die Ladung ergeben, weil sich dadurch zwar Rost an den Stahlcoils hätte bilden können, dies aber angesichts der Verwendung als Baustahldraht unbeachtlich gewesen wäre, zumal eine Leckage angesichts der Konstruktion des Schiffes als sogenanntes Doppelhüllenschiff nicht gleichzeitig bedeutet hätte, dass es zu einem Wassereintritt in den Laderaum komme.

Selbst wenn man eine gemeinsame Gefahr für Schiff und Ladung annehme, habe der Kläger die Gefahr durch Verschulden selbst herbeigeführt, die Havarie-Grosse-Regel III IVR, die auch in solchen Fällen eine Beitragspflicht vorsehe, sei nach dem Revers durch § 589 HGB abbedungen. Dem Kläger, in dessen Herrschafts- und Organisationsbereich die Schadensursache anzusiedeln sei, sei es nicht gelungen, sein Nichtverschulden zu beweisen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme müsse sogar positiv von einem Verschulden des Schiffsführers ausgegangen werden, denn nach der vom Zeugen K. beschriebenen Kontrolle werde nicht geprüft, ob die Schraube fest sitze. Eine bloße Kontrolle der Dichtigkeit, wie vom Zeugen beschrieben, genüge nicht. Dem Kläger als Schiffsführer sei das Verhalten seines Erfüllungsgehilfen zuzurechnen. Bei einer Kontrolle habe entdeckt werden können, dass sich die Flügelschraube löste, denn eine Schraube löse sich nicht plötzlich sondern lockere sich zusehends beispielsweise durch Vibrationen.

Entgegen der Auffassung des Klägers begründe allein die Dispache keinen Anspruch. Es handle sich um einen gutachterlichen Vorschlag, den die Beteiligten akzeptieren könnten oder nicht. Es entspreche nicht der allgemeinen Bedeutung derartiger Revers, damit dem Unterzeichner den Einwand abzuschneiden, dass es an den Voraussetzungen der Großen Haverei fehle oder dass der die Vergütung fordernde Beteiligte die gemeinsame Gefahr schuldhaft herbeigeführt habe, es stelle kein Schuldanerkenntnis dar. Die allgemeine Bedeutung bestehe darin, eine persönliche Verpflichtung des Empfängers geretteter Güter zur Entrichtung des Havarie-Grosse-Beitrags zu begründen, wobei sich die Beklagte zu 2 aufgrund ihrer Zeichnung wie eine Havarie-Grosse-Beteiligte behandeln lassen müsse.

Gegen dieses dem Kläger am 18.04.2018 zugestellte Urteil, auf das wegen der näheren Einzelheiten des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, wendet er sich mit seiner am 16.05.2018 eingegangenen und am 12.06.2018 begründeten Berufung. Das Schifffahrtsgericht habe verkannt, dass die im wesentlichen zutreffend ermittelten Tatsachen geradezu den klassischen Fall einer Havarie- Grosse-Situation darstellten. Der Begriff der gemeinsamen Gefahr im Sinne der Regel I IVR sei unter Berücksichtigung des Regelungszwecks auszulegen. Diese sei in Übereinstimmung mit dem historischen Havarie-Grosse-Recht dadurch gekennzeichnet, dass der Schiffsführer auf eine außergewöhnliche Situation durch Maßnahmen reagiere, die letztlich nicht nur dem Schiff sondern auch der Ladung zugute kämen. Die Gefahr betreffe nicht nur die Gefahr einer substantiellen Beschädigung der Güter sondern auch die Gefahr eines wirtschaftlichen Schadens, der dadurch entstehe, dass das Schiff und die Güter für die Interessenten wertlos werden, weil sie an einer unzulänglichen Stelle im Strom liegen, ohne dass sie ihrem Verwendungszweck zugeführt werden können. Eine gemeinsame Gefahr bestehe also immer dann, wenn Kosten oder Schäden entstehen, die notwendig werden, um zu erreichen, dass Schiff und Ladung den Bestimmungsort ordnungsgemäß erreichen. Ein Schiff, das festgefahren im Strom liege, sei ohne Rettungsmaßnahmen ebenso wertlos wie die darin befindliche Ladung, ohne dass es auf einen Wassereinbruch ankäme. Deshalb sei es für die Frage einer drohenden Gefahr völlig unerheblich, ob die Substanz der Ladung tatsächlich einen Schaden erleiden könne. Es sei allein entscheidend, dass das GMS "K." so festgefahren gewesen sei, dass das Schiff nicht mehr durch einfache navigatorische Maßnahmen freikommen und den Bestimmungsort erreichen konnte. Nur aufgrund der ergriffenen Maßnahmen sei es möglich gewesen, dass die Ladungsinteressenten wieder Gewalt über ihr Eigentum erlangt hätten. Der Stahl sei für den Absender oder Empfänger wertlos, wenn er auf einem gestrandeten Schiff im Strom liege und nicht verwendet werden könne, deshalb sei es völlig unerheblich, ob der transportierte Stahl rostanfällig gewesen sei und im Falle der Verrostung habe verwertet werden können.

Das vom Schifffahrtsgericht angenommene Verschulden des Klägers sei nicht anspruchsvernichtend. Die Beklagte hätten ihre Rechte aus dem Dispacheverfahren nicht ergriffen, der Verschuldenseinwand könne deshalb nicht mehr geprüft werden. Die Dispache sei ausdrücklich den IVR-Regeln unterworfen, so dass § 589 HGB allein deshalb nicht greife, die Vorschrift sei abbedungen. Ob die Havarie-Grosse-Regeln IVR richtig angewandt worden seien, sei ebenso ausschließlich Gegenstand des Dispachebestätigungsverfahrens wie gegebenenfalls die Prüfung der Einschlägigkeit von § 589 HGB. Im Übrigen könne durch die Anwendung der Vorschrift der klägerischen Anspruch lediglich hinsichtlich der ihm entstandenen Schäden gekürzt werden, sonst bleibe die Zahlungspflicht bestehen, § 589 Abs. 2 HGB sei nicht einschlägig, weil die Ladung keinerlei Schaden erlitten habe.

Ob die Ladung Regress nehmen könne, richte sich ausschließlich nach Frachtvertragsrecht, also nach CMNI und dem ergänzenden nationalen Recht und gerade nicht nach §§ 589 ff. HGB. Die frachtvertragliche Freizeichnung oder Haftungsregelung gehe den Havarie-Grosse-Regeln vor. Frachtrechtliche oder deliktsrechtliche Ansprüche, mit denen aufgerechnet werden könnte, stünden den Beklagten nicht zu. Die Ladung sei unstreitig nicht beschädigt, die Belastung mit einem Anteil an den Kosten der Havarie-Grosse sei kein Ladungsschaden im Sinne von Art. 16 CMNI, da dieser eine Beeinträchtigung der Substanz des Gutes voraussetze. Art. 19 CMNI sei lediglich die haftungsausfüllende Norm und setze eine Beschädigung der Güter im Sinne von Art. 16 CMNI voraus. Die Norm könne deshalb nicht zur Auslegung von Art. 16 CMNI herangezogen werden. Im Übrigen stehe einem Anspruch der Haftungsausschluss für nautisches Verschulden entgegen. Das Festfahren infolge eines Ruderversagens sei immer ein nautischer Vorgang, so dass die Haftung für alle daraus resultierenden Schäden ausgeschlossen sei. Deliktische Ansprüche würden schon mangels Beschädigung des Eigentums ausscheiden.

Vorsorglich und hilfsweise sei darauf hinzuweisen, dass ein haftungsbegründendes Verschulden seitens der Besatzung des Schiffes oder des Schiffseigners nicht vorliege, das Festfahren sei auf ein plötzliches und unvermeidbares Ruderversagen zurückzuführen.

Schließlich sei höchst vorsorglich und hilfsweise darauf hinzuweisen, dass etwa alle zwei Monate der Filter der Hydraulikanlage gereinigt oder gewechselt werden müsse, wozu die 3 Sechskantschrauben des Deckels aufgeschraubt werden müssten. Die in der Mitte des Deckels sich befindliche Flügelschraube diene der Entlüftung des Hydrauliksystems, die nur durch einen Fachmonteur und nicht durch die Besatzung durchgeführt werde, weshalb es nicht zu den Aufgaben der Besatzung gehöre, die Schraube zu öffnen. Es sei weit überobligatorisch, dass täglich Hauptmaschine, Getriebe und Ruderanlage kontrolliert würden, dies zeige die besondere Sorgfalt des Schiffsführers und seiner Mannschaft. Dass die Ruderanlage überprüft worden sei, ergebe sich aus der Aussage des Zeugen K., der dies bestätigt und angegeben habe, dass um den Schraubdeckel alles trocken gewesen sei. Dann sei aber auch die Flügelschraube so fest angezogen gewesen, dass kein Öl austreten könne. Der Umstand, dass die Flügelschraube nach der Havarie nicht mehr im Gehäuse gewesen sei, zeige, dass diese sich vom festen und dichten Zustand bei Fahrtantritt bis zum Havariezeitpunkt durch Vibration selbständig gelockert haben müsse. Damit sei alles getan worden, was sorgfältige Schiffsmannschaft erfordere. Im Übrigen habe die Schilderung der Havarie durch die Zeugen gezeigt, dass die Festfahrung unvermeidbar gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Schifffahrtsgerichtes Mannheim vom 23.03.2018, Az.: 30 C 2/17 BSch, wie folgt zu entscheiden:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 18.243,19 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz nach dem Diskontüberleitungsgesetz hieraus seit Klagezustellung zu zahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger vorprozessuale Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.100,51 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz nach dem Diskontüberleitungsgesetz hieraus seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angegriffene Urteil. Zu Recht sei das Vorliegen einer Havarie-Grosse verneint worden. Eine gemeinsame Gefahr für Schiff und Ladung liege nicht per se bei jeder Festfahrung eines Schiffes vor, insbesondere Turnmanöver könnten allein dem Freikommen des Schiffes dienen, ohne dass eine echte Gefahrenlage für die Ladung vorliege. Eine abstrakte Gefahr genüge nicht. Der weitere Vortrag des Klägers zu den tatsächlichen Umständen an der Stelle der Festfahrung und zum Ablauf der Freiturnversuche werde bestritten und müsse als verspätet unberücksichtigt bleiben.

