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3 U 190/08 BSchRh - Oberlandesgericht (Berufungsinstanz Moselschiffahrt)
Decision Date: 25.01.2011
File Reference: 3 U 190/08 BSchRh
Decision Type: Urteil
Language: German
Court: Oberlandesgericht Köln
Department: Berufungsinstanz Moselschiffahrt

OBERLANDESGERICHT KÖLN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL


In der Rheinschifffahrtssache

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln als Rheinschifffahrtsobergericht auf die mündliche Verhandlung vom 01.10.2010

für Recht erkannt:

Die Berufung des Klägers gegen das am 15.09.2008 verkündete Ur-teil des Amtsgerichts Duisburg-Ruhrort – Rheinschifffahrtsgericht – 5 C 25/06 BSch – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt den Ersatz des Schadens, der ihm bei der Kollision der ihm seinerzeit gehörenden Segelyacht „...“ mit dem der Beklagten zu 1. gehörenden TMS „...“ entstanden ist, dessen Schiffsführer der Beklagte zu 2. war.

Am 30.10.2004 gegen 21.15 Uhr kam es bei unsichtigem Wetter oberhalb des Hafens der Ölmühle in Kleve-Spyck bei Rhein-Kilometer 855 – 856 zu einem Begegnungsunfall zwischen der zu Berg fahrenden Segelyacht unter Motor (Länge 13,60 Meter, Breite 4,25 Meter, Tiefgang 1,95 Meter, 41 kW) und dem zu Tal mit Radar fahrenden TMS (Länge 85,90 Meter, Breite 11,44 Meter, 2055,76 Tonnen, 1480 PS). An Bord der Segelyacht befand sich kein für die Binnenschifffahrt zugelassenes Radargerät, sondern ein Seeradargerät. Kein Besatzungsmitglied war im Besitz eines Radarpatentes. Der Zusammenstoß erfolgte an der Backbordseite vorne der Segelyacht und der Steuerbordseite des Vorschiffes des TMS. Nach der Kollision vertrieb die Segelyacht rheinabwärts.

Die Staatsanwaltschaft Duisburg hat das gegen den Kläger wegen Gefährdung des Schiffsverkehrs eingeleitete Ermittlungsverfahren gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt (vgl. den Vermerk zur Begründung Bl. 108 BA).

Der Kläger hat behauptet, er habe im Bereich des Pannerdenschen Kopfes den Rhein zum linksrheinischen Ufer gequert und sei von dort aus dicht unter Land im Abstand von etwa dreißig Metern zum Ufer oder zum jeweiligen Kribbenstrich zu Berg gefahren. Noch bei Passieren des Rheinkilometer 857 sei klare Sicht gewesen. Oberhalb des Umschlagplatzes Ölmühle Spyck habe er die erste Kribbe im Abstand von 15 Metern passiert, sodann den Abstand auf etwa 25 – 30 Meter vergrößert, um wegen des Tiefgangs von nahezu zwei Metern keine Probleme zu bekommen. Kurz vor Passieren der dritten Kribbe oberhalb des Umschlagplatzes habe er eine flache Nebelbildung über Land an der Backbordseite dicht über dem Emmericher Ward bemerkt, wenig später auch Nebel voraus. Nur wenige Sekunden später habe sich die Segelyacht oberhalb der dritten Kribbe nach dem Umschlagplatz völlig eingehüllt in dichtem Nebel befunden, der praktisch keine Sicht mehr zugelassen habe. Von diesem Zeitpunkt ab seien die vorgeschriebenen Nebelschallsignale gegeben worden. Er habe die Fahrt von etwa 5 Knoten auf etwa 1 Knoten über Grund verringert, so dass die Segelyacht gerade Ruderdruck gehabt habe und manövrierfähig geblieben sei. Der Zeitraum ab der Einhüllung in dichtem Nebel bis zur Kollision werde auf höchstens 180 Sekunden geschätzt. Sein Bruder, der Zeuge B T, habe das an Bord befindliche Seeradargerät bereits vorher eingeschaltet gehabt, die Bilder ausgewertet und die Ergebnisse an den Kläger weitergegeben. Er selbst habe Sichtnavigation betrieben und den Steuerkompass beobachtet. Zusätzlich sei die GPS-Anlage gelaufen. Als sich die Segelyacht im Nebel befunden habe, sei sie nach Angabe des das Radarbild auswertenden Bruders hart am linksrheinischen Ufer zwischen zwei Kribbenköpfen gefahren. Der Bruder habe einen Talfahrer auf Kollisionskurs angekündigt. Daraufhin habe der Kläger seinen bisher gehaltenen Kompasskurs noch um ca. 40° nach Steuerbord geändert. Der Bruder habe gerufen: „Es geht anscheinend klar“ und fast im selben Augenblick: „Er kommt zurück“. Nahezu gleichzeitig habe der Kläger ein Schiff fast im rechten Winkel auf die Backbordseite der Segelyacht zukommen gesehen. Er habe das Ruder hart nach Steuerbord gelegt. Im selben Moment habe es vorn an der Backbordseite geknallt. Nachdem die Segelyacht nach der Kollision bei Rheinkilometer 855,250 rheinabwärts vertrieben worden sei, habe sie sich zwischen dem rechtsrheinischen Ufer und den Untiefen-Tonnen befunden – die unstreitig bei Rheinkilometer 856 am rechten Fahrrinnenrand außerhalb der Fahrrinne ca. 120 Meter zum rechtsrheinischen Kribbenstrich ausgelegt waren. Dort habe er geankert und auf die Wasserschutzpolizei gewartet. Er sei mit eigener Maschinenkraft unter dem rechtsrheinischen Ufer direkt hinter dem Polizeiboot zum Zollhafen Emmerich gefahren.

