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292 Z - 15/93 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Entscheidungsdatum: 16.08.1993
Aktenzeichen: 292 Z - 15/93
Entscheidungsart: Urteil
Sprache: Deutsch
Gericht: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Abteilung: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Leitsätze:

1) Die Anwendung der gebotenen nautischen Sorgfalt (§ 1.04 RheinSchPVO) verpflichtet, ein Radarbild richtig auszuwerten und einen Unfall durch sachgerechte Reaktion zu vermeiden.
2) Wenn ein Talfahrer in der Radarfahrt Durchsagen eines Bergfahrers über Sprechfunk (Kanal 10) nicht beachtet, selbst kein Dreitonzeichen gibt (§ 6.32 Nr. 4, 5 RheinSchPVO) und sogar akustische Signale überhaupt nicht in Betracht zieht „weil das heute keiner mehr mache", kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, daß er im Falle eines Schallzeichens des Bergfahrers rechtzeitig zu einer zutreffenden Auswertung des Radarbildes gekommen wäre (>d noch einen der Kursweisung des Bergfahrers entsprechenden Kurs genommen hätte. Dann trifft den Bergfahrer nicht der Vorwurf eines schadensursächlichen Verhaltens, wenn er es unterlassen hat, das nach § 6.32 Nr. 5 RheinSchPVO vorgeschriebene Schallzeichen „einen langen Ton" zu geben und zu wiederholen.

 Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt 

vom 16. August 1993

292 Z - 15/93

(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts St. Goar vom 10. Juli 1992 - 4 C 3/92 BSchRh)

 

Tatbestand:


Die Parteien streiten um die Folgen eines Schiffsunfalls, der sich am 16.3.1990 gegen 8.30 Uhr bei Nebel auf dem Rheinstrom bei km 562,6 - Ortslage Hirzenach - ereignet hat.

Die Klägerin ist Versicherer des Koppelverbandes "J", bestehend aus dem MTS "J I" (99,7 m lang; 9,48 m breit; 1761,341 t groß; 1500 PS stark) und TSL "J II" (79,4 m lang; 9,1 m breit und 1487,185 t groß).

Die Beklagten zu 1 und 2 sind Schiffseigner des MS "I" (110 m lang; 11,4 m breit; 3343 t groß; 1751 PS bei 1800 UpM stark), das zur Unfallzeit von dem Beklagten zu 1 geführt worden ist.

Am Morgen des 16.3.1990 befand sich der Koppelverband "J" bei dichtem Nebel im Revier bei Hirzenach mit Radarhilfe auf der Bergfahrt. Zur gleichen Zeit kam MS "I" zu Tal. Bei km 562,6 kam es linkrheinisch zum Zusammenstoss der Fahrzeuge, wobei "I" zunächst mit dem Steven gegen das Backbordvorschiff des Tankschubleichters "J II" geriet, an dessen Backbordseite entlang glitt und nachdem dieser Leichter abgerissen und zum Ufer hin verfallen war, gegen den Kopf von MTS "J I" stieß. Bei diesem Unfall entstanden an allen Fahrzeugen erhebliche Schäden.

Aus Anlass des Unfalls ist das Verklarungsverfahren F - 4 II 1/90 BSch Schiffahrtsgericht St. Goar - durchgeführt worden. Das gegen den Beklagten zu 1 eingeleitete Strafverfahren (101 Js 11117/90 - 4 Cs BSch Schiffahrtsgericht St. Goar) ist noch nicht abgeschlossen worden.

Die Beklagten haben in Kenntnis des Unfalls und seiner Folgen MS "I" zu neuen Reisen ausgesandt.

