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243 B - 4/91 - Amtsgericht (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Date du jugement: 06.05.1991
Numéro de référence: 243 B - 4/91
Type de décision: Urteil
Language: Allemande
Juridiction: Amtsgericht Andernach
Section: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Leitsätze:

Eine Berufung kann der Berufungskammer der ZKR auch schon vor Zustellung des Urteils zugeleitet werden. Die Fristen für die Berufung und deren Begründung laufen erst ab der Zustellung des Urteils.

Die Pflicht der Kleinfahrzeuge mit Maschinenantrieb, den Kleinfahrzeugen ohne Maschinenantrieb auszuweichen (§ 6.02a Nr. 1 RheinSchPVO), verlangt den Einsatz entsprechender Motorkraft.

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

vom 6.5. 1991

243 B - 4/91

(Rheinschiffahrtsgericht Mainz)

Zum Tatbestand:

 

Der Betroffene ist Eigentümer eines Motorbootes, mit dem er als verantwortlicher Führer am 6.8. 1988 gegen 16 Uhr auf dem Budenheimer Altrhein zu Tal fuhr. Längsseits war ein weiteres Motorboot festgemacht, das einer Familie gehörte, mit der die des Betroffenen befreundet war. Das Bootspäckchen trieb langsam dahin, da der Betroffene den Motor seines Bootes bis auf Standgas gedrosselt hatte. Zu Berg kam ein Einer-Ruderboot, in dem der Zeuge „H" saß. Beide Einheiten stießen zusammen. Das Zustandekommen der Kollision ist umstritten.

Der Betroffene behauptet, der Zeuge „H" habe den Kurs so plötzlich nach Backbord verlegt, daß er darauf nur mit dem wiederholten Ausruf „Achtung" habe reagieren können. Daraufhin habe der Zeuge sein Ruderboot quer gelegt und so die Kollision herbeigeführt. Der Zeuge „H" will den Kurs des Ruderbootes rechtzeitig mit dem Ziel, das Bootspäckchen zu umfahren, nach Backbord verlegt haben. Trotzdem sei das Päckchen auf sein Boot zugefahren. Kurz vor dem Zusammenstoß sei „Achtung" gerufen worden. Daraufhin habe er sein Ruderboot abgebremst und beigelegt.

Gegen den Betroffenen erging zunächst ein Bußgeldbescheid über DM 150, weil er als Führer eines maschinengetriebenen Sportbootes einem entgegenkommenden Ruderboot nicht ausgewichen sei. (Verstoß gegen § 6.02a), Ziffer 1 RheinSchPV). Auf seinen Einspruch hin wurde er durch Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Mainz vom 11. 10. 1989 wegen Verstoßes gegen § 6.02a), Ziffer 1 RheinSchPV in Verbindung mit Artikel 5 II Nr. 1.15a RheinSchPEV zu einer Geldbuße von DM 50 verurteilt.

Das Urteil wurde zunächst gem. §267 StPO in Verbindung mit §46 OWiG nicht begründet, da man annahm, ein Rechtsmittel sei nicht rechtzeitig eingelegt. Erst nach Einlegung der Berufung wurde diese Begründung durch Beschluß des Schiffahrtsgerichts Mainz ohne Datum nachgeholt. Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft wurde dieser -- datiert auf den 18. 1. 1990 — wegen „offensichtlichen Schreibversehens" dahin berichtigt, daß er durch das "Rheiti- Sehiffahftedfleteltilitz, erlassen worden sei.

Die Berufungskammer hat die Berufung des Betroffenen zurückgewiesen und das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts bestätigt.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Die Berufungskammer hat erwogen: 
1. In formeller Hinsicht ist für die Berufungskammer lediglich von Interesse, daß ein ordnungsgemäß zustandegekommenes Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Mainz vorliegt, gegen das bei ihr Berufung eingelegt wurde. Die Berufungskammer kann sich deshalb mit der Sache befassen, ohne einige Besonderheiten prüfen zu müssen, die in die Zeit nach der Verkündung des Urteils des Rheinschiffahrtsgerichts fallen. Die Berufung ist formell nicht zu beanstanden. Sie ging am 4.1.1990 bei Gericht ein, bevor das angegriffene Urteil dem Betroffenen zugestellt worden war. Die Zustellung erfolgte am 20.3. 1990. Durch Schriftsatz vom 30.3.1990 — eingegangen bei Gericht am 26.4. 1990 — wurde die Berufung wiederholt und begründet. Die Wiederholung der Berufung ist bedeutungslos. Ihre Begründung erfolgte rechtzeitig, wenn man berücksichtigt, daß ab Zustellung am 20.3. 1990 zunächst die Berufungsfrist von 30 Tagen zu laufen begann und mit deren Ablauf die ebenso lange Frist zur Begründung der Berufung. Beide Fristen zusammengerechnet waren am 26. 4. 1990 nicht abgelaufen.
2. In der Sache ist das ergangene Urteil richtig. Aus der Einlassung des Betroffenen vor der Wasserschutzpolizei vom 18.9. 1988 geht hervor, daß er nicht den Versuch gemacht hat, das ihm entgegenkommende Ruderboot zu umfahren, sondern sich auf Zurufe beschränkt hat, die offensichtlich erreichen sollten, daß dieses Ruderboot durch Kursänderung einen Zusammenstoß vermied. Den Grund dieses Verhaltens zeigt der Schriftsatz der Anwälte des Betroffenen vom 19.4. 1989 auf, in dem es wörtlich heißt: „Aufgrund des nur durch den im Standgas laufenden Motor meines Mandanten angetriebenen Schiffsverbandes war dieser relativ fahruntüchtig, so daß eine neuerliche Kurskorrektur, nachdem der unrechtmäßige Kollisionskurs des Anzeigenerstatters erkannt war, nicht mehr möglich war." 
Die von ihm selbst durch Fahrt mit Standgas herbeigeführte mangelnde Manövrierfähigkeit des Motorbootpäckchens hinderte den Betroffenen mithin an einer zur Umfahrung des Ruderboots notwendigen Kursänderung. 
Sein Versuch, sich durch die Behauptung zu entlasten, zur Kursverlegung sei keine Zeit gewesen, da das Ruderboot seinen Kurs plötzlich geändert habe, scheitert. Der Betroffene hat nämlich vor der Wasserschutzpolizei erklärt, er habe seine Zurufe an den Ruderer bis zum Geschrei gesteigert, ohne daß dieser reagiert hätte. Rufen und Schreien müssen also eine längere Zeit angedauert haben. In dieser Zeit hätte das Bootspäckchen, das der Betroffene führte, seinen Kurs bei Steigerung der Geschwindigkeit mit der Folge eines besseren Ruderdrucks so ändern können, daß die Kollision vermieden worden wäre. Außerdem ist zu bedenken, daß der Betroffene nach seiner erwähnten Einlassung den Ruderer „schon lange vorher" gesehen hatte. Er wußte, daß dieser mit dem Rücken zur Fahrtrichtung saß. Deshalb hätte er den Motor seines Bootes so laufen lassen müssen, daß er seine Pflicht, das Ruderboot zu umfahren, hätte erfüllen können . . .“

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1991 - Nr.22 (Sammlung Seite 1344); ZfB 1991, 1344