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3 U 54/96 B Sch - Oberlandesgericht (Schiffahrtsobergericht)
Date du jugement: 14.11.1997
Numéro de référence: 3 U 54/96 B Sch
Type de décision: Urteil
Language: Allemande
Juridiction: Oberlandesgericht Köln
Section: Schiffahrtsobergericht

Urteil des Oberlandesgerichts – Schiffahrtsobergericht Köln

vom 14.11.1997

3 U 54/96 B Sch

Tatbestand:

Der Kläger ist Mieter und Schiffsführer von MS B. Er transportierte mit dem Schiff in dem Zeitraum vom 11. August bis 25. November 1994 im Rahmen des Mainausbaus angefallenes Baggergut. Auftraggeber des Klägers war die Streithelferin zu 1), die ihrerseits im Auftrag der Streithelfer zu 2) und 3) tätig war. Die Beklagte verpflichtete sich durch Vertrag vom 28.06./17.07.1993 in dem Verhältnis zu den Streithelfern zu 2) und 3), das anfallende Baggergut mit ihren Geräten zu entladen. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Abreden wird auf Blatt 287 bis 291 d. A. Bezug genommen. Ein weiterer Vertrag in Bezug auf den Ausbau der Fahrrinne wurde zwischen der Beklagten und der Bundesrepublik Deutschland geschlossen. Zu dem Inhalt dieses Vertrages wird auf Blatt 311 bis 324 d. A. verwiesen.
MS B wurde in dem vorbezeichneten Zeitraum sowohl an den Umschlagstellen der Beklagten in Bürgstadt mit Gerät der Beklagten als auch an der Umschlagstelle der Beklagten in Faulbach mit einem Bagger der Streithelferin zu 2) gelöscht.
Der Kläger hat behauptet, das Schiff habe vor dem Transport des Baggergutes keinerlei Beschädigungen aufgewiesen. Es sei vor dem Einsatz am Main in einer Werft von einem Dreiraumschiff in ein Einraumschiff umgebaut worden. Danach sei es nur zu 3 Reisen ausgesandt worden, ohne daß hierbei die Strau beschädigt worden sei. Diese sei vielmehr bei dem Einsatz im Rahmen des Mainausbaus schadhaft geworden. MS B sei überwiegend mit Fels beladen worden.
Beim Löschen des Ladegutes an der Ladestelle der Beklagten in Bürgstadt habe der von dem Mitarbeiter der Beklagten geführte Bagger des öfteren den Greifer hart abgesetzt und dadurch Einbeulungen in der Strau verursacht. Die Schäden habe der Kläger erst nach der Endreinigung des Schiffes feststellen können; zuvor seien sie von Ladegut bedeckt gewesen. Der sodann von ihm beauftragte Sachverständige F habe frische Einbeulungen und deutliche Abriebspuren festgestellt. Auch andere zum Transport des Baggermaterials eingesetzte Schiffe hätten Schäden erlitten.

Dem ihm entstandenen Schaden hat der Kläger auf 62.403,80 DM beziffert.

Er hat beantragt,

die Beklagte zur Zahlung von 62.403,80 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 13. April 1995 zu verurteilen.

Die Sreithelferin zu 1) ist dem Rechtsstreit auf Seiten des Klägers beigetreten und hat sich dem Sachvortrag des Klägers und dessen Antrag angeschlossen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, das Schiff sei beim Löschen nicht beschädigt worden. Es habe vielmehr erhebliche Vorschäden aufgewiesen. Bezeichnenderweise habe der Kläger die angeblichen Schäden erst nach Beendigung seines Einsatzes mitgeteilt. Die behaupteten Schäden seien aber nicht von Mitarbeitern der Beklagten verursacht worden. Die von der Beklagten beschäftigten Baggerführer seien sämtlich sorgfältig ausgewählt und geschult.
Die Streithelfer zu 2) und 3) sind dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten und haben sich ihrem Antrag angeschlossen.

Das Schiffahrtsgericht hat Beweis durch Vernehmung von Zeugen erhoben und die Klage mit dem angefochtenen Urteil dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Es hat die Voraussetzungen einer vertraglichen und deliktischen Haftung der Beklagten angenommen und zur Begründung ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, daß das Schiff des Klägers beim Löschen an der Umschlagstelle der Beklagten in Bürgstadt beschädigt worden sei.

Gegen dieses ihr am 22.03.1996 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22.04.1996 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung am Montag, den 24.06.1996, begründet.

