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3 U 4/99 BSch - Oberlandesgericht (Schiffahrtsobergericht)
Entscheidungsdatum: 01.10.1999
Aktenzeichen: 3 U 4/99 BSch
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Oberlandesgericht Köln
Abteilung: Schiffahrtsobergericht

Leitsätze:

1. Ist die Havarie einer Motoryacht seitens des Versicherungsnehmers durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt worden, besteht gemäß § 61 VVG und einem entspre­chenden Haftungsausschluss in den Versicherungsbedingungen kein Anspruch auf Gewährung von Versicherungsschutz. Der Haftungsausschluss in der Kaskoversicherung ist auch für die Transportversicherung wirksam. Nennt die Ausschlussklau­sel außer dem Versicherungsnehmer auch Dritte, bezüglich derer ein Ausschluss unwirksam sein könnte, macht dies die Bedingung zum Risikoausschluss betreffend die Handlung des Versicherungsnehmers nicht unwirksam

2. Die Eintrittspflicht des Versicherers ist nicht gerechtfertigt, wenn er mit der Un­erfahrenheit des Versicherungsnehmers rechnen muss. Unerfahrenheit eines Sportbootfahrers und Besitzers des Motorbootführerscheins entbindet diesen nicht von der Beachtung der einem Sportbootfahrer obliegenden elementarsten Vorsichtsmaßregeln. Missachtet er diese, kann der Versicherungsgemeinschaft ein solches Ri­siko nicht aufgebürdet werden.

Urteil des Oberlandesgerichts (Schifffahrtsobergerichts) Köln

vom 1.10.1999

- 3 U 4/99 BSch -

(Schifffahrtsgericht St. Goar)

Zum Tatbestand:

Der Kläger erwarb in W./Mosel die rund 13 Meter lange Motoryacht "U", für die er bei der Beklagten ei­ne Yacht-Pool-Kasko-Versicherung ab­schloss. Versicherungsbeginn war der 15. April 1997. Nach Ziffer 4.1 der Ver­sicherungsbedingungen waren Schä­den durch Vorsatz und/oder grobe Fahrlässigkeit durch den Versiche­rungsnehmer, den Fahrzeugführer oder die Insassen ausgeschlossen.

Am 16. April 1997 holte der Kläger die Yacht in W ab, um diese zu über­führen. Er war seit 1994 im Besitz ei­nes Motorbootführerscheines "Binnen", hatte zuvor eine Yacht dieser Größe noch nicht geführt und verfüg­te insbesondere über keinerlei Rhein­erfahrung. Mit ihm an Bord waren der Zeuge S, der schon zuvor eine in W gelegene Yacht ähnlicher Größe beses­sen hatte, sowie dessen Schwiegerva­ter, der Zeuge W.

Der Zeuge S führte die Yacht auf der Mosel und dem Rhein bis wenige Ki­lometer südlich von Königswinter. Dann übergab er das Ruder dem Klä­ger.

In Höhe des Drachenfelsgrundes bei Königswinter fuhr der Kläger in Gleit­fahrt am rechtsrheinischen Ufer, ob­gleich die Fahrrinne dort linksrhei­nisch verläuft. Es herrschte rege Berg ­und Talfahrt. Die oberhalb Königswinter vorhandenen Buhnen passierte er mit ausreichendem Abstand, geriet jedoch in das unmittelbar darunter be­findliche Geröllfeld des Drachenfels­grundes. Bei Strom-Kilometer 644,08, etwa 70 Meter außerhalb der Fahrrin­ne und ca. 80 Meter vom rechten Ufer­rand entfernt, kam die Yacht fest und erlitt sofort Wassereinbruch. Das Was­ser war an der Unfallstelle nur etwa kniehoch. Die Crew wurde gerettet, die Yacht konnte erst zwei Tage später geborgen werden. An ihr war schwerer Sachschaden eingetreten.

Die Beklagte hat ihre Eintrittspflicht mit der Begründung verneint, der Klä­ger habe den Schaden grob fahrlässig herbeigeführt.

Vor Klageerhebung haben die Parteien schriftlich die Zuständigkeit des Binnenschifffahrtsgerichts St. Goar ver­einbart.