Durch den Unfall sei an der Segelyacht ein Schaden von 100.688,00 € entstanden.

Der Unfall sei darauf zurückzuführen, dass der Beklagte zu 2. nach seinen Angaben auf dem Radarbild die Segelyacht mit einer Untiefentonne verwechselt habe, zur linksrheinischen Seite auszuweichen versucht habe und dadurch in den Bereich von 25 bis 30 Meter Abstand zum linksrheinischen Kribbenstrich geraten sei, den die Segelyacht benutzt habe. Das Verschulden des Beklagten zu 2. ergebe sich aus dem nicht sachgerechten Auswerten der Radarbilder, ferner daraus, dass das TMS ohne Past-Track-Funktion gefahren sei, was ein schwerer nautischer Fehler sei, da der so eingeschlagene Kurs später nicht dokumentiert werden könne.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

an ihn 100.688,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.10.2004 sowie weitere 1.073,81 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Schriftsatzes vom 10.10.2006 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet, TMS „...“ sei mit ca. 18 km/h etwa in Strommitte im rechtsrheinischen Teil der Fahrrinne mit einem Abstand zum rechtsrheini-schen Ufer von ca. 120 bis 130 Meter gefahren. Auf dem Radarbild seien hintereinander die Echos von drei – seit längerer Zeit bekannten – Tonnen am rechten Teil der Fahrrinne sichtbar geworden, im Zuge der Annäherung unter-halb der dritten Tonne ein weiteres Echo im Bereich der Tonnen-Strich-Linie. Der Beklagte zu 2. habe zunächst vermutet, dass es sich um ein weiteres Fahrwasserzeichen handele und habe vorsorglich etwas nach Backbord gehalten, um den Passierabstand zu vergrößern. Im Zuge der weiteren Annäherung habe sich das Echo zu Berg bewegt in den Kurs des TMS. Der Beklagte zu 2. habe seine Maschine gestoppt und unmittelbar vor dem Anstoß noch Steuerbordruder gegeben, um zu verhindern, dass das TMS zu weit nach linksrheinisch in die Kribben verfiel. Die Kollision sei jedoch nicht mehr zu vermeiden gewesen. Das in Querfahrt befindliche Echo habe sich im Nachhinein als die Segelyacht herausgestellt. Die Kollision habe sich ungefähr in der Mitte der Fahrrinne bei Rheinkilometer 856 ereignet.

Die Beklagten haben ferner vorgetragen, der Kläger habe den Unfall verschuldet, weil er in dichtem Nebel in Fahrt geblieben sei, obwohl sich kein für die Binnenschifffahrt zugelassenes Radargerät an Bord befunden habe und kein Besatzungsmitglied der Segelyacht im Besitze eines Radarpatentes gewesen sei. Deshalb habe sie sich im Nebel in das rechtsrheinische Fahrwasser verirrt. Die Darstellung des Klägers könne nicht zutreffen, weil hiernach das TMS nach dem Anstoß in die linksrheinischen Kribben geraten wäre und mindestens Grundberührung erlitten hätte – was unstreitig nicht der Fall war.

Das Rheinschifffahrtsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen B und C T sowie T I und durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 17.12.2007 (Bl. 154 ff. d. A.) sowie das Gutachten des Sachverständigen Dipl. Elektroingenieur P vom 02.05.2008 (Bl. 184 ff. d. A.) Bezug genommen.

