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V R 118/66 - Bundesfinanzhof (-)
Decision Date: 22.01.1970
File Reference: V R 118/66
Decision Type: Urteil
Language: German
Norm: § 1 UStG 1951, § 580 HGB
Court: Bundesfinanzhof München
Department: -

Leitsatz:

Bei Zahlung von Fautfracht liegt kein umsatzsteuerpflichtiger Leistungsaustausch vor.

Urteil des Bundesfinanzhofes

vom 22. Januar 1970

Aus den Gründen:

Die steuerpflichtige Reederei hat wegen Nichterfüllung eines Chartervertrages über verschiedene Reisen zwecks Transports von Kohle von amerikanischen nach europäischen Häfen, als nach Durchführung von 3 Reisen weitere Fahrten wegen Einstellung der Kohlelieferungen abgesagt wurden, Fautfracht verlangt und erhalten. Wegen dieses Betrages hatte das Finanzamt die Steuerpflichtige mit 40/0 zur Umsatzsteuer herangezogen, weil es sich um eine umsatzsteuerpflichtige Leistung, die in der fortdauernden Leistungsbereitschaft bestehe, handele. Die Zahlung stelle sich auch nicht als Schadensersatz dar. Mit der Sprungberufung hatte die Steuerpflichtige Erfolg. Die vom Finanzamt eingelegte Revision wurde als unbegründet zurückgewiesen.

Dazu führt der Bundesfinanzhof u. a. aus:

Gemäß § 580 HGB kann der Befrachter vor dem Antritt der Reise, sei diese eine einfache oder zusammengesetzte, von dem Vertrag unter der Verpflichtung zurücktreten, die Hälfte der bedungenen Fracht als Fautfracht zu zahlen. Bei zusammengesetzten Reisen behält der Verfrachter, wenn der Befrachter den Rücktritt erklärt, bevor in bezug auf den letzten Reiseabschnitt die Reise angetreten ist, als Fautfracht die volle Fracht; er hat sich indessen auf die Fautfracht gewisse Beträge anrechnen zu lassen. Nach herrschender Meinung (vgl. Prüssmann, Seehandelsrecht, Anm. B 1 § 580 HGB; Schaps-Abraham a.a.O., Anm. 1 zu § 580 HGB) handelt es sich bei dem Befrachter durch die §§ 580 ff HGB eingeräumten Rücktrittsrecht seinem Charakter entsprechend um ein Kündigungsrecht; macht der Befrachter von diesem Recht Gebrauch, so wird dadurch eine Aufhebung des Chartervertrages für die Zukunft bewirkt (s. Prüssmann, a.a.O.). Aus dem (aufgelösten) Chartervertrag ergeben sich demnach für den Verfrachter gegenüber dem Befrachter keinerlei Verpflichtungen mehr, insbesondere auch nicht die Verpflichtung, gegenüber dem Befrachter weiterhin leistungsbereit zu sein. Da im vorliegenden Fall die Firma R. unstreitig den Chartervertrag nach der dritten Reise gekündigt hat und damit der Vertrag für die Zukunft aufgelöst ist, liegt jedenfalls auf Grund des Chartervertrages eine Leistungsbereitschaft der Steuerpflichtigen gegenüber der Firma R. nicht vor.

Fehlt es aber an einer Leistung der Steuerpflichtigen, der gegenüber die Fautfracht als Entgelt anzusehen ist, so kommt es nicht darauf an, ob der Anspruch auf Fautfracht zu charakterisieren ist als Erfüllungsanspruch, als Anspruch auf Schadenersatz, auf Vertragsstrafe oder (wie im Urteil des BGH 1 ZR 184/54 vom 17. April 1956, Lindermaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, § 652 BGB Nr. 3) auf eine angemessene Entschädigung des Verfrachters für die vom Befrachter herbeigeführte Auflösung des Frachtvertrages und die hierdurch dem Verfrachter entgangene Fracht, durch die ein etwa erlittener Schaden und etwa gemachte Aufwendungen des Verfrachters abgegolten werden.