Der Kläger hat vorgetragen, er habe die Fahrt sorgfältig vorgeplant gehabt. Der Zeuge S sei ihm von seinem frühe­ren Nachbarn, dem Zeugen W, als ein auf dem Rhein erfahrener Sportboot­fahrer avisiert worden. Demgemäss habe er diesen gebeten, für ihn als Schiffsführer die Yacht in die Heimat zu überführen. Während der Fahrt ha­be man ständig das Rheinhandbuch 2" zu Rate gezogen. Als der Zeuge S ihm das Ruder überlassen habe, habe er ihn angewiesen, den Kurs wie bisher bei­zubehalten. Deshalb sei er mit gleichbleibender Geschwindigkeit von ca. 21 Knoten am rechtsrheinischen Ufer entlang zu Tal gefahren. Die in der Karte nicht eingezeichnete Untiefe ha­be er nicht erkennen können.

Die Beklagte hat vorgetragen, der Zeu­ge S sei weder Schiffsführer noch nau­tischer Berater des Klägers gewesen. Demgemäss habe er diesem auch kei­ne Anweisungen erteilen können. Der Kläger sei mit einer Geschwindigkeit von ca. 49 km/h weit außerhalb der Fahrrinne über den Drachenfelsgrund gefahren, obgleich er dort mit Untiefen habe rechnen müssen. Das Uferre­lief sei typisch für einen Grund. Bei an­gemessener Geschwindigkeit sei die Untiefe an der Wellenbildung erkennbar.

Das Schifffahrtsgericht hat der Klage auf Gewährung des Versicherungs­schutzes stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte Erfolg.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Entgegen der Auffassung des Schiff­fahrtsgerichts hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Versi­cherungsschutz aus Anlass der Hava­rie der Motoryacht "U" vom 16. April 1997, weil die Beklagte gemäß § 61 VVG und Ziffer 4.1 ihrer Versicherungsbedingungen von der Verpflich­tung zur Leistung freigeworden ist; denn der Schaden ist durch grobe Fahrlässigkeit seitens des Klägers her­beigeführt worden.

1. Es bedarf hierbei keiner Entschei­dung, ob die Yacht-Kaskoversiche­rung mit Allgefahrendeckung als Transport- oder als Sachversicherung, deren Charakter sie auch trägt, zu wer­ten ist (vgl. BGH VersR 1988, 463, 464; Prölss/Martin, 26. Aufl., VVG § 129 Rdnr. 8 WassersportfahrzeugVers.; Anhang 3 T S. 2361 ffRdnr. 2: für Sach­versicherung; Römer/Langheid, 1997, VVG § 129 Rdnr. 8: Transport- als auch Sachversicherung). Denn der Haf­tungsausschluss für eine grob fahrläs­sige Herbeiführung des Versiche­rungsfalles durch den Versicherungs­nehmer gemäß § 61 VVG ist durch Zif­fer 4.1 der Versicherungsbedingungen der Beklagten wirksam auch für die Transportversicherung (§§ 129 Abs. 2, 130 S. 2 VVG) vereinbart worden. Nach § 130 S. 2 VVG ist ein Schaden durch nautisches Versehen bei der Führung des Schiffes dann nicht zu er­setzen, wenn dem Versicherungsneh­mer eine "bösliche Handlungsweise" zur Last fällt. Ob dieser Grad der Vor­werfbarkeit, der sich auch in § 4 Abs. 2 S. 2 BinnSchG a.F. findet, außer den dem Vorsatz entsprechenden Elemen­ten auch die - bewusste - grobe Fahr­lässigkeit umfasst, kann dahinstehen (vgl. hierzu Vortisch/Bemm, Binnen­schifffahrtsrecht, 4. Aufl., § 4 Rdnr. 26; Prölss/Martin, 26. Aufl., VVG § 130 Rdnr. 4; Römer /Langheid 1997, VVG § 130 Rdnr. 4; OLG Karlsruhe VersR 1997, 737, 739). Denn § 130 VVG ist, auch unter Berücksichtigung von § 187 VVG, abänderbar (OLG Hamm VersR 1997, 572; Prölss/Martin, 26. ’Aufl., VVG § 130 Rdnr. 8; Römer/Langheid, 1997, VVG § 130 Rdnr. 4). Der Ver­schuldensmaßstab der groben Fahrläs­sigkeit für die Yachtkaskoversicherung widerspricht nicht dem Leitbild der Kaskoversicherung und steht im Ein­klang mit § 61 VVG. Auch unter Berücksichtigung des Sinngehalts der Bestimmung des § 130 S. 2 VVG (vgl. hierzu BGH VersR 1977, 709) ergeben sich keine Wirksamkeitsbedenken nach §§ 3, 9 AGBG.

