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229 Z - 9/89 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Date du jugement: 29.05.1989
Numéro de référence: 229 Z - 9/89
Type de décision: Urteil
Language: Allemande
Juridiction: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Section: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

Urteil

vom 29. Mai 1989

(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 9. August 1988 - 5 C 73/87 BSch -)

Tatbestand:

Am 2.10.1986 abends befand sich das Motorschiff "L" der Klägerin und Berufungsklägerin auf Talfahrt im Räume Wesel. Es war voll mit Kies beladen und lag etwa 2 m tief. Das Schiff hatte am 1.10. im Rheinseitenkanal seine Ladung erhalten und war seitdem ununterbrochen in Fahrt, wobei sich der Schiffsführer H. und der Matrose P. am Ruder ablösten. Ihm entgegen kam ein Schubverband der Beklagten zu 1 und Berufungsbeklagten zu 1 unter der Führung des Beklagten und Berufungsbeklagten zu 2, der aus dem Schubschiff "K2 und 4" beladenen Leichtern bestand. Auf beiden Einheiten wurde die Radargeräte benutzt, da schlechte Sichtverhältnisse bestanden. Etwa beim Stromkilometer 812,9 stießen die Schiffe zusammen, wobei erheblicher Schaden entstand.
Jedes der beteiligten Schiffe sieht die Kollisionsursache darin, dass das andere seinen Kurs in der Nähe des rechtsrheinischen Ufers (Bergfahrt) oder des linksrheinischen (Talfahrt) kurze Zeit vor dem Zusammenstoss plötzlich geändert habe und in denjenigen des anderen hineingefahren sei. Jedes will erfolglos versucht haben, durch ausweichen die Kollision zu verhindern.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie DM. 466.290,00 nebst 6% Zinsen seit dem 10.11.1986 zu bezahlen und auszusprechen, dass die Beklagte zu 1) sowohl dinglich mit dem Schubverband "KN 2" als auch persönlich im Rahmen des Binnenschifffahrtsgesetzes hafte.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.
 
Das Rheinschifffahrtsgericht hat die Zeugen H., P. und D. vernommen und sodann die Klage mit der Begründung abgewiesen, es stehe nicht fest, dass der Unfall auf einem Steuerungsfehler des Schubverbandes beruhe. Die Einzelheiten der Begründung lassen erkennen, dass der erste Richter diese Ursache in dem Kurse des Schiffes der Klägerin sieht, dessen Besatzung seiner Ansicht nach übermüdet war.
Die Klägerin hat Berufung eingelegt.
Beide Parteien wiederholen ihren Vortrag aus dem ersten Rechtszuge und nehmen zu den Ausführungen des Rheinschifffahrtsgerichts Stellung.

Es beantragen,

1. Die Klägerin,

nach ihren Schlussanzeigen des ersten Rechtszuges zu erkennen.

2. Die Beklagten,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist formell nicht zu beanstanden. In der Sache hat sie allerdings aus den folgenden Gründen keinen Erfolg.

Hinweise darauf, dass eine falsche Steuerung des Schiffes der Beklagten zu der umstrittenen Kollision geführt hat, sind nur den Aussagen der Besatzung des Schiffes der Klägerin zu entnehmen. Dessen Kapitän H. und dessen Steuermann P. haben, übereinstimmend erklärt, der Schiffsverband der Beklagten sei in geringer Entfernung vom Schiff der Klägerin plötzlich von seinem Kurs, der jede Kollision ausgeschlossen habe, nach Backbord abgewichen. Er sei so in die Kurslinie des MS "L" geraten, das durch ausweichen nach Steuerbord den Zusammenstoss nicht mehr haben verhindern können. Die Richtigkeit dieser Darstellung ist jedoch zweifelhaft, denn ihr steht einmal die genau entgegengesetzte Schilderung der Beklagten gegenüber und zum anderen gibt es keine für ihre Richtigkeit sprechenden objektiven Tatsachen. Die Schäden an beiden Schiffen sind mit den Havarieschilderungen beider Parteien vereinbar. Die Schiffe sind an ihren Backbordseiten zusammengestoßen. Das spricht dafür, dass eines von ihnen oder beide Backbordkurs hatten. Einen solchen Kurs wirft jedes Schiff dem anderen vor. Es ist weiter nicht so, dass, wie die Klägerin behauptet, ihr Schiff mit Rücksicht auf seine Entfernung vom Schubverbande der Beklagten keine Kursveränderung habe vornehmen können, die zum Zusammenstoss führte, weil dazu die Zeit gefehlt habe. Solche Erwägungen haben keine Grundlage, weil nicht feststeht, wo im Strome die Einheiten zusammengestoßen sind, und wie weit sie voneinander in der geraden und zu der seitlichen Linie entfernt waren, als die kritischen Ereignisse begannen. Schließlich spricht nichts für die Ansicht der Klägerin, der Schubverband sei nach Backbord gefahren, um die in der Nähe der Unfallstelle liegende Mündung des Wesel-Datteln-Kanals in den Rhein freizufahren. Dazu wäre nur Anlass gewesen, wenn Schiffe vom Rhein in diesen Kanal hätten einfahren oder aus ihm auf den Rhein hätten ausfahren wollen. Solche Schiffe waren aber zur Unfall zeit nicht im Revier.
 
Die Aussagen der Besatzung des Schiffes der Klägerin allein sind keine verlässliche Entscheidungsgrundlage. Sie enthalten selbst keine für ihre Richtigkeit sprechenden Elemente, sondern bieten das Bild von nur in der Generallinie übereinstimmenden, in den Einzelheiten aber von einander abweichenden Darstellungen von Zeugen über die gleichen Ereignisse.
So war z.B. nach der Aussage des Steuermanns P. der Schiffsführer H., nicht im Ruderhaus, als die kritischen Ereignisse begannen, während dieser dort gewesen sein will. Nach der Aussage des Steuermanns ist er dagegen von diesem gerufen worden. Es ist weiter nicht zu verkennen, dass die Aussagen H. und P. Einzelheiten enthalten, die für eine Übermüdung beider Zeugen im Zeitpunkt der kritischen Ereignisse sprechen, denn sie waren seit dem Vortage in Dienst und hatten sich am Ruder abgewechselt. Eine mögliche Übermüdung könnte eine falsche Steuerung des Schiffes der Klägerin erklären. Sichere Feststellungen sind aber nicht möglich. Schliesslich muss bei der Bewertung der Aussagen der Besatzungsmitglieder eines Schiffes über das eigene Verhalten immer bedacht werden, dass diese Aussagen von dem Bestreben nach Selbstfertigung geleitet sein können.

Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:

1. Die Berufung der Klägerin gegen des am 9.8.1988 verkündete Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort wird zurückgewiesen. Das genannte Urteil wird bestätigt.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Deren Festsetzung gemäss Artikel 39 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte erfolgt durch das Rheinschifffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort.