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Leitsätze:
1) Verzichtet die erstattungsberechtigte Partei gegenüber ihrem (Verkehrs-) Anwalt auf die Einrede der Verjährung, so kann sie die Erstattung dieser Kosten vom Gegner verlangen, da der Kostenerstattungsanspruch erst in 30 Jahren verjährt.
2) Kosten eines Verkehrsanwalts für das Revisionsverfahren sind in aller Regel nicht erstattungsfähig. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn ein umfangreicher und schwieriger Sachverhalt zugrunde liegt, mit der Revision auch eine unterlassene Sachaufklärung gerügt wird und es sich um eine Spezialmaterie aus dem Gebiet des Schiffahrtsrechts handelt.
Beschluß des Oberlandesgerichts (Rheinschiffahrtsobergerichts) Karlsruhe
vom 12.03.1996
W 1/96 RhSch
(Rheinschiffahrtsgericht Mannheim)
Aus den Gründen:
"1.
 Nachdem der BGH die Revision der Klägerin gegen das Urteil des  Rheinschifffahrtsobergerichts Karlsruhe vom 11. 12.1990 (U 5/90 RhSch -  vgl. Zf13 1992 Nr. 1/2, S. 43 - Sammlung Seite 1357 -) nicht angenommen  und der Klägerin die Kosten des Revisionsverfahrens auferlegt hatte,  setzte das Rheinschiffahrtsgericht mit Beschluß vom 06.12.1991 die  Kosten des Revisionsverfahrens gemäß Rechnung des Prozeßbevollmächtigten  fest. Ferner wurden auf Antrag der Beklagten vom 09.02.1995 mit  Beschluß vom 27.10.1995 Verkehrsanwaltskosten für die Revisionsinstanz  festgesetzt. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Erinnerung, der  die Rechtspflegerin und der Richter des Rheinschiffahrtsgerichts nicht  abgeholfen haben.
II.
 Die als sofortige Beschwerde geltende Erinnerung der Klägerin ist zulässig und begründet.
1. Dem Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten vom 09.02.1995 steht nicht entgegen, daß hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beklagten für das Revisionsverfahren bereits mit Beschluß vom 06.12.1991 entschieden worden war. Eine sogenannte Nachliquidation im Rahmen der Kostenfestsetzung ist hinsichtlich solcher Positionen zulässig, die noch nicht Gegenstand des rechtskräftigen Kostenfestsetzungsbeschlusses waren (Senat Beschluß vom 19.01.1994 - 3 W 2/95 -). Verkehrsanwaltskosten für die Revisionsinstanz wurden erstmals mit dem Antrag vom 09.02.1995 geltend gemacht.
2. Der Einwand der Klägerin, dem geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch stehe entgegen, daß die Forderung des Verkehrsanwalts gegen die Beklagten verjährt sei, ist im Kostenfestsetzungsverfahren zulässig, aber nicht begründet.
Zwar können im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich materiell-rechtliche Einwendungen und Einreden gegen die Kostenerstattungspflicht nicht geltend gemacht werden, da sich das Erstattungsverfahren hierzu nicht eignet. Davon sind auch Einwendungen aus dem Auftragsverhältnis zwischen der erstattungsberechtigten Partei und ihrem Anwalt betroffen. Eine Ausnahme hiervon wird dann zugelassen, wenn der Sachverhalt, aus dem sich eine begründete Einwendung oder Einrede ergibt, zwischen den Parteien unstreitig ist. So ist anerkannt, daß eine unstreitige Zahlung auf den Kostenerstattungsanspruch anzurechnen oder die Einrede der Verjährung, die die erstattungsberechtigte Partei ihrem Anwalt gegenüber mit Erfolg erhoben hat, im Kostenerstattungsverfahren beachtlich ist (vgl. OLG Koblenz Rechtspfleger 1986, 319 m.w.N.).
Der Kostenerstattungsanspruch selbst verjährt in 30 Jahren. Diese  Verjährung wird nicht dadurch beeinflußt, daß für geltend gemachte  Aufwendungen, insbesondere für Anwaltshonorarforderungen eine kürzere  Verjährungsfrist gilt. Der Erstattungsschuldner kann diesen Umstand auch  nicht mit der Begründung geltend machen, der zur Erstattung angemeldete  Aufwand sei nicht notwendig, weil der Gläubiger gegenüber seinem  eigenen Gläubiger - dem Rechtsanwalt - die Verjährungseinrede erheben  könne. Geltend gemacht werden kann nur, der Erstattungsgläubiger habe  die Verjährungseinrede bereits erhoben, so daß ihm ein  erstattungsfähiger Aufwand nicht erwachsen sei (vgl. von  Eicken/Lappe/Madert, Die Kostenfestsetzung 17. Aufl. Rdnr. B 6). Hiervon  ist das Rheinschiffahrtsgericht ausgegangen.
 Nachdem die Beklagte ausdrücklich erklärte, daß sie gegenüber der von  ihrem Verkehrsanwalt für das Revisionsverfahren geltend gemachten  Honorarforderung die Einrede der Verjährung (aus näher dargelegten  Gründen) nicht erheben werde, hat das Rheinschiffahrtsgericht zutreffend  den Hinweis der Klägerin auf die mögliche Verjährungseinrede der  Beklagten als im vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren unbeachtlich  zurückgewiesen.