Soweit Ziffer 4.1 der Versicherungsbe­dingungen der Beklagten einen Haf­tungsausschluss für grob fahrlässig verursachte Schäden nicht nur durch den Versicherungsnehmer, sondern auch durch den Fahrzeugführer oder die Insassen vorsieht, kann dahinste­hen, ob der Haftungsausschluss für an­dere Personen als den Versicherungs­nehmer wirksam ist. Insoweit können sich Bedenken ergeben, ob der Risiko­ausschluss die versicherungsrechtlich entwickelten Grundsätze zur Haftung für Dritte, insbesondere für Repräsen­tanten des Versicherungsnehmers, be­achtet oder ein nach § 9 AGBG unangemessener Ausschluss des Versicherungsschutzes anzunehmen ist (BGH VersR 1993, 830; OLG Karlsruhe MDR 1999, 544 für Bootsführer; Prölss/Mar­tin, 26. Aufl., VVG Vorbem.1 Rdnr. 72; § 61 Rdnr. 3). Vorliegend geht es um den Risikoausschluss wegen einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Schadens durch den Versicherungs­nehmer selbst, so dass eine Haftung für Dritte nicht in Frage steht. Dass die Ausschlussklausel außer dem Versi­cherungsnehmer auch Dritte nennt, bezüglich derer ein Ausschluss un­wirksam sein könnte, macht die Bedingung zum Risikoausschluss betref­fend die Handlung des Versicherungs­nehmers nicht unwirksam. Grundsätz­lich kann zwar eine anstößige AGB­Klausel nicht im Wege der geltungser­haltenden Reduktion mit gerade noch zulässigem Inhalt/Kern aufrechterhal­ten werden. Dieser Grundsatz wird hier aber nicht berührt. Die Versiche­rungsbedingung der Beklagten enthält zur Haftung für Dritte eine eigenstän­dige Regelung, die ohne weiteres ge­strichen werden kann, ohne dass der restliche Inhalt tangiert wird, auf den es allein hier ankommt und der inhalt­lich § 61 VVG entspricht. In einem solchen Fall besteht kein Grund, die aus eigenständigen Regelungen zusammengesetzte Klausel insgesamt für un­wirksam zu erklären (BGH NJW 1984, 2816, 2817; NJW 1986, 46, 48; Prölss/Martin, 26. Aufl., VVG Vor­bem. 1 Rdnr. 102).

2. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die verkehrserforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird, schon einfachste, ganz nahe lie­gende Überlegungen nicht angestellt werden und das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem ein­leuchten musste (vgl. Palandt-Hein­richs, BGB 58. Auflage, § 277 Rdnr. 2; BGHZ 98, 161 und NJW 92, 3235 f.). Unter Zugrundelegung dieses Maß­stabs ist das Verhalten des Klägers als grob fahrlässig zu werten. Obwohl er unstreitig mit der Handhabung der Yacht nicht vertraut war, noch nie ein so großes Boot gesteuert hatte und über keinerlei Rheinkenntnisse ver­fügte, fuhr er nicht langsam in Ver­drängerfahrt, sondern unstreitig in Gleitfahrt, zumindest mit 21 Knoten = rund 38 km/h, wie er selbst vorgetra­gen hat. Es kann offen bleiben, ob er tatsächlich noch schneller - nach Dar­stellung der Beklagten mit ca. 49 km/h - gefahren ist. Auch 38 km/h waren viel zu schnell, wenn der Kläger den Rhein an einer ihm unbekannten Stelle be­fuhr. Auf etwaige Untiefen konnte mit einer derartigen Geschwindigkeit kaum rechtzeitig reagiert werden. Der Senat geht auch davon aus, dass die Untiefe bei angemessener Geschwin­digkeit vom Schiff aus hätte entdeckt werden können. Nach den Feststellun­gen des Schifffahrtsgerichts bei der Ortsbesichtigung boten die Wellen im Bereich des Grundes das Bild, das auf eine Untiefe schließen lässt. Auch auf den überreichten Lichtbildern von der Unfallstelle sind die sich kräuselnden Wellen erkennbar, die für eine Untiefe typisch sind. Des weiteren spricht das Uferrelief für das Vorhandensein eine Grundes, wie dem Senat auch auf­grund seiner Bereisungen auf dem Rhein bekannt ist.

Ein weiterer besonders gravierender Fehler des Klägers ist darin zu erblicken, dass er die Yacht in jenem Streckenabschnitt ohne Not außerhalb der Fahrrinne geführt hat. Unstreitig ist die Fahrrinne des Rheins im Un­fallbereich nicht durchgehend durch Tonnen gekennzeichnet. Auch in der Karte des vom Kläger auf der Fahrt mitgeführten Rheinhandbuchs ist die Fahrrinne nicht eingezeichnet. Der Rhein ist ein für die Schifffahrt nicht ungefährlicher Strom. Allein inner­halb der Fahrrinne wird die Freiheit von Hindernissen gewährleistet. Außerhalb muss stets mit Untiefen, insbesondere auch in Form von Stei­nen und Felsen, gerechnet werden. Der Kläger hätte daher unter den ge­gebenen Umständen auf jeden Fall dort fahren müssen, wo die Berufs­schifffahrt fuhr; denn deren Kurs ist das einzig sichere Indiz für den Verlauf der Fahrrinne. Unstreitig befand sich zahlreiche Berufsschifffahrt zur Un­fallzeit im Revier. Diese fuhr erkenn­bar geographisch links. Der Kläger hat­te nach seiner eigenen Darstellung kurz vor dem Unfall noch einen vor­ausfahrenden Frachter rechts über­holt. Für den Kläger bestand um so mehr Anlass, sich an der Berufsschiff­fahrt zu orientieren, als in der den von ihm befahrenen Streckenabschnitt be­treffenden Karte des Rheinhandbuchs 2 der Drachenfelsgrund eingezeichnet war. Dass "Grund" eine Untiefe be­zeichnet, gehört zum allgemeinen Sprachgebrauch. Jedenfalls LeU wie der Kläger, der seit 1994 den amtlichen Sportbootführerschein "Binnen" be­sitzt, müssen dies wissen. Die klein­formatige Karte im Rheinhandbuch zeigt, den Verlauf des Drachenfels­grundes nicht präzise, sondern nur grob skizziert. Selbst wenn der Kläger einen Blick in die Karte geworfen ha­ben sollte, war es schwierig, danach die genaue Position der Yacht auf dem Rhein zu bestimmen, insbesondere auch im Hinblick auf die gefahrene Geschwindigkeit von rund 40 km/h. Im Rheinhandbuch wird in den ErläUrungen zu der Karte auch darauf hin-gewiesen, dass es beim Drachenfels Felsen im Gewässerverlauf gibt. Es war daher in höchstem Maße leicht­sinnig, dass der Kläger das Revier rechtsrheinisch weit außerhalb der Fahrrinne befuhr, dies mit hoher Ge­schwindigkeit. Unstreitig kam die Yacht nach der ersten Grund­berührung etwa 70 Meter außerhalb der Fahrrinne und ca. 80 Meter vom rechten Uferrand entfernt zum Liegen. Das Wasser war dort nur kniehoch. Der Kläger war also in einem Gebiet, das nach der Karte und dem Hinweis im Rheinhandbuch gefährlich sein konnte, einfach ins Ungewisse drauf­los gefahren, ohne anscheinend überhaupt zu realisieren, dass er das Boot über den Drachenfelsgrund steuerte. Das hohe Gefahrenrisiko einer sol­chen Fahrweise lag auf der Hand und musste sich jedem ohne weiteres aufdrängen.

Die Mitnahme des Zeugen S vermag den Kläger nicht zu entlasten; denn er hatte sich nicht hinreichend darüber vergewissert, ob der Zeuge S tatsäch­lich über genügend Rheinerfahrung verfügte. Selbst wenn dieser einmal die "große Sauerkrauttour" unternom­men haben sollte, würde dies ihn nicht als Rheinkenner ausweisen. Eine ein­zige Fahrt, die nach Angaben des Zeu­gen S auch schon ca. 20 Jahre zurück­lag, würde keinesfalls ausreichen. Zu­dem hatte das von dem Zeugen S sein­erzeit gefahrene Boot nach dessen Be­kundungen nur einen Tiefgang von 30 Zentimeter, während die Yacht des Klägers bei Gleitfahrt nach den Fest­stellungen des Sachverständigen Sch einen Tiefgang von 1,10 bis 1,15 Meter hatte. Selbst wenn der Zeuge S vor dem Schifffahrtsgericht im Hinblick auf seine Rheinerfahrug unrichtige Angaben gemacht und - wie der Klä­ger behauptet - tatsächlich fünf Fahr­ten jeweils hin und zurück auf dem Rhein unternommen haben sollte, könnte nicht von einer ausreichenden Streckenkenntnis des Zeugen ausge­gangen werden: Der Kläger hätte sich durch Nachfragen darüber Klarheit verschaffen müssen, wann, mit wel­chen Booten und auf welchen Streckenabschnitten der Zeuge den Rhein befahren hatte, und während der Fahrt anhand des Rheinhandbuchs auch nachprüfen müssen, ob der Zeu­ge S wusste, wo sie gerade fuhren, ins­besondere ob dieser Kenntnisse über den Verlauf der Fahrrinne besaß.

Tatsächlich war der Zeuge S, was die Streckenkenntnis anbetrifft, fast eben­so unerfahren wie der Kläger. Er wus­ste selbst nicht, dass sie seinerzeit über den Drachenfelsgrund fuhren und sah, obwohl er sich zur Unfallzeit in der Nähe des Klägers aufhielt, keine Ver­anlassung, diesen aufzufordern, weiter links zu fahren. Nach eigenem Bekun­den wusste er nur, dass sie sich kurz vor Bonn befanden. Abgesehen da­von, dass er sich über das Vorhanden­sein ausreichender Rheinkenntnisse bei dem Zeugen S nicht vergewissert hatte, durfte der Kläger sich schon des­halb nicht darauf verlassen, dass dieser ihm Bescheid sage, wenn er falsch fah­re, weil er vor Fahrtantritt die Über­nahme der Verantwortung für das Schiff ausdrücklich abgelehnt hatte. Der Kläger kann sich daher nicht da­mit entlasten, dass er die Yacht zur Unfallzeit nicht eigenverantwortlich geführt habe, sondern nur nach An­weisungen des Zeugen S gefahren sei.

Da sich der Kläger nach alledem als verantwortlicher Bootsführer und Ver­sicherungsnehmer selbst grob fahrläs­sig verhalten hat, kann offen bleiben, ob ein solcher Verschuldensvorwurf auch den Zeugen S trifft und Ziffer 4.1 der Versicherungsbedingungen der Beklagten wirksam ist, soweit darin Schäden, die durch Vorsatz und/oder grobe Fahrlässigkeit des Fahrzeugfüh­rers oder der Insassen verursacht wer­den, von der Versicherung ausge­schlossen sind.

Der Senat vermag auch nicht den Er­wägungen des Schifffahrtsgerichts zu folgen, die Eintrittspflicht der Beklag­ten sei gerechtfertigt, weil sie mit der Unerfahrenheit des Klägers habe rech­nen müssen und sich gerade die sich hieraus ergebende Gefahr verwirklicht habe. Unerfahrenheit entbindet nicht von der Beachtung der einem Sportbootfahrer obliegenden elementarsten Vorsichtsmaßregeln. Dass man mit ei­nem Sportboot auf einem unbekann­ten Gewässer nicht einfach Drauflos­fahren kann, weil mit Hindernissen ge­rechnet werden muss, ist für jeder­mann einleuchtend. Insbesondere bei dem Rhein, der seit altersher für seine Gefährlichkeit bekannt ist und zahlreiche Untiefen auch in Form von Stei­nen und Felsen aufweist, kann man nicht erwarten, dass dieser auf seiner ganzen Breite von Ufer zu Ufer schiff­bar ist. Gerade ein unerfahrener Sport­schiffer muss daher, um das Risiko von Grundberührungen zu vermeiden, den von ihm gefahrenen Kurs an dem durch die Betonnung und den Weg der Berufsschifffahrt ersichtlichen Verlauf der Fahrrinne ausrichten. Soweit reger Schiffsverkehr herrscht und eine Fahrt innerhalb der Fahrrinne zu Behinde­rungen und Belästigungen anderer führen könnte, sollte er sich jedenfalls am Rand der Fahrrinne halten, wie dies der Sachverständige Sch ausge­führt hat. Im übrigen ist es einem Sportbootführer auch zumutbar, in Bereichen, in denen die Fahrrinne nicht durch Tonnen gekennzeichnet ist, sondern nur dem Weg der Berufs­schifffahrt entnommen werden kann, sich deren Geschwindigkeit anzupas­sen, um Behinderungen zu vermei­den. Ein Fahren rund 70 Meter außer­halb der Fahrrinne im Bereich eines in der Rheinkarte eingezeichneten Grun­des, dazu in Gleitfahrt mit einer Ge­schwindigkeit von ca. 40 km/h, die es unmöglich macht, Untiefen rechtzeitig zu erkennen, ist verantwortungslos. Die Beklagte verweist zu Recht darauf, dass der Versichertengemeinschaft ein solches Risiko nicht aufgebürdet wer­den kann.

Nach alledem war die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen."

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2000 - Nr. 2 (Sammlung Seite 1771 f.); ZfB 2000, 1771 f.