Die Klägerin hat behauptet, Schiffsführer F, der den Koppelverband geführt habe, habe sein Radargerät dezentriert, sodass seine Sicht voraus 1500 m betragen habe. Bei km 567 habe er den Übergang nach linksrheinisch gemacht, nachdem er zuvor rechtsrheinisch zu Berg gefahren sei. Laufend habe er die Talfahrt über Kanal 10 gewahrschaut. In Höhe der Ortslage Kestert sei er jeweils nach vorangegangener Kursabsprache mit MS "Ju" und kurze Zeit später dem MS "LP" begegnet. Den Schiffsführer des MS "LP" habe er nach weiterer Talfahrt befragt und zur Antwort erhalten, dass ein beladenes Frachtschiff folge, dessen Abstand unbekannt sei. F habe sich daraufhin, obwohl dieser Talfahrer noch nicht auf dem Radarbild zu sehen gewesen sei, unter Angabe der eigenen Position gemeldet und eine Begegnung Backbord/Backbord verlangt. Diese Meldung habe er mehrfach wiederholt, ohne Antwort zu erhalten. "LP" habe ihm schließlich den Namen dieses Talfahrers genannt, der nunmehr auf dem Radarbild zu sehen gewesen sei. "I" sei ziemlich linksrheinisch im Hang gefahren. Mehrfach habe F danach von "I" über Funk ausdrücklich eine Begegnung Backbord/Backbord verlangt. Schon bei Hirzenach habe er die Maschinenleistung seines Koppelverbandes reduziert und sei mit langsamer Geschwindigkeit weitergefahren. Als "I" weiter linksrheinisch geblieben sei, habe F den Koppelverband noch weiter zum linksrheinischen Ufer gelenkt, um eher eine Grundberührung als eine Kopf-auf-Kopf-Kollision zu riskieren. Gleichwohl sei es zur Kollision gekommen.

Die Klägerin hat beantragt,

 die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin 573.293,24 hfl. bzw. den entsprechenden Gegenwert in Deutscher Mark sowie DM 53.665,87 und weitere DM 5.553,29 nebst 4 % Zinsen aus 560.208,24 hfl. seit dem 1.11.1990, von weiteren 13.085,- hfl. und von weiteren DM 53.655,87 seit dem 3.2.1992 und aus weiteren
DM 5.553,29 seit dem 6.3.1992, und zwar im Rahmen des Binnenschiffahrtsgesetzes sowohl persönlich haftend als auch bei Vermeidung der Zwangsvollstreckung in das MS "I".

Die Beklagten haben beantragt,

 die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben vorgetragen, der Beklagte zu 1 habe bei km 561,5 in der Mitte des Fahrwassers fahrend auf dem Bild seines Vorschiffsradars ein Echo bei km 563 hart rechtsrheinisch erkannt. Wie sich später herausgestellt habe, habe es sich um den Koppelverband "J" gehandelt. Mehrfach habe der Beklagte zu 1 über Funk versucht, den Bergfahrer anzusprechen, sei aber ohne Antwort geblieben. Dies habe man als unproblematisch angesehen, weil die beiderseitigen Kurse für die im dortigen Revier übliche Begegnung Steuerbord/Steuerbord ideal gewesen seien. Im weiteren Verlauf der Annäherung sei der Koppelverband jedoch nicht rechtsrheinisch geblieben und entlang dem Gaulsgrund gefahren, vielmehr in der dort befindlichen Stromkrümmung weitergefahren und so schnell auf die linke Rheinseite übergewechselt. Hierdurch sei MS "I" der Weg versperrt worden. Auch durch weitere Manöver habe man den Zusammenstoss nicht vermeiden können.

Das Rheinschiffahrtsgericht hat nach Beiziehung der genannten Verklarungs- und Strafakten durch das am 10.7.1992 verkündete Grund- und Teilurteil die Klage dem Grunde nach zu 3/4 für gerechtfertigt erklärt und wegen des weitergehenden Klageanspruchs die Klage abgewiesen. Die Kostenentscheidung hat das Rheinschiffahrtsgericht dem Schlussurteil vorbehalten.

Zur näheren Begründung seiner Entscheidung hat das Rheinschiffahrtsgericht ausgeführt, die Schiffsführung von MS "I" habe den Unfall überwiegend verschuldet. Diese hätte auf dem Radarschirm erkennen müssen, dass der Koppelverband sich auf linksrheinischem Kurs befunden habe und ihr die rechte Seite des Fahrwassers zur Passage freiließ. Auch wenn keine Funkverbindung zustande gekommen sei, hätte MS "I" zumindest annehmen müssen, der Koppelverband werde nicht zu dem rechtsrheinisch gelegenen Gaulsgrund fahren, vielmehr im Hang bleiben. Hätten Unklarheiten bestanden, hätte der Beklagte zu 1 die Fahrt soweit aus seinem Schiff herausnehmen müssen, dass eine Kollision hätte vermieden werden können. Da Zweifel bestanden hätten, ob seine Deutung der Verkehrslage zutreffend gewesen sei, hätte der Beklagte zu 1 den Koppelverband durch Schallzeichen auf sich aufmerksam machen müssen.

Die Klägerin müsse sich ein Mitverschulden der Schiffsführung des Koppelverbandes anrechnen lassen. Schiffsführer F sei vorzuwerfen, dass er seine Weisung zu einer Backbord/Backbord-Begegnung nicht durch Schallzeichen angezeigt habe, nachdem MS "I" auf seine Meldungen über Funk geschwiegen habe, weil Schiffe in diesem Teil des Reviers üblicherweise Steuerbord/Steuerbord begegneten und er damit habe rechnen müssen, dass es bei fehlerhafter Auswertung des Radarbildes zu Unklarheiten habe kommen können. Es sei davon auszugehen, dass Schallzeichen in ausreichender Entfernung hätten gegeben werden können und verstanden worden wären, so dass "I" den Kollisionskurs verlassen hätte.

Bei Abwägung des Verschuldens der beteiligten Fahrzeuge sei anzunehmen, dass das Verschulden der Schiffsführung des MS "I" dreimal so hoch einzuschätzen sei, wie das der Schiffsführung des Koppelverbandes, weil sie das Radarbild falsch ausgelegt und die Fahrt erst im letzten Moment verlangsamt habe. Hingegen könne der Schiffsführung des Koppelverbandes nur vorgeworfen werden, nicht durch Schallzeichen die eigene Kursweisung bekräftigt zu haben.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.

Die Beklagten wenden sich gegen die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil. Sie meinen, der Koppelverband sei rechtsrheinisch um das Eck von Kestert gekommen und habe dort die Fahrwasserseite gewechselt, ohne "I" eine Kursweisung erteilt zu haben.

Die Beklagten beantragen,

 unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage in vollem Umfange abzuweisen und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
 

Die Klägerin beantragt,

 unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils der Klage entsprechend ihrem Schlussantrag erster Instanz in vollem Umfange stattzugeben und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin tritt den Ausführungen in dem angefochtenen Urteil bei und denen der Beklagten entgegen. Sie meint, die unterbliebenen Schallzeichen seien für die Kollision nicht ursächlich gewesen, weil die beteiligten Schiffsführer ihren jeweiligen Gegenfahrer auf dem Radarschirm gesehen hätten.


Entscheidungsgründe:


Die Berufungen beider Parteien sind in rechter Form und Frist eingelegt und begründet worden. Nur die Berufung der Klägerin ist begründet.

1. Die Berufungskammer tritt der Feststellung des Rheinschiffahrtsgerichts bei, dass der Koppelverband "J" bereits mehrere Kilometer vor dem Erreichen des Unfallreviers den Übergang von rechts- nach linksrheinisch vorgenommen hat und sich bereits geraume Zeit linksrheinisch befunden hat, ehe die beteiligten Schiffsführer einander auf dem Radarschirm sehen konnten. Das ergibt sich zur Überzeugung der Berufungskammer aus den Bekundungen der Zeugen F, V, vdB, Bo, vG, G und Br, die sämtlich ausgesagt haben, der Koppelverband sei bei der Annäherung an das Unfallrevier linksrheinisch gefahren. Die unbeteiligten Zeugen haben von Bord ihrer Schiffe, sei es, als sie selbst von dem Koppelverband überholt wurden (vG), sei es bei einer Vorbeifahrt des Koppelverbandes an ihrem stilliegenden Schiff (G), bei eigenem Überholmanöver (Br), bei der Begegnung mit ihren Schiffen (Bo, V und vdB) und bei einem vorangegangenen Überholmanöver (Br) jeweils den Koppelverband "J" linksrheinisch gesehen. Bis auf den Zeugen Br haben die genannten Zeugen auch wiederholte Durchsagen des Zeugen F, im letzten Teil der Geschehnisse unter namentlichen Anruf des MS "I" über die von dem Koppelverband gewünschte Begegnung mit "I" Backbord/Backbord gehört, auf die sich nach ihren weiteren Angaben "I" nicht gemeldet habe. In diesem Sinne hat sich auch der Zeuge SC geäußert.