Sodann hat das Rheinschifffahrtsgericht die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht bewiesen habe, dass dem Beklagten zu 2. ein Verschulden anzulasten sei. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das TMS in Backbordschrägfahrt auf das linksrheinische Ufer zugefahren und dort im Bereich des Kribbenstrichs mit der Segelyacht des Klägers kollidiert sei. Dem widerspreche die eindeutige und nachvollziehbare Aussage des Zeugen I (Steuermann des TMS), der den Beklagtenvortrag bestätigt habe, wonach der Kollisionspunkt etwa in der Mitte der Fahrrinne gelegen habe. Diese Darstellung werde durch die Aussagen der Zeugen B und C T nicht widerlegt. Im Falle ihrer Richtigkeit hätte das TMS zwischen die Kribben linksrheinisch gefahren sein müssen, was aber nicht geschehen sei. Der Kläger habe den erforderlichen Beweis auch nicht durch die Aufzeichnungen seines Navigationssystems geführt. Nach dem Gutachten des Sachverständigen P ließen die Aufzeichnungen keinen Rückschluss auf den wirklich gefahrenen Kurs zu. Der Kollisionspunkt sei aus den Daten nicht einmal annäherungsweise bestimmbar.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger in zulässiger Weise Berufung eingelegt und diese begründet. Er rügt, dass das Rheinschifffahrtsgericht weitere sieben von ihm benannte Zeugen (Bl. 286 f. d. A.) nicht vernommen habe, und greift die Feststellungen des Sachverständigen P sowie die Beweiswürdigung des Rheinschifffahrtsgerichts an. Ferner beantragt er die erneute Vernehmung der Zeugen B und C T. Das Rheinschifffahrtsgericht habe in mehrfacher Weise seine Aufklärungspflicht verletzt. Im Übrigen wiederholt der Kläger sein erstin-stanzliches Vorbringen.

Der Kläger beantragt,

1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 100.688,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.10.2004 zu zahlen,

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn weitere 2.094,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem Zugang der Klageerhöhung mit Schriftsatz vom 10.10.2006 zu zahlen,

hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechts-streit an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Duisburg-Ruhrort als Rheinschifffahrtsgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie schließen sich dem angefochtenen Urteil an und wiederholen ebenfalls ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl. Ing. C, das dieser unter dem 29.03.2010 erstattet und in der mündlichen Verhandlung vom 01.10.2010 erläutert hat. Auf das Gutachten Bl. 435 ff. d. A. sowie das Sitzungsprotokoll Bl. 533 ff. d. A. wird Bezug genommen.

Die Akte 117 Js 253/05 StA Duisburg war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil sowie die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Rheinschifffahrtsgericht hat die Schadensersatzklage zu Recht abgewie-sen, weil der Kläger nicht den ihm obliegenden Beweis geführt hat, dass der Beklagte zu 2. den Zusammenstoß von TMS „...“ mit der Segelyacht des Klä-gers verschuldet hat.

Nach dem Klagevortrag kommt eine Haftung der Beklagten gemäß §§ 3, 92, 92 b, 92 f, 114 BSchG, 823 BGB i. V. m. §§ 1.04, 6.03 Nr. 3, 6.32 Nr. 3, 9.04 Nr. 1 b, 2 RheinSchPV in Betracht. Der Kläger hat seinen Vortrag aber nicht zu beweisen vermocht. Nach dem Ergebnis der in erster und in zweiter Instanz durchgeführten Beweisaufnahme kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte zu 2. seinen Kurs vor der Kollision in der Weise geändert hat, dass die Gefahr eines Zusammenstoßes erst herbeigeführt wurde und / oder dass er den Kurs nicht soweit nach Steuerbord gerichtet hat, dass die Vorbeifahrt ohne Gefahr Backbord an Backbord stattfinden konnte. Ein Verstoß des Beklagten zu 2. gegen §§ 6.03 Nr. 3 und 9.04 Nr. 1 b, 2 RheinSchPV setzt voraus, dass die Segelyacht vor der Kollision in unmittelbarer Nähe des linksrheinischen Kribbenstrichs fuhr und das TMS aus seinem Kurs in der rechten Fahrrinnenhälfte in den Kurs der Segelyacht gefahren ist. Der Senat vermochte sich ebenso wenig wie das Rheinschifffahrtsgericht aufgrund der den Klagevortrag bestätigenden Aussagen der Zeugen B und C T von der Richtigkeit des Klagevortrags zu überzeugen. Er teilt zunächst die Bedenken des Rheinschifffahrtsgerichts gegen die Richtigkeit der Zeugenaussagen, weil hiernach das TMS nach dem Zusammenstoß in die Kribben hätte geraten müssen. Zweifel an der Zuverlässigkeit der Aussage des Zeugen B T bestehen darüber hinaus, weil der Zeuge seine Beobachtungen auf dem Radarschirm eines Seeradars wiedergegeben hat, das für Binnengewässer ungeeignet und nicht zugelassen ist und weil der Zeuge nicht im Besitz eines Radarpatentes war. Wenn er auf dem Radarschirm das TMS in Strommitte entgegenkommen sah und es für ihn so aussah, „als würde das Ganze auf Kollisionskurs gehen“, kann die Segelyacht nicht ziemlich dicht am linksrheinischen Ufer gefahren sein.

