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3 U 170/98 Bosch - Oberlandesgericht (Schiffahrtsobergericht)
Date du jugement: 22.10.1999
Numéro de référence: 3 U 170/98 Bosch
Type de décision: Urteil
Language: Allemande
Juridiction: Oberlandesgericht Köln
Section: Schiffahrtsobergericht

Leitsätze:

Kommt ein Transportvertrag unter Einbeziehung von Verlade- und Transportbedingungen zustande, wonach Liegegeld zu entrichten ist, wenn der Antritt oder die Fortsetzung der Reise durch Zufall zeitweilig verhindert wird, besteht gegebenenfalls auch ein Anspruch auf Eisliegegeld. Dem steht nicht entgegen, dass auf bilateralen Binnenschifffahrtsabkommen beruhende Verordnungen über den Wechselverkehr Eisliegegeld- Regelungen nicht enthalten, zumal die Vereinbarung von Eisliegegeldern in Transport und Konnossementbedingungen der Binnenschifffahrt branchenüblich ist.

Urteil des Oberlandesgerichts - Schifffahrtsobergerichts in Köln

vom 22.10.1999

- 3 U 170/98 Bosch - 

(Schifffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort) 

 


 Zum Tatbestand:


Die Beklagte übertrug der Niederlassung der Klägerin im Dezember 1996 den Binnenschiffstransport für eine Partie von ca. 1230 t Coils von Donaujvaros/ Ungarn nach Worms und Köln, gegebenenfalls Duisburg. Die Niederlassung der Klägerin bestätigte diesen Auftrag mit Fax vom 18.12.1996. In der Auftragsbestätigung heißt es: „Im übrigen gelten unsere Transport- und Verladebedingungen." Der Auftragsbestätigung wurde seitens der Beklagten nicht widersprochen.

In § 12 Ziffer 4 der Verlade- und Transportbedingungen der Klägerin heißt es: „Wird nach Antritt der Reise die Wiederausladung der Güter vor Ankunft am Bestimmungsort verlangt, so hat der Frachtführer Anspruch auf die volle bis zum Bestimmungsort ausbedungene Fracht". Unter § 12 Ziffer 1 c heißt es: „Wird der Antritt oder die Fortsetzung der Reise durch Zufall zeitweilig verhindert, so ist Liegegeld gemäß § 10 für jeden Tag der Behinderung vom Eintritt des Hindernisses bis zur Fortsetzung der Reise zu entrichten...."

Die Klägerin diente für den Transport das MS „St" nebst einem Leichter an. Es wurden insgesamt drei Partien geladen, und zwar 388 t mit der Bestimmung Worms, 150 t mit der Bestimmung Köln sowie weitere 272 t, ebenfalls mit der Bestimmung Köln.

Infolge Eisgangs auf der Donau und auf dem Main-Donau-Kanal musste die Fahrt in Regensburg eingestellt werden. Hiervon unterrichtete die Niederlassung der Klägerin die Beklagte mit Fax vom 27.12.1996. Weil die Beklagte die Ladung dringend benötigte, erteilte sie der Niederlassung mit Fax vom 27 1..1997 die Weisung, das Schiff komplett in Regensburg zu löschen. Die Löschung war am 29.1.1997 beendet.

Abzüglich der Kanalabgaben stellte die Klägerin der Beklagten die volle Fracht in Rechnung. In einem Schreiben der Niederlassung der Klägerin vom 12.2.1997 heißt es: „Eisliegegeld gemäß Auftragsbestätigung/Transportvereinbarung sowie unserer Verlade- und Transportbedingungen.

Die Klägerin verlangt u. a. Eisliegegeld in Höhe von 63.162,00 DM für die Zeit vom 30.12.1996 bis zum 27.1.1997.. Das Schifffahrtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung hatte keinen Erfolg.

Aus den Entscheidungsgründen:


„Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung der Beklagten, die sich nach Teilrücknahme nur noch gegen die zuerkannte Eisliegegeldforderung richtet, hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Schifffahrtsgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 12 Ziffer 1 c i. V. m. § 10 ihrer VTB auf Zahlung von Eisliegegeld in Höhe von 63.162,00 DM bejaht.

