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218 B - 5/91 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Decision Date: 06.05.1991
File Reference: 218 B - 5/91
Decision Type: Urteil
Language: German
Court: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Department: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

Urteil

verkündet am 6. Mai 1991

(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Mainz vom 9.12.1987 - 11 Js 14181/86 - 11 OWi -)

Tatbestand und Entscheidungsgründe:

Der Betroffene ist der Schiffsführer des Motorschiffs "L". Mit ihm fuhr er am Vormittag des 13.12.1985 unterhalb von Mannheim zu Tal. Am Ruder stand sein Matrose Z., der das Schiffsführerpatent hatte. Der Betroffene war ebenfalls im Steuerhaus. Es herrschte schlechte Sicht. Das Schiff wurde deshalb über Radar geführt, obwohl weder der Betroffene, noch sein Matrose das notwendige Patent besaßen. Als Bergfahrer kam ihnen das Motorschiff "D" entgegen. Zwischen beiden Schiffen wurde über Sprechfunk eine Begegnung Backbord an Backbord vereinbart, ohne dass man sich zunächst im Radarbild sah. Trotz dieser Absprache kam es zum Zusammenstoss, weil beide Schiffe ihre Kurse nach Backbord bzw. Steuerbord so verlegten, dass sie gegeneinander liefen. Jedes Schiff wirft dem anderen vor, seinen Kurs zuerst geändert und die Kursänderung des anderen dadurch erzwungen zu haben. Gegen den Betroffenen erging zunächst ein Bußgeldbescheid über DM 500 wegen Fahrens nach Radar ohne entsprechendes Patent und einige Verstöße gegen Bestimmungen der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung. Auf seinen Einspruch hin wurde die Geldbusse vom Rheinschifffahrtsgericht Mainz auf 400 DM ermäßigt, wobei als Verstöße des Betroffenen nur noch die Fahrt nach Radar ohne Patent und die Verletzung der allgemeinen nautischen Sorgfaltspflicht festgestellt wurden. Diese Verletzung wurde darin gesehen, dass sein Kurs als Talfahrer in demjenigen der Bergfahrt gelegen habe. Der Betroffene hat Berufung eingelegt, mit der er nur rügt, dass er wegen Verletzung der allgemeinen nautischen Sorgfaltspflicht mit einem Bußgeld belegt wurde.

Die Berufung ist formell nicht zu beanstanden und hat in der Sache aus den folgenden Gründen Erfolg:

1. In dem Bußgeldbescheid vom 21.3.1986 wurde Zuwiderhandlung gegen § 1.04 RheinSchPVO i. V. mit Artikel 5 Absatz 1 Nr. 1 EVO zur RheinSchPVO, Artikel 6 VO zur Erteilung von Radarschifferzeugnissen i. V. mit § 1 dieser VO, § 6.32 Nr. 4a und Nr. 14.5 RheinSchPVO i. V. mit Artikel 5 Absatz 3 Nr. 20c EVO zur RheinSchPVO festgestellt. Das Rheinschifffahrtsgericht Mainz hat den Betroffenen wegen Verstoßes gegen die allgemeine Sorgfaltspflicht in Tateinheit mit Führen eines Schiffes in Radarfahrt, ohne das erforderliche Radarschifferzeugnis zu besitzen, gemäß § 1.04 RheinSchPVO i. V. mit Artikel 5 Absatz 1 Nr. 1 EVO zur RheinSchPVO, Artikel 6 VO zur Erteilung von Radarschiffer-zeugnissen i. V. mit § 1 dieser VO, § 19 OWiG verurteilt.

2. Dieses Urteil ist insoweit fehlerhaft, als die festgesetzte Geldbusse von DM 400 auch auf einen Verstoß des Betroffenen gegen § 1.04 RheinSchPVO gestützt wird. Diese Vorschrift ist seit dem 1.10.1983 nicht mehr bußgeldbewehrt. Im Gegensatz zu Artikel 5 (Absatz 2 Nr. 3) EVO zur RheinSchPVO vom 15.6.1981 (BGBl. I 497) führt die EV v. 16.8.1983 (BGBl. I 1145) zu der am 1.10.1983 in Kraft getretenen Neufassung der RheinSchPVO Verstöße gegen § 1.04 RheinSchPVO nicht mehr als Ordnungswidrigkeit auf. Die vom Rheinschifffahrtsgericht Mainz verhängte Geldbusse hat also insoweit keine Rechtsgrundlage, als sie auf einen Verstoß des Betroffenen gegen § 1.04 RheinSchPVO gestützt ist.

3. Zu büssen ist der Betroffene deshalb nur wegen Führen eines Schiffes in Radarfahrt, ohne das erforderliche Radarschifferzeugnis zu besitzen. Das erkennt der Betroffene auch an. Eine Geldbusse von DM 300 erscheint der Berufungskammer angemessen. Sie trägt einerseits dem Umstand Rechnung, dass das Führen eines Schiffes in Radarfahrt, ohne das erforderliche Radarschifferzeugnis zu besitzen, als sehr verantwortungslos angesehen werden muss. Auf der anderen Seite berücksichtigt sie, dass die vom Rheinschifffahrtsgericht Mainz festgesetzte Geldbusse zum Teil ohne Rechtsgrundlage erfolgt ist. Dabei kann dahingestellt werden, ob eine solche Rechtsgrundlage bestanden hat, denn der Betroffene ist auf eine solche nicht hingewiesen worden.

Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:

1. Auf die Berufung des Betroffenen wird das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Mainz vom 9.12.1987 wie folgt abgeändert und neu gefasst:

a) Gegen den Betroffenen wird wegen Führen eines Schiffes in Radarfahrt, ohne das erforderliche Radarschifferzeugnis zu besitzen, eine Geldbusse von DM 300 festgesetzt.

b) Die Kosten des ersten Rechtszuges trägt der Betroffene.

2. Der Betroffene trägt keine Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Festsetzung die ihm zu erstattenden Kosten des Berufungsverfahrens erfolgt durch das Rheinschifffahrtsgericht Mainz, gemäß Artikel 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte.