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3 W 39/92 - Oberlandesgericht (Schiffahrtsobergericht)
Entscheidungsdatum: 18.09.1992
Aktenzeichen: 3 W 39/92
Entscheidungsart: Beschluss
Sprache: Deutsch
Gericht: Oberlandesgericht Köln
Abteilung: Schiffahrtsobergericht

Leitsatz:

Ablehnung eines Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit findet nur statt, wenn ein objektiver Grund Mißtrauen gegen seine Unparteilichkeit rechtfertigt. Hat ein Sachverständiger nicht unmittelbaren persönlichen Kontakt zu nur einer Partei in Abwesenheit der anderen aufgenommen, sondern nur auf dem Schriftwege unmittelbar bei einer Partei objektiv nachprüfbare Unterlagen und Auskünfte für die Erstellung seines Gutachtens angefordert, besteht kein Anzeichen einer Voreingenommenheit.

Beschluß des Oberlandesgerichts (Schiffahrtsobergerichts) Köln

vom 18.9.1992

3 W 39/92

(Schiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort)


Gründe:


„Das Schiffahrtsgericht hat im angefochtenen Beschluß das Ablehnungsgesuch der Klägerin gegen den Sachverständigen mit Recht als unbegründet zurückgewiesen. Die Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit findet nur statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen. Dabei kommen nur objektive Gründe in Frage, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber. Solche Gründe sind vorliegend nicht gegeben:
Daß der Sachverständige technische Unterlagen, die er für die Gutachtenerstellung für erforderlich gehalten hat, unmittelbar bei der Beklagten angefordert hat, ist nicht zu beanstanden. Das Schiffahrtsgericht hatte in Ziff. 1 des Beweisbeschlusses vom 28. 1. 1992 zum Ausdruck gebracht, daß die Beklagte zu der dem Sachverständigen gestellten Beweisfrage noch bestimmte Angaben zu machen habe. Nachdem dann im Termin vom 14.4. 1992, an dem auch der Sachverständige teilgenommen hat, diese Angaben noch nicht vorlagen, das Gutachten aber am Schluß der Verhandlung in Auftrag gegeben worden ist, konnte dies im gesamten Zusammenhang dahin verstanden werden, daß der Sachverständige die Informationen unmittelbar schriftlich von der Beklagten anzufordern hatte. Dies war vom Schiffahrtsgericht auch in diesem Sinne gemeint, und der Sachverständige hat seinen Auftrag erkennbar auch so verstanden.
Hinzu kommt, daß die Übersendung der Unterlagen und der Auskünfte auf dem Schriftwege erfolgten, so daß sie wegen der schriftlichen Fixierung des gesamten Vorgangs auch jederzeit in allen Einzelheiten objektiv nachzuprüfen waren. Damit konnte auch nicht der Eindruck entstehen, daß durch vom Gegner nicht nachprüfbare einseitige Angaben eine Einflußnahme auf den Sachverständigen erfolgt sein könnte. Darüber hinaus hat der Sachverständige dann in seinem Gutachten die ihm erteilten schriftlichen Auskünfte wörtlich wiedergegeben und die Unterlagen genau bezeichnet. Mag es auch zweckmäßiger gewesen sein, wenn der Sachverständige die ihm erteilten Auskünfte und die übersandten Unterlagen der Klägerin vor Erstellung des Gutachtens zur Stellungnahme zugeleitet hätte, als Anzeichen einer Voreingenommenheit kann dieses Unterlassen jedoch nicht gewertet werden. Durch die Vorgehensweise des Sachverständigen war für den Fall, daß die Klägerin Auskünfte für unrichtig oder Unterlagen für ungeeignet hielt, die Möglichkeit einer objektiven Auseinandersetzung mit den Fakten in keiner Weise beeinträchtigt; eine ergänzende Wertung durch den Sachverständigen wäre in ihrem Beweiswert ebenso hoch zu bewerten wie die jetzt vorliegende Stellungnahme.
Da der Informationsvorgang nur auf schriftlichem Wege erfolgt ist, sind auch die Beispielsfälle für eine Sachverständigenablehnung aus Literatur und Rechtsprechung, auf die die Klägerin sich beruft, nicht einschlägig, in denen vom Sachverständigen unmittelbarer persönlicher Kontakt zu nur einer Partei in Abwesenheit der anderen aufgenommen worden ist. Bei derartigen Fallgestaltungen besteht in der Tat abweichend von der vorliegenden Vorgehensweise des Sachverständigen die Gefahr, daß im Gespräch in einer vom Gegner nicht zu kontrollierenden Art und Weise Einfluß auf den Sachverständigen und dessen Feststellungen genommen wird."

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1993 - Nr.14 (Sammlung Seite 1433 f.); ZfB 1993, 1433 f.