 Zwar haben die beiden Beklagten im Verklarungsverfahren als Zeugen bekundet, der Koppelverband habe sich rechtsrheinisch befunden und habe dann vor "I" den Übergang nach linksrheinisch gemacht. Ihren Angaben vermochte die Berufungskammer aber ebenso wenig wie denen des Zeugen R, der den Koppelverband im Revier bei Kestert rechtsrheinisch gesehen haben will, zu folgen. Denn die beiden Beklagten sind am Ausgang dieses Rechtsstreits unmittelbar interessiert und ihre Angaben werden nur von denen des Zeugen R bestätigt. Dessen Angaben über einen rechtsrheinisch verlaufenden Kurs des Koppelverbandes bei der Annäherung an die spätere Unfallstelle hält die Berufungskammer jedoch nicht für zweifelsfrei. Denn dieser Zeuge hat weder auf dem Radarschirm den Unfallhergang gesehen, noch den Funkverkehr vor dem Unfall gehört, was darauf schließen lässt, dass sein Schiff sich bereits so weit oberhalb befand, dass er weder die Unfallbeteiligten auf dem Schirm hatte, noch überhaupt den Funksprechverkehr des Koppelverbandes wahrnehmen konnte. Dass sein Schiff, das MS "AV", sich bereits nach dem Überholen des Koppelverbandes weiter zu Berg entfernt hatte, zeigt auch der in der Strafakten enthaltene Ermittlungsvermerk der Wasserschutzpolizei vom 20.3.1990, wonach MS "C" um 9.12 Uhr und MS" AV "um 9.15 Uhr am Bankeck zu Berg fuhren. Berücksichtigt man diese Tatsache und den Umstand, dass MS "C" nach Angaben von Schiffsführer Br den Koppelverband "J" bei Boppard überholt hat und erst danach dem MS "AV" auflief und dieses Schiff dann bei Wellmich (km 559) überholte, kann es nicht zutreffen, dass MS "AV" den Koppelverband erst unterhalb des Ecks von Kestert überholt hat, wie das der Zeuge R wissen wollte.

 Ist aber festzustellen, dass der Koppelverband schon bei der Annäherung an das Unfallrevier linksrheinisch fuhr und laufend über Funk seinen Standort, seinen Namen und die Weisung, Backbord/Backbord zu begegnen, mitgeteilt hatte, hätte der Beklagte zu 1 der in dieser Durchsage liegenden Kursweisung entsprechen müssen. Weshalb der Beklagte zu 1 die Durchsagen über Kanal 10 nicht wahrgenommen hat, muss letztlich offen bleiben. Das entlastet ihn aber nicht. Denn er hat auf dem Radarschirm den zu Berg kommenden Koppelverband gesehen. Wenn es gleichwohl zur Kollision gekommen ist, so beruht das nach der Überzeugung der Berufungskammer auf einer fehlerhaften Auswertung des Radarbildes, auf dem der Beklagte zu 1 den Koppelverband rechtsrheinisch gesehen haben will und weshalb er nicht nach rechtsrheinisch hin ausgewichen ist, wo ausreichend Raum für eine gefahrlose Begegnung vorhanden war. Bei Anwendung der gebotenen nautischen Sorgfalt (§ 1.04 RheinSchPV) hätte der Beklagte zu 1 sein Radarbild richtig auswerten und durch eine sachgerechte Reaktion den Unfall vermeiden können. Auf diesem Verstoß gegen seine nautischen Pflichten beruht der Unfall.

 Danach steht fest, dass der Beklagte zu 1 den Unfallschaden zu ersetzen hat. Nicht entschieden zu werden braucht, ob seine Haftung auf Grund seiner Eigenschaft als Miteigentümer des MS "I" nach § 4 Abs. 2 Satz 2 BinnSchG auf Schiff und Fracht und auf den Wert des Schiffes (vgl. § 114 Abs. 1 BinnSchG) beschränkt ist oder ob er für die Schäden an dem Koppelverband persönlich und unbeschränkt haftet (§ 4 Abs. 2 Satz 1 BinnSchG). Denn die Klägerin macht gegen den Beklagten zu 1 - wie gegen die Beklagte zu 2 - nur die nach § 4 Abs. 2 Satz 2, § 114 BinnSchG dinglich und persönlich beschränkte Haftung geltend.