Gegen die Zuverlässigkeit der Aussage der Zeugin C T bestehen im Übrigen Bedenken, weil die Zeugin Beobachtungen zur Lage der Schiffe im Moment der Kollision wiedergegeben hat, obwohl so starker Nebel aufgezogen war, dass sie das linksrheinische Ufer nicht mehr sehen konnte („wir standen prak-tisch im Dunkeln“).

Die Zweifel an der Richtigkeit der Zeugenaussagen werden durch das Ergebnis des vom Senat eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Dipl. Ing. C bestätigt. Hiernach kann nicht festgestellt werden, dass die Segelyacht entsprechend dem Klagevortrag vor der Kollision weit linksrheinisch in einem nahen Abstand zur Kribbenlinie fuhr und in dieser Position von dem TMS angefahren wurde. Der Sachverständige hat den vom Kläger gefahrenen Kurs anhand der Videoaufzeichnung der GPS-Anlage auf der Segelyacht geprüft und ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass der aufgezeichnete Kurs die von der Segelyacht gefahrene Strecke wiedergibt und dass die Segelyacht etwa fünf Minuten vor der Kollision in einem Abstand von ca. 30 Metern zur linksrheinischen Fahrrinne bzw. ca. 60 Meter von der linksrheinischen Kribbenlinie entfernt fuhr. Im weiteren Verlauf der Bergfahrt habe sie sich vom linksrheinischen zum rechtsrheinischen Ufer entfernt und sei zwischen der Fahrrinnenmitte und der rechtsrheinischen Seite der Fahrrinne mit dem TMS kollidiert. Bei der Kollision habe die Segelyacht quer zur Fahrtrichtung des TMS mit dem Bug zum linksrheinischen Ufer gelegen. Das TMS sei mit einem Kollisionswinkel von ca. 100° +/- 25° mit seinem Bugsteven auf die Segelyacht gefahren, die zweimal von dem Steven getroffen worden sei, an der Steuerbordseite des TMS vorbeigeglitten sei und sich von dem TMS zum rechten Ufer entfernt habe. Die Kollisionsstelle habe mit größter Wahrscheinlichkeit zwischen Rheinkilometer 855,7 und Rheinkilometer 855,8 zwischen der Mitte und der rechten Seite der Fahrrinne gelegen.

Unabhängig von den Aufzeichnungen aus der GPS-Anlage hat der Sachver-ständige anhand der Strömungsverhältnisse und Fließgeschwindigkeiten des Rheins bei Kilometer 855 bis 856 festgestellt, dass die Kollision nicht linksrheinisch erfolgt sein kann, weil in diesem Fall ein Vertreiben in den rechtsrheinischen Bereich in Höhe der Tonnenlage nicht möglich gewesen wäre.

Schließlich hat der Sachverständige mit Modellversuchen ermittelt, dass die Segelyacht unmittelbar vor der Kollision quer zur Fahrtrichtung des TMS lag. Nach der Kollision wurde sie von der Steuerbordseite des TMS tendenziell nach außen bewegt.

Damit hat der Sachverständige ausgeschlossen, dass die Kollision auf der linken Seite der Fahrrinne erfolgt ist. Selbst wenn die Wiedergabe des gefahrenen Kurses in Abbildung 8 des Sachverständigengutachtens (Bl. 449 d. A.) in der Weise ungenau sein sollte, dass eine Drehung um den eingezeichneten Referenzpunkt erfolgen müsste, so könnte diese nur derart gering sein, dass sich daraus ein Zusammenstoß in der Mitte der Fahrrinne ergäbe.