Es bestehe auch keine gesetzliche Regelung oder Prinzip, wonach die Anwendung von § 589 Abs. 1 S. 2 HGB ausgeschlossen sei. Die Dispache sei nicht aus sich heraus verbindlich oder vollstreckbar. Dies gelte erst recht im Hinblick auf ein in der Dispache nicht geprüftes Verschulden der Beteiligten. Zu Recht habe das Gericht auch darauf hingewiesen, dass bei einer nach den Regeln der IVR aufgemachten Dispache ein gerichtliches Dispachebestätigungsverfahren nicht in Betracht komme. Der Kläger habe sich bewusst gegen ein gerichtliches Verfahren entschieden, die Beklagten seien mit ihren Gegenansprüchen deshalb nicht ausgeschlossen. Der Kläger übersehe zudem, dass erst durch die Zeichnung des Revers die Unterstellung unter die IVR-Regeln erfolgt sei, allerdings mit der ausdrücklichen Maßgabe, dass § 589 HGB weiterhin anwendbar bleibe. § 589 Abs. 1 S. 2 HGB umfasse die Freistellung von sämtlichen Beitragspflichten, entsprechend umfasse der Schadensersatzanspruch aus § 589 Abs. 2 HGB sowohl die Beitragspflichten als auch sämtliche weiteren Folgen.

Ein Haftungsausschluss komme nicht in Betracht, es gehe vorliegend nicht um ein nautisches Verschulden, sondern vielmehr um ein Verschulden im Zusammenhang mit der Vorlage eines defekten Schiffes und einer mangelnden Betriebsorganisation, da der Defekt und/oder die mangelhafte Wartung des Ölfilters Ursache der Festfahrung gewesen sei. Dieser Mangel sei auch nicht unvermeidbar, da feststehe, dass der Kläger entweder unzureichende organisatorische Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden getroffen habe oder unzureichende Wartungsarbeiten durchgeführt worden seien. Soweit der Kläger in der Berufung erstmals einwende, die Flügelschraube werde nur zu Entlüftung des Hydrauliksystems genutzt, die nur durch einen Fachmonteur durchgeführt werde, sei dies als verspätetes Vorbringen unbeachtlich und zudem nicht überzeugend.

Die Streithelferinnen der Beklagten schließen sich dem Vortrag und den Anträgen der Beklagten an (AS II 87 und II 133).

 

II.

Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.

1. Die Klage ist zulässig, denn die im ersten Rechtszug erhobenen Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Klage sind, soweit sie im Berufungsrechtszug noch zu prüfen sind, nicht überzeugend.

a. Die vom Schifffahrtsgericht ausdrücklich bejahte örtliche und sachliche Zuständigkeit wird im Berufungsrechtszug zu Recht nicht mehr erörtert, dies ist im Berufungsrechtszug nicht zu prüfen (§ 513 Abs. 2 ZPO), denn die Vorschrift gilt auch für das Verfahren in Schifffahrtssachen (Rheinschiffahrtsobergericht Karlsruhe, Urteil vom 08.11.2002 – 1 U 2/02 RhSch –, juris, Rn. 28; Schiffahrtsobergericht Köln, Urteil vom 30.05.2008 – 3 U 7/07 BSch –, juris, Rn 24 Wussow/Kürschner, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Auf., Kap. 67 Rn. 17).

b. Der Klage fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis, die Beklagten kommen im Berufungsrechtszug deshalb zu Recht auf diesen auf die Möglichkeit der Durchführung eines Dispacheverfahrens gestützten Einwand nicht mehr zurück.

aa) Hinsichtlich der Beklagten zu 2 kann das Rechtsschutzbedürfnis weder allgemein noch mit der von ihr gegebenen Begründung verneint werden. Zwar scheidet grundsätzlich eine Durchsetzung der Ansprüche gegen sie im Dispachebestätigungsverfahren deshalb aus, weil die Beklagte zu 2 nach der gesetzlichen Regelung (§ 78 Abs. 1 S. 2 BinSchG) nicht Beteiligte im Sinne von § 78 Abs. 1 S. 1 BinSchG sein konnte. Der Versicherer des transportierten Gutes fällt nicht unter die abschließende Aufzählung der Beteiligten, er ist an einem Dispacheverfahren nicht beteiligt (allg. M., vgl. BGH, Urteil vom 09.12.1976 – II ZR 205/74 –, juris Rn. 6 = BGHZ 67, 383 f.; BeckOK FamFG/Schlögel, 28. Ed. 1.10.2018, FamFG § 403 Rn. 9; Keidel/Heinemann, FamFG, 19. Auflage 2017, § 403 Rn. 9; MüKoZPO FamFG/Postler, 2. Aufl. 2013, FamFG § 403 Rn. 20; a.a.O. § 405 Rn. 5; Holzer in: Prütting/Helms, FamFG, 4. Aufl. 2018, Vorbemerkungen zu §§ 403–409 Rn. 7; Steup in: Bahrenfuss, FamFG, 3. Aufl. 2017, § 403 Rn. 7; Müther in: Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, Kommentar, § 403 Rn. 42). Dass hier ausnahmsweise auch die Beklagte zu 2 als Transportversicherer Beteiligter im Sinne dieser Vorschrift hätte sein können, weil sie Inhaberin der Forderung eines der Beteiligten nach § 78 Abs. 1 Satz 2 BinSchG wurde (vgl. BGH, Urteil vom 09.12.1976 – II ZR 205/74 –, juris Rn. 6) ist weder ersichtlich noch wurden die Voraussetzungen dafür vorgetragen.

Auch wenn der Kläger die Beklagte zu 2 in einem Antrag über die aufgemachte Dispache nach § 405 Abs. 1 S. 1 FamFG als hinzuzuziehende Beteiligte bezeichnet hätte (§ 405 Abs. 1 S. 2 FamFG), würde sie allein dadurch nicht die Stellung einer Beteiligten erlangen, denn das Gericht hätte diesen Antrag zurückweisen müssen (§ 7 Abs. 5 FamFG), weil die Beklagte zu 2 materiell-rechtlich (§ 78 Abs. 1 S. 1 BinSchG) an der Dispache nicht beteiligt ist und folgerichtig allein durch die Bezeichnung auch nicht zur Beteiligten bestimmt werden kann (BeckOK FamFG/Schlögel, 28. Ed. 1.10.2018, FamFG § 405 Rn. 9; Keidel/Heinemann, FamFG, 19. Auflage 2017, § 405 Rn. 9, 22; Haußleiter, FamFG, 2. Auflage 2017, § 405 Rn. 5).

Eine Beteiligtenstellung der Beklagten zu 2 könne sich hier deshalb allenfalls dann ergeben, wenn man auf der Grundlage der grundsätzlich möglichen Abdingbarkeit von § 78 BinSchG (vergl. v.Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht, 5. Aufl., § 78 BinSchG Rn. 15) annehmen wollte, dass es den Parteien möglich ist, durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung (hier die Unterzeichnung des Revers) den Kreis der gesetzlich bestimmten Beteiligten zu erweitern, indem Personen, die nicht an der Großen Haverei beteiligt sind, den Beitragspflichten eines Beteiligten beitreten oder diese übernehmen. Dies bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, weil auch dann das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage nicht verneint werden könnte.

bb) Die Beklagte zu 1 wäre als Ladungseigentümer in einem Dispacheverfahren zwar Beteiligte im Sinne von § 78 Abs. 1 S. 2 BinSchG gewesen, gleichwohl kann ein Rechtsschutzbedürfnis für die vorliegende Klage nicht verneint werden.

Dazu bedarf es keiner Entscheidung der streitigen Frage, ob die Durchführung eines Dispachebestätigungsverfahrens nach §§ 405 ff. FamFG auch dann zulässig ist, wenn es sich um eine nicht von einem Dispacheur sondern um eine von einem Dritten (z.B. einem nicht öffentlich bestellten Sachverständigen) aufgemachte Dispache (verneinend Keidel/Heinemann, FamFG, 19. Auflage 2017, § 405 Rn. 12 Holzer/Holzer § 405 Rn. 6) oder um eine nicht nach Maßgabe des HGB oder des Binnenschifffahrtsgesetzes aufgemachte Dispache handelt (verneinend Keidel/Heinemann, FamFG, 19. Auflage 2017, § 405 Rn. 12; Bumiller/Harders/Bumiller/Harders/Schwamb, 11. Aufl. 2015, FamFG § 405 Rn. 1; Haußleiter, FamFG, 2. Auflage 2017, § 405 Rn. 2; für eine Dispache nach IVR- Regeln; bejahend MüKoZPO FamFG/Postler, 2. Aufl. 2013, FamFG § 403 Rn. 22 unter Bezugnahme auf OLG Hamburg VersR 1996, 393; AG Bamberg ZfB 2011, Nr. 7, 78; Rabe/Bahnsen, Seehandelsrecht, 5. Aufl., Anhang § 595 HGB § 405 FamFG Rn. 1 Holzer in: Prütting/Helms, FamFG, 4. Aufl. 2018, Vorbemerkungen zu §§ 403– 409 Rn. 10; Müther in: Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, Kommentar, Vorbemerkungen vor § 402 Rn. 2; Nedden-Boeger in: Schulte-Bunert/Weinreich, FamfG, 3. Aufl., § 405 Rn. 5; Holzer, TranspR 2013, 357, 358; ebenso Rheinschiffahrtsobergericht Köln, Urteil vom 25.02.1977 - 3 U 170/76 -, VersR 1978, 343; Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 03.09.1992 – 6 U 118/91 –, juris = TranspR 1993, 66 und Beschluss vom 17.02.1994 – 6 U 124/93 –, juris = TranspR 1994, 359 = VersR 1996, 393 wohl auch Ramming, RdTW 2016, 81, 94).

Selbst wenn man von der Zulässigkeit eines Dispachebestätigungsverfahrens nach §§ 405 ff. FamFG in der vorliegenden Konstellation ausgehen wollte, ließe sich das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers nicht verneinen. Das Erfordernis des Rechtsschutzbedürfnisses soll verhindern, dass Rechtsstreitigkeiten in das Stadium der Begründetheitsprüfung gelangen, die ersichtlich des Rechtsschutzes durch eine solche Prüfung nicht bedürfen. Bei Leistungsklagen wie hier ergibt sich ein Rechtsschutzbedürfnis regelmäßig schon aus der Nichterfüllung des behaupteten materiellen Anspruchs, dessen Vorliegen für die Prüfung des Interesses an seiner gerichtlichen Durchsetzung zu unterstellen ist. Nur ausnahmsweise können besondere Umstände das Verlangen des Klägers, in die materiellrechtliche Prüfung seines Anspruchs einzutreten, als nicht schutzwürdig erscheinen lassen (vgl. BGH, NJW 1987, 3138; BGH, Urteil vom 04.03.1993 - I ZR 65/91 -, NJW-RR 1993, 1129, 1130; BGH, Versäumnisurteil vom 24.02.2005 - I ZR 101/02 -, NJW 2005, 1788, 1789; BGH, Urteil vom 25. 10. 2012 – III ZR 266/11 -, NJW 2013, 464, 470; BGH, Urteil vom 21.04.2016 – I ZR 100/15 -, NJW 2017, 171, 172 Rn 13). Dies kann der Fall sein, wenn der Kläger sein Rechtsschutzziel auf einem einfacheren Weg erreichen kann, wobei ihm allerdings selbst dann die Erhebung der Klage nicht verwehrt ist, wenn er hierfür einen verständigen Grund hat (BGH, Urteil vom 19.12.2006 – XI ZR 113/16 -, juris Rn. 10; BGH, Urteil vom 21.04.2016 – I ZR 100/15 -, NJW 2017, 171, 172 Rn 13).

