Decision Database

OVG Bf. II 58/76 - Oberverwaltungsgericht (-)
Decision Date: 28.10.1976
File Reference: OVG Bf. II 58/76
Decision Type: Urteil
Language: German
Court: Oberverwaltungsgericht Hamburg
Department: -

Leitsätze:

1) Werden Schiffe oder andere Schwimmkörper über längere Zeit in einem Hafen hingelegt, so ist dies eine über den Gemeingebrauch hinausgehende, genehmigungspflichtige Benutzung oberirdischer Gewässer, auf die kein Rechtsanspruch besteht.


2) Die Genehmigung muss nach dem Hamburgischen Wassergesetz versagt werden, wenn die Gewässerbenutzung durch andere Schwimmkörper den Schiffsverkehr beeinträchtigt.

3) Zur Unterscheidung zwischen „Schiff" und „anderen Schwimmkörpern".

Oberverwaltungsgericht Hamburg

Urteil

vom 28. Oktober 1976

Zum Tatbestand:

Der Kläger hatte den im Jahre 1960 erworbenen hölzernen Schiffsrumpf „X" eines früheren Minenräumbootes (1944 gebaut, 37,5 m lang) im Jahre 1964 in einer Bucht im Hamburger Hafen hingelegt. Die „X", auf der der Kläger zunächst gewohnt hatte, ging 1972 bei einem Sturm unter. Nach ihrer Hebung und der Erstattung eines Gutachtens durch die Seeberufsgenossenschaft, wonach die „X" ohne Maschinen, Getriebe und Deckhaus nicht wieder in einen seefähigen Zustand zu bringen sei und selbst ein Verholen nur mit besonderer Vorsicht erfolgen könne, nahm die Wasserbehörde der Beklagten die früher gegebene Liegeplatzanweisung mit Bescheid vom 21. 5. 1973 zurück, ohne dass der Kläger dagegen vorgegangen wäre. Die Beklagte verlangte sodann mit Bescheid vom 23. 7. 1973 wegen der Gefahr des erneuten Sinkens der „X" und wegen anderweitiger Benötigung des Liegeplatzes die ungenehmigte Benutzung der Bucht zu beenden und das Objekt abzuwracken.

Der Kläger erhob nach erfolglosem Widerspruch Anfechtungsklage, weil die „X" nach einem ihm vorliegenden Gutachten schwimmfähig sei und daher die Schiffseigenschaft nicht verneint werden könne. Im übrigen beabsichtige er nach wie vor, die „X" demnächst instandzusetzen, sie mit Ruderhaus und Motoren auszurüsten und sodann in einen anderen Hafen zu verlegen.

Die Beklagte bestreitet, dass der mittellose Beklagte die unstreitig etwa 40-50000,- DM betragenden Kosten aufbringen werde, um die „X" zu einem fahrfähigen Schiff zu machen. Mangels dieser Eigenschaft sei die „X" nur ein Schwimmkörper im Sinne des § 17 Abs. 7 des Hamburger Hafengesetzes, wonach es für diese Kategorie von Fahrzeugen einer Genehmigung nach den allgemeinen wasserrechtlichen Bestimmungen bedürfe.

Nachdem die Beklagte die Forderung nach Abwrackung der „X" aufgehoben hatte, die Sache insoweit für erledigt erklärt und über diesen Teil eine Kostenentscheidung ergangen war, hat das Verwaltungsgericht die Klage auf Aufhebung des Bescheides bezüglich der Benutzung der Bucht abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos.

Aus den Gründen:
„...
Nach § 15 Satz 1 des hamburgischen Wassergesetzes vom 20. Juni 1960 (GVBI. S. 335) bedarf jede über den Gemeingebrauch hinausgehende Benutzung oberirdischer Gewässer, die nicht Benutzung im Sinne von § 3 Wasserhaushaltsgesetz ist, der Genehmigung der Wasserbehörde. Das Hinlegen eines derartigen Schwimmkörpers oder eines Schiffes geht über den Gemeingebrauch hinaus (§ 10 Abs. 1 HWaG) und ist keine Gewässerbenutzung im Sinne § 3 WHG. Sie bedarf also der Genehmigung, auf die gemäß § 19 HWaG kein Rechtsanspruch besteht, die nach § 19 Abs. 3 HWaG insbesondere versagt werden muss, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung den Schiffsverkehr beeinträchtigt.

