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I R 245/72 - Bundesfinanzhof (-)
Decision Date: 21.08.1974
File Reference: I R 245/72
Decision Type: Urteil
Language: German
Norm: § 14 Abs. 1 Berlinhilfegesetz (BHG) 1964
Court: Bundesfinanzhof München
Department: -

Leitsatz:

Die erhöhten Absetzungen nach § 14 Abs. 1 Berlinhilfegesetz (BHG) 1964 können nicht deshalb versagt werden, weil ein früherer Eigentümer des vom Steuerpflichtigen angeschafften Wirtschaftsguts innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren) seit der Anschaffung seinerseits die erhöhten Absetzungen in Anspruch genommen hatte.

Urteil des Bundesfinanzhofes

vom 21. August 1974

Zum Sachverhalt:

Ein im Jahre 1960 erbautes Binnen-Motorschiff war 1964 von der A-KG in Berlin erworben und wurde von dieser im Jahre 1966 an die N-KG, die zum gleichen Zeitpunkt zur Anschaffung und zum Betrieb eines Binnen-Motorschiffes gegründet worden war, für 600000,- DM verkauft. Die N-KG verkaufte das Schiff 1967 an die S-KG für 540000,- DM und stellte darauf ihren Geschäftsbetrieb ein. Die Kläger waren Gesellschafter der aufgelösten N-KG. Ehegatten und Verwandte der Kläger waren Gesellschafter der A-KG und der S-KG. Die N-KG berücksichtigte in ihrem Jahresabschluss auf den 31. Dezember 1966 75 % der Anschaffungskosten des Schiffes, also 450000,- DM als erhöhte Absetzungen nach § 14 BHG, nachdem auch die A-KG schon erhöhte Abschreibungen geltend gemacht hatte.

Das Finanzamt (Beklagter) erkannte diese Absetzung nicht an, da die N-KG in der Absicht errichtet worden sei, für dasselbe Schiff die erhöhten Absetzungen nach § 14 BHG dreimal geltend zu machen. Die beim Finanzgericht erhobene Klage hatte nur zum Teil Erfolg.

Die Revision führte zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung.

Aus den Gründen:

Das FG hat die Vergünstigung des § 14 BHG 1964 im Streitfall letztlich mit der Begründung versagt, dass die bereits von der A-KG voll in Anspruch genommene erhöhte Absetzung von der KG nicht abermals beansprucht werden könne. Das FG hat dies mit Erwägungen begründet, denen sich der Senat nicht anschließen kann. Die Auffassung des FG findet weder im Gesetzeswortlaut noch im Sinn des § 14 BHG 1964 eine Stütze (zur Auslegung einer Begünstigungsvorschrift vgl. BFH-Urteil vom 16. Juni 1971 II R 45/66, BFHE 103, 361, BStBI. II 1972, 65).

a) Das Gesetz knüpft die Inanspruchnahme der erhöhten Absetzung nach § 14 BGH 1964, die an die Stelle der AfA nach § 7 EStG tritt, soweit es sich um bewegliches Anlagevermögen handelt, an die Voraussetzung, dass das Wirtschaftsgut „mindestens drei Jahre nach seiner Anschaffung oder Herstellung in einer in Berlin (West) belegenen Betriebsstätte verbleibt" (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 BHG 1964). Unter der „Anschaffung", von deren Eintritt an der Zeitraum von drei Jahren bemessen wird, ist nach dem Sinnzusammenhang des § 14 Abs. 2 Nr. 2 mit § 14 Abs. 1 BHG 1964 die Anschaffung durch den Steuer-pflichtigen selbst, nicht eine solche durch einen früheren Rechtsvorgänger zu verstehen. Das Gesetz beschränkt sich darauf, das Verbleiben des Wirtschaftsguts in einer Betriebsstätte in Berlin (West) für die Jahre nach der Anschaffung durch den Steuerpflichtigen zu fordern, ohne dem rechtlichen Schicksal des Wirtschaftsguts für die Zeit vor seiner Anschaffung durch den Steuerpflichtigen Bedeutung beizumessen.

b) Auch die zum Sinn des 14 BHG 1964 vom FG angestellten Überlegungen sind nicht geeignet, eine vom Wortlaut des Gesetzes abweichende Auslegung zu rechtfertigen. Der erkennende Senat teilt die Auffassung im BFH-Urteil IV 13/63 U, dass der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 14 BHG 1964 Investitionen in Berlin (West) begünstigen und die Berliner Wirtschaftskraft mit einer mehr oder minder großen Dauerwirkung stärken wollte. Wenn der BFH im Urteil IV 13/63 U daraus gefolgert hat, dass die Begünstigung insofern sach- und nicht personenbezogen sei, als es nicht entscheidend darauf ankomme, ob das Wirtschaftsgut während eines Zeitraums von drei Jahren nach der Anschaffung durch den Steuerpflichtigen gerade in dessen Betriebsstätte verbleibe, so hält sich diese Auslegung im Rahmen des möglichen Wortsinnes des § 14 BHG 1964. Aus diesem Gedanken lässt sich aber nicht Im Gegensatz zum Wortlaut des Gesetzes herleiten, dass die früher von einem Dritten in Anspruch genommene Vergünstigung für den Rechtsnachfolger die Möglichkeit ausschließe, seinerseits die Vergünstigung in Anspruch zu nehmen. Abgesehen davon, dass es für den Käufer eines Wirtschaftsguts häufig unmöglich sein wird, festzustellen, ob irgend jemand in der Kette seiner Rechtsvorgänger die Begünstigung des § 14 BHG 1964 bereits genutzt hat, wird der Zweck einer nachhaltigen Stärkung der Berliner Wirtschaft auch bei wortgetreuer Auslegung der Vorschrift erreicht. Wechselt ein Wirtschaftsgut im Laufe der Jähre mehrmals seinen Eigentümer, so wird durch jede Anschaffung der Anreiz verstärkt, das Wirtschaftsgut zur Erhaltung der Vergünstigung weitere drei Jahre für die Wirtschaft in Berlin (West) zu nutzen.