Umstände, nach denen auf dieser Grundlage ein Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen sein könnte, haben die Beklagten nicht aufgezeigt, sie sind auch nicht ersichtlich. Zum einen stellt das Verfahren nach §§ 405 ff. FamFG hier bereits deshalb kein einfacheres und schnelleres Verfahren mit der gleichen Gewissheit der Anspruchsdurchsetzung dar, weil angesichts der unterschiedlichen Positionen der Parteien zur Haftung der Beklagten nicht erwartet werden konnte, dass in dem Termin zur Verhandlung über die aufgemachte Dispache (§ 405 FamFG) eine Einigung und damit eine Bestätigung nach § 406 FamFG hätte erreicht werden können; vielmehr ist davon auszugehen, dass auch in diesem Fall eine Klärung der Haftung in einem gesonderten gerichtlichen Verfahren nach § 407 FamFG hätte stattfinden müssen, so dass kein Anlass besteht, dem Kläger die materiellrechtliche Klärung seines Anspruchs im Wege der Klage zu verwehren. Zum anderen hätte die weiter zwischen den Parteien streitige Frage der Aufrechnungsbefugnis der Beklagten in diesem Verfahren nicht geklärt werden können, so dass der Kläger in der Gesamtbeurteilung vernünftige Gründe dafür hatte, den Klageweg zu beschreiten (so schon Rheinschiffahrtsobergericht Karlsruhe, Urteil vom 22.06.1999 – U 6/98 RhSch –, juris Rn. 30, 31 = ZfB 2000, Nr 1, 74-76 = TranspR 2001, 458-459; Keidel/Heinemann, FamFG, 19. Auflage 2017, § 405 Rn. 3; MüKoZPO FamFG/Postler, 2. Aufl. 2013, FamFG § 403 Rn. 18).

Aus diesen Gründen wäre auch das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage gegen die Beklagte zu 2 zu bejahen, wenn man diese hier ausnahmsweise als Beteiligte des Dispacheverfahrens ansehen wollte (ebenso Rheinschiffahrtsobergericht Köln, Urteil vom 11.10.2018 – 3 U 70/17 BSch -, unter II. 1. d) bb)).

2. Das Schifffahrtsgericht hat die demnach zulässige Klage aber zu Recht abgewiesen, da der Kläger gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Beteiligung an den Kosten der Havarie hat.

Dies scheitert allerdings nicht schon an der fehlenden Aktivlegitimation des Klägers. Dieser hat, wovon das Schifffahrtsgericht zu Recht ausgegangen ist, zumindest aufgrund der vorgelegten Abtretungserklärungen seine Forderungsinhaberschaft hinsichtlich sämtlicher der Klage zugrunde gelegten Positionen belegt. Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der vorgelegten Erklärungen sind weder ersichtlich noch werden solche aufgezeigt. Die Beklagten kommen deshalb im Berufungsrechtszug zu Recht auf diesen Gesichtspunkt nicht mehr zurück.

a) Der Anspruch des Klägers folgt entgegen seiner Ansicht nicht schon daraus, dass die Beklagten "ihre Rechte aus dem Dispacheverfahren gemäß § 405 Abs. 1 S. 1 FamFG und § 406 FamFG nicht ergriffen" haben und deshalb mit Einwänden ausgeschlossen wären. Denn der Kläger übersieht, dass allein die Erstellung der Dispache vom 16.01.2017 (Anl. K 3) nicht zu einem Einwendungsausschluss nach Maßgabe der §§ 405 ff. FamFG. führt. Allein eine im Verfahren nach §§ 405, 406 FamFG bestätigte Dispache führt zu einem Einwendungsausschluss, während die unterlassene Durchführung des Bestätigungsverfahrens nicht zu einer Bindung der Beteiligten an den Inhalt der Dispache führt. Ohne eine notwendige gerichtliche Bestätigung nach § 406 FamFG stellt die Dispache lediglich ein unverbindliches Sachverständigengutachten dar, das der Akzeptanz durch alle Beteiligten bedarf (v.Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht, 5. Aufl., § 88 BinSchG Rn. 3, 7; Rabe/Bahnsen, Seehandelsrecht, 5. Aufl., § 595 HGB Rn. 12; Müther in: Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, Kommentar, § 405 Rn. 1; MüKoZPO FamFG/Postler, 2. Aufl. 2013, FamFG § 403 Rn. 9, § 405 Rn. 1; vgl auch Keidel/Heinemann, FamFG, 19. Auflage 2017, § 406 Rn. 5; Steup in: Bahrenfuss, FamFG, 3. Aufl. 2017, § 406 Rn. 2; Ramming, RdTW 2016, 81, 91). Deshalb ist es für die rechtliche Beurteilung ohne Bedeutung, dass die Beklagten einen Antrag nach § 405 Abs. 1 FamFG nicht gestellt haben. Es wäre vielmehr die Aufgabe des Klägers gewesen, das Verfahren durchzuführen, wenn er die Verbindlichkeit gegenüber den Beteiligten hätte herbeiführen wollen.

Nichts anderes ergibt sich aus den Havarie-Grosse Regeln IVR. Zwar sehen auch diese die Aufmachung einer Dispache vor (Regel XV IVR), jedoch wird ausdrücklich festgehalten, dass damit selbst bei einer - hier nicht erfolgten - Prüfung der Dispache durch die IVR kein Verzicht der Parteien auf ein gerichtliches oder schiedsgerichtliches Verfahren verbunden ist (Regel XVI IVR), selbst eine geprüfte Dispache wird dadurch nicht rechtskräftig (IVR-Kommentar zu Regel XVI).

b) Auch aus der Unterzeichnung des Revers vom 13.10.2016 durch die Beklagte zu 2 folgt noch nicht, dass dem Kläger der geltend gemachte Anspruch zusteht und die Beklagten mit ihren Einwendungen ausgeschlossen sind. Zwar stünde dem nicht entgegen, dass die Beklagte zu 1 in dem Revers nicht (ausdrücklich) erwähnt wurde, denn die Parteien sind sich darüber einig, dass die Beklagte zu 2 als Versicherer der Beklagten zu 1 für diese gehandelt hat, so dass die von ihr in Ausübung ihrer Befugnisse aus dem Versicherungsvertrag abgegebene Erklärung auch für und gegen die Beklagte zu 1 wirkte (§ 164 Abs. 1 S. 2 BGB). Davon geht das Schifffahrtsgericht deshalb zu Recht aus. Die unmittelbare Inanspruchnahme der Beklagten zu 2 rechtfertigt sich aus dem Wortlaut des Revers, wonach sich "Der Unterzeichnete verpflichtet", so dass unter den Voraussetzungen der Bedingungen des Revers eine unmittelbare Haftung der Beklagten zu 2 als alleinige Unterzeichnerin begründet wurde.

Gleichwohl genügt diese Unterzeichnung allein nicht, um den Anspruch des Klägers zu rechtfertigen, denn dieses ist nicht als ein Schuldanerkenntnis dem Grunde nach in dem Sinne zu werten, dass nicht mehr geprüft werden könnte, ob der Fall der Großen Haverei vorliegt. Aus dem Eingangstext des unterzeichneten Formulars folgt, dass eine abschließende Bewertung der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob ein Fall der Havarie-Grosse vorliegt, nicht vorgenommen wurde. Denn nach dem Wortlaut der Erklärung hat "der Unterzeichnete sich (nur) verpflichtet, sofern Havarie-Grosse vorliegt", so dass diese Voraussetzung für eine Inanspruchnahme gerade offenbleiben sollte. Demgemäß entspricht es nicht der allgemeinen Bedeutung derartiger Reverse, dem Unterzeichner den Einwand abzuschneiden, dass es an den Voraussetzungen der Großen Haverei fehle, zumal sich dies bei der Unterzeichnung keineswegs immer überschauen lässt. Deshalb ist es anerkannt, dass allein aufgrund der Unterzeichnung des Revers noch nicht feststeht, dass ein Fall der Beitragspflicht nach den Regeln der Havarie-Grosse vorliegt (BGH, Urteil vom 19.01.1981 – II ZR 31/80 –, juris, Rn. 13, 14 = BGHZ 80, 16 f. = NJW 1981, 2751 f. = VersR 1981, 475 f.; Schiffahrtsobergericht Köln, Urteil vom 27.11.1998 – 3 U 1/98 BSch –, juris Rn. 5 = ZfB 1999, Nr 6, 78 f. = TranspR 2000, 224 f.).

Der Einwand der Beklagten ist daher beachtlich und zu prüfen.

3. Nachdem die Parteien ihr Rechtsverhältnis ausweislich des Revers vom 13.10.2016 den Havarie-Grosse Regeln IVR neueste Fassung (= Havarie-Grosse Regeln IVR, Fassung 2013) unterstellt haben, kommt es darauf an, ob die Voraussetzungen der Regel I der Havarie- Grosse Regeln IVR (künftig Regel I IVR) vorliegen, wonach ein Fall der Havarie-Grosse dann gegeben ist, "wenn angesichts von außergewöhnlichen Umständen vernünftigerweise Opfer gebracht und/oder Kosten aufgewendet worden sind, um Schiff und Ladung aus einer gemeinsamen Gefahr zu retten". Damit stellt die Regel wie auch die gesetzlichen Regelungen § 78 BinSchG und § 588 HGB auf das Vorliegen einer gemeinsamen Gefahr für Schiff und Ladung ab. Wann diese Voraussetzung erfüllt ist, wird in der Regel I IVR nicht näher definiert. Nach den vom Verwaltungsrat der Internationalen Vereinigung zur Wahrnehmung der gemeinsamen Interessen der Binnenschifffahrt und der Versicherung und zur Führung des Registers von Binnenschiffen in Europa (IVR) bekräftigten Erläuterungen zu dieser Regel (künftig IVR-Kommentar), denen für die Auslegung erhebliche Bedeutung zukommt, weil darin durch ein Organ der Regelverfasserin deren Vorstellungen zum Inhalt der jeweiligen Regeln mitgeteilt werden, wurde auf eine Definition des Begriffs der Gefahr bewusst verzichtet (IVR-Kommentar zu Regel I Stichwort "Gefahr"). Eine gemeinsame Gefahr soll nach der Vorstellung der Verfasser dieser Regel dann vorliegen können, wenn eine Gefahr das Schiff und die Ladung gleichzeitig bedrohe, wobei unerheblich sein soll, dass die Gefahr für einen der beiden Teile viel größer ist als für den anderen; nur dann, wenn überhaupt keine Gefahr für einen der beiden Teile bestanden habe, sei es nicht mehr möglich, die ergriffenen Maßnahmen als Havarie-Grosse anzuerkennen (IVR-Kommentar zu Regel I Stichwort "gemeinsame Gefahr für Schiff und Ladung").