Sie wiederholt und vertieft ihren Sachvortrag nach Maßgabe der zweitinstanzlichen Schriftsätze. Die Beklagte wendet sich gegen die Annahme einer vertraglichen Haftung durch das Schiffahrtsgericht. Sie behauptet, das Baggergut sei nicht in ihre freie Verfügung gelangt. Sie habe die Ladung in Erfüllung ihres Vertrages mit der ARGE Mainausbau lediglich umgeschlagen. Die Beklagte rügt die Aktivlegitimation des Klägers. Sie meint ferner, sich exkulpiert zu haben, und wendet sich gegen die Beweiswürdigung in dem angefochtenen Urteil.

Die Beklagte und die Streithelfer zu 2) und 3) beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger und die Streithelferin zu 1) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger behauptet, die Beklagte sei Empfänger des Baggergutes gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die prozessual bedenkenfreie Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die Voraussetzungen einer vertraglichen Haftung der Beklagten liegen vor. Der Kläger ist als Ausrüster im Sinne des § 2 Binnenschiffahrtsgesetz aktivlegitimiert. Er hat MS B gemietet und ist nach § 6 des Mietvertrages verpflichtet, die Mietsache auf seine Kosten instandzuhalten und reparieren zu lassen. Unstreitig führt er das Schiff selbst und hat im eigenen Namen mit der Streithelferin zu 1) einen Frachtvertrag abgeschlossen. Damit nutzt der Kläger das Schiff als selbständiger Unternehmer.

Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte findet seinen rechtlichen Grund in § 26 Binnenschiffahrtsgesetz in Verbindung mit §§ 435, 436 HGB und § 56 Binnenschiffahrtsgesetz in Verbindung mit §§ 242, 249, 278 BGB. Anerkanntermaßen haftet der Empfänger der Ladung für einen bei der Löschung an dem Schiff entstandenen Schaden (Vortisch-Bemm, Binnenschiffahrtsrecht, 4. Auflage, § 56, Rz. 9) . Entgegen der Auffassung der Beklagten ist sie und nicht die Streithelfer zu 2) oder 3) als Empfängerin des Baggergutes anzusehen, Empfänger der Ladung ist nicht derjenige, an den das Gut tatsächlich ausgeliefert wird, sondern fier sogenannte Sollempfänger, der vom Absender bestimmt wird (Goette, Binnenschiffahrtsfrachtrecht, § 46 Rz. 5 m.w.N.). Die Empfängereigenschaft der Beklagten folgt aus dem von ihr und der Firma S mit der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen Vertrag vom 21.04.1992. Darin haben sich die Beklagte und die Firma S verpflichtet, das bei dem Ausbau der Fahrrinne anfallende Baggermaterial abzunehmen. Die Beklagte und die Firma S waren befugt, das Baggermaterial als Wirtschaftsgut weiterzuverwenden. Sie stellten hierfür Lagerflächen zur Verfügung und erhielten für die Abnahme des Baggergutes ein Entgelt. Der von der Beklagten mit den Streithelfern zu 2) und 3) geschlossene Vertrag ist für die Beantwortung der Frage, wer als Empfänger anzusehen ist, unergiebig. In ihm sind lediglich die Modalitäten des Umschlags geregelt. Der von der Beklagte mit der Bundesrepublik Deutschland geschlossene Vertrag wurde tatsächlich den Regelungen entsprechend durchgeführt. Der Zeuge S hat dazu bekundet, das Material sei wiederverwendet oder auf in dem Eigentum der Beklagten stehende Lager genommen worden. Die Streithelfer zu 2) und 3) hätten auf die Verwertung des Baggergutes keinen Einfluß gehabt. Angesichts dieser klaren vertraglichen Regelung ist die Behauptung der Beklagte in der Berufungsbegründung, die von dem Zeugen St gerade nicht bestätigt worden ist, das Baggergut sei von ihr nur umzuschlagen gewesen, ins Blaue hinein aufgestellt, widersprüchlich und damit unschlüssig. Mit Rücksicht darauf sah der Senat zu einer Vernehmung der von der Beklagten benannten Zeugen S, R und H keine Veranlassung.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Uberzeugung des Senates fest, daß die Strau von MS B bei dem Löschen durch die Beklagte beschädigt worden ist. Das Schiff wies vor dem 10.08.1994 keine Beschädigungen der Strau, wie sie hier in Rede stehen, auf. Der Zeuge T hat das Schiff, das zu diesem Zeitpunkt auf Helling lag, am 01.07.1994 überprüft. Er vermochte an dem Schiffsboden keine nennenswerten Schäden festzustellen. Die Aussage des Zeugen deckt sich mit dem Attest der SUK Magdeburg vom 07.07.1994. In dem Mängelbericht finden Schäden am Boden des Laderaums keine Erwähnung. Den Bekundungen des sachverständigen Zeugen F zufolge wäre das Attest nicht erteilt worden, wenn derart gravierende Beschädigungen am Boden des Laderaums bereits seinerzeit vorhanden gewesen wären. Auch die Zeugin H hat bekundet, daß das Schiff vor dem Einsatz im Rahmen des Mainausbaus keine nennenswerten Beulen aufwies. Nach dem Werftaufenthalt ist das Schiff nur zu 3 Reisen ausgesandt worden. Die diesbezügliche Bekundung der Zeugin H hat der Zeuge M bestätigt. Er hat ferner ausgesagt, daß während dieser Reisen keine Schadensmeldungen erfolgt. seien. Auch die weitere Bekundung der Zeugin H, wonach beim Löschen der Felsladungen der Bagger mehrfach abgerutscht und auf die Strau gelangt ist, ist glaubhaft. Sie wird durch Indiztatsachen belegt. Auch an dem Schiff des Zeugen D sind seiner schriftlichen Aussage vom 28.10.1995 zufolge durch das Löschen Schäden entstanden. Gleiches gilt für das Schiff des Zeugen M. Der Zeuge hat anschaulich geschildert, daß der Greifer des Baggers mit einer solchen Wucht in den Laderaum fiel, daß der Kaffee aus der Tasse schwappte, und auch MS S unmittelbar danach Löcher im Boden des Laderaums aufwies. Die Strau von MS Bo und MS K wurde ebenfalls bei den Entladevorgängen beschädigt. Die Zeugen R und G haben übereinstimmend bekundet, daß der Greifer des Baggers der Beklagten des öfteren hart aufsetzte. Auch nach der Einschätzung des sachverständigen Zeugen F, die durch die von ihm gefertigten Lichtbilder und die Skizze belegt wird, läßt das Erscheinungsbild der Beulen auf eine Beschädigung durch den schweren Bagger der Beklagten schließen.