Es kann unentschieden bleiben, ob man durch das Hinlegen der „X", die schon einmal gesunken ist, von einer Beeinträchtigung des Schiffsverkehrs ausgehen kann. Denn wenn die Genehmigung nicht versagt werden muss, ist hier doch ein dem gesetzlich nominierten Tatbestand vergleichbarer Sachverhalt gegeben, der nach dem Sinn des § 19 HWaG jedenfalls eine ermessensfehlerfreie Versagung der Genehmigung zulässt. Die Liegeplätze im Bereich des Hamburger Hafens sind knapp. Die „X" nimmt einen solchen Platz nunmehr seit über zehn Jahren ein, ohne dass in absehbarer Zeit mit einer Veränderung der Verhältnisse gerechnet werden kann. Da die Inbetriebnahme der „X" als Schiff zeitlich unbestimmt ist, dient das Hinlegen nicht dem Schiffsverkehr, sondern beeinträchtigt ihn, weil es Liegeplatz in Anspruch nimmt. Eine weitere Beeinträchtigung könnte von dem risikobehafteten schlechten Erhaltungszustand der „X" ausgehen, so dass die Beklagte die Sondernutzungsgenehmigung auf jeden Fall versagen durfte.

Das von der Beklagten gestellte Verlangen, die Benutzung der Bucht durch die „X" zu beenden, war also nach dem Hafengesetz und nach dem hamburgischen Wassergesetz möglich. Auf dem von der Beklagten eingeschlagenen Weg über das hamburgische Wassergesetz setzt die Rechtmäßigkeit des behördlichen Verlangens wegen der Sonderbestimmung des § 17 Abs. 7 HafenG zusätzlich voraus, dass die „X" kein Schiff, sondern ein anderer Schwimmkörper is. Das Hafengesetz bestimmt nicht, was ein Schiff ist. Diese Begriffsbestimmung wird aus allgemeinem Verständnis vorausgesetzt. Danach ist ein Schiff ein schwimmfähiger Hohlkörper von nicht ganz unbedeutender Größe, der fähig und bestimmt ist, auf oder unter dem Wasser fortbewegt zu werden und dabei Personen oder Sachen zu tragen (BGH in NJW 1952 S. 1135 und Schaps-Abraham, Das deutsche Seerecht, 3. Aufl. 1959, S. 227 m. w. Nachw.).

Dementsprechend sind Wohnschiffe und Gaststättenschiffe keine Schiffe im rechtlichen Sinne. Ist es zweifelhaft, ob ein Schiff dauernd oder vorübergehend aus dem Schiffsbetrieb herausgenommen ist, so kommt es auf die Absicht des Verfügungsberechtigten an, wenn diese mit den äußeren Merkmalen (insbesondere der Instandhaltung) in Einklang steht (Schaps-Abraham a. a. 0.).

Der „X" fehlt es an der Fähigkeit, dem typischen Verwendungszweck zu dienen. Damit in Einklang mangelt es dem Kläger an dem Willen, die „X" als Schiff zu verwenden. Aus diesem Grunde ist die „X" kein Schiff mehr. Ohne Maschinen, Getriebe und Deckshaus und angesichts ihres sonstigen, in vielfacher Hinsicht reparaturbedürftigen Zustandes ist die „X" nicht fähig, auf dem Wasser fortbewegt zu werden und dabei Personen oder Sachen zu tragen. Der verfügungsberechtigte Kläger hat sie dazu auch seit längerer Zeit nicht mehr bestimmt. Diese Bestimmung kann nicht durch ein Bekenntnis ohne reale Verwirklichungschancen ersetzt werden.
...“