a) Ausgehend hiervon muss die Auslegung, was eine (gemeinsame) Gefahr für die Ladung darstellt, am Sprachgebrauch ansetzen, wie er in den Formulierungen der Regeln zum Ausdruck kommt. Danach umschreibt der Begriff der Gefahr im allgemeinen einen Zustand, der die Möglichkeit beinhaltet, dass jemandem etwas zustößt, dass ein Schaden eintritt (https://www.duden.de/rechtschreibung/Gefahr) oder dass eine Situation gegeben ist, aus der nach bewährten Erfahrungssätzen die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung folgt, bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit Wahrscheinlichkeit ein Rechtsgut geschädigt werden wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.02.1974 – I C 31.72 –, juris Rn. 32 = BVerwGE 45, 51 und Möllers, Wörterbuch der Polizei, 3. Auflage 2018, Stichwort "Gefahr", jeweils zum polizeirechtlichen Gefahrenbegriff). Dass die Gefahr im Sinne von Regle I IVR anders zu verstehen sein könnte, ist nicht ersichtlich, insbesondere geben die erläuternden Kommentierungen zu dieser Annahme keine Veranlassung. Im Gegenteil deuten diese darauf hin, dass eine Gefahr für die Ladung im Sinne des Regelwerks nur dann besteht, wenn eine negative Einwirkung auf die Ladung im Sinne einer Schädigung oder sonstigen Beeinträchtigung droht, die Gefahr also die Ladung selbst und nicht nur die mit der Ladung verknüpften rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen des Ladungseigentümers betrifft. Denn beim Stichwort "Unterscheidung: Opfer und Kosten" der Kommentierung wird unter den Begriff des Opfers lediglich der Sachschaden subsumiert. Dem entspricht, dass Regel VII IVR für die ladungsbezogenen Vergütungen an die Beschädigung oder den Verlust von geopferten Gütern (Ladung) angeknüpft und damit eine Einwirkung auf die Sache selbst voraussetzt, hingegen eine bloße Beeinträchtigung sonstiger Eigentümerinteressen nicht für ausgleichspflichtig hält, was seine Entsprechung in dem Ausschluss einer Vergütung für Verluste, Schäden und Kosten durch Verzögerungen und sonstige mittelbare Schäden findet (Regel IV IVR). Schließlich betrifft auch die Regel für die Schadensfeststellungen (Regel XIII IVR) lediglich Schäden an der Ladung und am Schiff, nicht jedoch sonstige Vermögensschäden. In der Gesamtwürdigung dieser Umstände ergibt sich daher, dass eine Gefahr im Sinne der Regel I IVR nur dann gegeben ist, wenn der Ladung selbst eine nachteilige, schädigende Veränderung droht, nicht jedoch schon dann, wenn lediglich die auf die Ladung bezogenen sonstigen Vermögensinteressen des Eigentümers betroffen sind, weil diesem ein Vermögensschaden drohen kann. Ein solcher reiner Vermögensschaden kann auch nicht einer Eigentumsverletzung gleichgestellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 07.06.1979 – II ZR 132/77 –, juris, Rn 9; ebenso Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt, Urteil vom 18.03.2013 – 473 Z-1/13 -, juris Rn. 31f.).

b) Diese Deutung entspricht im Übrigen den zu den gesetzlichen Regelungen in § 78 Abs. 1 BinSchG und § 588 HGB vertretenen Auffassungen. Danach liegt ein Fall der Havarie- Grosse nur vor, wenn (auch) für die Ladung eine Gefahr bestand, weil zu befürchten war, dass sie Schaden nehmen würde (vgl. Schiffahrtsobergericht Karlsruhe, Beschluss vom 25.03.1994 - W 1/94 BSch -, ZfB 1999 - Nr. 12, 1764 ff.; Schiffahrtsobergericht Köln, Urteil vom 27.11.1998 – 3 U 1/98 BSch –, juris Rn. 11 = ZfB 1999, Nr 6, 78 = TranspR 2000, 224; v.Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht, 5. Aufl., § 78 BinSchG Rn. 6, 7 Rabe/Bahnsen, Seehandelsrecht, 5. Aufl., § 588 HGB Rn. 9), weshalb aus dem Umstand, dass Freiturnmanöver zu dem Zweck vorgenommen wurden, das Schiff wieder frei zu bekommen, nicht ohne weiteres geschlossen werden kann, dass dies auch der Rettung der Ladung aus einer Gefahrenlage diente (Schiffahrtsobergericht Karlsruhe, Beschluss vom 25.03.1994 - W 1/94 BSch -, ZfB 1999 - Nr. 12, 1764 ff.; Schiffahrtsobergericht Köln, Urteil vom 27.11.1998 – 3 U 1/98 BSch –, juris Rn. 7 = ZfB 1999, Nr 6, 78 = TranspR 2000, 224). Eine Gefahr in Sinne der Regeln der Havarie-Grosse ist vielmehr erst dann geben, wenn auch ein Verlust oder eine Wertminderung der Ladung zumindest wahrscheinlich ist (z.B. Holzer, TranspR 2013, 357, 358; Ramming, RdTW 2016, 81, 82; v.Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht, 5. Aufl., § 78 BinSchG Rn. 6) oder, in der Formulierung des Reichsgerichts, wenn eine Sachlage gegeben ist, die notwendigerweise oder doch regelmäßig Schaden verursacht (Urteil vom 08.11.1940 - I 45/40 -, RGZ 165, 166, 171 zum Begriff der Großen Havarei in § 700 HGB a.F.).

c) Danach sind hier die Voraussetzungen für eine Havarie-Grosse nach den Regeln IVR nicht erfüllt, weil eine Gefahr der Schädigung oder Beeinträchtigung der Ladung selbst nicht gegeben war:

aa) Ein Substanzschaden ist nicht eingetreten, auch der Kläger führt aus, dass die Güter selbst völlig unbeschädigt geblieben sind (Schriftsatz vom 14.08.2017, Seite 6, I 66). Die daran anknüpfende pauschale Behauptung, die Gefahr für Schiff und Ladung habe durch Aufwendung der Kosten abgewendet werden können (Schriftsatz vom 14.08.2017, Seite 6), lässt offen, in welcher Weise die Ladung in dem hier zur Entscheidung anstehenden konkreten Einzelfall gefährdet gewesen sein könnte. Auch nachdem die Beklagten ausdrücklich vorbrachten, dass zu keiner Zeit eine Gefahr für die Ladung etwa durch einen drohenden Wassereinbruch bestanden habe (Schriftsatz vom 13.10.2017, Seite 5; I 123), verzichtete der Kläger auf konkreten Tatsachenvortrag zu einer möglichen Gefahr für die Ladung (das Beweisangebot zur Notwendigkeit der Kosten zur Rettung von Schiff und Ladung <Schriftsatz vom 16.10.2017, Seite 3; I 148> kann Parteivortrag nicht ersetzen). Ebensowenig ist die nicht näher erläuterte und begründete Schlussfolgerung des Klägers gerechtfertigt, dass es sich dann, wenn sich ein Schiff festfährt, (immer) um eine Gefahr für Schiff und Ladung handle (Schriftsatz vom 14.03.2018 Seite 1, 2; I 270 f.; ähnlich v.Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht, 5. Aufl., § 78 BinSchG Rn. 7), denn dieser pauschalen Annahme fehlt eine tragfähige Grundlage, dies lässt sich allenfalls im Einzelfall beurteilen (vgl. Schiffahrtsobergericht Karlsruhe, Beschluss vom 25.03.1994 - W 1/94 BSch -, ZfB 1999 - Nr. 12, 1764 ff. und Schiffahrtsobergericht Köln, Urteil vom 27.11.1998 – 3 U 1/98 BSch –, juris Rn. 7 = ZfB 1999, Nr 6, 78 = TranspR 2000, 224, jeweils zu Freiturnmaßnahmen, und allgemein zur Erforderlichkeit der Feststellung einer konkreten Gefahr BGH, Urteil vom 07.06.1979 – II ZR 132/77 –, juris, Rn. 8).

bb) Eine Gefahr für die Ladung ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen. Der Interventionsbericht vom 06.08.2016 (Anl. K1) enthält zwar die Angabe, es seien geeignete Maßnahmen erforderlich gewesen, um Schiff und Ladung aus der gemeinsamen Gefahr zu retten. Woraus sich die Gefahr für die Ladung ergeben sollte, wird aber nicht dargelegt. In der Beschreibung der angetroffenen Situation wird die Ladung noch nicht einmal erwähnt. Es wird vielmehr ausdrücklich festgehalten, dass ein Wassereinbruch nicht feststellbar gewesen sei. Daraus dass das GMS "K." am rechten Ufer bei leichter Krängung auf einer Kiesbank (vgl. das Schiffsunfallmeldeblatt der WGS-Gruppe Deggendorf, Anl. B 2, unter 8., I 83) und damit nicht auf felsigem Untergrund festlag, ergab sich keine Gefahr für die Ladung, auch der Interventionsbericht leitet daraus keine Gefahr für die Ladung ab. Deshalb ist nur ergänzend darauf hinzuweisen, dass die – hier zudem nicht begründete – Auffassung in dem Bericht, die Maßnahmen hätten zur Errettung aus gemeinsamer Gefahr gedient, keine Bindungswirkung entfaltet. Auch aus dem Protest des Klägers vom 03.08.2016 ergibt sich keine Gefahr für die Ladung. Dieser beschränkt sich auf die Feststellung, dass keine Leckagen vorhanden waren, die Ladung wird nicht erwähnt, Anhaltspunkte für eine Gefahr für die Ladung lassen sich dem Protest nicht entnehmen.

cc) Die Vernehmung des Verfassers des Interventionsberichts als Zeuge erbrachte ebenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine die Ladung betreffende Gefahr. Die Gefahr eines Querschlagens des Schiffes hat der Zeuge L. ausdrücklich verneint (Protokoll vom 19.02.2018, Seite 4, I 256). Die vom Zeugen angesprochene allgemeine Möglichkeit, das Schiff habe leckschlagen können, was vom Zeugen nicht überprüft wurde, hat er auf Nachfrage in der konkreten Situation als eine bloß abstrakte Gefahr bezeichnet (a.a.O., Seite 6, I 258). Eine solche bloß abstrakte Gefahr genügt aber nach den Erläuterungen zur Regel I IVR nicht, denn ungeachtet des Umstands, dass für deren Anwendung ein bestimmtes Ausmaß der Gefahr nicht notwendig ist, muss die Situation eine nennenswerte und messbare Gefahr darstellen (IVR-Kommentar zu Regel I Stichwort "Gefahr"), weshalb eine bloß abstrakte Gefahr, für deren Verwirklichung hier keinerlei Anhaltspunkte vorhanden waren, nicht genügt. Im Übrigen hat das Amtsgericht zu Recht darauf verwiesen, dass – von dem Zeugen bestätigt (a.a.O. Seite 6, I 258) und zwischen den Parteien auch unstreitig – der transportierte Baustahldraht mit Wasser in Kontakt kommen konnte, ohne dass er dadurch keinen Schaden hätte erleiden können, weil er auch in rostigen Zustand verarbeitet werden kann, weshalb selbst eine - hier nicht eingetretene - Leckage nicht zu einem Schaden der Ladung geführt hätte. Damit bestand auch auf der Grundlage der Angaben des Zeugen lediglich eine Gefahr für das Schiff selbst, nicht hingegen für die Ladung.