Der Vertrag zwischen den Parteien ist unter Einbeziehung der VTB zustande gekommen. Schon in der Fußleiste des Schreibens vom 09.12.1996, mit dem die Klägerin die Frachtpreise mitgeteilt hat, befindet sich der Aufdruck: „Wir arbeiten nur auf Grund unserer Verlade- und Transportbedingungen...". Die Beklagte wusste also oder hätte wissen können, dass die Klägerin ihre VTB einbeziehen wollte, zumal dies in der Binnenschifffahrtbranche üblich ist. Ihr Auftrag vom 09.12.1996 ist als Angebot zu werten. Ob die Auftragsbestätigung vom 10.12.1996 die Annahmeerklärung oder ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben darstellt - für letzteres spricht, dass auf einen Transportauftrag vom 10.12.1996 Bezug genommen wird, was auf einen telefonischen Vertragsschluss hinweist -, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn es sich bei der Auftragsbestätigung gemäß § 150 Abs. 2 BGB um eine Ablehnung des Angebots verbunden mit einem neuen Antrag gehandelt hätte, hätte die Beklagte diesen mit ihren nachfolgenden „Aufträgen" bzw. Verladungsanweisungen konkludent angenommen (vgl. BGH NJW 95,1671). Hätte die Beklagte die in der Auftragsbestätigung aufgeführten Konditionen einschließlich der VTB ablehnen wollen, so hätte sie unverzüglich widersprechen müssen. Dies behauptet sie nicht substantiiert. Sie hat weder den Gesprächspartner der Zeugin C benannt noch angegeben, ob das angebliche Telefonat nach der Auftragsbestätigung vom 10. oder derjenigen vom 18.12.1996 stattgefunden haben soll. Eine Vernehmung der Zeugin C wäre daher unzulässige Ausforschung. Im Übrigen hat das Schifffahrtsgericht mit Bindungswirkung gemäß § 314 ZPO festgestellt, dass der Auftragsbestätigung vom 18.12.1996 seitens der Beklagten nicht widersprochen wurde.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie die VTB nicht gekannt habe. Von einem Kaufmann kann erwartet werden, dass er ihm unbekannte AGB anfordert, anderenfalls ist von einem Verzicht auf Kenntnisnahme auszugehen (vgl. Urteil des Senats vom 27.02.1998 - 3 U 176/96 BSch -; BGH NJW 82, 1749 ff.; Wolf-Horn- Lindacher, AGB-Gesetz § 2 Rn. 38, 69; Palandt-Heinrichs, BGB 58. Auflage, ABGB § 2 Rn. 26).

Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die in der Auftragsbestätigung genannten Vertragsbedingungen auch nicht unklar oder widersprüchlich. Auch gab es keine derart gravierenden Abweichungen von den bisherigen Vereinbarungen, dass ein Widerspruch hätte entbehrlich sein können. Die Lademengen im Auftrag vom 09.12.1996 und in der Auftragsbestätigung vom 10.12.1996 stimmen im Wesentlichen überein. Nachträgliche Änderungen, auf die sich dann die Auftragsbestätigung vom 18.12.1996 bezieht. hat die Beklagte mit ihren Faxschreiben vom 12., 13. und 17.12.1996 selbst vorgenommen.

Einen Widerspruch zwischen den Regelungen der Verordnung über den Wechselverkehr Deutschland/Ungarn und den VTB gibt es nicht. In dem Wechseltarif sind nur die Lade- und Löschzeiten sowie die Liegegeldsätze geregelt, nicht aber Liegegelder wegen zeitweiliger Verhinderung der Reise durch Zufall, etwa wegen Schließung der Schiff-Fahrt wegen Eisgangs, Hoch- oder Niedrigwassers. Deren Voraussetzungen ergeben sich allein aus § 12 Abs. 1 c VTB; lediglich ihre Höhe richtet sich nach den Liegegeldsätzen des Wechseltarifs.

Die Regelung des § 12 Abs. 1 c VTB begegnet auch keinen Bedenken nach §§ 3, 9 AGB-Gesetz. Die Vereinbarung von Eisliegegeldern in Transport- und Konnossementbedingungen ist in der Binnenschifffahrt seit Jahrzehnten branchenüblich.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht auch nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin, vertreten durch den Zeugen L, bei dem Gespräch vom 25.06.1997 auf die Eisliegegeldforderung verzichtet hätte.... Eisliegegeldforderungen waren in dem vorangegangenen Schriftverkehr zwischen den Parteien nur von der Zweigstelle der Klägerin in Regensburg angemeldet worden, wie sich aus deren Faxschreiben.... ergibt. Bei der Weitergabe der Sache an die Hauptgeschäftsstelle der Klägerin ist dies offenbar übersehen worden; denn diese hat sich zunächst.... nur mit den restlichen Frachtansprüchen befasst. Die vorgelegten Urkunden stützen daher die Aussage des Zeugen L, er sei vom Vorstand der Klägerin nur mit der Regulierung der Frachtforderung beauftragt gewesen und habe von dem Eisliegegeld nichts gewusst.

