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5 W 450/16 BSch - Oberlandesgericht (Schiffahrtsobergericht)
Entscheidungsdatum: 26.07.2016
Aktenzeichen: 5 W 450/16 BSch
Entscheidungsart: Beschluss
Sprache: Deutsch
Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Abteilung: Schiffahrtsobergericht

Leitsatz:

Zu den Kosten eines Streitverfahrens gehören auch die Kosten des vorangegangenen Verklarungsverfahrens, wenn der Verfahrensgegenstand der Verklarung identisch ist mit dem Streitgegenstand des Folgeprozesses. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die Prozessparteien des Folgeprozesses identisch sind mit den Beteiligten und dem Antragsteller im Verklarungsverfahren.

Beschluss des Schiffahrtsobergerichtes Nürnberg

vom 26. Juli 2016

Az.: 5 W 450/16 BSch

(Schiffahrtsgericht Regensburg, Az.: 4 C 980/15)

Gründe: 
I. Der Kläger ist Eigentümer und Verkehrssicherungspflichtiger der Bundeswasserstraße Donau. 
Der Kläger hat die Beklagten nach vorangegangenem Mahnverfahren mit Klageschrift vom 07.05.2015 vor dem Amtsgericht - Schifffahrtsgericht - Regenburg, Az.: 4 C 980/15 BSch, als Gesamtschuldner auf Zahlung von 15.177,91 € zuzüglich 25,00 € Auslagenpauschale sowie darüber hinaus die Beklagte zu 1) auf weitere 2,50 € vorgerichtliche Mahngebühren und Zinsen aus einem Betrag von 15.177,90 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.07.2012 und die Beklagte zu 2) auf Zinsen aus einem Betrag von 15.177,91 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28.12.2012 in Anspruch genommen. Der Klageforderung lag zu Grunde ein Schiffsunfall mit Zusammenstoß zweier Schiffe am 02.09.2011 auf der Donau bei Kilometer 2263,300. Zum Hergang der Havarie und den hieran Beteiligten wird auf die Darstellungen der Klageschrift vom 07.05.2015 zu genommen. 
Im Zuge der Verkehrssicherung und Abwicklung der Havarie kam es zum Einsatz von Fahrzeugen und Personal des Wasser- und Schifffahrtsamtes Regensburg. Der Kläger hat geltend gemacht, dass hierdurch Kosten in Höhe von 15.177,91 € entstanden seien. Zu dem Schiffsunfall vom 02.09.2011 wurde vor dem Amtsgericht - Schifffahrtsgericht - Regensburg unter dem Aktenzeichen 4 UR 11 3/11 BSch ein Verklarungsverfahren durchgeführt. 
Nachdem die Beklagte zu 1) mit Wertstellung am 17.06.2015 einen Betrag von 17.232,56 € an den Kläger bezahlt hat, haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Mit Beschluss vom 24.07.2015 hat
das Amtsgericht - Schifffahrtsgericht - Regensburg den Beklagten gemäß § 91 a Abs. 1 ZPO als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Streitwert auf 15.202,91 € festgesetzt. Mit Schriftsatz vom 23.09.2015 hatte der Kläger beantragt, ihm im Verklarungsverfahren, Az.: 4 UR 11 3/11 BSch, entstandene Kosten Höhe von insgesamt 563,84 € gegen die Beklagten festzusetzen … 
Mit Beschluss vom 9.02.2016, Az.: 4 0 980/15 BSch, hat das Amtsgericht - Schifffahrtsgericht - Regensburg den Kostenfestsetzungsantrag des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die von dem Kläger aus dem Verklarungsverfahren Az.: 4 UR 11 3/11 BSch geltend gemachten Kosten im vorliegenden Hauptsacheverfahren nicht geltend gemacht werden können, weil zwischen den Parteien des Klageverfahrens und den Beteiligten des Verklarungsverfahrens keine Identität gegeben sei. 
Gegen diesen ihm am 26.02.2016 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit Schriftsatz vom 04.03.2016, eingegangen beim Amtsgericht am selben Tag, sofortige Beschwerde eingelegt. Er beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses die von ihm beantragten Kosten festzusetzen. Zu den Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf den Schriftsatz vom 04.03.2016 Bezug genommen. Das Amtsgericht - Schifffahrtsgericht - Regensburg hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 22.03.2016 nicht abgeholfen. 
II. Die gemäß §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 ff. ZPO, §§ 2, 11 BinSchVerfG statthafte und zulässige, insbesondere form- und fristgerechte sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. 