dd) Soweit der Kläger eine Gefahr im Sinne der Regel I IVR daraus herleiten will, dass die Ladung von einem festgefahrenen Schiff nicht gelöscht oder umgeladen werden könne (Schriftsatz vom 14.03.2018, a.a.O.), überzeugt dies nicht. Der Verweis des Klägers auf einen Verlust der Ladung, wenn das Schiff nicht freigeschleppt worden wäre, geht hier fehl, denn auch dann wäre die Ladung nicht verloren gewesen, weil sie hätte geborgen werden können. Dass dies in der hier zu beurteilenden konkreten Situation nicht möglich gewesen sein könnte, ist weder ersichtlich noch wurden vom Kläger Anhaltspunkte dafür vorgebracht (darauf hat bereits die Streithelferin der Beklagten im Schriftsatz vom 23.03.2018, Seite 6; I 290, hingewiesen). Allein der Umstand, dass auch die unbeschädigte Ladung von der Fortführung der Fahrt profitierte, genügt nicht für die Annahme, es habe auch eine Gefahr für diese bestanden. Dies gilt hier insbesondere auch deshalb, weil die Ladung nach einer Bergung (z.B. Umladung) ihren Bestimmungsort hätte erreichen können, auch wenn der Schiffsführer auf ein Freischleppen des Schiffes verzichtet hätte oder wenn dies unmöglich gewesen wäre (so schon das Reichsgericht, Urteil vom 08.11.1940 - I 45/40 -, RGZ 165, 166, 172 für die Große Havarei nach § 700 HGB a.F.). Zudem wäre in dem vom Kläger gebildeten Beispielsfall die Gefahr des Verlustes der Ladung nicht bereits durch die Havarie entstanden sondern erst aus der späteren Entscheidung des Schiffseigners, sein Schiff nicht zu bergen. Schließlich sind Überlegungen zur Unauffindbarkeit von Schiff und Ladung auf der offenen See oder zu einem möglichen Verlust beim Sinken eines Schiffes ungeeignet, eine gemeinsame Gefahr im hier streitgegenständlichen Einzelfall zu belegen.

ee) Schließlich überzeugt auch der Hinweis des Klägers auf Beeinträchtigungen der Verfügungsgewalt des Ladungseigentümers nicht. Zwar konnten ohne die ergriffenen Maßnahmen das Schiff und die Ladung den Bestimmungsort nicht erreichen. Dies genügt jedoch nicht, um eine Gefahr im Sinne der Regel I IVR anzunehmen, weil dies kein Schaden der Ladung ist, diese erleidet dadurch keine negative Beeinträchtigung. Insoweit wären allein die Interessen des Ladungseigentümers betroffen, weil dessen Möglichkeiten, mit dem transportierten Gut zu handeln, betroffen und möglicherweise negativ beeinträchtigt gewesen wären. Solche "Gefahren" betreffen lediglich Vermögensinteressen des Eigentümers, die nicht allein deshalb Gefahren für die Sache selbst begründen, weil diese Vermögensinteressen an die Verfügbarkeit der Sache anknüpfen und deshalb mittelbar mit dieser verbunden sind. Derartige Gefahren sind unabhängig von einer Gefahrenlage für die Sache selbst, sie entstehen auch bei völlig unbeschädigter Ladung allein schon aus dem Umstand, dass durch die Havarie des Schiffes eine Störung des Transportes eingetreten ist. Zudem werden solche mittelbaren Schäden selbst dann, wenn eine Havarie-Grosse vorliegt, nicht vergütet (Regel IV IVR).

ff) Die vom Kläger angeführten Gefahren einer Beschädigung des Schiffes selbst sind alleine nicht ausreichend, um eine Gefahr auch für die Ladung und damit eine gemeinsame Gefahr (v.Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht, 5. Aufl., § 78 BinSchG Rn. 6 Rabe/Bahnsen, Seehandelsrecht, 5. Aufl., § 588 HGB Rn. 15; Ramming, RdTW 2016, 81, 82) zu begründen. Dass eindringendes Wasser grundsätzlich zu einer Gefahr für die Ladung werden kann, mag zutreffen, dies allein genügt hier jedoch nicht, weil der transportierte Baustahldraht durch Wasserkontakt keinen Schaden genommen hätte. Dass hier eine konkrete Gefahr eines Wassereinbruchs gegeben war, wird nicht behauptet und lässt sich auch nicht feststellen. Auch die Annahme, eine Ladung werde eine zunehmende Krängung, ein Auseinanderbrechen oder gar ein Querschlagen sicher nicht unbeschadet überstehen (Schriftsatz vom 14.03.2018, Seite 3; I 272), mag regelmäßig zutreffen. Dass dies hier auch der Fall gewesen wäre, lässt sich jedoch ebenfalls nicht feststellen. Maßgebend ist allein, ob für die Ladung eine nachteilige Veränderung aufgrund der durch das Festfahren eingetretene Situation zu befürchten gewesen war (so schon das Reichsgericht, Urteil vom 08.11.1940 - I 45/40 -, RGZ 165, 166, 173 zur Großen Havarei nach § 700 HGB a.F.), was vom Kläger zu beweisen war und was nach seinem Vortrag und dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden kann. Da es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ankommt, ist nicht entscheidend, dass bei einem Festfahren eines Schiffes häufig eine gemeinsame Gefahr für Schiff und Ladung vorliegt und dies deshalb keiner besonderen Prüfung bedarf.

gg) Auch um einen begründeten Verdacht einer Substanzverletzung oder sonstigen Schädigung des Ladegutes und die daran anknüpfende Frage, ob dies eine Gefahr im Sinne der Regeln der Havarie-Grosse darstellen kann (vgl. dazu Schiffahrtsobergericht Karlsruhe, Urteil vom 19.05.2011 – 22 U 3/10 BSch –, juris Rn. 46 = TranspR 2011, 238 = ZfB 2011, Nr 9, 73 = VersR 2012, 1011; LG Mannheim, Urteil vom 16.04.2014 – 24 O 58/17 – juris Rn. 30 f. = RdTW 2018, 437), geht es hier nicht, eine solche Situation ist hier nicht ersichtlich, sie wird auch vom Kläger nicht geltend gemacht.

4. Zwar kann ein Fall der Havarie-Grosse, wie der Kläger zu Recht ausführt, auch dann anzunehmen sein, wenn es bei objektiver Betrachtung unter Berücksichtigung aller einem optimalen Beobachter erkennbaren Umstände an einer Gefahr für die Ladung fehlt, solange der Schiffsführer aus seiner Sicht eine Gefahr in dem vorstehend beschriebenen Sinn angenommen und zu deren Abwendung gehandelt hat. Denn für die Anwendung der Regel I IVR ist ausreichend, dass der ordentliche Schiffsführer annehmen darf, die Situation sei gefährlich für sein Schiff und die Ladung, auch wenn tatsächlich keine Gefahr bestanden hat (IVR-Kommentar zu Regel I Stichwort "Gefahr"). Auch in diesem Fall muss der Schiffsführer aber davon ausgegangen seien, dass die angenommene Gefahr Schiff und Ladung gleichzeitig bedroht; geht er lediglich davon aus, dass die Gefahr nur für das Schiff oder nur für die Ladung bestanden hat, genügt dies nicht (IVR-Kommentar zu Regel I Stichwort "gemeinsame Gefahr für Schiff und Ladung"). Dementsprechend müssen die Rettungsmaßnahmen auch bei einer lediglich angenommenen Gefahr darauf gerichtet sein, gleichzeitig sowohl die Gefahr für das Schiff als auch die Gefahr für die Ladung abzuwenden. Soll lediglich die Gefahr für eines der beiden gefährdeten Objekte abgewendet werden, fehlt es am Charakter einer Havarie-Grosse (IVR-Kommentar zu Regel I Stichwort "gemeinsame Errettung"). Diese Sichtweise entspricht, worauf die Erläuterungen zu Regel I IVR zutreffend hinweisen, der allgemeinen Meinung (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 30.10.1958 – II ZR 50/57 –, juris Rn. 21 = BGHZ 28, 285-296 = VersR 1958, 881; BGH, Urteil vom 19.01.1981 – II ZR 31/80 –, juris Rn. 21, 23, 26 = BGHZ 80, 16-24 = NJW 1981, 2751-2752 = VersR 1981, 475-477; Schiffahrtsobergericht Köln, Urteil vom 27.11.1998 – 3 U 1/98 BSch –, juris Rn. 10 = ZfB 1999, Nr 6, 78 = TranspR 2000, 224; Holzer, TranspR 2013, 357, 358; Ramming, RdTW 2016, 81, 82; v.Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht, 5. Aufl., § 78 BinSchG Rn. 8; Rabe/Bahnsen, Seehandelsrecht, 5. Aufl., § 588 HGB Rn. 15; vgl. auch Gerichtshof Den Haag, Urteil vom 17.12.2013 – 200.117.851/01 -, ZfB 2015, Nr. 3, S. 64).

