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1 R 156/71 - Bundesfinanzhof (-)
Decision Date: 24.01.1973
File Reference: 1 R 156/71
Decision Type: Urteil
Language: German
Court: Bundesfinanzhof München
Department: -

Leitsatz:

Veräußert eine Partnerreederei ihr einziges Schiff und löst sie sich danach auf, liegt eine Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebes vor. Der Veräußerungsgewinn unterliegt dem ermäßigten Steuersatz auch soweit er auf Mitreeder entfällt, die anderweitig im Reedereiwesen tätig sind.

Urteil des Bundesfinanzhofes

vom 24. Januar 1973

Zum Sachverhalt:

Die Kläger waren neben 2 weiteren Gesellschaftern Mitreeder einer Partnerreederei und außerdem an der A-Gesellschaft beteiligt, die gleichfalls das Reedereigeschäft betrieb. Die Partnerreederei veräußerte ihr einziges Schiff und löste sich danach auf.

Das Finanzamt lehnte bei der einheitlichen Gewinnfeststellung der Partnerreederei die ab, die u. a. auf die Kläger entfallenden Gewinne als dem ermäßigten Steuersatz entfallende Veräußerungsgewinne im Sinne der §§ 16, 34 EStG. festzustellen, weil die Kläger weiterhin in der Schifffahrt, nämlich im Rahmen der A-Gesellschaft tätig seien.

Die Sprungklage gegen das Finanzamt (Beklagter und Revisionskläger) hatte beim Finanzgericht Erfolg. Dagegen blieb die Revision des Finanzamts erfolglos.


Aus den Gründen:

Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Gewinne, die bei der Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs erzielt werden. Der Gewerbebetrieb wird im Ganzen veräußert, wenn sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem Akt auf den Erwerber übergehen. Die Annahme des FG, außer dem Schiff seien keine anderen wesentlichen Betriebsgrundlagen vorhanden gewesen, ist nicht zu beanstanden. Sie entspricht den gesetzlichen Vorschriften.

Die Veräußerung des Schiffes am 1. Juni 1967 war sonach eine Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebes. Ohne Bedeutung ist, dass die Partnerreederei nach der Veräußerung fortbestand und sich die Auseinandersetzung hinsichtlich der Kaufpreisabwicklung und des übrigen Reedereivermögens noch bis in das Jahr 1968 hineinzog.

Nach der entscheidenden Liquidationsmaßnahme, der Schiffsveräußerung, war die Reederei in ihrer ursprünglichen Form endgültig aufgegeben und ihre Auflösung nicht mehr aufzuhalten.

Der Hinweis des FA auf die Bilanzbündeltheorie geht fehl. Gleichviel wie man diese Theorie versteht, kann sie keinesfalls dazu führen, den Gewerbebetrieb der Partnerreederei ganz oder teilweise mit dem Gewerbebetrieb der A-Gesellschaft zusammenzufassen. Daran ändert sich nichts, wenn in Fällen des § 6 b EStG eine anteilige Übertragung stiller Reserven möglich sein sollte Auch eine solche Übertragungsmöglichkeit ließe die Eigenständigkeit der beiden Gewerbebetriebe unberührt.

Das BFH-Urteil IV 76/63 steht nicht im Widerspruch zu der Auffassung des erkennenden Senats. Dieses Urteil beruht auf der Erwägung, dass § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht anwendbar ist, wenn ein Unternehmer sämtliche wesentliche Gegenstände seines nicht ortsgebundenen Betriebes veräußert (z.B. das einzige Schiff seines Schifffahrtunternehmens) und im zeitlichen Zusammenhang einen gleichartigen Betrieb - wenn auch in anderer Rechtsform - neu aufbaut (z.B. Erwerb und Betrieb eines größeren Schiffs in Partnerreederei); in diesem Fall werde das bisherige Unternehmen nicht beendet, sondern lediglich auf eine neue Grundlage gestellt.

Es kann zweifelhaft sein, ob - wie das FG annimmt - diese Rechtsprechung den vorliegenden Fall schon deswegen nicht trifft, weil das einzige Schiff einer Personengesellschaft - nicht eines Einzelunternehmers - veräußert worden ist. Der IV. Senat stellt offensichtlich auf die Fortführung eines gleichartigen Betriebs ab, unabhängig von der Rechtsform. Der erkennende Senat kann dahingestellt sein lassen, ob er der Auffassung des IV. Senats folgen könnte. Nach den Feststellungen des FG waren die Kläger bereits vor der Auflösung der Partnerreederei an der A-Gesellschaft beteiligt. Sie verwandten den auf sie entfallenden Veräußerungserlös - anders als im Falle IV 76/63 - nicht dazu, ihre Beteiligung an der A-Gesellschaft zu erwerben. Der Veräußerungserlös ist auch nicht zu einer Verstärkung der Beteiligungen an der A-Gesellschaft verwandt worden. Sonach fehlt es an einer Fortführung der von den Klägern aufgelösten Partnerreederei in der A-Gesellschaft.