Sie führt zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses und Festsetzung der von den Beklagten als Gesamtschuldner an den Kläger zu erstattenden Kosten in dem sich aus dem Beschlusstenor ergebenden Umfang. Die weitergehende Beschwerde ist unbegründet. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts kann der Kläger die ihm im Verklarungsverfahren, Az.: 4 UR II 3/11 BSch angefallenen und erstattungsfähigen Kosten im gegenständlichen Hauptsacheverfahren, Az.: 4 0 980/15, im Rahmen der Kostenerstattung nach § 104 Abs. 1 ZPO geltend machen. 
Kommt es nach einem Verklarungsverfahren, in dem es mangels einer entsprechenden Kostengrundentscheidung kein eigenes Kostenfestsetzungs- und Erstattungsverfahren gibt, zu einem Rechtsstreit vor dem Schifffahrtsgericht, an dem die früheren Beteiligten bzw. Antragsteller nun als Parteien teilnehmen, kommt grundsätzlich in Betracht, dass die Kosten des Verklarungsverfahrens als Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nach § 91 ZPO von der unterliegenden Partei zu tragen sind (OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.08.1992 - W 1/92, VRS 83, 251-256 mwN, ZfB 1993, Sammlung Seite 1404 ff). Dabei ist entgegen der vom Erstgericht vertretenen Auffassung nicht erforderlich, dass sämtliche Beteiligte an dem Verklarungsverfahren auch Parteien des nachfolgenden Klageverfahrens sind. Ausreichend ist, dass jedenfalls die Prozessparteien, zwischen denen der prozessrechtliche Kostenerstattungsanspruch im Kostenfestsetzungsverfahren des Hauptprozesses verfolgt werden kann, auch bereits am Verklarungsverfahren beteiligt gewesen sind (OLG Karlsruhe, a.a.O.; v. Waldstein/Holland, BinSchG, § 14 Rz. 13 mwN). Aufgrund des FGG-Charakters des Verklarungsverfahrens ist dabei nicht erforderlich, dass sich die späteren Prozessparteien schon im Verklarungsverfahren wie Gegner (kontradiktorisch) gegenübergestanden haben (OLG Karlsruhe, a.a.O.; v. Waldstein/Holland, a.a.O.). 
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Kläger und die Beklagten waren am Verklarungsverfahren des Amtsgerichts - Schiff-fahrtsgericht - Regensburg, Az.: 4 UR 3/11 BSch, beteiligt, der Kläger als dortige Beteiligte zu 2), der Beklagte zu 2) als dortiger Antragsteller zu 2) (Schiffsführer der »Avalion Tranquilty«) und die Beklagte zu 1) als dortige Beteiligte zu 3). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die im Verklarungsverfahren als Beteiligte zu 3) beteiligte P nach zwischenzeitlich geänderter Firmierung parteiidentisch ist mit der hiesigen Beklagten zu 1), der PM. Dies hat die Beklagte zu 1) mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 12.03.2015 im vorangegangenen Mahnverfahren ausdrücklich klargestellt. Dies wurde auch von den anderen Parteien nicht in Frage gestellt. Auch die weitere Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit von Verklarungskosten im nachfolgenden Zivilprozess liegt vor. Notwendig ist die Identität des Streitgegenstandes des Zivilprozesses mit dem Verfahrensgegenstand der Verklarung. Eine Festsetzung der Verklarungskosten im Hauptprozess findet nur entsprechend dem jeweiligen streitgegenständlichen Interesse statt (v. Waldstein/Holland, a.a.O., Rz. 14). 
Gegenstand des vorliegenden Hauptprozesses war der vom Kläger gegen die Beklagten als Schaden geltend gemachte Kostenanfall aus der Verkehrssicherung und Abwicklung des Schiffsunfalls vom 02.09.2011. Der Kläger hat den ihr dabei entstandenen Schaden in Höhe von 15.177,91 € zuzüglich Auslagenpauschale, Mahngebühren und Verzugszinsen beziffert. Dieser im Hauptprozess streitgegenständliche Schaden ist identisch mit dem Schadenersatzsinteresse des Klägers in dem zum Hergang der Schiffskollision vom 02.09.2011 geführten Verklarungsverfahren, welches der Kläger dort schätzweise auf 18.500,00 € beziffert hat (vgl. Sitzungsprotokoll des Amtsgerichts - Schifffahrtsgericht - Regensburg vom 22.11.2013, Az.: 4 UR 113/11, S. 17). 

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2016 - Nr.9 (Sammlung Seite 2444 f.); ZfB 2016, 2444 f.