Weder aufgrund des Vortrags des Klägers noch aus den vorgelegten Unterlagen noch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lässt sich jedoch feststellen, dass unter diesem Gesichtspunkt die Annahme einer Havarie-Grosse gerechtfertigt sein könnte, der Kläger hat auch dies nicht bewiesen.

a) Die pauschale Behauptung, die Gefahr für Schiff und Ladung habe durch Aufwendung der Kosten abgewendet werden können (Schriftsatz vom 14.08.2017, Seite 6), lässt schon offen, aufgrund welcher Umstände der Kläger angenommen haben könnte, die Ladung sei gefährdet gewesen. Dies hat der Kläger auch dann nicht näher erläutert, als die Beklagten ausdrücklich vorbrachten, dass zu keiner Zeit eine Gefahr für die Ladung etwa durch einen drohenden Wassereinbruch bestanden habe (Schriftsatz vom 13.10.2017, Seite 5; I 123). Ebenso wenig ist die Schlussfolgerung des Klägers gerechtfertigt, dass (immer) dann, wenn sich ein Schiff festfährt, es sich um eine Gefahr für Schiff und Ladung handle (Schriftsatz vom 14.03.2018 Seite 1, 2; I 270 f.). Denn diese Annahme mag häufig gerechtfertigt sein, ein diese Annahme regelmäßig rechtfertigender allgemeiner Erfahrungssatz fehlt jedoch (vgl. Schiffahrtsobergericht Karlsruhe, Beschluss vom 25.03.1994 - W 1/94 BSch -, ZfB 1999 - Nr. 12, 1764 ff., und Schiffahrtsobergericht Köln, Urteil vom 27.11.1998 – 3 U 1/98 BSch –, juris Rn. 7 = ZfB 1999, Nr 6, 78 = TranspR 2000, 224, jeweils zu Freiturnmaßnahmen wie hier), weshalb eine Beurteilung aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ist.

b) Danach fehlen hier hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass nach den Vorstellungen des Klägers die ergriffenen Rettungsmaßnahmen auch der Rettung der Ladung dienten: Schon dem Interventionsbericht vom 06.08.2016 (Anl. K1) lassen sich, wie bereits gezeigt, keine Anhaltspunkte für eine Gefahr bezogen auf die Ladung entnehmen. Beschrieben wird lediglich die Situation des GMS "K.", in diesem Zusammenhang wird eine auf die Ladung bezogene Gefahr noch nicht einmal erwähnt, es wird vielmehr ausdrücklich festgehalten, dass ein Wassereinbruch nicht festgestellt werden konnte. Dass die Ladung von diesen Maßnahmen insoweit profitierte, dass die Fahrt fortgesetzt werden konnte, genügt allein nicht um annehmen zu können, die Maßnahmen hätten auch bezweckt, die Ladung vor einem Schaden zu bewahren. Auch aus dem Protest des Klägers vom 03.08.2016 ergeben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine solche Intention. Der Protest beschreibt ebenfalls lediglich Gefahren für das Schiff ("die Strömung drückte uns gegen den Grund"), die Ladung findet keine Erwähnung, allenfalls die im Protest enthaltene Feststellung, dass Leckagen nicht gefunden wurden, kann auf die Ladung bezogen werden. Diese Feststellung deutet darauf hin, dass zwar die Möglichkeit einer Gefahr für die Ladung geprüft, eine solche mangels einer Leckage aber verneint wurde, was annehmen lässt, dass bei den Maßnahmen zur Errettung des Schiffes nicht von einer Gefahr für die Ladung ausgegangen wurde.

c) Gegen die Annahme einer Gefahr durch den Kläger spricht weiter, dass - wie die Streithelferin M. unwidersprochen vorbringt - dem Kläger bekannt war, dass es sich um Baustahldraht/Ringdraht gehandelt hat, dies auch unschwer zu erkennen gewesen war und dass diesem Wasserkontakt, der hier noch nicht einmal stattgefunden hatte und mangels einer Leckage auch nicht drohte, nicht schadet, weil er auch im Freien gelagert werden kann (Schriftsatz vom 21.03.2018, Seite 2; I 278). Dies kann zudem als allgemein bekannt angesehen werden, da Baustahl auf Baustellen vor der Verarbeitung regelmäßig im Freien gelagert und damit Wind und Wetter ausgesetzt wird, was zeigt, dass Rost die bestimmungsgemäße Verwendung nicht hindert (so ausdrücklich auch der als Zeuge vernommene Dispacheur L., Prot. vom 19.02.2018, Seite 4, I 256). Angesichts dessen hatte der Kläger auch keine Veranlassung für die Annahme, die Ladung könnte durch die Festfahrung (zumal ohne Leckagen) gefährdet gewesen sein. Die Angaben des als Zeugen vernommenen Dispacheurs ergeben in der konkreten Situation keine mögliche Gefahr für die Ladung. Die von diesem allgemein beschriebenen Gefahren des Leckschlagens betreffen allein das Schiff und nicht die Ladung und wurden von diesem zudem als relativ selten und als abstrakte Gefahr bezeichnet (Protokoll vom 19.02.2018, Seite 6, I 258), was die Anforderungen an die nach der Regel I IVR notwendig nennenswerte und messbare Gefahr (IVR-Kommentar zu Regel I Stichwort "Gefahr") nicht erfüllt, denn messbar und nennenswert ist eine bloß abstrakte (theoretische) Gefahr noch nicht. War aber schon die Gefahr einer Leckage nicht nennenswert und messbar, so gilt dies erst recht für eine daraus eventuell herzuleitende Gefahr für die Ladung selbst, so dass es besonderer Begründung bedurft hätte, warum der Kläger dennoch von einer Gefahr für die Ladung ausging.

d) Die weiteren Überlegungen des Klägers geben zu einer anderen Beurteilung keine Veranlassung. Dass Situationen denkbar sind, in denen ein Schiff querschlägt oder sogar sinkt, ist offensichtlich. Dass solche Gefahren hier nicht nur rein theoretisch und abstrakt drohten, ist jedoch nicht ersichtlich. Sowohl der Interventionsbericht als auch der Protest des Klägers als auch die Angaben des Dispacheurs als Zeuge ergeben keinerlei Anhaltspunkte dafür. Das Vorbringen des Klägers beschränkt sich auf allgemein gehaltene Beschreibungen von Havariefällen ohne darzulegen, dass und aufgrund welcher Umstände die konkrete Situation Anlass für die Annahme, solche Gefahren drohten, gegeben hätte. Auch ist nicht ersichtlich und insbesondere auch nicht konkret dargelegt, dass der Kläger hier davon ausgegangen sein könnte, ohne das Freischleppen seines Schiffes sei die Ladung unrettbar verloren. Dies ist bei einem neben der Fahrrinne auf einem Kiesbett festliegenden Schiff nicht selbstverständlich und hätte deshalb der näheren Begründung bedurft. Auch unter diesem Aspekt lässt sich somit das Vorliegen einer Havarie-Grosse nicht feststellen.

5. Damit fehlt es an den Voraussetzungen einer Havarie-Grosse nach Regel I IVR, zumindest an deren Nachweis durch den Kläger (zu dessen Beweislast vergl. Regel V IVR), so dass die daran anknüpfenden Beitragslasten nicht bestehen, der Kläger somit die geltend gemachten Beträge nicht von dem Beklagten fordern kann, weshalb die Berufung schon aus diesem Grund ohne Erfolg bleiben muss.

6. Selbst wenn man dem nicht folgen wollte und den Fall einer Havarie-Grosse nach Regel I IVR annehmen wollte, bliebe die Berufung ohne Erfolg, denn die Beklagten könnten dem Kläger die schuldhafte Herbeiführung der Gefahr entgegenhalten:

a) Zwar verweist der Kläger zu Recht darauf, dass nach der Regel III IVR eine Beitragspflicht zur Havarie-Grosse auch dann besteht, wenn das zu Grunde liegende Ereignis auf das Verschulden eines Beteiligten zurückzuführen ist. Allerdings schließt auch diese Regel nicht aus, dass auf den Verursacher der Gefahr zugegriffen wird, weil gesetzliche oder vertragliche Ansprüche gegen den fehlerhaft Handelnden nicht ausgeschlossen sind (IVR- Kommentar zu Regel III Stichwort "Rückgriff gegen die schuldige Partei"). Dabei bedarf es hier keiner Entscheidung darüber, ob es unter Anwendung dieser Regel zulässig ist, der Geltendmachung der Beitragspflicht nach Havarie-Grosse Gegenansprüche aufgrund der schuldhaften Herbeiführung der Havarie-Grosse entgegenzuhalten oder ob solche Ansprüche außerhalb der Abwicklung der Beitragspflichten gesondert durchgesetzt werden müssen. Denn auch insoweit sind allein die Bedingungen des Revers maßgebend, das die Anwendung der Havarie-Grosse Regeln IVR zwar grundsätzlich festschreibt, dies jedoch mit der Maßgabe, dass § 589 HGB vorrangig anwendbar bleibt. Da es der Privatautonomie der Parteien überlassen bleibt, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sie ihre Rechtsbeziehungen den Havarie-Grosse Regeln IVR unterwerfen, denn diese Regeln entfalten nur Kraft Vereinbarung Wirkung zwischen den Beteiligten (v.Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht, 5. Aufl., Anhang §§ 90, 91 BinSchG Rn. 2 f.; Ramming, RdTW 2016, 81, 82, 93), bestehen keine Bedenken gegen die Annahme, dass mit diesem Vorbehalt die Anwendung der Regel III IVR, soweit sie in Widerspruch zu § 589 HGB steht, abbedungen wurde. Der danach wirksam vereinbarte Vorrang von § 589 HGB hat zur Konsequenz, dass die Beklagten nicht auf einen späteren Rückgriff gegen den Kläger verwiesen werden können, sie vielmehr die ihnen zustehenden Ansprüche wegen der schuldhaften Herbeiführung der Havarie-Grosse bereits im vorliegenden Verfahren geltend machen können.

b) Die Anwendung von § 589 HGB ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht durch vorrangige frachtvertragliche Regelungen ausgeschlossen. Dabei bedarf es an dieser Stelle keiner Entscheidung darüber, ob das für die Bundesrepublik am 01.11.2007 in Kraft getretenen (Gesetz vom 17.03.2007, BGBl 2007 II, 298 i.V.m. der Bekanntmachung vom 03.08.2007, BGBl 2007 II, 1390) Budapester Übereinkommens vom 22.06.2001 über den Vertrag über die Güterbeförderung in der Binnenschifffahrt (CMNI) auf die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien Anwendung findet, denn das Übereinkommen regelt in Art. 26 CMNI ausdrücklich, dass die Anwendung innerstaatlichen Rechts über die Schadensberechnung und Beitragspflichten im Falle einer großen Haverei nicht berührt wird, so dass die Regelungen über die Große Haverei im Binnenschifffahrtsrecht (§ 78 BinSchG) und im Handelsgesetzbuch (§§ 588 ff. HGB) anwendbar bleiben. Damit ist § 589 HGB neben den frachtvertraglichen Regelungen des Übereinkommens anwendbar, weshalb unabhängig von den frachtvertraglichen Regelungen des Übereinkommens die Beitragspflicht der Beklagten zur Großen Haverei auch nach Maßgabe von § 589 Abs. 1 S. 2 HGB oder § 589 Abs. 2 HGB ausgeschlossen sein kann.