Die Aussagen der Zeugen K, P und B stehen dem nicht entgegen. Die Zeugen K und B haben eingeräumt, daß der Bagger hin und wieder hart aufgesetzt hat. Der Zeuge K hat bekundet, bloße Einbeulungen, um die es vorliegend geht, vom Bagger aus nicht habe bemerken zu können. Die Zeugen K, P und B schlossen die Einschätzung, keine. Schäden verursacht zu haben, aus dem Umstand, daß ihnen gegenüber keine Schäden an der Strau der betreffenden Schiffe reklamiert worden sind. Dies läßt sich aber damit erklären, daß die Schiffe beim Löschen nicht vollständig entladen worden sind. Den Bekundungen der Zeugen R, Ra, H, G, K und H zufolge blieb stets ein Teil des Ladegutes im Schiff zurück. Beschädigungen im Bereich der Strau waren somit nicht sogleich festzustellen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht schließlich fest, daß die vom Kläger geltend gemachten Schäden an der Strau seines Schiffes an der Entladestelle der Beklagten in Bürgstadt und nicht durch die Streithelferin zu 2) verursacht worden sind. Keiner der vom Schiffahrtsgericht vernommenen Zeugen hat bekundet, daß es beim Löschen an der Entladestelle in Faulbach Schwierigkeiten gekommen ist. Es steht vielmehr zur Überzeugung des Senates fest, daß in Bürgstadt entgegen der vertraglichen Vereinbarung zwischen der Beklagten und den Streithelfern zu 2) und 3) nicht nur Sandkiesgemisch, sondern in großem Umfang auch Fels gelöscht worden ist. Der Zeuge S hat bekundet, daß die Anweisung zur Art des Baggermaterials dahin aufgelockert worden sei, daß in Bürgstadt, auch Fels entladen werden durfte. Nach den Bekundungen des Zeugen R hat der Kläger viel Fels transportiert, der von dem über 7 Tonnen schweren Greifer des Baggers der Beklagten gelöscht wurde. Die Aussage des Zeugen R stimmt mit denen der Zeugen H, G und K überein.
Die Beklagte hat schuldhaft gehandelt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht fest, daß die Baggerführer die ihnen obliegende Sorgfalt stets haben walten lassen.

Dies folgt aus den Aussagen der Zeugen M, R, G, wonach der Greifer des Baggers des öfteren hart aufgesetzt hat. 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Beschwer der Beklagten: über 60.000,00 DM