Nach diesem Beweisergebnis lassen sich die vor der Kollision von den beiden Schiffen gefahrenen Kurse nicht hinreichend exakt feststellen. Der Senat sieht weder als bewiesen an, dass der von der Segelyacht gefahrene Kurs eine Backbord-an-Backbord-Begegnung zuließ, noch hält er für erwiesen, dass das TMS in den Kurs der Segelyacht gefahren ist. Vielmehr kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Segelyacht ihrerseits ihren Kurs in Richtung Strommitte in der Weise geändert hat, dass sie in den Kurs des TMS geraten ist. Der Senat geht davon aus, dass auch die Unfallversion der Beklagten nicht bewiesen ist, da auch sie mit den Feststellungen des Sachverständigen Dipl. Ing. C nicht in Einklang zu bringen ist. Daher kann als richtig unterstellt werden, dass entsprechend dem Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 02.12.2010 der Sachverständige auf Vorhalt des Prozessbevollmächtigten des Klägers erklärt hat, aus physikalischen Gründen könne der Unfallverlauf nicht so gewesen sein, wie vom Beklagten zu 2. dargestellt, dass er nämlich auf dem Radar eine „Tonne“ wahrgenommen habe, die sich plötzlich von rechtsrheinisch mit voller Fahrt in Richtung linksrheinisch auf den Weg gemacht habe.

Dem Beklagten zu 2. ist auch kein schuldhafter Verstoß gegen § 6.32 Nr. 3 und die allgemeine Sorgfaltspflicht gemäß § 1.04 RheinSchPV anzulasten. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen, dass er die Segelyacht auf dem Radarschirm gesehen hat oder hätte erkennen können. Der Sachverständige hat hierzu lediglich festgestellt, dass die Segelyacht unter optimalen Bedingungen in einer Entfernung von ca. 1.200 Metern auf dem Radarsichtgerät des TMS im Nebel als Echo erkennbar war. Ob sie als Fahrzeug auszuwerten war, konnte er nicht mit Sicherheit sagen. Von einem Beweis kann daher auch nicht unter Berücksichtigung der Angabe der Wasserschutzpolizei im Einsatzbericht vom 31.10.2004 ausgegangen werden, die nach dem Unfall vor Anker liegende Segelyacht sei von ihr im Radar gut auszuwerten gewesen (Bl. 8 BA). Dass es sich bei dem vom Beklagten zu 2. als vierte Tonne wahrgenommenen Echo um die Segelyacht handelte, wird vom Kläger bestritten und kann nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens nicht festgestellt werden.

Aus den vorgenannten Gründen kommt auch ein unfallursächlicher Verstoß gegen § 6.32 Nr. 3 RheinSchPV nicht in Betracht. Im Übrigen wäre es zur Abwendung der Kollision zu spät gewesen, wenn das TMS ein Tonsignal abgegeben hätte, als der Beklagte zu 2. das Echo als Fahrzeug erkannte, das in schneller Fahrt auf das TMS zugefahren sei.

Der Kläger rügt zu Unrecht, dass das Rheinschifffahrtsgericht die in der Berufungsbegründung aufgeführten sieben Zeugen nicht vernommen habe. Die in das Wissen dieser Zeugen gestellten Umstände können als richtig unterstellt werden. Dies gilt auch insbesondere für den Zeugen van der Velde, der im polizeilichen Ermittlungsverfahren gegen den Kläger ausgesagt hat, bei Rheinkilometer 860 habe er eine mit Motor fahrende Segelyacht überholt, die klaren Kurs zum linksrheinischen Kribbenstrich gehalten habe. Der Abstand sei seiner Meinung nach etwas weit von den Kribben ab gewesen, aber der Kurs sei klar gewesen und habe die übrige Schifffahrt nicht behindert. Die Sicht sei schon etwas diesig gewesen, aber die Schifffahrt nach Radar möglich. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Segelyacht zwischen Kilometer 860 und der späteren Kollisionsstelle von dem von dem Zeugen beschriebenen Kurs weiter nach Backbord abgekommen ist.

Auch eine nochmalige Vernehmung der Zeugen B und C T war nicht erforderlich, da diese Zeugen nach dem Klagevortrag keine weitergehenden Angaben als in erster Instanz geschehen machen können und der Senat davon ausgeht, dass die Zeugen subjektiv um wahrheitsgemäße Aussagen bemüht waren.

Die Berufung des Klägers war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen, da die Voraussetzun-gen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Berufungsstreitwert: 100.688,00 €.