c) Damit können die Beklagten dem Kläger gemäß § 589 Abs. 1 S. 2 HGB entgegenhalten, dass er die Gefahr schuldhaft herbeigeführt hat mit der Folge, dass er Ansprüche nach § 589 Abs. 1 S. 1 HGB nicht durchsetzen kann:

aa) § 589 Abs. 1 S. 2 HGB betrifft nicht lediglich den Ausschluss von Schäden, die dem Eigentum des Klägers zugefügt wurden. Die Vorschrift erfasst vielmehr alle vermögensrechtlichen Nachteile, die der Kläger aufgrund der Havarie-Grosse erlitten hat und damit sämtliche Schadenspositionen und Aufwendungen, die der Beseitigung der Gefahr dienten, so dass der Kläger nicht nur mit Beitragsansprüchen bezogen auf Schäden an seinem Gut sondern mit allen seinen Ansprüchen aus Anlass der Großen Haverei vollständig ausgeschlossen ist (Ramming, Hamburger Handbuch zum Binnenschifffahrtsfrachtrecht, § 43 Rn. 660; ders. RdTW 2016, 81, 95; Rabe/Bahnsen, Seehandelsrecht, 5. Aufl., § 589 HGB, Rn. 17, 18; BGH, Urteil vom 17.11.1980 – II ZR 51/79 –, juris Rn 47 = BGHZ 78, 384-397 und Urteil vom 13.07.1981 – II ZR 91/80 –, juris Rn. 44, 45 = BGHZ 81, 271-282 jeweils zur Vorgängervorschrift in § 702 Abs. 2 HGB a.F.; v.Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht, 5. Aufl., § 79 BinSchG Rn. 7, 8 zur wortgleichen Vorschrift des §§ 79 Abs. 2 BinSchG a.F.).

bb) Das Schifffahrtsgericht hat auch zu Recht ein Verschulden des Klägers angenommen, denn er musste sich entlasten, da er den Beweis fehlenden Verschuldens zu führen hatte. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei vertraglichen, vorvertraglichen oder deliktischen Rechtsbeziehungen eine Verteilung der Beweislast nach Gefahrenbereichen vorzunehmen ist (BGHZ 27, 236, 238; 51, 91, 103 ff). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass in den Fällen, in denen die Schadensursache aus dem Herrschaftsbereich oder Organisationsbereich des Beklagten stammt, es dem Geschädigten vielfach nur schwer oder überhaupt nicht möglich ist, ein Verschulden des Beklagten nachzuweisen, wogegen es für den letzteren regelmäßig leicht ist, seinen Herrschaftsbereich oder Organisationsbereich zu überschauen, er somit näher daran ist, den Sachverhalt aufzuklären und die Folgen einer nicht vollständigen Aufklärung zu tragen. Von dieser besonderen Lage wird auch das Verhältnis zwischen dem Schiffseigner und dem Ladungseigentümer bestimmt, wenn eine Havarie infolge der Beschaffenheit des Fahrzeugs eingetreten ist. Hier liegt für den Ladungseigentümer oftmals ein Beweisnotstand vor, soweit es um die Frage eines Verschuldens des Schiffseigners oder der Besatzung geht, wogegen dieser auf Grund seiner Herrschaftsgewalt und Organisationsgewalt über das Schiff die Verschuldensfrage in aller Regel klären kann, und sofern ihm das einmal nicht möglich ist, jedenfalls näher daran ist, die Folgen der Nichtaufklärbarkeit zu tragen. In solchen Fällen ist es daher Sache des beklagten Schiffseigners, seine Schuldlosigkeit und die der Besatzung zu beweisen (BGH, Urteil vom 09.12.1976 – II ZR 205/74 –, juris Rn. 12, 13 = BGHZ 67, 383-389; v.Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht, 5. Aufl., § 79 BinSchG Rn. 12).

Dieser Nachweis ist dem Kläger nicht gelungen, wovon das Schifffahrtsgericht zu Recht ausgeht. Denn es lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger oder der mit der Kontrolle der Ruderanlage befasste Zeuge K. den an die Kontrolle der Ruderanlage zu stellenden Sorgfaltsanforderungen genügte, wobei weder ein eigenes Verschulden des Klägers bezogen auf dessen Verpflichtung, vollständige Anweisungen zur notwendigen Kontrolle zu geben, noch ein Verschulden des Zeugen K., für das der Kläger nach § 3 BinSchG einzustehen hat, ausgeschlossen werden kann.

(1) Zwar hat der Zeuge K. nach seinen Angaben am Morgen vor Fahrtantritt die Ruderanlage kontrolliert, wobei er allerdings lediglich geprüft hat, ob "neben dem Schraubdeckel rundherum um den Schraubdeckel alles trocken ist" (Protokoll vom 19.02.2018, Seite 10, I 262). Die sich mittig auf dem Deckel befindliche Flügelschraube mit einem Gewinde von 1 bis 2 cm (Protokoll vom 19.02.2018, Seite 11, I 263), die nach dem Ausfall der Ruderanlage auf dem Boden lag (a.a.O.), hat der Zeuge hingegen nicht kontrolliert, insbesondere auch nicht, ob diese fest angezogen war (Protokoll vom 19.02.2018, Seite 12, I 264). Damit steht fest, dass eine Kontrolle dieser Schraube nicht erfolgt ist. Die allein durchgeführte Kontrolle des Schraubdeckels auf Trockenheit konnte aber nicht mit ausreichender Gewissheit sicherstellen, dass die der Entlüftung des Hydrauliksystems dienende Schraube (Berufungsbegründung Seite 25, II 71) ausreichend fest angezogen war, um einen Ölaustritt zu verhindern. Denn die Ruderanlage stand vor Fahrtbeginn nicht unter Druck, so dass die vom Zeugen angegebene Trockenheit keinen verlässlichen Hinweis auf die Dichtheit nach Inbetriebnahme der Ruderanlage gab. Es ist deshalb auch nicht auszuschließen, dass diese Schraube schon vor Fahrtantritt gelockert war und sie sich während der Fahrtstrecke bis zum Unfallort vollständig aus dem Gewinde löste und deshalb das Hydrauliköl ohne jeden Widerstand austreten konnte. Dafür spricht insbesondere, dass sich diese Schraube bereits am gleichen Morgen, nach dem Protest des Klägers vor 08:15 Uhr, vollständig gelöst hatte und zu Boden gefallen war. Auch wenn der Kläger zum Beginn der Fahrt an diesem Morgen nichts mitteilt, spricht daher vieles dafür, dass bei einer Kontrolle der Schraube vor Fahrtantritt hätte festgestellt werden können, dass diese nicht mehr ausreichend fest sitzt. Für die danach unzureichende und damit sorgfaltswidrige Kontrolle durch den Zeugen haftet der Kläger (§ 3 BinSchG).

(2) Darüber hinaus hat der Kläger sich auch nicht hinsichtlich eines eigenen Verschuldens entlastet. Er war als Schiffseigner und Schiffsführer verpflichtet dafür zu sorgen, dass sich das Schiff in einem ordnungsgemäßen Zustand befand und in der Lage war, die beabsichtigte Fahrt störungsfrei zu bewältigen (vgl. § 8 Abs. 1 BinSchG). Dazu gehörte auch die Kontrolle der Betriebseinrichtungen des Schiffes und insbesondere auch die Kontrolle der Ruderanlage, denn eine funktionsfähige Ruderanlage ist für den ordnungsgemäßen Betrieb des Schiffes und eine störungsfreie Fahrt existenziell wichtig. Der Kläger war daher verpflichtet dafür zu sorgen, dass die Ruderanlage vor Fahrtantritt dahin kontrolliert wird, ob sie sie in einem ordnungsgemäßen Zustand befindet (vgl. Rheinschiffahrtsobergericht Köln, Urteil vom 07.08.1992 – 3 U 1/92 -, ZfB 1993, Nr. 8, S. 27; Urteil vom 07.05.119 – 3 U 213/90 – ZfB 1994, Nr. 20, S. 25; Urteil vom 27.09.1996 – 3 U 201/95 BSchRh -, ZfB 1997, Nr. 4, S. 34). Deshalb spricht bei einem Ruderversagen der Beweis des ersten Anscheins für eine mangelnde Kontrolle und Wartung (vgl. Rheinschiffahrtsobergericht Köln, Urteil vom 19.06.2001 – 3 U 187/00 BSch –, juris Rn. 37 = ZfB 2001, Nr 11, 61-63). Der Kläger hätte deshalb - sei es durch eigene Kontrolle, sei es durch eine Anweisung an seine Mannschaft - dafür sorgen müssen, dass auch kontrolliert wird, ob die Flügelschraube noch fest sitzt. Dies ist nicht geschehen, weshalb von einem Verschulden auszugehen ist.

d) Für einen Ausschluss der Haftung des Klägers oder eine Haftungsbegrenzung ist nicht ersichtlich.

aa) Zu vertraglichen Regelungen zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 ist nichts vorgetragen. Nach den vorgelegten Unterlagen bestehen (fracht-)vertragliche Beziehungen lediglich zwischen der Beklagten zu 1 und ihrer Streithelferin N. (Transportbestätigung vom 19.07.2016, Anl. B 3, AS I 128) und zwischen dieser und der Streithelferin M. (Transportbestätigung vom 19.07.2016, AS I 157). Die Vereinbarung eines Haftungsausschlusses im Verhältnis zur Beklagten zu 1 behauptet der Kläger nicht. Aus seinem Vortrag ergibt sich schon nicht, aufgrund welcher Vereinbarungen mit wem auch immer und zu welchen Konditionen er den Transport durchgeführt hat, so dass schon deshalb ein Ausschluss oder eine Modifizierung seiner Verschuldenshaftung nach § 589 Abs. 1 S. 2 HGB aufgrund der von ihm selbst getroffenen Vereinbarungen ausscheiden muss.

bb) Ob der Kläger sich, wie er meint, auf Haftungsbeschränkungen im Verhältnis der Streithelferin N. zu der Streithelferin M. berufen könnte, ist schon deshalb zweifelhaft, weil seine Annahme, in diesem Verhältnis sei gemäß Art. 29 CMNI niederländisches Recht und damit Art. 901 des achten Buches des Burgerlijke Wetboek mit dem Haftungsausschluss für nautisches Verschulden anzuwenden, nicht überzeugt, und weil zudem offen bleibt, auf welcher Rechtsgrundlage der Kläger meint, er könne sich darauf berufen.

