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167 B - 6/84 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Decision Date: 22.11.1984
File Reference: 167 B - 6/84
Decision Type: Urteil
Language: German
Court: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Department: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt

vom 22. November 1984

(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Mainz vom 9. November 1983 - 11 Js 6649/83 - 19 OWi RhSch -)

In der Bussgeldsache hat die Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt in Strassburg nach öffentlicher Verhandlung in ihrer Sitzung vom 22.11.1984 folgendes Urteil gefällt:

Tatbestand und Entscheidungsgründe:

Der Betroffene ist der Eigner und Führer des Motorschiffs "MH". Mit diesem Schiff fuhr er am 7.4.1982 gegen 23,30 Uhr bei Km 467,5 auf dem Rhein zu Berg. Die Nacht war klar und die Sicht gut. Ausserdem benutzte der Betroffene das Radargerät seines Schiffes. Ihm begegnete das zu Tal fahrende Motorschiff "H". Bei dieser Begegnung stiessen beide Schiffe in de Form zusammen, dass "MH", "H" backbords in die Seine fuhr. Das angefahrene Schiff wurde erheblich beschädigt.
Die Havarie hatte zur Folge,dass gegen den Betroffenen ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet wurde.Ihm wurde vorgeworfen, sein Schiff bei der Begegnung mit "H" falsch gesteuert und dadurch gegen die §§ 6.03 Absatz 3 und 1.04 RhSchPVO Verstossen zu haben. Das Verfahren führte zu seiner Verurteilung zu einer Geldbusse von DM 300 durch das Rheinschiffahrtsgericht Mainz. Das Gericht stellt fest, das Schiff des Betroffenen sei vor der Begegnung plötzlich auf "H" zu gefahren. Dort habe man den Zusammenstoss durch Herumreissen des Ruders nicht mehr verhindern können. Der Betroffene habe zugegeben, dass ein Fehler im Rudersystem seines Schiffes nicht aufgetreten sei. Hieraus hat das Rheinschiffahrtsgericht das Verschulden des Betroffenen abgeleitet.

Dieser hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Er sieht die Havarieursache darin, dass der Unfall sich in einer Stromkrümmung ereignet habe, in deren Hang das MS "H" gefallen sei. Dadurch sei es in den Kurs seines Schiffes geraten. Er habe zwar dessen Ruder nach Steuerbord gelegt, den Zusammenstoss dadurch aber nicht vermeiden können. Die Berufung ist formell nicht zu beanstanden. In der Sache hat sie aus den folgenden Gründen Erfolg:

Auch die Berufungskammer hält nicht für sicher, dass der Betroffene die Erklärung abgegeben hat, die automatische Ruderbedienung seines Schiffes habe versagt. Sie nimmt zur Kenntnis, dass er ein solches  Versagen leugnet. Daraus kann aber mit dem Rheinschiffahrtsgericht nicht gefolgert werden, die Havarie sei die Folge eines Navigationsfehlers des Betroffenen. Es steht nämlich auch nicht fest, dass dessen Schiff vor der Kollision plötzlich auf das MS "H" zugefahren ist. Das ist lediglich die Behauptung der Besatzung dieses Schiffes, der diejenige des Betroffenen entgegensteht, "H" sei nach Backbord in den Hang gefallen und in den Kurs seines Schiffes geraten. Es kann nicht sicher festgestellt werden, welche der beiden Behauptungen richtig ist.  Sie stammen alle von Personen, die an dem Ausgange des Verfahrens interessiert sind und können durch dieses Interesse beeinflusst sein. Deshalb ist bei ihrer Wertung Vorsicht geboten mit dem Ergebnis, dass eine der beiden Darstellungen nur dann als richtig angesehen werden kann, wenn sie durch andere Umstände zweifelfrei bestätigt wird. Eine solche Bestätigung fehlt im vorliegenden Falle. Die Beschädigungen des MS "H" lassen sichere Schlüsse auf die der Havarie voraufgegangenen Ereignisse nicht zu. Die Aussage des Zeugen K. betrifft nicht die zur Kollision führende Begegnung, sondern eine frühere, an der "H" beteiligt war. Von ihr aus sind keine Rückschlüsse auf den Kurs dieses Schiffes bei der umstrittenen Begegnung möglich. Die Verhängung einer Geldbusse gegen den Betroffenen ist aus den dargelegten Gründen nicht gerechtfertigt.

Es wird deshalb für Recht erkannt:

1) Das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Mainz vom 9.11.83 wird aufgehoben.

2) Der Betroffene wird freigesprochen.

Er hat keine Verfahrenskosten zu tragen.

3) Die Festsetzung der ihm zu erstattenden notwendigen Auslagen gemäss Artikel 39 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte erfolgt durch das Rheinschiffahrtsgericht Mainz.

Der Stellvertretende Gerichtskanzler:                      Der Vorsitzende :

(gez.) A. Bour                                                       (gez.) Stückelberger