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3 U 72/92 - Oberlandesgericht (Schiffahrtsobergericht)
Entscheidungsdatum: 12.02.1993
Aktenzeichen: 3 U 72/92
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Oberlandesgericht Köln
Abteilung: Schiffahrtsobergericht

Leitsatz:

Nach § 45 BinSchG muß der Absender auf die Gefährlichkeit einer Ladung hinweisen. Diese Pflicht besteht aber nur gegenüber dem Vertragspartner und nicht auch gegenüber dessen Auftragnehmer.

Urteil des Oberlandesgerichts (Schiffahrtsobergerichts) Köln

vom 12.02.1993

3 U 72/92

(Schiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort)

 

Zum Tatbestand:

Der Kläger erhielt am 31.08.1987 als damaliger Eigner des MS „M" durch die Reederei „R" einen Auftrag zum Transport von 532 t Eisensulfat von Bremen nach Basel. Nach Durchführung des Transportes sowie zweier weiterer Transportreisen ließ der Kläger ab dem 08.10.1987 in Emden die sich unterhalb der Strau des Schiffes angesammelte Sulfat-Wasser-Mischung sowie weitere Feststoffe entfernen. Bei der Entsorgung, die sich bis zum 28.10.1987 hinzog, wurde die Strau des Schiffes, die aufgenommen werden mußte, nicht unerheblich beschädigt.
Der Kläger macht die Beklagte für angeblich durch die Ladung verursachte Schäden am Schiff sowie für die mit der Entsorgung zusammenhängenden Kosten und Schäden verantwortlich, weil die Beklagte ihn vor Antritt des Transports nicht auf die besondere Gefährlichkeit der Ladung hingewiesen hatte, die darin bestand, daß sich bei einer Vermischung von Eisensulfat mit Wasser Schwefelsäure bildet.

Der Kläger hat behauptet, der Frachtvertrag sei durch Vermittlung der Reederei „R" zwischen ihm und der Beklagten geschlossen worden. Das Ladungsgut sei stark schwammig bis flüssig in sein Schiff verladen worden und beim Ausladen in erheblichem Umfang an den Schiffswänden festgebacken gewesen. Nur mit erheblichem Aufwand sei es gelungen, die anhaftenden Ladungsreste zumindest teilweise zu entfernen. Durch den Sulfatschlamm seien - wie sich erst später herausgestellt habe - die Schotten und Wände des Schiffes stark angegriffen worden.
Die Beklagte hat behauptet, sie habe die Reederei „R" mit dem Transport beauftragt. Diese habe ihrerseits den Transportauftrag an den Kläger im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erteilt. Das beförderte Transportgut sei trocken und staubig verladen worden und damit ungefährlich gewesen.
Das Schiffahrtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Schadensersatzansprüche stehen dem Kläger gegen die Beklagte nicht zu, weil diese hinsichtlich des Transportauftrags nicht Vertragspartnerin des Klägers geworden ist.

Für seine Behauptung, die Beklagte sei seine Vertragspartnerin, ist der Kläger darlegungs- und beweispflichtig. Daß die den Auftrag erteilende Reederei „R" bei der Auftragserteilung dem Kläger mitgeteilt hat, lediglich als Vermittlerin für die Beklagte aufzutreten und in deren Namen für diese den Auftrag zu erteilen, hat der Kläger selber nicht konkret vorgetragen. Ebensowenig hat er behauptet, daß die Reederei „R" gegenüber der Beklagten darauf hingewiesen hat, lediglich als Vermittlerin tätig werden zu wollen. Der Kläger hat zunächst lediglich allgemein und unsubstantiiert vorgetragen, „daß der Frachtvertrag betreffend die hier in Rede stehende Ladung Eisensulfat durch Vermittlung der Streitverkündeten zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossen worden ist". Erst nachdem der Kläger persönlich im Termin vom 19.05.1989 vor dem Schiffahrtsgericht eingeräumt hatte, seinerzeit noch nicht gewußt zu haben, daß die Beklagte mit der Sache zu tun habe, hat er mit Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten vom 15.01.1992 vortragen lassen, ihm sei von vornherein mitgeteilt worden, daß die Beklagte die Auftraggeberin sei. Angesichts der persönlich abgegebenen anderslautenden Erklärung des Klägers im Termin reicht die bloße, allgemein gehaltene Behauptung, doch im vorhinein unterrichtet worden zu sein, nicht aus. Es hätte einer weiteren Substantiierung bedurft, wann, durch wen und auf welche Weise er die Beklagte als Auftraggeberin genannt bekommen haben will.

Auch den Aussagen der seinerzeit für die Reederei „R" tätigen Zeugen K. und P. läßt sich nicht entnehmen, daß sie sich gegenüber den Prozeßparteien, insbesondere dem Kläger, als bloße Vermittler bezeichnet hätten. Dafür, daß der Kläger selber - jedenfalls vor Klageerhebung - die Reederei „R"
nicht als bloße Vermittlerin, sondern als seine Auftraggeberin und Vertragspartne- rin angesehen hat, spricht der Umstand, daß er in dem Beweissicherungsverfahren zu- nächst diese als Antraggegner und aus- drücklich „als direkter Vertragspartner des Antragstellers" bezeichnet hat. Davon abgesehen lasen sich darüber hinaus weder dem Klägervortrag noch der Beweisaufnahme hinreichende Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß die Beklagte die Reederei „R" überhaupt bevollmächtigt hatte, in ihren Namen dem Kläger den Transportauftrag zu erteilen.

Läßt sich anhand der Zeugenaussagen nicht feststellen, daß die Beklagte durch die Reederei „R" darauf hingewiesen worden war, lediglich als Vermittlerin auftreten zu wollen, konnte die Beklagte dies ebenfalls nicht den sonstigen Umständen der Auftragserteilung und der Durchführung des Geschäfts entnehmen. Die vernommenen Zeugen haben eingeräumt, daß die Reederei „R" auch „selber Ladungen übernommen" hat, ohne daß nach außen das Geschäft anders als im vorliegenden Fall abgewickelt worden wäre. Auch in der Rechnung, mit der die Reederei „R" gegenüber der Beklagten im eigenen Namen abgerechnet hat, ist ein besonderer Hinweis auf ein bloßes Vermittlungsgeschäft nicht erkenn- bar. Daß die Beklagte ausweislich der Rechnung eine geringe Provision als Belohnung für den Auftrag erhalten hat, spricht nicht gegen die Erteilung des Frachtauftrages durch die Beklagte an die Reederei „R’ selber.

Der von den Parteien dargelegte Sachverhalt zeigt auch keine tragfähigen Anhaltspunkte auf, die die Annahme eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht rechtfertigen könnten.
Läßt sich somit eine Bevollmächtigung der Reederei „R" durch die Beklagte gleich. falls nicht feststellen, kann bereits deshalb auch mit der Konstruktion des „Geschäfts für den, den es angeht", eine Passivlegitimation der Beklagten nicht begründet werden. War folglich die Beklagte nicht Vertragspartnerin des Klägers, schuldete sie diesem gegenüber auch nicht gemäß § 45 BinSchG als „Absender" einen Hinweis auf die Gefährlichkeit der Ladung und deshalb auch keinen Schadensersatz...."

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1994 - Nr.6 (Sammlung Seite 1467 f.); ZfB 1994, 1467 f.