3. Die sofortige Beschwerde der Klägerin hat jedoch Erfolg, weil die geltend gemachten Verkehrsanwaltskosten für das Revisionsverfahren nicht als notwendig i.S.d. § 91 ZPO zu erachten und deshalb von der Klägerin der Beklagten auch nicht zu erstatten sind.
a) Nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum kann die Einschaltung eines Verkehrsanwalts in den Rechtsmittelinstanzen nur wesentlich seltener als im ersten Rechtszug als notwendig anerkannt werden. In der Revisionsinstanz fehlt in aller Regel die Voraussetzung für die Notwendigkeit einer Vermittlung zwischen Partei und dem Revisionsanwalt, weil neue Tatsachen nur ausnahmsweise eine Rolle spielen können, § 561 ZPO (vgl. Stein/ Jonas/Bork ZPO 21. Aufl. § 91 Rdnr 82; Baumbach/Lauterbach/Hartmann ZPO 54. Aufl. § 91 Rdnr 249; von Eicken a.a.O. Rdnr. B 529 jeweils m.w.N.; OLG Frankfurt AnwBl 1976, 219; OLG Karlsruhe Beschluß vom 10.10.1974 - 11 W 14/74 -; Beschluß vom 19.12.1978 - 13 W 147/78 -; Beschluß vom 22.04.1980 - 13 W 38/80 -; OLG Bamberg JurBüro 1986, 440.
Der Revisionsanwalt hat selbständig das ihm vorliegende Urteil auf  Revisionsgründe hin zu überprüfen. Die Tatsache, daß es sich bei  Schiffahrtssachen um eine Spezialmaterie handelt, rechtfertigt die  Hinzuziehung von Verkehrsanwälten nicht, zumal - worauf die Klägerin mit  Recht hinweist-, jedenfalls einige der beim BGH zugelassenen  Rechtsanwälte auch über hinreichende Erfahrungen im  Schiffahrts(revisions)recht verfügen. Ausnahmsweise kann die  Hinzuziehung eines Korrespondenzanwalts dann als erforderlich erachtet  werden, wenn der Revisionsanwalt aus besonderen Gründen weitere  Informationen von einem früheren Anwalt benötigt und deshalb von sich  aus bei diesem Anwalt Rückfrage hält (KG Beschluß vom 21.12.1971 - Kart W  2354/71).
 Ein Ausnahmefall wurde ferner in einem Fall angenommen, in dem der  Bundesgerichtshof mitgeteilt hatte, es solle im Termin ein  Gesamtvergleich aller, auch anderer Rechtsstreitigkeiten angestrebt  werden und es sich bei der Partei um eine 74-jährige Frau handelt (HansOLG  Hamburg JurBüro 1985, 927). Der Umstand, daß es sich um einen  umfangreichen und schwierigen Sachverhalt handelt und mit der Revision  auch eine unterlassene Sachaufklärung gerügt wird, reicht hingegen nicht  aus, die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Verkehrsanwalts in der  Revisionsinstanz zu bejahen. (OLG Frankfurt Beschluß vom 19.01.1981 - 6  W 7/81 - JurBüro 1981, 1068).
 b) Die Klägerin hat als Eignerin, zumindest Ausrüsterin des TMS "0 ",  die beklagte Bundesrepublik Deutschland als Eignerin des EKB "S" und den  Beklagten Ziffer 2 als den bei der Beklagten Ziffer 1 beschäftigten  Matrosenmotorwart des Baggers "S auf Schadensersatz in Anspruch  genommen. Beide Beklagten wurden im zweiten Rechtszug von Rechtsanwalt L  vertreten. Soweit Rechtsanwalt Dr. K als Prozeßbevollmächtigter der  beiden Beklagten/ Revisionsbeklagten sachliche Informationen benötigte,  um auf die Revisionsbegründung der Kläger zu antworten, bedurfte es  nicht der Einschaltung des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der  Beklagten, Rechtsanwalt L, als Verkehrsanwalt. Die Beklagte Ziffer 1  wird durch den Bundesminister für Verkehr und dieser wiederum durch die  Wasser- und Schiffahrtsdirektion S, M, vertreten.
 Die Klägerin macht zu Recht geltend, daß diese Behörde aufgrund ihrer  personellen Ausstattung mit technisch, nautisch und juristisch  ausgebildeten Mitarbeitern in der Lage sein muß, einem Revisionsanwalt  die erforderlichen Informationen direkt zu geben. Auch wenn in  Schiffahrtssachen in der Revisionsinstanz nicht selten noch einmal unter  dem Gesichtspunkt des § 286 ZPO tatsächliche Fragen ausgebreitet  werden, so darf trotz dieser Praxis nicht vergessen werden, daß gemäß §  561 Abs. 1 ZPO der Beurteilung des Revisionsgerichts nur dasjenige  Parteivorbringen unterliegt, daß aus dem Tatbestand des Berufungsurteils  oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Neue Tatsachen sind nur  ausnahmsweise und zwar insoweit zu beachten, als sie zur Begründung einer Verfahrensrüge  rechtzeitig in der Revisionsbegründung vorgebracht sind (§ 554 Abs. 3 b  ZPO).
c) Im Hinblick darauf, daß die Beklagte Ziffer 1 federführend in der Rechtsverteidigung gegen die Klage war und sie im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht gegenüber ihrem Mitarbeiter, dem Beklagten Ziffer 2, auch für dessen Interessenvertretung sorgte, kann die Erstattungsfähigkeit von Verkehrsanwaltskosten für die Revisionsinstanz im vorliegend Fall auch nicht damit begründet werden, daß zwar die Beklagte Ziffer 1, nicht aber der Beklagte Ziffer 2 in der Lage gewesen sei, den Revisionsanwalt mit etwa noch benötigten Informationen zu versorgen. Dies gilt umsomehr, als die Interessenlage für beide Beklagten die gleiche war.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Gerichtskosten sind nicht zu erheben, Art. 39 Mannheimer Akte."
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1996 - Nr.7 (Sammlung Seite 1597 f.); ZfB 1996, 1597 f.