Unter diesen Umständen erscheint es kaum nachvollziehbar, dass sich der Zeuge L bei seiner sinngemäßen Erklärung, über das Eisliegegeld nicht sprechen zu können, in einer Weise missverständlich ausgedrückt haben könnte, dass seine Gesprächspartner dies vom objektiven Sinngehalt seiner Worte her nur als Verzicht der Klägerin auf Eisliegegeld auffassen konnten. In der Beweisaufnahme ist offengeblieben, welche Worte genau der Zeuge L benutzt hat, ob er erklärt hat, das Eisliegegeld sei „vom Tisch" oder „kein Thema", oder eine andere Formulierung gewählt hat. Selbst wenn er tatsächlich den Ausdruck „vom Tisch" verwandt haben sollte, kann aus einer solchen Formulierung - wie das Schifffahrtsgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht auf einen erklärten Verzicht auf das Eisliegegeld geschlossen werden; denn der Zeuge L hat seinen Angaben zufolge in diesem Zusammenhang verdeutlicht, dass er nicht über das Eisliegegeld sprechen könne und nur wegen der Frachtforderung von rund 23.000,00 DM da sei.

Die Zeugen C und J haben bestätigt, dass der Zeuge L im Zusammenhang mit seiner streitigen Formulierung zum Eisliegegeld erklärt hat, er sei wegen der Differenzfracht bzw. der 23.000,00 DM hier.

Auch der Zeuge Sch hat bekundet, der Zeuge L habe gesagt, eigentlich sei er da um etwas anderes zu besprechen. Gegenstand der nachfolgenden Erörterungen waren auch nur die restliche Frachtforderung und mögliche neue Geschäfte, während über die Eisliegegeldforderung - abgesehen von der Attacke des Zeugen Sch zu Beginn des Gesprächs und der streitigen Erklärung des Zeugen L - überhaupt nicht weiter verhandelt worden war, obwohl diese mit über 63.000,00 DM die ausstehende Differenzfracht um ein mehrfaches übertraf. Dieser Umstand spricht ebenfalls dagegen, dass die Erklärung des Zeugen L als Verzicht aufgefasst werden konnte; denn ein Grund dafür, dass die Klägerin auf das seit Monaten aufrechterhaltene Eisliegegeld von vornherein ohne nähere Verhandlungen hierzu und ein Entgegenkommen der Beklagten im Hinblick auf eine künftige Zusammenarbeit der Parteien hätte verzichten sollen, war nicht erkennbar. Dies musste auch den Gesprächspartnern des Zeugen L klar sein. Sie hatten sich, wie die Zeugin C bekundet hat, auf harte Verhandlungen eingestellt und waren nach Angaben des Zeugen Sch mit der Strategie in die Verhandlung gegangen, den Zeugen L hinsichtlich des Eisliegegelds sofort anzugreifen. Die Vermutung liegt daher nahe, dass die Zeugen C, M, Sch und J die Erklärung des Zeugen L im Sinne des von ihnen verfolgten Verhandlungsziels missverstanden haben, obwohl deren objektiver Erklärungswert dahin ging, dass der Zeuge L ein Gespräch über dieses Thema ablehnte.

Nach alledem hat die Beklagte den ihr obliegenden Beweis eines Verzichts der Klägerin auf die Eisliegegeldforderung nicht erbracht.

Die Forderung ist auch in der geltend gemachten Höhe von 63.162,00 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 08.01.1998 begründet...".

Anmerkung der Redaktion:

Das in der obigen Entscheidung zitierte Urteil des Senats vom 27.2.1998 - 3 U 176/96 BSch - ist im Rechtsteil der ZfB, Heft Februar 1999, Seite 76 ff. (Sammlung Seite 1725 ff.) veröffentlicht worden. Dr.Pabst.

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2001 - Nr.1 (Sammlung Seite 1811) ZfB 2001, 1811 ff.