(1) Zwar wäre der Anwendungsbereich des für die Bundesrepublik am 01.11.2007 und für die Niederlande am 01.10.2006 (vgl. die Bekanntmachung vom 03.08.2007, BGBl 2007 II, 1390) in Kraft getretenen Budapester Übereinkommens vom 22.06.2001 über den Vertrag über die Güterbeförderung in der Binnenschifffahrt (CMNI) eröffnet, weil es sich um einen Transport von Deutschland nach Österreich handelte (Art 2 Abs. 1 CMNI). Auch wäre dieses Übereinkommen hinsichtlich der kollisionsrechtlichen Anknüpfung für die vertraglichen Beziehungen gegenüber Art. 5 Rom-I VO nach Art. 25 Rom-I VO oder, wenn man die Regelungen über die Große Havarei als außervertragliches Schuldverhältnis verstehen wollte, gegenüber den Regelungen über die Anknüpfung für außervertragliche Schuldverhältnisse nach Art. 4 f. Rom-II VO nach Art. 28 Rom-II VO vorrangig. Dennoch kann der unwidersprochen gebliebenen Behauptung des Klägers, im Verhältnis N. zu M. sei eine Rechtswahl zu Gunsten des niederländischen Rechts getroffen worden (Schriftsatz vom 17.11.2017, Seite 12, I 200), nicht gefolgt werden. Denn es bestehen durchgreifende Zweifel an der Wirksamkeit einer solchen Rechtswahl: Zum einen lässt die vorgelegte Transportbestätigung vom 19.07.2016 (AS I 157) eine Rechtswahl des niederländischen Rechts nicht erkennen, erwähnt ist dort lediglich CMNI. Mangels eigenständiger Regelungen betreffend die Rechtswahl im Budapester Übereinkommen richten sich die Voraussetzungen dafür nach Art. 3 Rom-I VO (vgl. Koller, Transportrecht, 9. Aufl., 4. Abschnitt, CMNI vor Art. 1, Rn. 3, Seite 1676; CMNI Art. 29, Rn. 1, Seite 1732; MüKoHGB/Otte, 3. Aufl., CMNI Vorbemerkung Rn. 21, 26 Hartenstein/Reuschle, Handbuch des Fachanwalts für Transport- und Speditionsrecht, 2. Aufl., Kap. 15 Rn. 15), so dass, da ausweislich der Vertragsurkunde eine ausdrückliche Wahl fehlt, der Kläger die Voraussetzungen einer sich aus den Umständen des Falles ergebenden konkludenten Rechtswahl (Art. 3 Abs. 1 Rom-I VO) hätte darlegen müssen. Dies ist nicht geschehen, weshalb eine Rechtswahl vom Kläger schon nicht schlüssig dargelegt ist. Zum anderen eröffnet Art. 29 CMNI die Möglichkeit der Rechtswahl nur insoweit, als das Übereinkommen selbst keine Bestimmungen enthält (Art. 29 Abs. 1 CMNI), weshalb die Regelungen über Haftungsausschlüsse und Haftungsbegrenzungen im Übereinkommen das jeweilige nationale Recht verdrängen (vgl. zum Vorrang des Übereinkommens MüKoHGB/Otte, 3. Aufl., CMNI Vorbemerkungen Rn. 18, 22f. Ramming, RdTW 2016, 326, 328 v.Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht, 5. Aufl. CMNI Art. 1 Rn. 4). Deshalb ist im Geltungsbereich des Übereinkommens, von dem der Kläger selbst ausgeht, die Anwendung nationalen niederländischen Rechts ausgeschlossen, die Anwendung des Übereinkommens kann auch nicht durch eine Rechtswahl abbedungen werden (Koller, Transportrecht, 9. Aufl., 4. Abschnitt, CMNI vor Art. 1 Rn. 2, Seite 1676; MüKoHGB/Otte, 3. Aufl., CMNI Art. 29 Rn. 8 Ramming, Hamburger Handbuch zum Binnenschifffahrtsrecht, § 25, Rn. 330, Seite 91; Hartenstein/Reuschle, Handbuch des Fachanwalts für Transport- und Speditionsrecht, 2. Aufl., Kap. 15 Rn. 14).

(2) Gegen die vom Kläger postulierte Anwendung von Art. 901 des achten Buches des Burgerlijke Wetboek spricht weiter, dass zwar Art. 32 Abs. 1 CMNI einem Vertragsstaat die Abgabe der Erklärung erlaubt, dass der Frachtführer nicht für Schäden bei der nautischen Führung haftet, dies jedoch nur, wenn entweder - wie hier nicht - der Ladehafen oder Übernahmeort und der Löschhafen oder Ablieferungsort in seinem Hoheitsgebiet liegt oder - wie hier ebenfalls nicht - die einen Orte innerhalb seines Hoheitsgebiets und die anderen Orte innerhalb des Hoheitsgebiets eines Staates liegen, der die selbe Erklärung abgegeben hat (Art. 32 Abs. 1 CMNI). Dass die Niederlande eine entsprechende Erklärung abgegeben haben, lässt sich nicht feststellen, nach der Bekanntmachung über das Inkrafttreten des Übereinkommens (BGBl 2007 II, 1390) ist eine solche Erklärung nicht erfolgt (ebenso MüKoHGB/Otte, 3. Aufl., CMNI Art. 32 Rn. 5). Zudem würde es auch an den Voraussetzungen für eine Haftungsbeschränkung durch eine solche Erklärung fehlen, da hier der Übernahmeort im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland liegt, die eine entsprechende Erklärung nicht abgegeben hat, und sich der Ablieferungsort im Hoheitsgebiet der Republik Österreich befindet, die nicht Vertragsstaat ist, so dass auch unter dieser Prämisse Art. 901 des achten Buches des Burgerlijke Wetboek nicht zur Anwendung kommen könnte. Es verbleibt bei der Regelung in Art. 25 Abs. 2 CMNI, so dass es einer hier nicht erfolgten (dies behauptet der Kläger auch nicht) vertraglichen Vereinbarung eines Haftungsausschlusses bei der nautischen Führung bedurft hätte (Art. 25 Abs. 2 a) CMNI). Die gleichen Erwägungen würden im Übrigen im Verhältnis zwischen der Streithelferin N. und der Beklagten zu 1 gelten. Auch wenn man von der Geltung des Budapester Übereinkommens aufgrund einer vertraglichen Einbeziehung in die Frachtverträge ausgehen wollte, bliebe das Ergebnis gleich, denn auch dann würde Art. 25 Abs. 2 CMNI und nicht Art. 901 des Burgerlijke Wetboeks gelten.

(3) Zudem ist fraglich, ob Dritte, die nicht am Frachtvertrag beteiligt sind, sich auf solche Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen berufen könnten (vgl. dafür Hartenstein/Reuschle, Handbuch des Fachanwalts für Transport- und Speditionsrecht, 2. Aufl., Kap. 15 Rn. 50, 88; v.Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht, 5. Aufl. CMNI Art. 22 Rn 5; wohl auch MüKoHGB/Otte, 3. Aufl., CMNI Art. 22 Rn. 5, 6; wohl dagegen Koller, Transportrecht, 9. Aufl., 4. Abschnitt, Art. 22 CMNI, Rn. 1, Seite 1723; ablehnend für die Frage, ob sich der Hauptfrachtführer im Verhältnis zum Absender auf einen Haftungsausschluss für nautisches Verschulden aus seinem Rechtsverhältnis zum Unterfrachtführer berufen kann, OLG Hamburg, Urteil vom 5.12.2013 – 6 U 194/10 –, RdTW 2014, 239, 244 <Rn. 51> mit zustimmender Anmerkung Raming, RdTW 2014, 247/248; siehe auch Ramming, Hamburger Handbuch zum Binnenschifffahrtsrecht, § 32 Rn. 510, Seite 140 und § 35 Rn. 537, Seite 146, wonach die Berufung des Unterfrachtführers auf eine Haftungsbeschränkung nach Art. 25 Abs. 2 CMNI schon nach Art. 4 Abs. 4 S. 2 CMNI zulässig sein soll.).

cc) Letztlich bedürfen diese Fragen hier keiner abschließenden Entscheidung, denn selbst wenn man im Verhältnis der Parteien annehmen wollte, dass der Kläger sich auf einen Haftungsausschluss für nautisches Verschulden berufen könnte, wäre seine Haftung nach § 589 Abs. 1 S. 2 HGB nicht ausgeschlossen, weil ein Fall des nautischen Verschuldens nicht vorliegt. Denn Fehler bei der nautischen Führung des Schiffes sind nur solche, die Maßnahmen, die sich unmittelbar auf die Fortbewegung des Schiffes beziehen, betreffen, die also im Zusammenhang mit der Navigation des Schiffes stehen (BGH, Urteil vom 26.10.2006 – I ZR 20/04 –, juris Rn. 38, 40 = BGHZ 169, 281-295 = TranspR 2007, 36-40 Koller, Transportrecht, 9. Aufl., 4. Abschnitt, CMNI, Seite 1729/1730; MüKoHGB/Otte, 3. Aufl., CMNI Art. 25 Rn. 21; Ramming, Hamburger Handbuch zum Binnenschifffahrtsrecht, § 25, Rn. 342 f., Seite 94/95; v.Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht, 5. Aufl. CMNI Art. 25 Rn 9). Dabei bedarf es hier keiner Entscheidung darüber, ob auch die sonstige technische Bedienung des Schiffes von dem Begriff der nautischen Führung im Sinne von Art. 25 Abs. 2 a) CMNI umfasst ist (vgl. zu dieser Fragestellung MüKoHGB/Otte, 3. Aufl., CMNI Art. 25 Rn. 21 sowie Rn. 23, 24, Koller, Transportrecht, 9. Aufl., 4. Abschnitt, CMNI, Seite 1729/1730; Ramming, Hamburger Handbuch zum Binnenschifffahrtsrecht, § 25, Rn. 330, Seite 94/95). Denn der Schadensfall ist weder auf einen Navigationsfehler noch einen sonstigen Fehler bei der Führung des Schiffes noch auf einen Fehler bei der Bedienung technischer Einrichtungen zur Führung des Schiffes zurückzuführen. Ursächlich für das Festfahren war allein der Ausfall der Ruderanlage, der auf eine unzureichende Kontrolle zurückzuführen war, so dass jeder Zusammenhang mit Maßnahmen, die der Fortbewegung des Schiffes dienten, fehlt. Allein der Umstand, dass dieses technische Versagen unmittelbaren Einfluss auf die Möglichkeit zur Führung des Schiffes hatte, weil dieses aufgrund des Ausfalls der Ruderanlage nicht mehr steuerbar war, macht den Fehler bei der Kontrolle dieser technischen Einrichtung nicht zu einem Fehler bei der nautischen Führung. Anders als in dem vom Schiffahrtsobergericht Karlsruhe (Urteil vom 19.05.2011 – 22 U 3/10 BSch – , juris = TranspR 2011, 238-244 = ZfB 2011, Nr 9, 73-79) entschiedenen Fall, war hier das Festfahren nicht Folge eines misslungenen nautischen Manövers (Ablegemanöver) sondern Folge des technischen Versagens einer Betriebseinrichtung des Schiffes.

7. Da somit Ansprüche des Klägers im Zusammenhang mit dem Festfahren des Schiffes am 02.08.2016 auch unter diesem Gesichtspunkt ausscheiden, kommt es auf die zwischen den Parteien diskutierte Frage, ob der Beklagten zu 1 frachtvertragliche Ansprüche nach den Regelungen der Art. 16 und 19 CMNI zustehen, nicht mehr an, denn auch aus den vorstehend aufgezeigten Gründen müsste die Berufung ohne Erfolg bleiben.

8. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Zulassungsgründe nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.