2. Ein Mitverschulden des Schiffsführers des Koppelverbandes, der Zeugen F, muss nach den getroffenen Feststellungen verneint werden.

 Der Zeuge F hat keine Zeichen zur Kursweisung gegeben und damit von dem Talfahrer eine Begegnung Backbord/Backbord verlangt (§ 6.04 Nr. 2 RheinSchPV). Hiermit hat er seiner Kursweisungspflicht als Bergfahrer entsprochen. Als Radarfahrer hat er weiter entsprechend seinen Pflichten aus § 6.32 Nr. 5 RheinSchPV die gebotenen Durchsagen über Kanal 10 gemacht. Allerdings hätte er noch das dort vorgeschriebene Schallzeichen "einen langen Ton" geben und wiederholen müssen, da er wegen des linksrheinisch verlaufenden Kurses des MS "I" annehmen musste, dass dieses Schiff eine Gefahrenlage verursachen konnte. Von der Pflicht zur Abgabe dieses Schallzeichens war F nicht etwa deshalb befreit, wenn es in der Schifffahrt unüblich geworden sein sollte, Schallzeichen zu geben. Nach der Überzeugung der Berufungskammer rechtfertigt aber das unterbliebene Schallsignal nicht den Vorwurf eines schadensursächlichen Fehlverhaltens ; denn die Berufungskammer vermochte nicht mit Sicherheit festzustellen, dass der Beklagte zu 1 als Schiffsführer des MS "I" einem solchen Schallzeichen überhaupt Beachtung geschenkt und seinen Kurs zur Herbeiführung einer gefahrlosen Begegnung nach rechtsrheinisch hin verlegt hätte. Diese Ansicht stützt die Berufungskammer insbesondere auf die Erwägung, dass der Beklagte zu 1 aus seiner Sicht keinen Anlass zu haben brauchte, auf ein Schallzeichen hin seinen Kurs nach rechtsrheinisch zu richten, weil er den Koppelverband mehr rechtsrheinisch sah und erst auf einen Abstand von 150 - 200 m wahrgenommen haben will, dass der Koppelverband einen Übergang nach linksrheinisch vornahm, der Verband quer im Strom lag und ihm den Weg verlegte. Hierzu kommt die Nichtbeachtung der Durchsagen des Bergfahrers über Kanal 10, die unterbliebenen Dreitonzeichen des Talfahrers und die ausgebliebene Kursänderung nach Steuerbord. Im Übrigen hat der Beklagte zu 1 nach seinen Bekundungen im Verklarungsverfahren akustische Signale überhaupt nicht in Betracht gezogen, "weil das heute keiner mehr mache." Bei dieser Sachlage kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass der Beklagte zu 1 im Falle eines Schallzeichens rechtzeitig zu einer zutreffenden Auswertung des Radarbildes gekommen wäre und noch einen der Kursweisung des Bergfahrers entsprechenden Kurs genommen hätte.

 Nach alledem ist die Berufung der Beklagten unbegründet. Auf die Berufung der Klägerin musste die Klage dem Grunde nach in vollem Umfange für gerechtfertigt erklärt werden,     § 304 ZPO. Zur weiteren Verhandlung und Entscheidung zur Höhe des Klageanspruchs war die Sache an das Rheinschiffahrtsgericht zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.


Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Grund- und Teilurteil des Rheinschiffahrtsgerichts St. Goar vom 10.7.1992 wird zurückgewiesen.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das genannte Grund- und Teilurteil dahin teilweise abgeändert, dass die Klage in vollem Umfange dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt wird. 

3. Zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des Klageanspruchs wird die Sache an das Rheinschiffahrtsgericht zurückverwiesen.

4. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

5. Deren Festsetzung gemäß Artikel 39 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte erfolgt durch das Rheinschiffahrtsgericht St. Goar.

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1994 - Nr.4 (Sammlung Seite 1459 f.), ZfB 1994, 1459 f.